Kino-Filmkritik: Ein Fest fürs Leben
Wenn im eigenen Leben wieder der Alltag in Scherben liegt, das Konto leergeshoppt ist und düstere Schatten der Winterdepression auf dem Frontallappen liegen, dann tut es gut, sich einmal ordentlich in reiner Schadenfreude zu suhlen. Dabei hilft der Film “Ein Fest fürs Leben” ganz vortrefflich. Denn nichts kann schlimmer sein als das, was der designierte Hochzeitsplaner Dieter (Christoph Maria Herbst) in diesem Film von Regisseur Richard Huber einen Abend lang erdulden muss.
Wie nervenaufreibend es sein kann, wenn man den schönsten Tag im Leben völlig fremder Menschen planen und begleiten soll, zeigt sich im Film bereits nach wenigen Minuten. Wilke Wotan Möhring und Bettina Lamprecht spielen ein kompliziertes Paar, das beraten werden muss, aber eigentlich nur darauf aus ist, sämtliche Kosten für die Hochzeit so weit zu drosseln, dass man die Lachsbrötchen beim Empfang eigentlich gegen Pommes von der Imbissbude eintauschen müsste.
“Ein Fest fürs Leben” basiert auf der französischen Vorlage “Das Leben ist ein Fest” von 2012. Dass sich französische Vorlagen gut in der eigenen Vita machen, hat Christoph Maria Herbst bereits mehrfach erfahren dürfen. Schließlich basieren auch seine Kinoerfolge “Der Vorname” und “Contra” auf französischen Originalen. Die Nachbarn aus dem Süden haben es einfach drauf, den alltäglichen Irrsinn in unterhaltsame Stoffe zu weben, die immer aber auch ein klein wenig Tiefgang zum Nachdenken mitbringen.
In “Ein Fest fürs Leben” möchte Hochzeitsplaner Dieter gern dem nervenzerreibenden Grausen ein Ende bereiten. Ein letzter Auftrag noch, dann möchte er seine Firma verkaufen. Der schönen Braut Leonie (Mira Benser) gönnt man ja ihre Traumhochzeit in einem barocken Schloss. Aber ihr angehimmelter Ehemann Lasse (Ulrich Brandhoff) ist tatsächlich so ein eitler und unsympathischer Fatzke, dass man bereits als Zuschauer den allergrößten Widerwillen dabei empfindet, ihn in den heilgen Bund der Ehe zu versetzen.
Dieter hat aber auch so richtig Pech. Denn bei seiner akribisch durchgeplanten Eheanbindung geht einfach alles schief. Sein eigenes Personal legt bereits den ersten Keim der absoluten Zerstörung. Wie kann es auch anders sein, wenn der eigene Schwager (Johannes Allmayer) depressiv und im Burn Out die Braut anbaggert? Der ungelernte Aushilfskellner aus Versehen und mit schlimmen Folgen den falschen Stecker zieht? Oder der bockige Ersatzsänger der Band (Marc Hosemann) so gar keine Lust darauf hat, sich an Anweisungen zu halten? Und der Fotograf (Jörg Schüttauf) eher am Buffet zu finden ist, anstatt seine Fotos zu machen?
Wenn dann auch noch der ganz normale Irrsinn einer Hochzeit beginnt, weiß man, dass Dieter gleich den wohl schlimmsten Abend seiner Karriere haben wird. In diesem Film geht so viel schief – und zwar so richtig schief – dass man sich als Zuschauer im vorausahnenden Mitgefühl nur ständig peinlich berührt die Hände kneten kann.
Nicht alles, was im Film passiert, ergibt einen Sinn. Nicht alles ist wirklich komisch. Aber in Summe weiß “Ein Fest fürs Leben” richtig schön zu unterhalten. Man kann sich anderthalb Stunden lang am Elend fremder Menschen vergnügen. Es bleibt ein sehr unterhaltsamer Film. (CS / Bilder: Warner Brothers)
Fazit: 4 von 5 Sternen (FSK 0)
Spieldauer: 105 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ng60bzRF2NU
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 212 (11/2023).
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