Was für eine verrückte Idee. Die Berlinerin Joyce Hübner ist seit dem 1. Juni 2025 unterwegs, um an 495 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils einen Marathon zu laufen. Dabei möchte sie durch ALLE deutschen Städte laufen. Bei “Joyces Städtetrip” folgt sie dem Motto “Kopf aus, Beine an”. Sie wird 2.059 Städte besuchen, 21.312 Kilometer hinter sich bringen und 200.000 Höhenmeter überwinden. Am 3. Juli stand Marathon 33 an. Der Weg führte sie durch Schönwalde-Glien, Falkensee, Brieselang, Nauen und Ketzin.
“Ich bin dann mal weg”, sagte Hape Kerkeling kurzerhand und machte sich auf, einen Monat lang ganz gemütlich den Jakobsweg entlang zu pilgern. Seine Erlebnisse fasste er im gleichnamigen Bestseller-Buch zusammen.
Mit Joyce Hübner (37) bekommt Hape Kerkeling eine Schwester im Geiste, die zurzeit ihr ganz eigenes Laufprojekt realisiert: Sie möchte an 495 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils einen Marathon absolvieren und auf diese Weise jede einzelne Stadt in ganz Deutschland besuchen.
Joyce Hübner ist niemand, die Luftschlösser baut. Die ehemalige Bürokauffrau, Betriebswirtin und Diplom-Immobilienökonomin hat bereits 2023 vorgelegt – und in 143 Tagen in 120 Marathons einmal ganz Deutschland zu Fuß umrundet. Mit den Erlebnissen dieses Projekts ist auch ihr Buch “The Joy(ce) of Running – Der Lauf meines Lebens” entstanden.


Sozusagen als kleine Entspannungsübung stand im letzten Jahr eine Mallorca-Umrundung an. Dafür reichten bereits elf Marathons aus.
Längst ist die in Ludwigsfelde geborene und nunmehr in Berlin lebende Extremsportlerin selbstständig – als Content-Creator und Influencerin. Auf ihren Sozial-Media-Kanälen auf Instagram, TikTok, Youtube und Facebook postet sie regelmäßig neue Fotos und Videos – und lässt ihre wachsende Community an ihren Laufabenteuern teilhaben. Alleine auf Instagram folgen ihr 85.700 Menschen.
Joyce “Höhenmeter sind meine Endgegner” läuft, ihr Lebenspartner Sven “Der Praktikant” kümmert sich im Hintergrund um die gesamte Organisation.
Sein Organisationstalent wird im aktuellen Jahr noch einmal verstärkt gefragt sein. Denn seit dem 1. Juni ist die 1,71 Meter große und 62 Kilo schwere Läuferin nun unterwegs, um Deutschland kennenzulernen wie wohl kein zweiter Mensch auf diesem Planeten.
Allein die Planung der Laufreise durch Deutschland war eine echte Herausforderung. Joyce Hübner: “Unser Ziel war es, dass wir am Ende unbedingt in Berlin ankommen wollten. Wir haben die Läufe also rückwärts geplant und sind so in Helmstedt gelandet. Von dort aus startete mein neues Laufabenteuer.”


Ihre Fans können “Joyces Städtetrip” auf der Homepage (www.joyce-huebner.com/staedtetrip) mitverfolgen und hier sogar einen Live-Standort im Auge behalten. Das ist wichtig, denn es ist jederzeit möglich, dass sich Fans an den markierten Versorgungspunkten einfinden und Joyce ein Stück ihres Weges begleiten. Sie erhalten vor Ort von Praktikant Sven ein Armbändchen, das sie als Teil der Joyce-Gang kennzeichnet.
Joyce Hübner: “Ich freue mich immer sehr über meine Mitläufer, die ja alle aus der Region kommen, durch die ich gerade laufe. Sie können mir oft etwas über die Gegend erzählen, in der wir gerade unterwegs sind. Gern auch etwas Geschichtliches. Es ist immer sehr spannend für mich, neue Menschen kennenzulernen.”
Am 3. Juli führte der 33. Marathon auch durch Falkensee. Hier wartete Ralf Herbrich, K.I.-Experte und Professor am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, auf die junge Frau, die gegen halb elf von Schönwalde-Glien aus kommend in der Rheinsberger Straße eintraf.
Ralf Herbrich verbringt selbst jede freie Sekunde in seinen Laufschuhen. Für das Treffen hätte der in Falkensee wohnende Professor sogar seine Vorlesungen verlegt, wenn es nötig gewesen wäre: “Ich finde das Projekt von Joyce total inspirierend. Hut ab. Ich laufe ein Stück mit Joyce mit, das werden so sieben Kilometer sein. Ich bin eh gerade im Training, da ich mich auf den Hamburger Triathlon vorbereite.”


Zwei Tage, bevor Joyce bei mäßigen Temperaturen durch Falkensee lief, stand das Thermometer bei der 30-Grad-Grenze. Fällt es schwer, sich bei Sonne, Wind und vielleicht auch einmal Regen für den nächsten Marathon zu motivieren?
Joyce Hübner: “Für mich gibt es keine Unmotivation. Ich muss mich auch nicht überwinden. Ich habe vor langer Zeit die Entscheidung getroffen, dass ich 495 Marathons laufen werde. Da frage ich mich nicht, ob es heute schön ist oder heiß oder kalt. Ich mache einfach das, was ich mir vorgenommen habe.”
Wenn man jeden Tag in Deutschland unterwegs ist, sieht Joyce schöne Ecken und Orte, die sie ansonsten niemals entdeckt hätte. Auf jeden Fall wird sie am Ende der Tour der wohl einzige Mensch sein, der alle Städte in Deutschland persönlich besucht und durchlaufen hat.
Joyce Hübner: “Ich freue mich über dieses kleine Alleinstellungsmerkmal. Mit meinem Lauf möchte ich auch ein bisschen Werbung für Deutschland machen. Die meisten von uns verreisen ja gern, sind aber meist außerhalb von Deutschland unterwegs, etwa auf Mallorca. Aber auch unser eigenes Land ist super super schön. Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, was ich alles zu sehen bekomme. Und es ist jeden Tag eine echte Überraschung.”
Wenn man an 495 aufeinander folgenden Tagen einen kompletten Marathon läuft: Hält der eigene Körper das denn überhaupt durch?
Joyce Hübner: “Der Körper gewöhnt sich an so viele Dinge. Ich bin mittlerweile ganz gut in Schuss. Ich habe ein Level erreicht, bei dem mein Körper gewohnt ist, jeden Tag einen Marathon zu laufen. Ich habe auch schon lange keinen Muskelkater mehr.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 233 (8/2025).

