Flüchtlingsfragen für Falkensee: Informationsveranstaltung für alle Nachbarn!
In Falkensee entsteht direkt an der Spandauer Straße eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 400 Personen – die dritte in der Gartenstadt. Die Nachbarn bemängeln, dass sie vom verantwortlichen Landkreis viel zu wenig Informationen erhalten haben. Dies wurde nun am 30. Januar nachgeholt. Die eingeladenen Bürger wurden auf den neuesten Stand gebracht und konnten viele Fragen stellen.
Der Landkreis Havelland baut neben der Shell-Tankstelle in Falkensee eine “temporäre Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge”. Die benötigten Container sollen bis Mitte Februar angeliefert werden. Mit einer Fertigstellung der Containeranlagen wird Ende Mai gerechnet, die Außenanlagen sollen bis Ende Juni stehen. Der “Beginn der Belegung” soll ab dem 1. Juli 2024 erfolgen.
Viele Nachbarn aus dem Alten Fischerweg, der Kölner Straße und den angrenzenden Wohngebieten fühlen sich überrumpelt und bei weitem nicht ausreichend informiert. Sie hätten gern mehr über das Vorhaben gewusst und zwar, noch bevor die Bagger losgerollt sind.
Der Landkreis Havelland hat sich dieser Aufgabe nun doch noch im Nachhinein angenommen – in drei Anwohnerversammlungen am 30. Januar. 792 Personen aus einem Radius von 500 Metern um die Flüchtlingsunterkunft herum wurden eingeladen, knapp einhundert Falkenseer folgten der Einladung. In der Aula der Volkshochschule wurden nacheinander drei Sitzungen durchgeführt; die Gäste mussten sich vor Ort mit Einladungsschreiben und Ausweis legitimieren.
Klar ist, dass der Landkreis sich nicht wehren kann. Er ist laut Landesaufnahmegesetz verpflichtet, die Flüchtlinge aufzunehmen, die ihm zugeteilt werden.
Die neue Gemeinschaftsunterkunft, die auf dem angepachteten Grund und Boden eines Falkenseer Bürgers entstehen soll, ist eine temporäre Einrichtung. Sie darf nach § 246 Abs. 13 BauGB als “Flüchtlingsunterkunft im Außenbereich” gebaut werden. Das bedeutet, dass der Landkreis die Flüchtlingsunterkunft tatsächlich auf einem Acker am Rande der Stadt errichten darf – im Rahmen einer Sondervorschrift, die nur noch bis zum 31. Dezember 2027 durch das Bauordnungsamt genehmigt werden darf und dann erlischt.
Martin Felstow, Amtsleiter Gebäude- und Immobilienmanagement im Landkreis Havelland: “Diese mobilen Unterkünfte sind auf drei Jahre befristet und können um weitere drei Jahre verlängert werden, maximal aber bis zum 31. Dezember 2030. Anschließend gibt es eine Rückbauverpflichtung.”
Das bedeutet, dass die temporäre Flüchtlingsunterkunft bis Ende 2030 wieder verschwinden müsste. Allerdings gibt es zurzeit einen Vorstoß von Schleswig-Holstein, diese Frist auf 2035 zu verlängern. Die Frage ist nur, ob die verbauten Container noch eine so lange “Lebensdauer” hätten.
Martin Felstow: “Der Landkreis hat das Grundstück vom Eigentümer bis Ende 2027 gepachtet, eine Verlängerung ist optional bis Ende 2030 möglich. Ein Bauantrag ist gestellt, die Teil-Baugenehmigung für die Erdarbeiten ist bereits erteilt.”
Wolfgang Gall, Beigeordneter im Landkreis Havelland und zuständig für das Amt für Ausländerangelegenheiten: “Die Stadt Falkensee hat sehr deutlich gesagt, dass hier auf dem Acker an der Spandauer Straße kein Baurecht entstehen soll.”
Der Landkreis machte auf der Informationsveranstaltung noch einmal deutlich, dass die Fläche, die sich L-förmig um die Shell-Tankstelle herumzieht, später vier Wohnblöcke aufnehmen wird, die wie ein U angeordnet sind und sich zur Spandauer Straße hin öffnen. Verwendet werden alte, bereits genutzte Container, die durchaus in verschiedener Farbe angemalt sein können, sodass die Wohnstätte recht bunt werden könnte. Immer zwei Container werden aufeinander gestapelt, die Höhe der Gebäude beträgt am Ende etwa sechs Meter.
Im Parterre sind vor allem die Funktionsräume untergebracht, darunter etwa das Krankenzimmer, ein Gemeinschaftsraum, ein Spielzimmer für die Kinder, ein Hausaufgabenraum, ein Putzmittelraum, eine Gemeinschaftsküche und ein Waschraum für Wäsche.
Der temporäre Bauzaun wird später verschwinden und einem dauerhaften Metallzaun Platz machen, der 1,80 Meter hoch sein wird und geschlossen um das Areal herumläuft – nur zur Spandauer Straße soll der Zaun offen sein. Die finale Zufahrt zum Gelände soll direkt gegenüber von der Kölner Straße entstehen. Martin Felstow: “Es ist eine ganz normale Beleuchtung geplant. Die benachbarte Tankstelle leuchtet aber bestimmt heller.”
Wolfgang Gall: “Die Flüchtlingsunterkunft hat Platz für 400 Menschen. Eine Belegung erfolgt aber immer nur zu 85 bis 90 Prozent, sodass wir mit maximal 350 Flüchtlingen in der Spitze rechnen.”
Wie funktioniert das eigentlich mit der Zuweisung der Flüchtlinge? Wolfgang Gall: “Es gibt eine zentrale Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt. Menschen mit geringer Bleibeperspektive können hier bis zu 18 Monate bleiben und werden nicht verteilt. Das bedeutet, dass die Flüchtlinge, die auf die Landkreise aufgeteilt werden, eine hohe Bleibeperspektive haben. Wir bekommen ein Monatskontingent zugewiesen. Im Januar waren dies 48 Personen, darunter 36 Männer und 12 Frauen. Es waren vor allem Syrer, Russen und Ukrainer, aber auch Türken und Vietnamesen. Im letzten Jahr haben wir im Havelland über tausend Flüchtlinge aufgenommen, darunter etwa 300 aus der Ukraine.”
Wer einen “Anerkennungsstatus” hat, bekommt einen Sprachkursus, Hilfestellung bei der Arbeitssuche über das Jobcenter und auch die Möglichkeit, eine Wohnung zu mieten. Wolfgang Gall: “Viele Flüchtlinge, die nach Falkensee kommen, werden hier nicht bleiben, weil es in Falkensee keinen günstigen Wohnraum gibt. Viele gehen aus diesem Grund nach Rathenow und Premnitz. Diese beiden Orte haben bereits einen Anteil von bis zu zehn Prozent an Bewohnern mit einem Flüchtlingshintergrund. Hier in Falkensee liegt der Anteil bei 1,7 Prozent, im Durchschnitt des Landkreises bei drei Prozent.”
Klar wurde kommuniziert, dass die neue Containeranlage ein eigenes Sicherheitskonzept hat. Der Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr vor Ort, auch wenn das Heimpersonal nicht da ist.
Die Bürger konnten am Ende der Infoveranstaltung ihre Sorgen vortragen. Die Besucher sorgten sich, dass die Container die Häuser in der Nachbarschaft beschatten könnten, dass die Flüchtlinge entweder zu oft die Bedarfsampel nutzen und den Verkehr deswegen aufhalten oder aber unkontrolliert über die Spandauer Straße laufen, dass sie die Einkaufswagen aus dem Falkenmarkt zweckentfremden und nicht wieder zurückbringen, dass es zu einer Lärmbelästigung kommt oder dass die Flüchtlinge den Falkenseern die wenigen freien Arzttermine wegnehmen.
Kathleen Kunath von der Willkommensinitiative: “Es haben sich schon zwei Ärzte gefunden, die auf ehrenamtlicher Basis Sprechstunden direkt in der Unterkunft anbieten möchten und auch für Impfungen zur Verfügung stehen.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 216 (3/2024).
Noch mehr Informationen in diesen beiden Artikeln:
Übergangswohnheim für 400 Flüchtlinge in Falkensee an der Spandauer Straße: Baustart ist erfolgt!
Landkreis am Limit: Neue Containeranlage für 400 Flüchtlinge in Falkensee geplant!
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