Neues Gutachten für Falkensee: Wie retten wir den Finkenkruger Lindenweiher?
Es gibt noch mehr interessante Gewässer in Falkensee als immer nur den Falkenhagener See, den Neuen See oder gar den Angerteich. Der Lindenweiher in Finkenkrug ist seit 115 Jahren nicht nur ein sehr beliebtes Naherholungsgebiet für Spaziergänger, sondern auch ein wertvolles Biotop für viele seltene Tier- und Pflanzenarten – sogar der Eisvogel ist hier Zuhause. Die Stadt Falkensee hat nun ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die “trophische Situation” des Gewässers analysieren und Vorschläge für eine zukünftige Verbesserung der Wasserqualität unterbreiten soll.
Der Lindenweiher in Falkensee ist kein natürlich entstandenes Gewässer. Der Weiher wurde im Jahr 1902 künstlich angelegt. Damals wurde in Finkenkrug stark gebaut. Eine intensive Besiedlung so dicht am Rand des Havelländischen Luchs machte allerdings eine umfangreiche Wasserregulierung notwendig. In der Folge wurde ein eigenes Grabensystem angelegt. Das so gesammelte Wasser wurde u.a. in den Lindenweiher eingeleitet. Dieses künstliche Gewässer wies bald eine Fläche von zwei Hektar auf und erstreckte sich auf einer Länge von 600 Metern. Schon damals gab es einen runden Weiher und einen angrenzenden, länglichen Wasserlauf. Genau an der Stelle, an der sich die beiden Wasserbereiche treffen, führt eine Brücke über den Lindenweiher.
Spannend: Schon 1905 nutzte man den heute runden Bereich des Lindenweihers ganz offiziell als Badeanstalt. Bis 1940 plantschten die Falkenseer im Wasser, nicht wenige Kinder werden hier das Schwimmen gelernt haben.
1960 versuchten die Falkenseer noch einmal, die Badeanstalt neu ins Leben zu rufen. Die Nordseite des Gewässers wurde dafür extra auf bis zu zwei Metern Tiefe ausgebaggert. Um eine richtige Trennung zwischen Schwimmer- und Nichtschwimmerbereich zu realisieren, hat man dabei die ursprüngliche Form des Lindenweihers stark verändert. Teile des Lindenweihers wurden außerdem mit Schlacke aus dem Stahlwerk Brandenburg verfüllt. In der Badeanstalt gab es mehrere tödliche Unfälle. Außerdem wurde das Areal nicht gepflegt. So wurde die Badeanstalt schnell wieder geschlossen.
In der Folge blieb der Lindenweiher sich selbst überlassen. Müll und Unrat aus der Nachbarschaft landeten im See, auch so manche Sickergrube wurde in den Weiher entleert. Kein Wunder also, dass der Lindenweiher bereits 1989 vor dem kompletten ökologischen Kollaps stand.
1992 gründete sich die Bürgerinitiative Lindenweiher, die im November 2017 in den Lindenweiher Finkenkrug e.V. (www.lindenweiher.de) überging. Der Verein “machte es sich zum Ziel, den Lindenweiher mit seinem Artenreichtum zu retten und zu renaturieren, d.h. den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.”
Der Bürgerinitiative und später dem Verein ist es zu verdanken, dass immer wieder Maßnahmen am See durchgeführt wurden, die dabei halfen, den Weiher zu entschlacken, Uferbereiche zu sanieren, Müll einzusammeln oder Baggerarbeiten durchzuführen. Ohne die verschiedenen Arbeitseinsätze und auch ohne die Lindenweiherfeste, die für eine breite Öffentlichkeit gesorgt haben, wäre der Lindenweiher nicht so schön anzusehen, wie es zurzeit doch noch der Fall ist.
Doch unter der glänzenden Wasseroberfläche lauert noch so manches Problem, wie Juliane Kühnemund weiß, die für die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung Falkensee sitzt: “Das Wasser ist mit einer hohen Nährstoffkonzentration belastet, verursacht durch die Ablagerung von Gartenabfällen, Hundekot im Uferbereich, die Fütterung der Enten, das Aussetzen von Fischen sowie hauptsächlich durch den Laubeintrag der vielen Bäume. Zusammen mit einem Gutachten, das von der Stadt bereits 2022 beauftragt wurde, ist nun auch ein Pflegekonzept erstellt worden. Das Ziel ist eine Verbesserung der Wasserqualität und somit letztlich der Erhalt des Weihers.”
Tatsächlich finden bereits Arbeiten der Stadt Falkensee am Lindenweiher statt, die der Eutrophierung des Gewässers entgegenwirken sollen. Stadtsprecherin Yvonne Zychla weiß: “Bereits im Februar sind erste Schnittarbeiten am Lindenweiher erfolgt. Neben dem Freischnitt des Uferbereiches wurden alle Äste und umgebrochenen Bäume aus dem Wasser geholt.”
Am 4. März sollte das in Auftrag gegebene Gutachten im Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Falkensee vorgestellt werden. Aufgrund von Krankheit entfiel der Punkt allerdings. Das Gutachten vom “Institut für angewandte Gewässerökologie” aus Bad Kötzting liegt aber bereits im Ratsinformationssystem der Stadt Falkensee vor. Professor Dr. Olaf Mietz erklärt hier, dass der Lindenweiher im Jahr 2023 an acht Terminen wissenschaftlich untersucht worden ist. Hier heißt es u.a.: “Der Lindenweiher ist mäßig mit Sauerstoff versorgt. (…) Der Lindenweiher würde als Lebensraum gewinnen, wenn er besser mit Sauerstoff versorgt wird. Es können sich mehr Tiere und Pflanzen ansiedeln und stabile Populationen entwickeln.”
Außerdem wurde dem Lindenweiher ein hoher pH-Wert (durch eine hohe Phytoplanktondichte), eine sehr geringe Sichttiefe und ein sehr hoher Gesamtphosphorgehalt bescheinigt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis: “Es handelt sich beim Lindenweiher um einen hoch eutrophierten Teich”. Das bedeutet, dass im Lindenweiher deutlich zu viele Nährstoffe enthalten sind. Das kann im Sommer zu einer Blaualgenblüte und das wiederum zu einem Sauerstoffmangel und einem akuten Fischsterben führen. Professor Dr. Olaf Mietz: “Nur die weitere Reduktion der Nährstoffeinträge führt langfristig zu einer Verbesserung der Wasserqualität.”
Das Gutachten rät dazu, regelmäßig einen Schilfschnitt durchzuführen, um so für einen Nährstoffexport zu sorgen. Durch ein gezieltes Beangeln des Lindenweihers könnten zu viel vorhandene Weißfische entfernt werden, um die Nahrungspyramide im Teich deutlich zu optimieren. Diese Maßnahme könnte durch das Aussetzen von Raubfischen wie z.B. Hecht und Barsch unterstützt werden. Im Sommer könnte eine solarbetriebene Pumpe in der Mitte des Lindenweihers für eine Belüftung sorgen.
Im “Nutzungskonzept zum Lindenweiher” heißt es außerdem: “Um die starken Seespiegelschwankungen auszugleichen und einen kontinuierlicheren Seespiegelstand einzustellen, sollte nochmals über eine Grundwassereinleitung in der Vegetationszeit nachgedacht werden. Wir halten die Einleitung von ca. 5.000 m³ Grundwasser jährlich für sehr sinnvoll.”
Was ist das Ziel aller Maßnahmen? Im Nutzungskonzept heißt es: “Aufgrund der fehlenden Tiefe sollte im Lindenweiher nicht gebadet werden. Es sollten darüber hinaus Schilder aufgebaut werden, die das Baden von Hunden untersagen, damit keine zusätzlichen Krankheiten in das Gewässersystem eingetragen werden. Das Verweilen am Seeufer ist die wichtigste Nutzung. In der Fachsprache heißt dies: Nutzung des Wassers zur Erholung ohne direkten Wasserkontakt.” Und: “Das Gewässer soll vor allem der Naherholung dienen. Die Einwohner und Besucher sollen um das Gewässer bzw. am Gewässer entlang spazieren und sich von der Natur inspirieren und entspannen lassen.”
Die angedachten Maßnahmen wären nicht einmaliger Natur. Wie ein Aquarium müsse der Lindenweiher immer wieder neu beprobt und untersucht werden, um dann ggf. an den verschiedenen Stellschrauben zu drehen. Das kostet natürlich Geld. Geld, das vielleicht auch aus dem Topf der Ausgleichsmaßnahmen für die flankierenden Baumfällungen beim EDEKA-Bauprojekt im Wachtelfeld herrühren könnten, wie Juliane Kühnemund zu berichten weiß.
Über das Gutachten müssen die Stadtverordneten aber noch in aller Ruhe diskutieren. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 217 (4/2024).
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