Ole Bujk aus Falkensee lebt sein zweites Leben: Gestern war ich tot!

Der ehemalige Leistungssportler Ole Bujk (55) aus Falkensee hat unfassbares Glück gehabt: Ein plötzliches Kammerflimmern seines Herzens drohte, ihm mitten im Schlaf das Leben zu nehmen. Hund Luna bekam es aber mit und weckte das Frauchen. Egle Bujk konnte unter Telefonanleitung der Feuerwehr-Leitzentrale mit der Wiederbelebung beginnen, bis der Notarzt eintraf. Das Drama endete gut. Nun hat das Paar eine Botschaft zu verkünden.
“Ach übrigens, letztens, da war ich tot.” Ole Bujk klingt ganz unaufgeregt, wenn er von dem Erlebnis erzählt, das seinem Leben fast ein Ende gesetzt hat. Aber wie soll man auch in Worte kleiden, dass man um ein Haar verstorben wäre, hätte der eigene Hund nicht ein feines Gespür für den körperlichen Zustand seines Herrchens bewiesen.
Um die Geschichte zu erzählen, muss man allerdings zunächst einmal einen Schritt zurück machen. Ole Bujk stammt aus Berlin-Lichterfelde. Heute arbeitet er als angestellter Apotheker in Velten: “Ich habe mein Leben lang Sport getrieben, 20 Jahre lang im Leistungssport. 1986 habe ich mit Triathlon angefangen. Ich bin noch immer der jüngste Berlin-Brandenburger, der jemals am Ironman auf Hawaii teilgenommen und ihn gemeistert hat. Das war 1990, ein irres Erlebnis. Meinen Körper habe ich aber ruiniert, als ich es übertrieben habe. Etwa bei verschiedenen Ultramarathons. Das waren bei mir Ultratriathlons über die Double- und Triple-Ironman-Distanz.”
Auf einem sportlichen Event in Litauen lernte Ole Bujk seine zukünftige Frau Egle kennen. Gemeinsam bauten sie 2003 ein Haus in Falkensee. Ole Bujk: “2004 habe ich mit dem Leistungssport aufgehört. Der Job, der Hausbau und die Triathlons, das ging zusammen nicht. Nach über 400 Wettkämpfen war ich auch irgendwann ausgebrannt. Ich hatte einen regelrechten sportlichen Burnout.”
Ole Bujk: “Mein Arzt sagte mir, ich müsse langsam abtrainieren. Ich hätte als Herz einen Porsche, als Körper aber einen alten VW Käfer. Ich hatte lange Zeit keine Probleme mit dem Herzen. Vor Jahren wurde aber festgestellt, dass ich ein paar Extraschläge habe. Im MRT zeigte sich, dass eine nicht auskurierte Erkältung anscheinend zu einer unbemerkten Herzmuskelentzündung geführt hatte. Dadurch kam es zu einer sogenannten ischämischen Stelle. Die funkte wie ein zusätzlicher Sinusknoten.”
In der Nacht vom 11. auf den 12. November 2023 passierte es. Es kam im Herzen des Apothekers zu einem plötzlichen Kammerflimmern: “Ich habe das nicht gemerkt, es ist ja nachts passiert. Da stieg die Herzfrequenz plötzlich auf über 240 Schläge. Das Herz zuckte nur noch. Es leerte oder füllte sich aber nicht mehr.”
Egle Bujk (47, Kosmetikerin): “Es war nachts um zwei Uhr. Unser Hund Luna ist plötzlich ins Bett gesprungen und hat sich wie verrückt aufgeführt. Davon bin ich wach geworden. Luna kommt sonst nie zu uns ins Bett. Sie muss bemerkt haben, dass etwas mit Ole nicht stimmt. Ich habe sie weggeschubst und wollte schon wieder einschlafen, als ich ein komisches Luftschnappen gehört habe. Ole schnarcht sonst nie, das fand ich komisch. Ich habe ihn angestubst, aber er hatte überhaupt gar keine Körperspannung. Der war komplett weg und nicht ansprechbar. Und als ich an ihm gerüttelt habe, hat er plötzlich aufgehört zu atmen.”
Natürlich geriet Egle Bujk in Panik. Sie handelte aber ganz rational: “Vitalfunktionen überprüfen, Notruf absetzen. Das war genau das Richtige in dieser Situation. Mit meinem Anruf bin ich in Potsdam gelandet. Die Person am Telefon war grandios. Sie sagte: ‘Der Notarzt ist unterwegs. Ich bleibe in der Zeit bei Ihnen. Stellen Sie das Telefon auf laut’. Ich habe genaue Anweisungen bekommen, was ich tun sollte. Als erstes sollte ich meinen Mann aus dem Bett ziehen, weil eine Herzmassage auf der weichen Matratze nicht funktioniert. Ich habe keine Ahnung, wie ich das geschafft habe, mein Mann wiegt über einhundert Kilo. Dann wurde ich gefragt, ob ich eine Herzmassage kann. Nein, konnte ich nicht. Das wurde mir dann erklärt, ich habe es gemacht, so gut ich konnte. Die Stimme am Telefon hat bis zehn gezählt, um den Rhythmus vorzugeben.”
Ole Bujk fing immer noch nicht an zu atmen. Egle Bujk: “Mir wurde gesagt – einfach weitermachen. Eine Mund-zu-Mund-Beatmung sollte ich nicht machen. Es hieß, im Blut ist noch genügend Sauerstoff, es müsse nur zirkulieren.”
Neben der Herzmassage musste die besorgte Ehefrau auch darüber nachdenken, wie denn wohl der Notarzt ins Haus kommt: “Ich habe nach den Kindern geschrien. Unsere zwölfjährige Lina sollte sich um den Hund kümmern, damit der nicht wegläuft. Unser großer Sohn Lukas (15) sollte die Tür aufschließen. Er ist bis zur Straßenkreuzung vorgerannt, um dem Notarzt den Weg zu weisen, unser Seitenarm der Straße wird nämlich sehr leicht übersehen.”
Tatsächlich war die Feuerwehr in nur vier Minuten da. Sie kam mit einem ganzen Zug – mit Notarztwagen, RTW, Löschfahrzeug und sogar mit Leiterwagen, falls es nicht möglich gewesen wäre, den Patienten über die Treppe ins Freie zu bringen.
Egle Bujk: “Ein ganz großes Lob an die Person am Telefon, sie hat mir Mut gemacht und mich angeleitet. Ich weiß nicht, ob ich sonst mit der Herzmassage weitergemacht hätte.”
Ole Bujk wurde von der Notärztin eine Viertelstunde lang weiter reanimiert und hat in der Zeit zwei Elektroschocks bekommen. Außerdem wurde er intubiert – die Atmung hatte nicht wieder eingesetzt.
Egle Bujk: “Die Ärztin war klitschnass geschwitzt, als sie aus unserem Schlafzimmer kam. Ich wusste: Entweder bin ich jetzt Witwe oder es besteht Hoffnung. Sie sagte: ‘Wir haben ihn wieder zurückgeholt’. Mit acht Leuten haben sie meinen Mann die Treppe heruntergetragen. Die Jungs von der Feuerwehr waren sehr einfühlsam, auch hier muss ich ein großes Lob aussprechen.”
Ole Bujk wurde ins Waldkrankenhaus nach Spandau gefahren. Er sagt: “Ich war zu der Zeit nicht bei Bewusstsein.”
Auch das Krankenhaus kümmerte sich weiter um die besorgte Ehefrau. Egle Bujk: “Um drei Uhr früh rief das Krankenhaus an, mein Mann sei stabil. Um 6:30 Uhr riefen sie wieder an, er würde wieder von alleine atmen. Um 8:30 Uhr hieß es, mein Mann wäre wach und ansprechbar.”
Ole Bujk blieb eine Woche auf der Intensivstation. Er hat den Vorfall zum Glück ohne Schäden an Körper oder Geist überstanden. Er ist kein Pflegefall geworden – und hat Glück gehabt: “Ich habe einen Defibrillator mit einem Herzschrittmacher eingesetzt bekommen. Nun steht für mich noch eine kleine OP an, um diese eine Stelle im Herzen zu veröden, die falsche Signale sendet.”
Egle Bujk: “Die Notärztin hat meinem Mann bei der Wiederbelebung vier Rippen und das Brustbein gebrochen. Ich habe die Herzmassage also noch viel zu zart gemacht. Aber ich habe gelernt: Es ist immer besser, überhaupt etwas zu machen als gar nichts zu tun. Ich möchte den Familien gern den Rat geben, sich besser auf eine solche Situation vorzubereiten, wie wir sie jetzt erlebt haben. Die Kinder sollten den Notruf 112 und die eigene Adresse auswendig kennen und aufsagen können. Es ist außerdem wirklich wichtig, alle paar Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen, um vorbereitet zu sein. Und wenn eine Notsituation entsteht: Bitte greifen Sie beherzt ein und leisten Erste Hilfe, auch wenn nicht alles perfekt und richtig ist. Es kann trotzdem Leben retten.”
Ole Bujk: “Ich möchte an alle Sportler appellieren, nicht mit einem Infekt zu trainieren, um so das eigene Herz zu schützen. Ich kenne den Impuls sehr gut, lieber früher als später wieder mit dem Sport anzufangen, aber es kann eben doch das Herz schädigen und auf diese Weise das eigene Leben gefährden.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 215 (2/2024).
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