Der Kümmerer aus Falkensee: Erhard Winkler hat immer die Sorgen der Senioren im Auge!

Erhard Winkler aus Falkensee ist 88 Jahre alt. Als Rentner hat er Zeit – und er nutzt sie. Er wirkt in der Senioren-Union, arbeitet als Ombudsmann für die Pflegeheime, engagiert sich in der Europa-Union Havelland, gehört zu den Köpfen der Falkenseer CDU und ist Mitglied im Seniorenbeirat der Stadt Falkensee. Sieht er ein Problem, packt er es an. Tätig wird er auch, wenn Senioren Probleme damit haben, sich an die Behörden zu wenden.
Erhard Winkler (88) stammt aus Berlin-Neukölln, er lebt aber seit 1999 in Falkensee. Vor seinem Ruhestand hat er als Industriemeister der Fachrichtung Pharmazie für das Berliner Unternehmen Schering gearbeitet. Als Witwer und Rentner investiert er all seine Freizeit, um den Falkenseern als “Kümmerer” zur Seite zu stehen. Vor allem die Nöte und Sorgen der Senioren sind ihm ein Anliegen.
Fühlt man sich als Senior in Falkensee eigentlich sicher?
Erhard Winkler: “Ich fühle mich sicher, ja. Ich bin aber auch noch sehr beweglich. Ich höre immer wieder von Senioren, die nicht mehr so gut laufen können, dass sie es sich nicht trauen, Bargeld mitzunehmen – falls man ihnen die Handtasche entreißt. Leider ist es so, dass unsere Polizei vollkommen unterbesetzt ist.”
Sie gelten vor allem in Falkensee als “der Kümmerer”, der sich einsetzt, wenn Senioren vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen.
Erhard Winkler: “Das fing alles damit an, dass ich zwei Jahre lang in der CDU-Geschäftsstelle in der Falkenseer Bahnhofstraße eine Bürgerberatung durchgeführt habe, das war noch vor Corona. Alle zwei Wochen konnten die Bürger zu mir kommen und mir bei Kaffee und Kuchen ihre Probleme schildern. Manchmal konnte ich mit einem Rat helfen, oft bin ich aber auch selbst aktiv geworden und habe ein Problem selbst an die höheren Stellen weitergetragen. Ich weiß ja genau, an wen ich mich im Rathaus oder im Bürgeramt wenden kann. Ich werde dann für die Menschen tätig, die sich das allein nicht zutrauen. Das sind natürlich in erster Linie die Senioren, die vielleicht nicht mobil sind, niemanden zur Last fallen möchten oder die die moderne Technik nicht verstehen.
Das hat sich immer mehr verselbstständigt. Ich gebe ja auch immer gern meine Visitenkarte weiter, wenn ich unterwegs bin oder Veranstaltungen besuche. Senioren, die meine Unterstützung brauchen, können mich einfach anrufen, die Nummer ist die 0176-20685512.
Ich erinnere mich an eine alte Dame, die mit ihrem Elektromobil nicht mehr das Grundstück verlassen konnte, weil sich die Reifen im Schlamm ihrer unbefestigten Auffahrt festgefahren haben. Ich habe die Auffahrt ausgemessen, eine Zeichnung gemacht und einen Antrag beim Bauamt eingereicht. Es hat lange gedauert, aber dann kam die Genehmigung, dass die Frau mit einer von der Stadt zugelassenen Firma eine befestigte Auffahrt bauen durfte.
Eine andere Frau wohnt direkt neben einem Waldstück, um das sich der Besitzer nicht kümmert. Hier war ein großer Ast angebrochen und drohte nun beim nächsten Sturm ins Haus zu krachen. Da bin ich direkt ins Grünflächenamt gefahren und habe den Fall geschildert. Ich habe gesagt: Beim nächsten Sturm fällt der halbe Baum ins Schlafzimmer – und dann ist die Frau tot. Am Montag ist jemand hingefahren, um sich die Gefahrensituation anzusehen. Am Donnerstag war der Baum gefällt.
Dann hatte ich einen älteren Herren, der meinte, die Laterne vor seinem Haus würde seit zwei Monaten nicht mehr funktionieren. Das würde dazu führen, dass er sich nicht mehr sicher fühlt, es sei ja abends stockdunkel. Auch hier konnte ich dafür sorgen, dass die Laterne innerhalb einer Woche wieder brannte.
Falkensee hat zwar einen Straßenbegeher, der ein Auge auf die öffentlichen Wege hat. Aber er kann ja nicht überall sein. Ich helfe hier, wo ich kann. Mein Handy ist voller Fotos. Ich melde jede Gehwegplatte, die sich hebt, und die so zur Stolperfalle gerade für uns Senioren wird.
Dabei bin ich aber stets höflich und melde mich im Rathaus oder im Bürgeramt immer ordentlich an.”
Welche Projekte sollten aus der Sicht der Falkenseer Senioren bevorzugt umgesetzt werden?
Erhard Winkler: “Da gibt es viele. Wir haben im ganzen Stadtgebiet noch unheimlich viel nachzuholen, was die Barrierefreiheit anbelangt. Wir haben Kopfsteinpflaster, Sandstraßen und Bürgersteige ohne Absenkungen, die man mit dem Elektromobil, dem Rollstuhl, einem Rollator oder einer Gehhilfe nicht bezwingen kann.
Dann brauchen wir in der ganzen Fläche noch wenigstens 100 zusätzliche Bänke, damit sich übrigens nicht nur die Senioren auf ihren Wegen einmal kurz setzen und ausruhen können.
Auch fehlen uns Papierkörbe, damit der ganze Müll nicht immer in der Natur landet.
Ein Anliegen sind mir auch die drei Verkehrsschilder auf der Rathauskreuzung, die mitten auf dem Gehweg stehen. Das ist gefährlich, da habe ich schon Stürze beobachtet. Die muss man auf die Rasenfläche verlegen.
Ganz wichtig sind mir öffentliche Toiletten. Die Stadt baut zwar viel auf die “Nette Toilette”. Ich finde aber, an wichtigen Punkten gehört eine öffentliche Toilette mit dazu. Wir haben ja eine öffentliche Toilette auf der Südseite am Bahnhof Falkensee, aber die ist in einem fürchterlichen Zustand. Die ist so versaut, dass ich bis 2022 regelmäßig Bilder an das Rathaus geschickt habe. Da muss eine neue, moderne und sich selbst reinigende Toilette her, die dann auch gern 50 Cent oder einen Euro Eintritt kosten darf.
Ich wünsche mir, dass mit dem neuen Bürgermeister alles ein wenig schneller geht. Mitunter dauert es zu lange, um neue gute Ideen umzusetzen. Das kann man der Bevölkerung schwer erklären.”
Mit Ihrer Beharrlichkeit haben Sie auch dafür gesorgt, dass wir die Behelfsampel an der Bushaltestelle neben der Shell-Tankstelle in der Spandauer Straße bekommen haben.
Erhard Winkler: “Das habe ich ja fast alleine gemacht. Das war ein hartes Stück Arbeit. Ich hatte damals Werbeflyer verteilt, um für meine Wahl in den Seniorenbeirat der Stadt zu werben. Da hatte ich geschrieben, dass ich gern helfe, wo Hilfe vonnöten ist. Die Anwohner aus der Bonner und der Kölner Straße haben mir dann geschrieben, dass sie nicht sicher über die Spandauer Straße zur gegenüberliegenden Bushaltestelle gelangen können. Wenn der Bus alle 20 Minuten kommt, wird es für sie mitunter eng.
Ich habe an den damaligen Minister für Infrastruktur Guido Beermann geschrieben und ihm den Fall geschildert. Frei nach dem Motto: Hilfe, wir kommen nicht über die Straße. Und ich habe gesagt: Wir brauchen eine Ampel. Der Minister hat das prüfen lassen und nach einem halben Jahr festgestellt, dass eine Gefahrenstelle mitten auf der Landesstraße L201 vorliegt. Tatsächlich wurde das Projekt von Potsdam nach Nauen und wieder zurück gereicht – und ist immer wieder eingeschlafen. Ich habe unzählige Briefe geschrieben und immer wieder mit Sachbearbeitern gesprochen. Auch Ulf Hoffmeier-Slotnik hat immer wieder Druck gemacht. Immer wieder musste noch etwas geprüft werden, bis es endlich Ende 2023 hieß: Die Ampel kommt. Ich bin zufrieden, dass es am Ende geklappt hat. Ich habe es mir nicht nehmen lassen, persönlich mit vor Ort zu sein, als die Ampel zum ersten Mal eingeschaltet wurde.”
Ein großes Problem bei den Senioren ist die Einsamkeit.
Erhard Winkler: “Schon vor zwei Jahren habe ich mit Sven Steller den Nachbarschaftstreff beim SV Falkensee-Finkenkrug e.V. gegründet – unter dem Motto: ‘Niemand muss einsam sein’. Seitdem treffen sich dort jeden Donnerstag in der Leistikowstraße die Senioren, machen zusammen Gymnastik, trinken Kaffee und essen Kuchen und spielen Gesellschaftsspiele zusammen. Ich lade auch jeden gern zu unserem Seniorenstammtisch ins Coronita ein. Wir sind jetzt 55 Senioren, die sich hier regelmäßig im Rahmen der Senioren-Union Falkensee treffen. Bei den runden Geburtstagen melde ich mich außerdem bei jedem Mitglied des Stammtisches einen Tag vorher an und gehe es mit einem Strauß Blumen besuchen, um persönlich zu gratulieren. Ich möchte eigentlich immer nur 20 Minuten bleiben, am Ende sind es aber oft anderthalb Stunden, weil es so vieles zu erzählen gibt.
Auch im Falkenseer Katharinenhof, wo ich als Ombudsmann tätig bin, habe ich regelmäßige Vorlese- und Spieletermine ins Leben gerufen.
Mit meinen Ehrenämtern und Tätigkeiten möchte ich andere Senioren ermuntern, vielleicht auch ein Ehrenamt anzunehmen.” (Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 215 (2/2024).
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