Regionalwettbewerb “Jugend debattiert” für Schüler in Nauen: Wer überzeugt mit seinen Worten?

Klar denken, fair streiten: Am Goethe-Gymnasium Nauen redeten sich am 29. Februar Schülerinnen und Schüler aus fünf Schulen die Köpfe heiß. Sie waren zum Regionalwettbewerb “Jugend debattiert” angetreten, um die Gegner nicht mit körperlicher Gewalt, sondern alleine mit der Wucht ihrer Worte argumentativ niederzuringen. In der Aula der Schule gab es packende Wortduelle zu hören. Die Sieger dürfen nun im Landeswettbewerb antreten.
“Ach, du spinnst doch!” Streitigkeiten werden heutzutage viel zu schnell mit bösen Worten beendet, weil die Kontrahenten es verlernt haben, das feine Florett einer sprachlichen Auseinandersetzung zu führen.
Umso höher sind die Versuche zu bewerten, die unternommen werden, um Jugendlichen das Duellieren allein mit der Sprache zu vermitteln. Seit dem Jahre 2001 gibt es den Wettbewerb “Jugend debattiert” (www.jugend-debattiert.de) in Deutschland, Initiator und Schirmherr war damals Bundespräsident Johannes Rau.
Um den Wettbewerb kümmert sich die gemeinnützige Hertie-Stiftung im Schulterschluss mit der Heinz Nixdorf Stiftung in Kooperation mit der Kultusministerkonferenz, den Kultusministerien und den Parlamenten der Länder. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
“Jugend debattiert” startet in den Schulen mit einem Schulwettbewerb. Daran schließen sich der Regional-, der Landes- und schließlich der Bundeswettbewerb an.
Das Thema einer Schülerdebatte lässt sich nicht selbst auswählen, es wird den Duellanten von außen vorgegeben. Da geht es etwa um Fragen wie “Sollen öffentliche Schwimmbäder eine flächendeckende Videoüberwachung einführen?” oder “Soll jeder Mensch in Deutschland zum 18. Geburtstag ein Grunderbe erhalten?”
Der Regionalentscheid von “Jugend debattiert” wurde in diesem Jahr gleich doppelt im Goethe-Gymnasium Nauen ausgetragen. Angereist waren am 29. Februar Schülerinnen und Schüler aus fünf Schulen. Zu den Schulen gehörten das Goethe-Gymnasium in Nauen, das Marie-Curie-Gymnasium in Hohen Neuendorf sowie die Kant-Gesamtschule, das Lise-Meitner-Gymnasium und das Vicco-von-Bülow-Gymnasium aus Falkensee.
Auf die Teilnehmer des Events wartete ein langer Tag. Um 7:45 Uhr öffnete die Anmeldung – und erst um 15:15 Uhr wurde der Regionalentscheid mit der Verabschiedung beendet.
Uta Reichel ist die Schulleiterin am Nauener Goethe-Gymnasium: “Der Regionalwettbewerb findet jedes Jahr an einer anderen Schule statt. Im letzten Jahr wurde der Regionalwettbewerb am Lise-Meitner-Gymnasium in Falkensee durchgeführt. Ich finde, ‘Jugend debattiert’ ist ein wunderbarer Wettbewerb. Die Schülerinnen und Schüler bekommen die Themen immer zehn Tage vor dem Wettbewerb übermittelt. Sie haben im Anschluss in ihrer Freizeit viel recherchiert und sich in die vorgegebenen Themen eingearbeitet. Vor der Debatte wussten sie aber noch gar nicht, welchen Standpunkt sie am Ende einnehmen sollen – und mussten entsprechend auf beide Seiten vorbereitet sein, auf Pro und Kontra. Diese Flexibilität fehlt mir übrigens bei politischen Debatten sehr – die Politiker sind viel zu oft in ihrer Meinung festgefahren und lassen sich auch durch Argumente nicht mehr zum Umdenken bewegen. Wir haben zwei bis drei Tage vor dem Wettbewerb mit unseren Schülerinnen und Schülern geübt und sie dafür aus dem Unterricht genommen. Toll war, dass sie den verpassten Unterricht eigenverantwortlich nachgeholt haben.”
Zum Hintergrund: Eine Debatte ist ein Gespräch nach festen Regeln, das eine Entscheidungsfrage beantworten soll – und zwar mit “Ja” oder “Nein” . Daraus resultiert, dass die Debattanten immer nur eine Pro- oder Kontra-Rolle einnehmen können.
In jedem Duell gibt es immer zwei Pro- und zwei Kontra-Stimmen. Jeder Teilnehmer hat in der Debatte drei Minuten Zeit, um in der Eröffnungsrunde Argumente für seine eigene Position vorzubringen. Daran schließt sich eine “freie Aussprache” zwischen den Debattenteilnehmern an, während der gegnerische Argumente aufgegriffen und zerpflückt werden können. Diese Aussprache darf 12 Minuten dauern. Daran schließt sich eine Schlussrunde an. Hier darf jeder Teilnehmer noch einmal Stellung beziehen – auf der Basis der bereits erfolgten Debatte.
Eine Jury aus Lehrern und nicht involvierten Schülern hört bei jeder Debatte ganz genau zu und beurteilt anschließend die Leistung im Wettbewerb nach den vier Kriterien “Sachkenntnis”, “Ausdrucksvermögen”, “Gesprächsfähigkeit” und “Überzeugungskraft”.
In der Altersgruppe 1 (Klasse 8 und 9) wurde im Finale des Regionalwettbewerbs die Frage vorgegeben: “Sollen Jugendliche dazu verpflichtet werden, sich bei der Feuerwehr zu engagieren?”
In der Altersgruppe 2 (Jahrgangsstufen 10 bis 12) diskutierten die vier Finalisten erbittert über das Thema “Sollen Videospiele und Apps, die In-Game-Käufe enthalten, für Minderjährige verboten werden?”
Uta Reichel: “Da habe ich auch noch so einiges gelernt, was ich vorher nicht wusste. Mit der Qualität der Finaldebatten bin ich sehr zufrieden, das haben die Schülerinnen und Schüler sehr gut gemacht.”
In der Altersgruppe 1 gewann Emma aus dem Lise-Meitner-Gymnasium Falkensee das Debattier-Duell. In der Altersgruppe 2 freute sich Milan, ebenfalls aus dem LMG, über das positive Votum der Jury zu seinen Gunsten. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 217 (4/2024).
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