Ja, ich will: Angela Wikowski vom Standesamt Falkensee erzählt…
Wenn sich zwei Menschen betört in die Augen schauen – und das zart erblühte Pflänzchen der Liebe nicht bald wieder im Schatten des Alltags verkümmert -, dann flüstern sie mitunter eines Tages: “Ja, ich will”. Angela Wikowski leitet das Standesamt Falkensee – und kümmert sich darum, verliebte Paare in den sicheren Hafen der Ehe zu führen. Dabei ist die Standesbeamtin auch für Schönwalde-Glien und Dallgow-Döberitz mitverantwortlich.
Oft stehen die Paare in den Sommermonaten auf der kleinen Angerwiese vor dem Rathaus Falkensee und freuen sich über ihre gelungene standesamtliche Vermählung. Reis und Blüten dürfen dabei für den Fotografen durchaus fliegen, Konfetti ist aber vor Ort verboten.
Angela Wikowski (63), die bereits seit über 23 Jahren im Standesamt Falkensee arbeitet und am 1. November diesen Jahres in den Ruhestand geht: “Konfetti ist nicht gut für unsere Umwelt. Da passen wir schon auf.”
Zusammen mit zwei weiteren Vollzeitkräften kümmert sich die Standesamtchefin um die anstehenden Hochzeiten in ihrem Wirkungskreis. 3.300 Trauungen hat sie in all den Jahren bereits betreut: “Manche Hochzeitspaare kamen wieder – allerdings mit neuen Partnern.”
Auch wenn nicht jede Ehe ein Leben lang hält, so glaubt die Standesbeamtin doch noch an die Liebe: “Ich bin selbst seit vierzig Jahren verheiratet. Ich weiß aber auch: Die Ehe ist harte Arbeit, die mit der Hochzeit beginnt. Ich finde, so manche Ehe wird heute viel zu schnell wieder getrennt. Die Paare wenden nicht mehr die Kraft auf, um an ihrer Beziehung zu arbeiten.”
Angela Wikowski ist zusammen mit ihrem Team für 65.000 Menschen verantwortlich. Denn seit 1964 gibt es den “Standesamtbezirk Falkensee”. Und der schließt nicht nur die Gartenstadt mit ein, sondern auch die benachbarten Gemeinden Dallgow-Döberitz und Schönwalde-Glien. Die Paare aus Dallgow-Döberitz müssen zum Heiraten ins Rathaus Falkensee fahren. Nicht nur die Schönwalder nutzen seit 2001 eine offizielle Außenstelle des Standesamts Falkensee in Pausin. Angela Wikowski: “Die Hochzeiten finden hier in der Waldschule Pausin statt. Hier gibt es ein Kaminzimmer, das gerade im Winter perfekt für Trauungen geeignet ist. In den warmen Monaten nutzen wir eine neu überdachte und damit wetterfest gemachte Sonnenterrasse. In Pausin haben die Paare früher gern einen Hochzeitsbaum gepflanzt, seit 2001 können auf Wunsch mit den Namen beschriftete Messingplatten in die ‘Hochzeitsstraße’ eingesetzt werden. In Pausin habe ich erlebt, dass die Ringe von einem Pferd zum Brautpaar gebracht wurden.”
Im Rathaus Falkensee wacht Angela Wikowski über einen ganz besonderen Schatz – die gebundenen Hochzeitsbücher. Jede Eheschließung mündete bislang in einem hochoffiziellen Dokument, das in diesem Buch festgehalten wird: “Hier vermerken wir auch eine Scheidung per Eintrag und Stempel auf der entsprechenden Seite, wenn die Ehe doch nicht gehalten hat. Seit 2009 gibt es anstelle der Hochzeitsbücher ein digitales Eheregister. Damals wurde die ‘elektronische Personenstandsführung’ etabliert. Wir sind dabei, unseren alten Bestand an Eheschließungsurkunden zu digitalisieren. Aber das kann noch dauern. 80 Jahre müssen die alten Heiratsbücher im Standesamt aufbewahrt werden, dann kommen sie ins Archiv.”
Über all die Jahre hat sich das Heiraten sehr verändert. Angela Wikowski: “Zu DDR-Zeiten haben die Paare traditionell sehr früh geheiratet. Das lag auch daran, dass es so einfacher war, eine Wohnung zu bekommen und bei den Eltern auszuziehen. Solche Phasen, in denen die Politik das Hochzeitsgeschehen beeinflusst hat, gab es über die Jahrzehnte immer wieder einmal. Ich kann mich nach der Wende an eine Zeit erinnern, da gab es Fördermittel vom Staat, wenn junge Ehepaare bauen. Da haben viele sehr früh geheiratet, um diese Förderung zu erhalten. Dann wurde das Rentenrecht geändert und es war nicht mehr so einfach wie früher, eine Witwenrente zu beanspruchen. Da haben viele alte Paare noch rasch vor der Einführung des neuen Gesetzes geheiratet, obwohl sie vorher Jahrzehnte ohne Trauschein zusammengelebt hatten. Da ging es gezielt darum, den Partner besser abzusichern.”
Der Standesbeamtin fällt auf, dass die Hochzeiten verrückter geworden sind: “Das kommt vom Einfluss der Medien. Die einen bekommen im Fernsehen vorgelebt, wie aufwendig eine Hochzeit sein kann. Bei anderen geht es darum, selbst Fotos auf Facebook und Instagram zu posten. Da merkt man, dass extra ein Wedding Planer engagiert wird, um alle Details der Hochzeit genau zu planen. Auch die Kleidung, die zur Trauung getragen wird, ist hochpreisiger geworden. Wir hatten auch schon Hochzeiten im Schottenrock, in Grufti-Kleidung oder im Bayern-Outfit. Ein Paar kam im Jogginganzug, weil es sich eben genau so kennengelernt hatte. Wenn Polizisten heiraten, dann oft in Uniform. Auch die Feuerwehr hat so ihre ganz eigenen Bräuche. Oft müssen die Männer nach der Vermählung auf dem Anger eine Feuerschale löschen. Er pumpt das Wasser und sie hält dabei den Schlauch. Wir hatten auch schon den Fall, da stand der Bräutigam im Korb der Drehleiter der Feuerwehr und hat im ersten Stock durch das Fenster hindurch Ja gesagt.”
Bei manchen Vermählungen streamte ein aufgestelltes Notebook die Zeremonie live aus dem Standesamt ins Ausland – etwa nach Brasilien oder Spanien, weil nicht die komplette Familie vor Ort mit dabei sein konnte.
Nur eins hatte die Standesbeamtin noch nie – eine Braut, die sich nicht traut: “Das ist Quatsch, das gibt es nicht. Wir hatten aber schon drei Paare, die zusammen den Termin haben platzen lassen. Da sind beide nicht zur Trauung erschienen.”
Durch den fortwährenden Zuzug der Menschen ins schöne Havelland hat sich auch die Anzahl der vor Ort durchgeführten Hochzeiten erhöht. Angela Wikowski: “Seitdem auch Paare gleichen Geschlechts heiraten dürfen, haben wir bestimmt mehr als hundert entsprechende Eheschließungen durchgeführt. Toll fand ich eine Vermählung zwischen zwei Frauen, die gern segeln gehen. Die kamen im Boot vorgefahren – und sie haben sich die Ringe draußen auf dem Parkplatz angesteckt.”
Auch das große Weltgeschehen beeinflusst das kleine Standesamt in Falkensee. Angela Wikowski: “Die Öffnung der Welt hat massive Auswirkungen auf unsere Arbeit. Das Auslandsrecht beim Heiraten ist oft ein völlig anderes als bei uns.110 verschiedene Nationen leben bei uns in Falkensee. Viele Bürger aus anderen Ländern sind außerdem 2015 mit der Flüchtlingswelle zu uns gekommen. Zurzeit sind es die Ukrainer, die bei uns leben und hier auch gern heiraten möchten. Das Heiraten über Landesgrenzen hinweg kann sehr schnell kompliziert werden. In Spanien und Portugal haben die Menschen oft schon von Hause aus einen Doppelnamen – einen von der Mutter, einen vom Vater. Und in Indien gibt es gar keinen klassischen Vor- und Zunamen. Den muss man den Personen erst zuweisen. Namen spielen für viele Menschen eine große Rolle. Ich finde, das ist nicht so wichtig. Namen sind Schall und Rauch, der Mensch steht doch im Mittelpunkt.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 205 (4/2023).
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