Peter Kaim vom Havellandhof Ribbeck: Was macht eigentlich ein Landwirt im Winter?
Peter Kaim stammt aus dem bayerischen Schwabenland, leitet aber seit 1993 den Havellandhof Ribbeck. Hier sorgen Ackerbau, Viehbetrieb und Biogasanlage für einen perfekten innerbetrieblichen Kreislauf der Ressourcen. Wir haben uns gefragt: Was macht so ein Landwirt eigentlich im Winter, wenn doch gar nichts auf den Feldern wächst? Däumchen drehen? Wohl eher nicht. Tatsächlich: Peter Kaim und seinen Mitarbeitern wird auch im Winter nicht langweilig.
Draußen fegt der Wind die Eiskristalle über einen gefrorenen Ackerboden. Es ist hundekalt. Da kann man es sich nicht vorstellen, dass auch nur ein einziger zarter Getreidehalm unter diesen Bedingungen wachsen kann.
Und aus diesem Gedanken entspringt dann schnell die Frage: Was macht so ein Landwirt eigentlich im Winter? Wir wollten dieser Frage einmal auf dem Grund gehen – und besuchten Mitte Januar den Landwirt Peter Kaim, der am äußersten Rand von Nauen den Havellandhof Ribbeck betreibt.
Bei der Fahrt auf das Gelände kommen wir direkt am modernen Kuhstall vorbei. Hier dürfen die Tiere selbst entscheiden, ob sie sich frei im Stall oder lieber draußen im Freien aufhalten. Bei unserem Besuch liegen gleich mehrere Kühe auf einer dicken Strohschicht im Freien. Sie lassen sich von der Kälte nicht beirren.
Peter Kaim (51): “Unsere Tiere müssen wir auch im Winter versorgen, da gibt es für uns keine Pause. Der Aufwand steigt im Winter sogar, weil die Kühe nicht auf der grünen Weide stehen und mehr Zeit im Stall verbringen. Da müssen wir mit deutlich mehr Einstreu arbeiten, also mehr Stroh ausbringen. Das Stroh produzieren wir zwar selbst, aber die Arbeit bleibt.”
Der Havellandhof Ribbeck besitzt zurzeit 180 Milchkühe, die täglich gemolken werden. Hinzu kommen 140 weibliche Jungrinder. Peter Kaim: “Bei uns kommt es das ganze Jahr über zu einer Abkalbung. Wir halten bei uns die Kuhrasse Holstein Friesan. Unsere Kühe produzieren jede für sich etwa 10.655 Kilogramm Milch im Jahr – mit 4,34 Prozent Fett und 3,49 Prozent Eiweiß. Zum Glück ist der Milchpreis zurzeit mit 40 Cent pro Liter recht hoch. Aus der Sicht gestiegener Kosten geht es anders auch nicht mehr. Bei 33 Cent pro Liter würden weiterhin reihenweise Milchbetriebe die Produktion einstellen und die Tür hinter sich abschließen.”
Wir lernen auch: Kühe lieben die Langeweile. Für sie muss jeder neue Tag genau so ablaufen wie der letzte. Peter Kaim: “Wenn unsere Kühe einmal um acht Uhr morgens gefüttert werden, dann erwarten sie auch an allen anderen Tagen morgens um acht ihr Futter.”
Alles auf dem Hof ist Teil eines ausgetüftelten Kreislaufsystems. So sind die Kühe nicht nur aufgrund ihrer Milch so wertvoll für Peter Kaim. Er hat es auch auf ihren Mist abgesehen.
Peter Kaim: “Wir betreiben auf unserem Hof eine eigene flexibilisierte Biogasanlage, die es pro Stunde auf eine mögliche Leistung von 910 KW bringt. Das würde ausreichen, um pro Stunde 20 E-Autos mit 500 Kilometer Reichweite komplett aufzuladen. Wir generieren mit der Biogasanlage elektrische Energie und Wärmeenergie. Mit der Wärme heizen wir unsere Gebäude und viele Häuser in Ribbeck. Leider ist unsere elektrische Leistung gedeckelt. Hier darf ich aufs Jahr gesehen nur 380 kW pro Stunde ins Netz einspeisen. Ein Direktvermarkter hat aus der Ferne Zugriff auf unsere Biogasanlage und kann die Motoren per Knopfdruck einschalten, wenn es einen Strombedarf auf dem Markt gibt. Das ist der Fall, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Der Vorteil von Biogas ist eben, dass diese Energieform speicherbar und auf den Punkt abrufbar ist.”
Die Biogasanlage läuft demnach nur mit halber Kraft. Der Landwirt rechnet aber damit, dass sich dies schon bald ändert: “Die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien soll ja ab sofort deutlich gesteigert werden. Da passt Biogas doch perfekt mit in den Plan. Ich gehe davon aus, dass unsere Drosselung bei der Stromproduktion bald fällt. Für uns als Betrieb wäre das sehr gut. Wir hätten mehr Einkommen bei deutlich gestiegenen Ausgaben. Alles wird zurzeit teurer. Alleine bei den Düngemitteln sind die Preise um das Dreifache gestiegen.”
Wir halten fest: Im Winter hat der Landwirt mit seinen Milchkühen mehr Arbeit als sonst. Die Biogasanlage läuft unvermindert weiter. Wie sieht es aber mit den Feldern aus?
Der Havellandhof Ribbeck nutzt 870 Hektar landwirtschaftliche Betriebsfläche. 200 Hektar sind Grünland, 670 Hektar werden als Ackerland genutzt. Peter Kaim: “Hier pflanzen wir Winterraps, Wintergerste, Winterweizen und Winterroggen an. Silomais ist sehr wichtig. Und wir pflanzen Luzerne, die Königin der Futterpflanzen. Das ist eine vierjährige Kultur, der es gelingt, den so wichtigen Stickstoff aus der Luft zu gewinnen. Wir nutzen eine sehr vielschichtige Fruchtfolge, um den Einsatz von teurem Dünger zu minimieren. Zehn Prozent unserer Flächen sind Naturschutzfläche. Und auf zehn Prozent der Fläche bauen wir extensives Getreide ohne Dünger und ohne Pflanzenschutzmittel an – dafür gibt es besondere Zuschüsse.”
Ansonsten stimmt das schon – auf den Feldern ruht zurzeit die Arbeit. Peter Kaim: “Auf 60 Prozent unserer Flächen haben wir Wintergetreide und Winterraps ausgebracht, die Felder sind bereits bewachsen. Auf den anderen 40 Prozent der Flächen wächst eine Winterbegrünung, um den Boden zu schützen – bei uns gibt es keinen schwarzen Acker. Da gibt es jetzt nichts zu tun. Beim Dünger gibt es eine Sperrfrist bis Ende Januar, da sind uns auch die Hände gebunden. Im März bringen wir auf 12 Hektar den Hafer aus, im April wird der Mais gesät.”
Wir erfahren: Im Winter werden die Landmaschinen instand gesetzt, damit sie später im Frühjahr ohne Wenn und Aber einsatzbereit sind. Ersatzteile lassen sich in dieser Zeit zu Frühkaufskonditionen besorgen. Ansonsten steht viel Büroarbeit an. So muss u.a. das jährliche Umweltgutachten verfasst werden, das bis Ende Februar fertig sein muss.
Peter Kaim, auf dessen Hof zehn Personen, zwei Azubis und ein Praktikant arbeiten: “Den Winter nutzen wir Landwirte natürlich auch, um eine Rückschau zu halten und das alte Jahr abzuschließen. Wichtig ist uns dabei auch: Welche Frucht hat einen Deckungsbeitrag gebracht? So brachte der Silomais bei uns im letzten Jahr sehr erfreuliche Ergebnisse. Wir ernten Mais seit 26 Jahren, aber so eine gute Ernte hatten wir noch nie. Da hat die Witterung vor allem in den wichtigen Monaten Juli und August perfekt mitgespielt. Nicht sehr gut war dafür die Grasvermehrung. Hier ernten wir seit 20 Jahren Grassamen etwa für die Anlage von Golfrasen. Hier haben wir die letzten drei Jahre durch die Wetterkapriolen nicht gut abgeschlossen. Das Gras wurzelt nicht tief, die Monate Mai und Juni waren nicht feucht genug. Aus diesem Grund werden wir die Grasvermehrung ab sofort aus unserem Portfolio streichen.” (Text/Fotos: CS)
Info: Havellandhof Ribbeck, Alte Hamburger 25, 14641 Nauen OT Ribbeck, Tel.: 03321-47938, www.ribbeck-agrar.de
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 191 (2/2022).
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