Interview: Kathrin Neumann ist die neue Bürgermeisterin von Brieselang!

In Brieselang geht es rund. Im April wurde der Bürgermeister Ralf Heimannn (Freie Wähler) in einem Bürgerentscheid aus dem Amt gewählt. Im September holten die parteilose Kathrin Neumann und Fabian Bleck (CDU) bei Neuwahlen die meisten Stimmen. Kathrin Neumann gewann daraufhin die Stichwahl am 1. Oktober mit 58,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Liebe Frau Neumann, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zur Bürgermeisterin von Brieselang. Wie erklären Sie sich den hohen Zuspruch der Wähler zu Ihrer Person?
Kathrin Neumann: “Die letzten Monate des Wahlkampfes waren für mich und mein Wahlkampfteam wirklich intensiv. Mir ist und war es immer wichtig, für die Bürgerinnen und Bürger ansprechbar zu sein und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dafür haben wir uns viele Formate überlegt: sei es das Gartenformat mit rund 40 Menschen am Freitagabend, der Infostand am Bahnhof ab 5:30 Uhr oder auch das persönliche Verteilen meiner Bürgerbriefe – im Fokus stand immer der persönliche Austausch. Dies wurde sehr positiv aufgenommen und war bestimmt auch ein Grund für den Erfolg. Viele Bürgerinnen und Bürger haben auch meinen beruflichen Hintergrund als Vorteil angesehen: Ich bin Diplom-Verwaltungswirtin und habe einen Master of Public Administration und arbeite seit mehr als 15 Jahren in der Bundesverwaltung.
Meine Parteilosigkeit war auch vorteilhaft: Als Bürgermeisterin muss man parteipolitisch neutral agieren, das geht natürlich am besten, wenn man nicht in Parteistrukturen verankert ist. Der Trend der parteilosen Rathausspitze setzt sich in Brandenburg insgesamt fort: Fast jeder zweite Bürgermeister ist parteilos und das ist auch in unseren Nachbarkommunen Wustermark und Falkensee so.”
Sie waren zuvor Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Brieselang und Gründerin vom Förderverein “Nymphe & See“. Sind Nachfolger für Sie in Sicht?
Kathrin Neumann: “Mein Amt als ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte habe ich seit Mai 2020 gern ausgeübt, aber habe das Amt nun niedergelegt. Ebenso auch das Amt der Vorsitzenden des Vereins ‘Nymphe & See’. Im Verein haben wir mit Thomas Koch als weiteren Vorsitzenden auf jeden Fall noch eine Spitze, aber die Wahl einer Nachfolgerin soll schnell erfolgen. Einen konkreten Namen kann ich jedoch an dieser Stelle noch nicht nennen. Für das Amt der ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten können sich interessierte Personen gern bei uns im Rathaus melden und ich kann nur für dieses vielseitige Ehrenamt für unsere Gemeinde werben. Mir hat das Amt immer Freude bereitet und auch der Austausch mit anderen ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im gesamten Land Brandenburg war sehr bereichernd. Und: Ich stehe natürlich immer mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um dieses Amt geht. Eine Ausschreibung dazu ist in Vorbereitung.”
Sie erben viele Probleme. Das größte: Der geplante Bau der neuen Brieselanger Gesamtschule soll mit 58 Millionen Euro Eigenanteil doppelt so teuer werden wie geplant. Wie geht es mit der Schule weiter?
Kathrin Neumann: “Mein Einstieg ist in der Tat kein sanfter und die großen Baustellen, die ich geerbt habe, gilt es direkt anzugehen.
Der Bau der Gesamtschule stellt unsere Gemeinde vor große Herausforderungen, nicht nur finanzieller Art. Aktuell liegt ein Planungsentwurf vor, ein erster Entwurf, auf Grundlage dessen auch eine Kostenkalkulation für den Bau der Gesamtschule und der Sporthalle erfolgt ist. Diese Kalkulation prüfen wir intern und die bislang angegebenen Kosten basierten noch nicht auf der einer Planung. Klar ist für mich auch, dass der jetzige Entwurf nur eine erste Planung sein kann. Wie von der Gemeindevertretung beschlossen, wird natürlich ein Planungsbeirat, bei dem insbesondere Anwohner, Vertreter der Gesamtschule und Grün-Weiss vertreten sind, einbezogen. Wir prüfen derzeit auch, an welchen Stellen man beim Bau einsparen könnte. Nichtsdestotrotz wird der Bau, der aber natürlich gleichzeitig eine wichtige Investition in unsere Gemeinde und in unsere Bildung ist, Einsparungen an anderer Stelle bedeuten: Es gilt hier, gemeinsam mit der Gemeindevertretung Beschlüsse auf den Prüfstand zu stellen. Diesen Weg müssen wir leider gehen und wir müssen hier gemeinschaftlich und geschlossen entscheiden.”
Bleibt dann noch genug Geld im Gemeindesäckl, um weitere wichtige Projekte anzugehen? Was wäre Ihnen für Brieselangs Zukunft besonders wichtig? Was sind Ihre Visionen als Bürgermeisterin für die kommenden Jahre?
Kathrin Neumann: “In meinem Wahlprogramm habe ich auch bewusst Ideen für Brieselang, Bredow und Zeestow eingebracht, die keine bis wenig finanzielle Mittel binden, wie z.B. ein gelebtes Unternehmernetzwerk: Hierzu wurden bereits erste Grundlagen gelegt. Als Bürgermeisterin werde ich damit einen Raum für Dialog schaffen und somit übergreifende Probleme, etwa die Besetzung von Ausbildungsplätzen, angehen.
Für unsere Gemeinde ist mir besonders wichtig, wieder das Miteinander zu finden und zu unterstützen. Die Ortsteile Bredow und Zeestow haben für mich einen besonderen Stellenwert und daher möchte ich ein ortsteilübergreifendes Gemeinschaftsgefühl stärken. Das ist eine von vielen Ideen, die ich mit Leben füllen werde. Um dies umzusetzen, braucht es natürlich einiges, insbesondere die stärkere Einbeziehung der Ortsbeiräte, mit denen ich intensiver zusammenarbeiten möchte.”
Geld für Brieselang könnte in Form von Gewerbesteuern aus einem neuen Gewerbegebiet rund um Amazon kommen. Interessenten gibt es ja sehr viele, die Milliarden investieren möchten. Aber es gibt nicht einmal einen B-Plan. Muss man hier nicht richtig Tempo machen?
Kathrin Neumann: “Der Weggang von Amazon bedeutet für die Gemeinde natürlich weniger Gewerbesteuereinnahmen. Nichtsdestotrotz haben andere Interessenten die perfekte Lage unserer Gemeinde vor den Toren Berlins erkannt und wollen am Standort investieren. Ein grundsätzlich positives Signal wurde vor meiner Amtszeit von der Gemeindevertretung bereits für die Erweiterung des Gewerbegebietes gegeben. Natürlich ist das Projekt nur umsetzungsfähig, wenn beispielsweise Fragen des Verkehrs oder der Lärmbelästigung vernünftig geklärt werden können, schließlich soll es zu keinen Beeinträchtigungen für die Einwohner der Gemeinde Brieselang kommen. Die Machbarkeitsstudie, die in Auftrag gegeben wurde, untersucht insbesondere Fragen der Lärmbelästigung, des Verkehrsaufkommens sowie Auswirkungen der Entwicklung auf Natur und Klima. Auch eventuelle Belastungen für die angrenzenden Wohngebiete werden aufgezeigt. Nach Vorliegen und Analyse dieser Studie geht es weiter. Aber klar ist natürlich: Die Schaffung von Baurecht geht nicht von heute auf morgen.”
In der Vergangenheit wurde viel Porzellan zerschmissen. Wie wollen Sie in Zukunft mit dem Sportverein Grün-Weiss und auch mit der Situation am Nymphensee umgehen? Wird es eine neue Gesprächskultur im Rathaus geben?
Kathrin Neumann: “Natürlich, dafür bin ich angetreten. Das neue Miteinander muss sich auch in einem respektvollen und anerkennenden Umgang widerspiegeln und dies nicht nur mit Grün-Weiss, sondern mit allen in der Gemeinde. Ich stehe für den Dialog auf Augenhöhe, für eine offene Gesprächskultur im Rathaus: Ich bin eine Bürgermeisterin, die für alle ansprechbar ist, unabhängig von Sprechstunden und öffentlichen Sitzungen. Hierzu gehören für mich auch aktive und transparente Informationen für alle: Durch eine klare Kommunikation, offenen Dialog und leicht zugängliche Informationen sollen Bürgerinnen und Bürger besser verstehen, wie ihre Gemeinde verwaltet wird und wie sie selbst daran teilhaben können. Hierfür gibt es neben dem Amtsblatt schon gute Ideen: Den kommunalpolitischen Podcast ‘Birke & Nymphe’ habe ich mit weiteren Engagierten bereits ins Leben gerufen und werde ihn als Bürgermeisterin unterstützen. Wie das konkret aussehen wird, daran arbeiten wir.”
Der Berliner Speckgürtel reicht inzwischen bis nach Nauen, überall wird gebaut. Kann Brieselang noch wachsen? Und wie sieht es vor Ort mit neuen Ladengeschäften, Restaurants und ähnlichen Angeboten aus? Hier ist Brieselang noch sehr schlecht aufgestellt.
Kathrin Neumann: “Unsere Gemeinde wird noch weiterwachsen, aber wir müssen hier unbedingt behutsam vorgehen. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten gesehen, dass eine zügig wachsende Gemeinde nicht immer vorteilhaft ist, z.B. wenn die Infrastruktur sich nicht weiterentwickelt und mitwächst, aber auch das Miteinander auf der Strecke bleibt. Der Wunsch nach Restaurants oder wenigstens ein bis zwei weiteren Angeboten war auch im Wahlkampf immer ein Thema. Ich würde es mir natürlich wünschen, dass wir in der Gemeinde Brieselang etwas mehr gastronomische Vielfalt hätten, doch ist hier realistischer Weise in erster Linie das Unternehmertum gefragt. Wenn wir als Verwaltung unterstützen können, indem wir als Türöffner fungieren, werden wir das sicherlich sehr gerne tun. Eine lebendige Ortsmitte zu schaffen, in der sich ein facettenreiches und florierendes Gemeindeleben widerspiegelt, ist mir persönlich sehr wichtig.” (Fragen/Foto: CS)
(weiter im Artikel – unbezahlte Werbung wegen Firmennennung)
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