Hört gut zu: 1. “Unser Havelland” Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow!
Die Kinder in der Grundschule freuen sich regelmäßig über einen “Vorlesetag”. Nun haben die Erwachsenen auch einen bekommen. Zusammen mit dem Autohaus Dallgow veranstaltete “Unser Havelland” die allererste Krimi-Nacht. Drei bekannte Autoren hatten Geschichten mitgebracht, die das Publikum nicht unberührt ließen. Passend zur Literatur gab es Pizza und Wein. Und am Ende freuten sich die Kinder der Lessing-Grundschule in Falkensee über eine hohe Spende.
Im Autohaus Dallgow in der Wilmsstraße mussten einige Autos im großen Ausstellungsraum für einen Abend weichen und Platz machen. An ihrer Stelle wurden – mit ausreichend Abstand – 50 Stühle verteilt. Hinzu kam eine etwas erhöhte Bühne mit einem gemütlichen Ledersessel, einem Glastisch und einer Stehlampe.
Am 17. November verwandelte sich das Autohaus für einen Abend in ein Literatur-Café. Kaum wurde das reguläre Geschäft um 18 Uhr beendet, standen bereits die ersten der rund 40 angemeldeten Literaturfreunde vor der Tür, um einer Krimi-Nacht nach 3G-Regeln beizuwohnen.
Jörg Seemann-Arnhölter, Geschäftsführer der Autohaus Dallgow GmbH in Dallgow-Döberitz: “Ich habe ein großes Faible für gute Weine. Gerade zur Weihnachtszeit verschenken wir gern eine Flasche an unsere Kunden. In diesem Zusammenhang kam die Idee auf, noch mehr Menschen unsere Weine vorzustellen, die man übrigens auch im Autohaus kaufen kann. So kamen wir auf die Idee, zu einer gemütlichen Lesung mit Weinprobe einzuladen.”
Carsten Scheibe von “Unser Havelland” hatte in seiner Jugend selbst noch Ambitionen, unter die Schriftsteller zu gehen. Außer Konkurrenz eröffnete er deswegen die “1. Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow” mit einer wahrhaft mörderischen Geschichte. In “Karli und die Schwarzen Männer” zeigte er auf, wie Kinder Konflikte lösen, die am Ende tödlich enden sollen. In der an Stephen King angelehnten Kurzgeschichte nutzt Karli die Schwarzen Männer unter seinem Bett und im Schrank, die für ihn die Killerarbeit erledigen: “Die Schranktür flog mit einem lauten Knall auf und eine Axtschneide blitzte auf. Dahinter konnte man einen schwarzen Kopf erkennen.”
Derart eingestimmt übernahm Astrid Ann Jabusch die Kontrolle über das Publikum. Die Autorin lebt in Spandau im Falkenhagener Feld, ist Mitglied der “Mörderischen Schwestern” (einem Verbund regionaler Krimiautorinnen) und hat zuletzt mit ihrem verstorbenen Mann Thomas R.P. Mielke das Opus “Orlando Furioso” über den Rasenden Roland vorgelegt.
Die Autorin ist eine Weltmeisterin im süffisant-emotionalen Vortragen ihrer Texte vor Publikum. Sie las eine Geschichte über einen umgedrehten Enkeltrick. Darin stellte sie eine gewiefte Großmutter vor, die alle bei ihr vorstellig werdenden Enkeltrick-Betrüger erst einmal zur schweren Fronarbeit in ihrer Wohnung verdonnert, bevor sie sie am Ende doch der Polizei übergibt. Und dann kommt sie sogar auf die Idee, selbst zur Enkeltrick-Betrügerin zu werden.
Hier amüsierte sich das Publikum bereits köstlich. Kein Wunder, gab es doch neben der Geschichte auch noch einen großen Stapel dampfender Pizzen für die Gäste – bestellt von Jörg Seemann-Arnhölter und geliefert von Neset Abdulahovik vom Falkenseer Restaurant “Toscana Solo Pizza”. Auch die Weinprobe glückte: Ein Glas Wein war wirklich der perfekte Gegenpart zu den einzelnen Geschichten. Zusätzlich wurden Knabbereien und Soft-Drinks bereitgestellt – gegen eine Spende.
Als nächster Vorleser kam Reinhold Ehl auf die wirklich sehr gemütlich dekorierte Bühne. Jörg Seemann-Arnhölter hatte für alle Autoren schon vorab ein Headset mit Mikrofon auf das persönliche Sprachmuster feinjustiert, sodass alle Zuhörer einen perfekten Ton genießen konnten.
Reinhold Ehl wohnt in Schönwalde-Glien, steht hier dem “Theater in der Scheune” vom Kreativ e.V. vor und hat mit anderen Autoren der “Schönwalder Schreibwerkstatt” das Buch “Made in Schönwalde” geschrieben. Aus dem Nachfolger stammte seine Geschichte “Fort Hahneberg, Kehle 3 links”. Sie hatte lokalen Bezug und ging deutlich unter die Haut. Johanna erlebt den Mauerfall im November 1989. Sie erinnert sich an die Geschichte ihres Großvaters, der immer von einem Schatz erzählt hatte, den die Deutschen im Fort versteckt hatten, kurz bevor die Russen anrückten. Nach dem Mauerfall sieht Johanna die Chance, der Geschichte auf den Grund zu gehen, hat sie doch eine genaue Beschreibung vom Versteck – und nach dem Mauerfall auch endlich die Möglichkeit, das Fort im DDR-Grenzgebiet zu betreten. Doch der Schatz wird ihr noch ganz böse Bauchschmerzen bereiten.
Totenstille im Saal, die Auflösung der Geschichte erwischte die Zuschauer wie eine Faust im Magen. Da musste Monika von Ramin alias Nika Lubitsch für Entspannung sorgen. Die Autorin aus Berlin-Zehlendorf hat sich mit ihren Zahlen-Krimis (es kommt immer eine Zahl im Titel vor) eine treue Leserschaft erschrieben. Ihr Roman “Der 7. Tag” wurde vor kurzem von Oliver Berben mit Henning Baum in der Hauptrolle für das ZDF verfilmt.
Sie hatte mit “Das neue Testament” eine echte Krimigeschichte im Stil einer Agatha Christie mitgebracht. Tante Adi ist tot. Gestorben im Bett beim Lesen der Bibel – kurz, bevor sie ein neues Testament aufsetzen wollte. Eine auf diese Art leer ausgehende Erbin geht auf die Barrikaden und avanciert zum weiblichen Sherlock Holmes, der aus dem plötzlichen Tod einen Mord machen möchte.
Wollt ihr mehr? Aber ja! Das Publikum dürstete nach einer zweiten Runde. Und es wurde nicht enttäuscht. Reinhold Ehl und Astrid Ann Jabusch lasen in formvollendeter Komik einen von Jabusch geschriebenen Sketch. Im Jahr 2066 präsentiert die Ex&Hopp AG das Gegenstück zur Lebensversicherung – die Todesversicherung, von der Firma auch Übergangsversicherung genannt. Sie soll dafür sorgen, dass man nur ja nicht zu lange lebt. Und man könne sogar Dritte benennen, die früher sterben sollen. Makaber, makaber. Monika von Ramin legte nach – mit einer Party-Geschichte, auf der ganz philosophisch der Tod, der Neid und die Liebe miteinander Small Talk treiben, am Ende aber ganz unbemerkt eine sehr wichtige Emotion die Feier verlässt.
Den “Rauswerfer” machte wieder Carsten Scheibe, der seine Glosse “Der weibliche Imperativ” vorlas – über das Unvermögen der Männer, das Ungesagte in den Worten der Frauen zu begreifen.
Christian Thamm von der Tanzschule Allround, der die Stühle und die Weingläser bereitgestellt hatte: “Es war ein wundervoller Abend mit interessanten Geschichten – immer gerne wieder.”
Auch Dallgows Bürgermeister Sven Richter zeigte sich begeistert: “Der Abend hat mir sehr gut gefallen. Gerade die Geschichte mit dem Enkeltrick fand ich super. In meinem früheren Berufsleben als Polizist war das ja genau mein Tätigkeitsbereich. Ich musste jedenfalls sehr lachen. Die Kreativität, die hinter dieser Geschichte steht, ist beachtlich. Die Party-Geschichte von Monika von Ramin hingegen gibt mir etwas zum Nachdenken mit auf den Weg.”
Jörg Seemann-Arnhölter: “Wir haben an diesem grandiosen Abend 400 Euro an Spenden generieren können. Der Betrag wird von der Berliner Volksbank noch einmal verdoppelt. Die 800 Euro gehen an den Förderverein der Lessing-Grundschule in Falkensee. Die Kinder wünschen sich eine Neugestaltung des Schulhofs. Und: Gerne laden wir Ende 2022 zu einer zweiten Krimi-Nacht ein.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 189 (12/2021).
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