Mörder unter sich: Unser Havelland lud zur 3. Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow!
Einmal im Jahr darf nach Herzenslust gemordet werden. Stets im November findet die große Krimi-Nacht im Autohaus Dallgow statt. Dieses Jahr hat “Unser Havelland” gleich sechs Autorinnen und Autoren zusammengetrommelt, die nacheinander auf der Bühne Platz nahmen. Im halb ausgeräumten Autohaus fanden sich passend dazu über 80 Krimifreunde im Publikum ein. Sie hörten viel Historisches, kamen zeitweise aber auch aus dem Totlachen nicht mehr heraus.
Für Kinder gibt es nichts Schöneres, als wenn man ihnen abends zur Bettgehzeit noch eine spannende Geschichte vorliest.
Eins kann man ganz klar feststellen: Diese Zeit kommt später im Leben noch einmal wieder. Am 9. November fanden sich in diesem Jahr gleich über 80 Freunde guter Geschichten nach 18 Uhr im Autohaus Dallgow ein, um gleich vier Stunden lang das eigene Ohr lauschend in Richtung Bühne zu recken. Denn just an diesem Tag luden das Landkreis-Magazin “Unser Havelland” und das Autohaus Dallgow (www.autohaus-dallgow.de) gemeinsam zur 3. Kriminacht ein.
Carsten Scheibe: “Wir laden ja wenigstens einmal im Monat zu einem Zeitungs-Event ein. Da trifft man immer wieder alte Bekannte. Die Krimi-Lesung hingegen begeistert ein ganz eigenes Publikum, das wir nur hier sehen. Vor allem Frauen in der zweiten Lebenshälfte sitzen sehr aufmerksam zuhörend im Publikum. Ich habe fast den Eindruck, als warten sie geduldig auf Tipps, wie sie den eigenen Göttergatten vorzeitig unter die Erde bringen können.”
Extra für das Event hatte Autohaus-Chef Jörg Seemann-Arnhölter wieder den hinteren Bereich der Verkaufshalle leerräumen lassen. Auf einer extra aufgestellten Bühne sorgten ein gemütlicher Armsessel und eine Leselampe für das passende Ambiente. Eine professionelle Soundanlage stellte sicher, dass die Stimmen der Lesenden auch noch in der letzten Reihe gut gehört werden konnten. Für die Bestuhlung hatte die Tanzschule Allround gesorgt. Sie stellte auch das Catering – für die Pause hatten Anja Thamm und ihr Team heiße Currywurst mit aufgeschnittenem Baguette mitgebracht.
Jörg Seemann-Arnhölter: “Wir vom Autohaus Dallgow haben die Besucher während der Lesung kostenfrei mit Wein, Sekt, Softdrinks und kleinen Naschereien versorgt.”
In diesem Jahr schauten viele der Autoren überraschend weit zurück in die Vergangenheit. Die Berliner “Krimi-Oma” Heidi Ramlow, die bereits über 80 Jahre alt ist, gilt als “Grande Dame” der Autorinnenvereinigung “Mörderische Schwestern”. Sie trug mit “Muckefuck spezial” eine Geschichte vor, mit der sie 2021 den “Brandenburgischen Literaturpreis” gewonnen hat. Es geht um einen 10-jährigen Jungen, der in der Berliner Nachkriegszeit bitter Rache an den sowjetischen Soldaten nehmen möchte – und sich abends aus dem West-Teil in den Ost-Sektor der Stadt schleicht, um ein paar Russen um die Ecke zu bringen. Das ist aber gar nicht so einfach, wenn man nur ein kleiner Junge ist.
Reinhold Ehl aus Schönwalde-Glien ging mit “Dünnes Eis” noch weiter zurück in der Berliner Geschichte. Seine historisch korrekte Geschichte spielt 1921 im Spandauer Eiskeller, wo die Temperaturen im Winter schon immer deutlich niedriger waren als im üblichen Berlin. Hier wurde damals noch tatsächlich Eis von den Gewässern geschnitten und im Block an die Berliner Brauereien und Krankenhäuser verkauft. Reinhold Ehl zeigte auf, dass auch beim Eisschneiden nicht immer alles glatt geht.
Historisch war auch der Wahl-Spandauer Georg Steinweh unterwegs. In “Kleine Leute – Groß-Berlin” ging es um eine Zeit, in der mehrere kleine Orte zu Groß-Berlin zusammengefasst werden sollten: Eine politische Bewegung, die nicht nur Spandau skeptisch sieht. Als in diesem Umfeld die junge Frau Anita Kannopke ermordet aufgefunden wird, ermittelt Oberkommissar Oskar Liebermann. Gut, dass er eine solide Beobachtungsgabe hat und eins und eins zusammenzählen kann.
Was war sonst noch los auf der Lesebühne? Gastgeber Carsten Scheibe eröffnete den Abend scheinheilig mit einem ganz und gar positiven, fröhlichen und netten Text. In “Ein fröhlicher Spaziergang” erzählt er, wie er pfeifend und singend durch die Falkenseer Bahnhofstraße flaniert und dabei mehrere bekannte Personen aus dem Ort trifft, mit denen er nette Smalltalk-Gespräche führt. Bis plötzlich die Polizei ermittelt: Eben diese Promis aus Falkensee wurden anscheinend auf bitterböse Art gemeuchelt und um die Ecke gebracht. Den Zuschauern wird schnell klar: Der nette Carsten hat sie alle um die Ecke gebracht. Eindeutig ist er ein Psycho. Der am Ende der Geschichte ganz fröhlich ankündigt, am nächsten Tag doch auch einmal Dallgow-Döberitz besuchen zu wollen.
Heidi Ramlow brachte mit “Es ist ne Leich’ entsprungen” noch ihre ganze Erfahrung als Regisseurin fürs Fernsehen mit ein. Eine junge Blondine möchte doch so gern die Rolle als Effi Briest in der Verfilmung der Fontane-Geschichte haben. Nun, das klappt am Ende auch – aber nur als Leiche.
Georg Steinweh ließ in “Die unsichtbare Dritte” einen Marketing-Chef, der Spandau und das Havelland in einer Event-Reihe promoten möchte, an einem virtuellen Hacker verzweifeln, der seine Werbemaßnahmen mit Gedichten torpediert. Klare Frage, da muss zurückgedichtet werden.
Anja Thamm: “Ich liebe diese Krimi-Abende. Ich habe mir auch jedes Mal wenigstens ein Buch der Autoren gekauft. Was ich besonders schätze, sind die kleinen lustigen Geschichten, die den Abend immer wieder auflockern.”
Bereits zum zweiten Mal war dafür Susanne Riedel mit dabei. Sie beobachtet nicht nur ihren eigenen Alltag ganz genau und archiviert ihre überaus amüsanten Observierungen gern in kurzen Geschichten. Die ersten Alltagsbeobachtungen sind in ihrem Buch “Ich hab mit Ingwertee gegoogelt: Mein Leben in Autokorrektur” versammelt, ein zweiter Band mit dem Titel “Lebensmitte-Allergie” soll im nächsten März erscheinen. Sie berichtete mit ihrer in unzähligen Lesungen geschulten Stimme in “Das Matriarchat ist da” von ihren beiden Söhnen, die sich zwischen Fantasy-Computerspielen und Kücheneinsatz immer mehr als echte Feministen präsentieren. Und sie lud die Zuhörer im Autohaus dazu ein, ihr in “Gute Momente” Tag für Tag durch eine Woche zu folgen, in denen es jede Menge kurioser Alltagsbegegnungen zu bestaunen gab.
Neu im Krimiteam war in diesem Jahr “der Vorleser” Dirk Lausch, der schon oft im Havelland zu hören gewesen ist – etwa im Falkenseer Hexenhaus. Er las als einziger Gast Geschichten, die von anderen Autoren stammten. Dafür gelang es ihm aber, das Publikum mit einer extrem hohen Gagdichte in Exstase zu versetzen. Er begann auf speziellen Wunsch des Veranstalters mit dem “Kinomo” von Willy Astor. In dieser Kurzgeschichte sind bestimmt an die zweihundert Titel von berühmten Kinofilmen verarbeitet worden: Die Zuhörer versuchten verzweifelt, mit hoch erhobenen Fingern die Filmtitel mitzuzählen.
Fast schon hysterische Lachanfälle provozierte der Vorleser mit der allerletzten Geschichte des Abends. Sie hieß “Dumm gelaufen” und stammt von Leo P. Ard. Ein harmloser Bürger, der vor Gericht wegen allen nur erdenklichen Straftaten “bis auf Völkermord” angeklagt wurde, erklärt dem Hohen Gericht in einem haarsträubenden Exkurs, wie er ein mörderisches Chaos mit ziemlich vielen Toten anrichtet hat, nur weil er in einem fremden Auto den Klappentext einer auf dem Beifahrersitz liegenden Musik-CD lesen wollte.
Marion Kewel und Clemens Rogg zeigten sich nach der Lesung begeistert: “Es war ein sehr schöner Abend mit einer durchweg gelungenen Veranstaltung!”
Jörg Seemann-Arnhölter gestattete den Besuchern am Ende noch einen ganz exklusiven Blick: Er präsentierte das neue E-Auto von VW, den neuen ID.7. Und er freute sich über viele Spenden der Besucher: “Es sind am Ende 543 Euro zusammengekommen. Das Geld geht wieder an den Förderverein der Falkenseer Lessing-Grundschule.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 213 (12/2023).
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