Kanzlei wendelmuth Rechtsanwälte aus Falkensee: Rund ums Thema Erben kann man viele Fehler machen!
Die Kanzlei wendelmuth Rechtsanwälte hat ihre Räumlichkeiten direkt im Falkenseer Zentrum am Kreisverkehr in der Bahnhofstraße. Agnes Wendelmuth ist Fachanwältin für Familienrecht und für Erbrecht. Dr. Christoph Schäfer ist Fachanwalt für Familienrecht. “Unser Havelland” sprach mit den beiden Anwälten über juristische Fallstricke und allgemeine Fehleinschätzungen rund um das Thema Erben. (ANZEIGE)
In Falkensee und auch in den anderen Orten im östlichen Havelland haben sich viele Familien eine Existenz aufgebaut – oft mit einem eigenen Einfamilienhaus. Ist es wichtig, dass sich die älter werdenden Paare rechtzeitig mit einem Testament absichern?
Agnes Wendelmuth: “Es lohnt sich in jedem Fall, sich einmal umfassend vom Fachanwalt beraten zu lassen. Denn man braucht nicht zwingend ein Testament. Ist man mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden, die das bürgerliche Gesetzbuch für den Todesfall vorsieht, braucht man kein Testament. Wer aber von dieser gesetzlichen Abfolge abweichen möchte, muss zwingend ein Testament verfassen oder einen Erbvertrag schließen.”
Reicht es aus, das Testament im Computer zu tippen, es auszudrucken und dann zu unterschreiben?
Agnes Wendelmuth: “Ein Testament muss komplett handschriftlich geschrieben und am Ende auch unterschrieben sein. Es sollte Ort und Datum enthalten, aber das ist keine zwingende Bedingung.
Kann oder will man das Testament in dieser Form nicht aufsetzen, weil man etwa eine Sehstörung hat oder nicht schreiben kann, dann setzt der Notar das Schriftstück im Computer auf, druckt es aus und der Notar und der Testierende unterschreiben anschließend gemeinsam das Testament. Auf diese Weise wird es notariell beurkundet – und somit gültig.”
Viele Familien denken bereits zu Lebzeiten darüber nach, ihren Besitz als Schenkung an die Kinder zu übergeben, um später hohe Erbschaftssteuern zu umgehen.
Agnes Wendelmuth: “Eine solche Schenkung macht Sinn, wenn so viel Vermögen vorliegt, dass man am Ende tatsächlich Probleme mit der Bezahlung der Erbschaftssteuer bekommen könnte. Allerdings lohnt es sich hier, im Vorfeld den Taschenrechner hervorzuholen und genau nachzurechnen.
Nehmen wir an, ein Haus in Falkensee ist zusammen mit dem Grundstück eine halbe Million Euro wert. Zieht das erbende Kind zeitnah in das Haus ein, was nun als ‘Familienheim’ bezeichnet wird, und bleibt hier wenigstens zehn Jahre lang wohnen, so fällt für dieses Familienheim überhaupt keine Erbschaftssteuer an, wenn es nicht zu viele Quadratmeter Wohnfläche hat. Der gesamte Erbschaftssteuerfreibetrag kann somit für das übrige Erbe eingesetzt werden – etwa für Schmuck oder für Geld auf den Konten.
Aber selbst wenn das Kind nicht in das Haus einzieht, sondern es vielleicht verkauft oder vermietet, so kann der Wert des Hauses immer noch mit dem Erbschaftssteuerfreibetrag gegengerechnet werden. Jedes Kind hat einen Freibetrag von 400.000 Euro – pro Elternteil. Bei beiden Eltern sind das 800.000 Euro pro Kind.
Geht es um das Haus und das Grundstück, müssten allerdings beide Eltern auch zwingend im Grundbuch stehen. Das ist leider viel zu oft nicht der Fall. Gerade in klassisch konservativen Familien steht nur der Mann im Grundbuch.”
Kann eine Schenkung zu Lebzeiten auch zu Problemen führen?
Agnes Wendelmuth: “Mitunter wird eine Schenkung durchgeführt, weil es eine diffuse Angst gibt, dass die Erbschaftssteuer brutal zuschlagen wird. Aber warum sollte man eine Schenkung einleiten, wenn – wie eben geschildert – gar keine großen Erbschaftssteuerbelastungen im Raum stehen?
Da geht es oft auch um Fälle, bei denen außer dem Haus selbst eigentlich gar kein weiteres Vermögen vorliegt.
In dieser Situation kann eine Schenkung für die älteren Menschen durchaus mit einer finanziellen Gefahr verbunden sein. Denn hat man das Haus erst einmal verschenkt, dann befindet sich das Kapital, der Gegenstand, das Vermögen nicht mehr im eigenen Eigentum.
Überlegt es sich der oder die Schenkende später z.B. doch noch einmal, das Haus in Falkensee zu verkaufen, um sich für das Geld etwa einen Ruhesitz im warmen Spanien zu leisten, dann geht das nun nicht mehr.
Tatsächlich gibt es sehr viele Gründe, die am Ende dafür sorgen, dass die Schenkenden ihre Großzügigkeit bereuen. Notare schreiben deswegen gern in die Verträge mit hinein, dass in bestimmten Situationen das Eigentum zurückübertragen werden muss. Das könnte etwa bei einer Insolvenz des Kindes der Fall sein, bei einem drohenden Verkauf des Hauses, bei einer Scheidung des Kindes oder auch, wenn das Kind vor dem Schenker verstirbt.
Wir haben auch den Fall, dass sich die Eltern zwar ein Wohnrecht haben einräumen lassen, dann aber ab einem bestimmten Alter doch in ein Heim umziehen müssen. Dann ist mitunter für einen guten Heimplatz kein Geld mehr da, weil das Haus als Kapital an das Kind abgegeben wurde.”
Manche Senioren verschenken ihr Haus doch aber gern vor dem Umzug ins Pflegeheim an die Familie, damit es nicht zur Bezahlung des Heimplatzes herangezogen werden kann.
Christoph Schäfer: “Das ist tatsächlich ein beliebter Gedanke und ein häufiges Thema. Wenn Oma oder Opa ins Pflegeheim kommen, wird das Häuschen noch schnell übertragen – man schenkt sich sozusagen arm.
Dieser Kniff funktioniert aber nicht, weil der Sozialhilfeträger sich den Rückübertragungsanspruch von Oma oder Opa zunutze machen kann: Verarmt der Schenker, kann er das Geschenkte zurückfordern. Erst nach zehn Jahren ab der Übertragung ist das Haus ‘sicher’. Aber so vorausschauend sind dann doch eher nur die wenigsten. Das Haus ist dann zurückzuübertragen. Dies können die Beschenkten abwenden, indem sie die Kosten für das Pflegeheim selbst bezahlen.”
Nun kann es ja auch passieren, dass die Eltern sterben und ihren Kindern kein Vermögen hinterlassen, sondern nur Schulden. Wann kann ich denn ein Erbe ausschlagen?
Agnes Wendelmuth: “Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Denn die meisten Menschen in Deutschland glauben, dass jemand bei ihnen anruft und sie fragt, ob sie ein Erbe annehmen oder ausschlagen. Das ist aber nicht der Fall.
Tatsächlich ist es so, dass man ein mögliches Erbe proaktiv ausschlagen muss, wenn man der Meinung ist, dass das Erbe vor allem aus Schulden besteht. Die Ausschlagungsfrist ist aber in Deutschland sehr, sehr kurz. Sie beträgt nur sechs Wochen ab der Kenntnis, die man vom Tod des Verstorbenen und der eigenen Erbenstellung genommen hat. Sind die sechs Wochen verstrichen, hat man allein durch Nichtstun und durch Zeitablauf die Erbschaft angenommen.
Man ist aber auch nach dieser Zeitspanne nicht komplett rechtlos gestellt. Man muss einen Anfechtungsgrund haben, um die Annahme der Erbschaft anzufechten und nachträglich auszuschlagen. Der häufigste Grund ist natürlich, dass der Nachlass Schulden beinhaltet, die man nicht erben möchte. Dann muss aber eine Überschuldung vorliegen, also unterm Strich muss bei Vermögen und Schulden ein Minusbetrag übrig bleiben. Dann hätte man ab Kenntnis der Überschuldung noch einmal sechs Wochen Zeit, um die Annahme der Erbschaft anzufechten und auszuschlagen.”
Wie schlägt man ein Erbe aus?
Agnes Wendelmuth: “Das macht man nicht beim Anwalt, sondern bei jedem Notar, beim Nachlassgericht oder beim Gericht am eigenen Wohnsitz, das wäre bei uns im östlichen Havelland das Amtsgericht Nauen.
Wer ein Erbe ausgeschlagen hat, muss sich auch darüber im Klaren sein, dass dies etwas Endgültiges hat. Falls am Ende doch noch ein Vermögen etwa in Form eines geheimen Kontos, einer wertvollen Kunstsammlung oder eines Säckchens mit Goldmünzen auftaucht, hat man keinen Zugriff mehr auf diesen Besitz.”
Helfen Sie Ihren Klienten dabei, ein Testament aufzusetzen?
Agnes Wendelmuth: “Das ist eine unserer Kernaufgaben. Man muss allerdings auch darauf vorbereitet sein, dass so eine Testamentsgestaltung wehtun kann. Man muss sich mit Fragestellungen auseinandersetzen, mit denen man eigentlich nichts zu tun haben möchte. Der Klassiker ist das Vorversterben der eigenen Kinder. Da muss man durchaus einen Gedanken daran verschwenden. Und da hat so mancher, der hier bei uns gesessen hat, schon arg geschluckt und auch mal ein Tränchen verdrückt, weil man einfach Szenarien durchspielt, die nicht schön sind.
Das ist eben auch der Unterschied zu einem vorbereiteten Formular, das man sich aus dem Internet herunterladen kann. Ein Beratungsgespräch führt zu ganz neuen Konstellationen, die man durchdenkt.
Bei einem ersten Gespräch habe ich auch sehr gern nur die Testatoren bei uns in der Praxis. Manche bringen gleich ihre Kinder mit, was schwierig sein kann, weil man entweder nicht offen genug sprechen kann oder aber plötzlich Dinge zur Sprache kommen, die der eine oder andere vielleicht nicht so gerne hört. Die Kinder können gern bei Folgegesprächen mit anwesend sein.
Zu einem Testament gehört unserer Auffassung nach auch die Patientenverfügung mit einer Vorsorgevollmacht. Das ist ein regelrechter Dreiklang. Wenn man eine Vorsorgeberatung macht, braucht man dazu auch das Testament, denn das regelt: Was passiert, wenn ich tot bin? Und auf dem Weg dahin spielen die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung eine Rolle. Die Patientenverfügung beinhaltet die eigene Festlegung dessen, was passiert, wenn man etwa im Krankheitsfall nicht mehr selbst entscheiden kann, wie es mit einem weitergeht. Und die Vorsorgevollmacht regelt, wer den eigenen Willen als Vertretung durchsetzen soll. Denn was nützt mir die schönste Patientenverfügung, wenn ich niemanden habe, der sich um die Umsetzung kümmert? Die Vorsorgevollmacht hat nicht nur das Thema ‘Durchsetzung der Patientenverfügung’, sondern soll auch eine gerichtliche Betreuung verhindern, wenn ich selbst nicht mehr die richtigen Entscheidungen für mich treffen kann.”
Gibt es beim Erben auch böse Überraschungen, mit denen niemand rechnet?
Agnes Wendelmuth: “Viele Mandanten wissen nicht, dass wenn keine Kinder da sind, der Ehegatte nicht zwingend der Alleinerbe ist. Sie verzichten dann oft auf ein Testament. Theoretisch könnten aber die eigenen Eltern erben. Sie sind aber in der Regel schon vorverstorben. Auch die Geschwister erben als Erben zweiter Ordnung mit dem Ehegatten gemeinsam. Der Ehegatte oder die Ehefrau haben zwar beim Erben die deutlich höhere Quote. Bei einer Immobilie könnten die erbenden Geschwister aber auch mit einer sehr kleinen Miteigentumsquote eine Teilungsversteigerung herbeiführen, sodass ihr Erbe aus dem Hausverkauf heraus bezahlt werden kann. Das ist eine Entwicklung, die sich mit einem Testament vermeiden lässt.”
Ist es nicht am besten, ein Berliner Testament zu verfassen?
Agnes Wendelmuth: “Berliner Testamente sind ein echter Dauerbrenner. Von ihnen hat jeder schon einmal gehört. Und dann heißt es plötzlich: Das muss ich haben.
Bei einem Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein. Gerade in Patchwork-Situationen kann das aber die völlig falsche Testamentform sein. Wenn sich hier Eheleute als Alleinerben einsetzen, dann kumuliert ja das Vermögen bei dem, der länger lebt. Wenn der aber eigene Kinder aus einer vorhergehenden Beziehung hat, erhöht man künstlich und völlig unnötig das Vermögen des Überlebenden – und das Erbe fließt dann deutlich vermindert an die gemeinsamen Kinder.”
Haben Sie noch ein Beispiel aus Ihrem Alltag?
Agnes Wendelmuth: “Ja. Stellen Sie sich vor, die Mutter eines Kindes trennt sich vom Vater und heiratet wieder. Das Kind wächst mit dem Stiefvater auf, es kommt aber nicht zur Adoption. Nun stirbt die Mutter und ihr Vermögen geht auf den Stiefvater über, der keine eigenen Kinder hat.
Nun kann das Stiefkind erben – aber nur dann, wenn es in einem Testament als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt wird. Waren die Eltern verheiratet, hat das Stiefkind sogar einen Freibetrag von 400.000 Euro – wie ein leibliches Kind. Die Begünstigung muss aber im Testament stehen, weil das Stiefkind kein gesetzliches Erbrecht hat. Hinterlässt der Stiefvater überhaupt kein Testament, würde das Stiefkind auch nicht erben. Das Erbe würde dann etwa komplett an die noch lebenden Geschwister gehen.”
Es ist Zeit für ein Schlussplädoyer der Anwälte.
Christoph Schäfer: “Beim Thema Erben gibt es genau zwei Herangehensweisen.Die eine ist: Nach mir die Sintflut. Demjenigen, der etwas zu vererben hat, ist es egal, wenn sich die Nachfahren nach dem eigenen Ableben zanken wie die Kesselflicker.
Und die andere ist: Ich möchte, dass mein Nachlass vernünftig geregelt ist und ich möchte, dass meinen Erben, meistens sind das die Kinder, Auseinandersetzungen erspart bleiben. Wer das möchte, sollte sich beizeiten Gedanken machen, um das Thema Erbe vernünftig und klar zu regeln.
Das ist mit einem gewissen Aufwand verbunden und zwar finanziell und emotional, aber es lohnt sich.” (Fotos: CS)
Info: wendelmuth Rechtsanwälte, Fachkanzlei für Erb- und Familienrecht, Bahnhofstraße 79-81, 14612 Falkensee, Tel.: 03322-42560-20, www.wendelmuth.net
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 215 (2/2024).
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