Neujahrsempfang 2024 in Schönwalde-Glien: Bürgermeister Bodo Oehme rechnete wieder mit der Politik ab!

Am 6. Januar war im Schwanenkrug in Schönwalde-Glien kein Platz mehr an den Tischen frei, selbst an den Stehtischen herrschte großer Andrang. Bodo Oehme, Bürgermeister von Schönwalde-Glien, hatte den Reigen der Neujahrsempfänge für 2024 eröffnet. Seiner eigenen Tradition folgend unterhielt er seine Gäste wieder mit einer gepfefferten Rede, in der er ausführlich die große Bundespolitik und auch die kleine Politik in der Gemeinde aufs Korn nahm. Ministerin Ursula Nonnemacher, persönlich anwesend, wurde von ihm gleich zwei Mal aufs Korn genommen.
Neujahrsempfänge sind oft eine recht betuliche Angelegenheit. Die Spitze der Gesellschaft aus der Politik, der Wirtschaft, den Vereinen und aus dem Ehrenamt kommt zu Beginn des Jahres in einem festlichen Rahmen zusammen, um sich bei Häppchen, Sekt und netten Reden auf das neue Jahr einzustimmen.
In Schönwalde-Glien ist das stets ein wenig anderes. Bürgermeister Bodo Oehme (CDU) ist seit 30 Jahren im Amt. Seine Neujahrsempfänge sind stets bodenständig-volksnah – und gipfeln in einer langen Rede wie aus dem Wahlkampfzelt, in der gut zwei Stunden lang spitze Pfeile in Richtung der großen Bundespolitik verschossen werden. Wobei auch die Politik im kleinen Schönwalde-Glien ihr Fett wegbekommt.
Das war auch in diesem Jahr nicht anders. Beim 29. Neujahrsempfang sorgte das Team der Familie Schuknecht aus dem 240 Jahre alten Schwanenkrug einmal mehr für das passende Ambiente im großen Festsaal. Die Pausiner Jagdhornbläser stimmten zusammen das “Sammeln” und die “Begrüßung” an, um dann das selbstgeschriebene “Der Pausiner” zu blasen. Anschließend sorgte der Gemischte Chor 1984 e.V. für Stimmung, der in diesem Jahr übrigens 40 Jahre alt wird.
In der sich anschließenden Rede des Bürgermeisters ging es zunächst einmal wieder um die ganz große Politik. Angesichts des Krieges in der Ukraine und des neu entfachten Konflikts zwischen der Hamas und Israel gab sich Bodo Oehme pazifistisch und mahnte Verhandlungen vor kriegerischen Maßnahmen an.
Dann ging es um den Wirtschaftskrieg: “Auf deutschem Boden wird ein Krieg zwischen Russland und Amerika auf wirtschaftlicher Basis auf unseren Rücken ausgetragen.” Auch die Energiekrise erzürnte Bodo Oehme: “Der übereilte Ausstieg aus dem Heizen mit Gas ist nicht nachvollziehbar. Andere bauen Atomkraftwerke an unseren Grenzen – und wir schalten sie ab.”
Das neue Bürgergeld machte dem Bürgermeister ebenfalls zu schaffen, sieht er doch darin – neben den Defiziten im Bildungssystem – einen weiteren Grund für den Fachkräftemangel: “Solange das Bürgergeld höher ist als das Geld, das man durch Arbeit verdient”, wird es schwer sein, die Menschen zum Arbeiten zu bewegen.
Der ungefilterte Klartext kam bei vielen Besuchern des Neujahrsempfangs sehr gut an, was durch den Applaus und das Klatschen auch zu bemerken war. Wer politisch anderer Meinung war, hielt sich ruhig und bedeckt.
So auch die Falkenseerin Ursula Nonnemacher, die für das Bündnis 90/Die Grünen Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz im Land Brandenburg ist. Sie wurde von Bodo Oehme gleich zwei Mal direkt angegangen. So wünschte sich der Bürgermeisterin von ihr, dass sie sich doch bitte für “gut funktionierende Krankenhäuser” einsetzen solle. Und er monierte, dass im MAFZ bei den letzten Ausstellungen der Kleintierzüchter nur ganz wenig Geflügel zu sehen war, weil die Züchter in Brandenburg dank strengerer Vorschriften des Veterinäramtes erst Proben ihrer Tiere einreichen müssen, während das in Niedersachsen nicht der Fall sei.
Hier ließ sich die Ministerin aber nicht die Wurst von der Stulle nehmen und rief sogleich lautstark in den Raum hinein: “Dafür haben sie [in Niedersachsen] auch die Geflügelpest und müssen zehntausende Tiere keulen. Das müssen wir nicht.”
Da war es an der Zeit, in das Lokale zu wechseln. In der Rede ging es um die Freude, in jedem Ortsteil von Schönwalde-Glien doch wenigstens ein Dorfgemeinschaftshaus wie etwa das Stägehaus in Paaren im Glien zu haben, über die Not, neue Feuerwehrstandorte zu finden, bis hin zu nötigen Investitionen in das Grabensystem, das bereits die Vorfahren aufgebaut haben, um das Wasser ganz nach Wunsch im Ort zu halten oder abzuführen.
Als “Sieg” bezeichnete Bodo Oehme den Ausbau des erstes Stücks der maroden L16 zwischen Börnicke und Grünefeld: “Danke an den Landesstraßenbau, auch wenn es nur 20 Jahre gedauert hat.” Auch das neue “Monumentalbauwerk” am Falkenhagener Forst wurde von ihm begrüßt: “Etwa zehn Jahre hat es gedauert, dass die Querungshilfe für unsere Schulkinder gebaut wurde. Für unsere Schulkinder, die nach Falkensee in die weiterführenden Schulen fahren müssen.”
Bemängelt wurde hingegen der Fachkräftemangel, der auch in der Verwaltung spürbar durchschlägt: “Wir haben gegenwärtig elf Stellen unbesetzt in unserer Gemeindeverwaltung. Wir finden niemanden. Schon gar nicht für das Geld, was der öffentliche Dienst geben kann.”
Sorge bereitet es dem Bürgermeister, dass an so vielen Stellen investiert werden muss – “und das in Zeiten, in denen Geld wieder Geld kostet und wo wir überlegen müssen, wo bekommen wir unsere Einnahmen für die Gemeinde her. Weitsicht ist geboten.” – Eine Idee war es hier, in Schönwalde-Glien ein zusätzliches Gewerbegebiet auszuweisen, um die benötigten Gelder als Gewerbesteuern zu erwirtschaften, die nötig sind, “um die auferlegten Regelungen der Bundesregierung in die Tat umsetzen zu können.” Ein solches Gewerbegebiet hätte man in Perwenitz umsetzen können. Nachbargemeinden wie Wustermark hätten ja vorgemacht, wie man “sich mit solchen Steuereinnahmen ein gutes Polster schaffen” kann.
Aber: Wie im potenziellen neuen Wohngebiet Erlenbruch, so hat dem Bürgermeister auch beim angedachten Gewerbegebiet die Gemeindevertretung einen Strich durch die Rechnung gemacht: “Ich glaube die Entscheidung von Seiten der Gemeindevertretung, das Gewerbegebiet nicht auszuweisen, ist ein Fehler.”
Immerhin wurde es am Ende doch noch versöhnlich. Die zweite “Lichterfahrt” mit festlich geschmückten Traktoren, Feuerwehrfahrzeugen und Trucks von Pausin über Schönwalde bis nach Falkensee hätte in der Weihnachtszeit vielen Menschen Freude gemacht. In der Folge übergab die Geschäftsführung der EMA Immobilien einen Scheck über 400 Euro Spende an Robert Grothe, den Geschäftsführer vom ASB Falkensee – für das Kinderheim.
Nach dem obligatorischen Gesang des Liedes “Märkische Heide” (im Stehen) und einem beeindruckenden Gesangssolo von Dr. Uta Krieg-Oehme fand der Neujahrsempfang bei einem deftigen Buffet mit Buletten, Nudelsalat und Spanferkel sein Finale. Anschließend konnten die Besucher miteinander ins Gespräch kommen.
Am Ende ging ein Spendentopf herum. Es wurde Geld gesammelt für die “Senioren, die unsere Republik mit aufgebaut haben”. Mit dem Geld soll es Senioren aus dem Ort ermöglicht werden, im neuen Jahr Kultur zu erleben. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 215 (2/2024).
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