Macht fünf Euro: Über hundert Teilnehmer bei Wustermarker Dorftrödel
“Simplify your life!” heißt ein Buch-Bestseller: Trenne dich von allem, was du nicht mehr brauchst. Da bietet sich doch ein Straßentrödel an, um all das zu verscherbeln, was in den eigenen vier Wänden nur noch Staub ansetzt. In Wustermark fand am 25. September der zweite “Wustermarker Dorftrödel” statt. Über hundert Haushalte haben sich an dem Erfolgs-Event beteiligt.
Ausrangierte Kinderkleidung, ausgelesene Bücher und ausgemistete Videos: Das alles lässt sich durchaus noch zu Geld machen.
Nachdem es einen entsprechenden Straßen- bzw. Garagentrödel bereits in jährlicher Abfolge in Falkensee-Finkenkrug, in Schönwalde-Glien und auch in Dallgow-Döberitz gibt, hat zuletzt auch der Ort Wustermark nachgezogen. Bereits im vergangenen Jahr lud der “Wustermarker Dorftrödel” zum ersten Mal zum Verkaufen von ausrangiertem Hausrat direkt am eigenen Gartentor ein.
Organisator vor Ort ist Marco Strahlendorf (41), der normalerweise Gabelstapler und Arbeitsbühnen für die Firma Trafö vermietet, in seiner Freizeit aber Gefallen am lokalen Trödeln gefunden hat: “Der erste Dorftrödel in Wustermark fand am 3. Oktober 2021 statt. Ich habe mir dabei den Dallgower Garagentrödel zum Vorbild genommen. Ich dachte mir: So etwas könnten wir doch auch in Wustermark veranstalten. Beim ersten Dorftrödel waren etwa 70 Haushalte dabei. Wie viele es am Ende tatsächlich waren, kann ich gar nicht sagen. Manche Teilnehmer werden plötzlich krank oder sind am Ende doch verhindert, andere nehmen spontan und ohne Anmeldung teil.”
Bei der diesjährigen Neuauflage am 25. September waren bereits 110 Haushalte angemeldet. Auf einer Karte von Wustermark im Internet (www.dorfgetroedel.de) konnten alle interessierte Trödelkunden bereits im Vorfeld sehen, in welchen Straßen sich ein Besuch lohnen könnte. Tatsächlich gab es eine beeindruckende Häufung in einer Siedlung gleich in Sichtweite zum Rathaus. Viele Besucher aus anderen Orten nutzten deswegen die Gelegenheit, um ihr Auto auf dem leeren REWE-Parkplatz zu parken. Anschließend stand einem gemütlichen Spaziergang in die Nachbarschaft nichts mehr im Wege.
Überraschend war, dass fast jeder Stand etwas anderes zu verkaufen hatte. Alex Marsarski hatte etwa jede Menge Autozubehör, Motorradartikel, Campingausrüstung und Angelzeug auf dem Zettel: “Ich bin in Wustermark in diesem Jahr das erste Mal mit dabei. Ich habe allerdings schon zwei Mal einen Stand auf dem Trödelmarkt am HavelPark gehabt.”
Auch Marcus Pietack hatte den ganzen Vorgarten seines Hauses zu einem Verkaufsstand umgebaut: “Wir sind gerade erst im Februar nach Wustermark gezogen, also noch ganz neu im Ort. Wir kennen den ‘Wustermarker Dorftrödel’ aber bereits als Besucher vom letzten Jahr – und fanden ihn ganz schnuckelig und gemütlich. Wir haben zwar nach dem Umzug noch nicht so viel zum Verkaufen, aber es hat sich vor allem bei den Kindersachen so einiges angesammelt. Als frisch Zugezogene finden wir den Dorftrödel vor allem toll, weil man seine Nachbarn besser kennenlernt.”
Heike Ottenhus verkaufte ein Stück weiter alte Schwippbögen, jede Menge Manschettenknöpfe, alte Single-Schallplatten und Bücher: “Da ist noch vieles von meiner Mutter mit dabei. Da trenne ich mich jetzt vom Hausrat. Damit habe ich bereits im letzten Jahr angefangen.”
Bei Melanie Lenz hatte sich der Dorftrödel zu einem wahren Familien-Happening ausgeweitet: “Meine ganze Familie war da, auch meine Mama und sogar meine Schwester aus Berlin. Wir haben alles zum Verkauf angeboten, was sich über die Jahre hinweg auf dem Dachboden angesammelt hat, darunter viele ausrangierte Bücher der Kinder, Spielzeug und Anziehsachen, die ihnen zu klein geworden sind.”
Die Besucher, die von Stand zu Stand schlenderten, konnten unterwegs immer wieder etwas Besonderes entdecken. Lauraine Geisendorf verkaufte so etwa Eier ihrer 15 Wachteln, darunter auch “Blauleger”. Fitz Gerlach hatte zwei volle Kisten mit alten Vinylschallplatten im Angebot. Er sagte: “Wenn einer alle kauft, kann er meinen Plattenspieler gleich mitnehmen.” Und Grit Otto verkaufte handgefertigte und sehr farbenfrohe Körbe aus Piniennadeln: “Meine Piniennadeln bekomme ich aus Nauen. Ich bringe sie mir aber auch aus dem Urlaub mit. Wenn ich auf Sizilien war, besteht mein Koffer am Ende zur Hälfte nur aus Piniennadeln.”
Marco Strahlendorf zeigte sich sehr zufrieden mit seinem Event: “Mir war es nicht unbedingt ein Anliegen, dass die Wustermarker endlich alle ihren Trödel loswerden. Wichtiger war es, einen schönen Tag zu haben, mit den Menschen aus der Nachbarschaft ins Gespräch zu kommen und endlich mal wieder die Leute zu treffen, die man viel zu lange nicht mehr gesehen hat, obwohl man vielleicht Tür an Tür wohnt. Insbesondere die Haushalte, die ihre Höfe geöffnet haben oder sich besonders viel Mühe gegeben haben, das Publikum anzulocken, hatten einen regen Zulauf und waren sehr gut besucht.”
Viele Verkäufer lockten die Gäste auch mit Kaffee und Kuchen, hatten eine heiße Suppe in petto oder schänkten Getränke aus. Die Klasse 9c der Heinz Sielmann Oberschule Elstal nutzte die Gelegenheit, um mit einem überbordenden Kuchenstand Geld für die anstehende Klassenfahrt zu sammeln.
Nach dem Dorftrödel ist vor dem Dorftrödel. Er wird das nächste Mal am 24. September 2023 stattfinden. (Text/Foto: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 200 (11/2022).
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