Nation of Gondwana 2021: Boom*Boom*Boom mit 2 x 5.000 Besucher: Modellversuch vom Land Brandenburg!

Einmal im Jahr findet im Ortsteil Grünefeld von Schönwalde-Glien die „Nation of Gondwana“ statt. Das Festival für elektronische Musik bespielt eine Wiese direkt am Waldsee, um gleich auf mehreren „Floors“ der elektronischen Musik zu huldigen. In diesem Jahr wurde die „Nation“ Corona-bedingt erstmals zweigeteilt und an zwei getrennten Wochenenden durchgeführt. 5.000 feierfreudige Besucher durften an jeweils drei Tagen tanzen, bis die Fußsohlen glühten.
Na, ob das wohl gelingt? Noch kurz vor dem Start der „Nation of Gondwana“ bangten viele Besucher mit dem Ticket in der Hand, ob das beliebte Openair Festival in Grünefeld wohl stattfinden könne.
Der Corona-Virus hatte dem Festival bereits im vergangenen Jahr einen dicken Strick durch die musikalische Rechnung gemacht. In diesem Jahr gab es dank der guten Impfrate und einer stetig sinkenden Inzidenz zwar eine allgemeine Lockerung der geltenden Restriktionen. Aber: So viele Menschen derart nah beieinander – ist das wohl überhaupt durchführbar?
Benjamin Mossop, Produzent der „Nation“: „Wir haben es zum Glück geschafft, zu einem wissenschaftlich begleiteten Modellversuch des Landes Brandenburg zu werden. Wir mussten dafür ein ausgeklügeltes Test- und Hygienekonzept vorlegen. Alle unsere Besucher mussten vollständig geimpft sein oder einen negativen PCR-Test vorweisen. Und trotzdem wurden sie alle vor Ort mit einem mikrofluidischen Antigen-Schnelltest labordiagnostisch noch einmal getestet. Nur mit dieser harten Teststrecke durften wir die ‚Nation‘ zweigeteilt stattfinden lassen. Vom 16. bis zum 18. Juli wurde das Milan-Wochenende gefeiert und für den 23. und 25. Juli stand der Kranich an. Für beide Wochenenden durften wir jeweils 5.000 Karten herausgeben, sodass unterm Strich die 10.000 Besucher kommen durften, die wir auch sonst immer bei uns haben.“
Das erste Mal Auflegen seit Beginn der Corona-Pandemie
Die Corona-Teststation war für die Besucher wie die Tür zu einer anderen Welt. Einmal mehr hatte sich der naturbelassene Grünefelder Acker am Waldsee sozusagen über Nacht in einen Wallfahrtsort für Freunde der elektronischen Musik verwandelt.
Auf dem weitläufigen Gelände waren gleich mehrere Dancefloors aufgebaut, die von den gebuchten DJs rund um die Uhr mit lauter Bass-intensiver Musik geflutet wurden.
Benjamin Mossop: „Unser Booking zeichnet sich durch Beständigkeit aus. Weit über 50 DJs sind aus ganz Europa angereist, darunter auch aus Frankreich, aus der Schweiz, aus England und aus Spanien. Manche DJs wie ‚Der Dritte Raum‘ (Andreas Krüger) sind bereits von Anfang an mit dabei und legen seit über zwanzig Jahren bei uns auf. Wir begeistern aber auch große Acts wie Carl Craig, Ellen Allien und Seth Troxler für Grünefeld. Wir sind froh, dass wir sehr viele weibliche DJs buchen können. Für viele Künstler war übrigens der Auftritt auf der ‚Nation‘ das erste Mal, dass sie seit dem Beginn der Corona-Pandemie wieder aufgelegt haben.“
Enrico Gennrich vom „Kollektiv Klanggut“ aus Nauen hatte es nicht weit zur „Nation“. Trotzdem war die Freude groß: „Für viele ist der Jahresurlaub das absolute Highlight im Jahr, für mich sind es die Stunden auf der ‚Nation‘ – mit soviel Liebe, Musik und Gemeinschaftsdenken. Direkt vor der eigenen Haustür eines der schönsten Festivals Deutschlands zu haben und ein Teil davon sein zu dürfen, ist einfach unbeschreiblich.“
Während überall die Techno-, House- und Trance-Beats das Blut in den Adern zum Vibrieren brachten und die Tanzenden im künstlichen Nebel die Zeit vergaßen, war Benjamin Mossop besonders stolz auf den Feuerwehr-Floor am Rand des Geländes: „Hier hat vor Jahren die lokale Jugend aus Grünefeld damit begonnen, selbst aufzulegen und ein Set zu spielen. Das hat sich immer weiterentwickelt. Einige der Jugendlichen haben sich eigene Technik angeschafft und sind immer besser geworden. Inzwischen spielen sie Seite an Seite mit den ganz großen DJs.“
Die Festival-Besucher, die angesichts von Temperaturen um die 30 Grad in äußerst luftiger Kleidung und oft genug nur in Badehose und Bikini über das Gelände flanierten, freuten sich über alle Maße über die tagelange Chance zum Tanzen. Benjamin Mossop: „Die Leute sind nach zwei Pandemiesommer regelrecht ausgehungert. Wir brauchten uns aber keine Sorgen darüber zu machen, dass das eskaliert. Wir haben ein im Durchschnitt älteres und somit reiferes und friedlicheres Publikum mit vielen Stammgästen. Da ist jede Abifeier problematischer.“
Zeltplatz, Wasserfontäne, Food-Corner Bewerkenswert war auch in diesem Jahr wieder die logistische Meisterleistung vor Ort. Die Besucher konnten auf dem Gelände ihre Zelte zum Übernachten aufstellen. Es gab Waschgelegenheiten und Open-Air-Pinkelbecken. Der Food Corner hielt von der Pizza aus dem Steinofen über Apfelkrapfen bis hin zu einer „Raver Stulle“ alles bereit, was man sich nur wünschen konnte.
Die Freiwillige Feuerwehr Grünefeld hatte zur Abkühlung nicht nur eine Wasserfontäne im Baggersee realisiert, sondern bestückte auch den Grill. Hier nahm Bürgermeister Bodo Oehme am Abend selbst die Grillzange in die Hand: „Insbesondere die Veranstaltungsbranche hat unter Corona sehr gelitten. Es ist schön, dass das gesellschaftliche Leben nun wieder neu gestartet wird.“ (Text/Fotos: CS)
Interview Markus Ossevorth
Markus Ossevorth kümmert sich um das Nachtleben der Berliner – und betreibt die vier Bars „Bar 23“, „Zur Fetten Ecke“, „Tante Lisbeth“ und „Zum Böhmischen Dorf“. Seine Firma artevent GmbH (www.artevent.de) konzipiert, plant und realisiert kleine und große Veranstaltungen. Das Label Pyonen (www.pyonen.de) wurde von ihm und seinem Weggefährten und Geschäftspartner Marc-André Janizewski ins Leben gerufen, um das seit 1995 jährlich durchgeführte Freiluft Openair Festival „Nation of Gondwana“ zu realisieren. Es fand bereits über 20 Mal statt – in der „pyonistischen Parallelwelt“ bei Grünefeld im Speckgürtel von Berlin.
„Unser Havelland“ traf Markus Ossevorth direkt auf der „Nation“ – am ersten „Milan“-Wochenende. Die Fragen stellte Carsten Scheibe.
Im letzten Jahr musste die Nation of Gondwana wegen Corona ausfallen. In diesem Jahr stand sie lange Zeit auf der Kippe. Sie sind bestimmt durch ein Wechselbad der Emotionen gegangen?
Markus Ossevorth: „Das kann man so sagen. So langsam wird es wieder schön: Die Nation findet statt. Wir führen aber auch ein eisenhartes Regiment, wenn es um unsere Corona-Teststrecke geht. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, dass niemand auf das Gelände darf, der nicht eindeutig Corona-negativ getestet wurde. Wir sind sehr froh über die Chance, die ‚Nation‘ als Modellversuch des Landes Brandenburgs durchführen zu können. Staatliche Gelder fließen leider nicht so schnell. Hätten wir die ‚Nation‘ absagen müssen, wäre es das für uns gewesen. Wir mussten auch so einen sechsstelligen Kredit aufnehmen.“
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg?
Markus Ossevorth: „Das Land Brandenburg reagiert in der Pandemie deutlich besser als andere Bundesländer. Das Wirtschaftsministerium hat unser Corona-Konzept für die ‚Nation‘ ‚hervorragend‘ genannt und es so an das Gesundheitsministerium weitergereicht.“
Was ist für Sie das Besondere an der aktuellen „Nation of Gondwana“?
Markus Ossevorth: „Dass wir uns nach der letztjährigen Pause wieder hier versammeln, einander umarmen und alle unsere Freunde wiedersehen können. Das ist wunderbar. Die Leute sind alle sehr glücklich, die ‚Nation‘ hat ihnen gefehlt. Mir persönlich schießen immer die Tränen in die Augen, wenn der Grünefelder Chor bei uns auftritt. Das ist immer ganz etwas Besonderes und zeigt die Verbundenheit mit Grünefeld.“
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 185 (8/2021).
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