Kleines Theater Falkensee: Faust in Rot
Dr. Heinrich Faust ist ein Gelehrter, der verzweifelt nach Wissen und Zufriedenheit strebt, und sich darüber mit den finsteren Mächten einlässt. Aus dem Dämonenreich steigt Mephisto empor, um ihm einen Pakt anzubieten. Das Kleine Theater Falkensee (www.kleines-theater-falkensee.de) ist seit Jahren ein Garant für Theaterkunst abseits eingetretener Pfade.
Sebastian Eggers und Sebastian Maihs suchen sich immer wieder aufs Neue Stücke aus, die polarisieren, die verwirren und die den Zuschauer fordern. Wie gut erinnern wir uns noch an die Diskussion im letzten Jahr, in der es um ein komplett weißes Bild ging.
Nun besinnt sich das Team wieder auf einen echten Klassiker und inszeniert „Faust 1“ – mit den originalen Versen von Goethe. Faust lässt sich einmal mehr auf die verführerischen Verlockungen des Mephisto ein, entdeckt die Liebe zur blutjungen Gretchen und richtet das Mädchen mit eben dieser Liebe restlos zugrunde.
100 Minuten dauert das neue Stück, eine Pause gibt es nicht, eine Bühnendekoration auch nicht. Elf Personen gehören zum Kleinen Theater – zu viel für den „Faust“. Und so gibt es vier Mephistos, drei Fausts und zwei Gretchen. Dieser Auftritt im Kanon macht bei Mephisto besonders viel Sinn. Der Vierklang der in rote Anzüge gekleideten Schauspieler zeigt so sehr schön die Vielseitigkeit des verführerischen Dämons aus der Unterwelt auf, der schmeichelt, verlockt, droht und argumentiert.
Bei Faust und Gretchen wirkt die Verdopplung und Verdreifachung dafür fehl am Platz. Als Zuschauer kann man sich nicht völlig auf die Figuren einlassen. Auch wirken die gerade in der ersten Hälfte des Stücks synchron gebrüllten Verse zu laut, zu brachial. Die Theatergruppe argumentiert, dass die Mehrfachbesetzung auf der Bühne deutlich macht, dass es hier nicht um Einzelschicksale geht, sondern dass jeder von uns Faust oder Gretchen sein könnte – auf der Suche nach einem Platz in der Welt.
Die Vervielfachung der Figuren auf der Bühne sorgt aber auf jeden Fall für extrem starke Bilder, die sich lange in die Netzhaut der Zuschauer einbrennen. Wer sich auf die mitunter schwer zu fassenden Verse Goethes einlässt, der wird mitgerissen und fortgespült von den starken Emotionen, die in diesem Stück stecken. Wie Faust Triebtäter, Lügner und Materialist wird und dem durchtriebenen Mephisto in die Hände spielt, ist zutiefst sehenswert, auch wenn es einem um das zarte Gretchen dauert. Sie darf natürlich auch dem Faust die berühmte Gretchenfrage stellen: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“ Weitere Aufführungen im Kulturhaus Johannes R. Becher sind für den März geplant. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel wurde in „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 153 (12/2018) veröffentlicht.
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