Leserbrief zur Schließung von Förderschulen und Einführung inklusiven Unterrichts
Vom Grundsatz her ist die Initiative der Landesregierung, Schüler(innen) mit Förderbedarf Lernen in Zukunft in Regelklassen zu unterrichten. Das ist ein Schritt hin zu mehr Integration und gemeinsamen Lernen. Gleichzeitig verbinde ich damit die Hoffnung, dass die Förderschüler mehr Abschlüsse erreichen, denn an den Förderschulen sind Schulabschlüsse äußerst selten. Inklusiver Unterricht wird vom Bundeselternrat ausdrücklich begrüßt.
Inklusion darf jedoch nicht als Sparmaßnahme missbraucht werden. Die entsprechenden frei werdenden Ressourcen müssen dem integrativen bzw. inklusiven Unterricht zu Gute kommen. Beispiele sind Senkung der Klassenfrequenzen und teilweise Doppelsteckungen. Auch bei einer schrittweisen Schließung der Förderschulen bleibt der Förderbedarf. Ohne entsprechende Bedingungen sind viele Lehrer(innen) bzw. Schulen mit einer Aufnahme der Förderschüler überlastet. Alle mir bekannten Beispiele inklusiven Unterrichts haben zumindest teilweise Doppelsteckung und Klassenfrequenzen um 20-23.
– Noch ist nicht klar, wie die Landesregierung das hochgesteckte Ziel erreichen will. Nur mit Fortbildungen für die Lehrkräfte ist es nicht getan. Folgendes muss beachtet werden:
– Die Praxis, bei Vertretungsbedarf zunächst auf Förderressourcen zurückzugreifen, muss gestoppt werden. Das ist eine zentrale Forderung der Elterngremien, aber auch der Landeslehrersprecherin. Solange die Förderstunden missbraucht werden, um die Unterrichtsausfall-Statistik zu polieren, wird in der Praxis Integration eine Verschlechterung für alle Schüler sein.
– Förderschulen sollten außer Schließung noch andere Perspektiven haben. Das bedeutet z. B. Verschmelzung mit einer Gesamtschule oder Entwicklung zu einer Grundschule mit Förderprofil. Gute Teams an den Förderschulen könnten dann weiterarbeiten. Die emotionalen und demotivierenden Folgen einer Schließung bzw. “Austrocknung“ werden vermieden.
– Es müssen in Brandenburg wieder Sonderpädagogen ausgebildet werden. Auch bei Inklusion wird sonderpädagogische Kompetenz benötigt.
– Der Weg von der Selektion zur Inklusion geht mit einer radikalen Änderung des Unterrichts einher. Bei überwiegend Frontalunterricht werden jetzt schon Begabte zu wenig gefordert und Benachteiligte zu wenig gefördert. Wenn die Lerngruppen inhomogener werden, muss sich auch der Unterricht ändern. Inklusiver Unterricht ist in der Regel mit einem sehr hohen eigenständigen Anteil bei der Schüleraktivität verbunden.
Wolfgang Seelbach, Vorsitzender des Kreisschulbeirates Havelland
[easyembed field=”FacebookCode”]
Seitenabrufe seit 1.12.2021:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige