Wir sind Zebras: Finkenkruger Spenden-Tombola für “Deutsche Ehlers-Danlos Initiative”!
Janina Männl aus Falkensee und mehrere Mitglieder ihrer Familie leiden am Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS). Das ist sehr schwer zu erkennen, oft warten Betroffene jahrelang auf eine passende Diagnose der Ärzte. EDS ist eine genetisch bedingte Bindegewebserkrankung, die mit einer Vielzahl an Symptomen einhergeht – etwa überbeweglichen Gelenken, einer leicht verletzlichen Haut, chronischen Schmerzen und starker Erschöpfung.
Hilfe und Aufklärung hat die Familie von der “Deutschen Ehlers-Danlos Initiative” erfahren. Um weiter über EDS aufzuklären und um Spendengelder zu sammeln, gab es am 6. September ein privates Fest in Finkenkrug – mit einer großen Tombola und mit Wildschwein vom Spieß.
Janina Männl (36) hat das Ehlers-Danlos-Syndrom, kurz EDS genannt. Wie ihre Mutter, ihre Schwester und leider auch ihre kleine Tochter. Bis die Falkenseer Familie endlich die Diagnose für diese schwer zu ermittelnde Krankheit bekommen hat, ist viel Zeit vergangen. Oft genug wurden die Frauen wegen ihrer geäußerten Symptome belächelt. “Nun habt euch mal nicht so”, stand unausgesprochen im Raum.
Die “Deutsche Ehlers-Danlos Initiative” hat der Familie sehr geholfen und war ihr in schweren Zeiten eine zuverlässige Stütze. Am 6. September luden die Männls deswegen über 80 Verwandte, Freunde, Bekannte und Weggefährten zu einer großen Benefiz-Grillparty mit einer Spenden-Tombola und Wildschwein vom Grill im eigenen Garten ein. Das Geld sollte komplett der “EDS Initiative Deutschland” zugute kommen. Alle Gäste erschienen schwarz-weiß gekleidet – wie die Zebras.
Janina Männl, die als Krankenschwester arbeitet: “Lange Jahre wusste ich gar nicht, dass ich an hEDS leide, das ist das ‘hybermobile Ehlers-Danlos Syndrom’. Ich hatte schon früh Gelenkschmerzen vor allem in den Knien, eine für hEDS typische Überbeweglichkeit der Gelenke, ständig Magenschmerzen und häufig Magen-Darm-Probleme. Das fing schon in meiner Jugend an. Ich kann mich erinnern, dass ich bereits in der Realschule beim Kugelstoßen nicht mitmachen konnte, weil mir immer die Schulter so weh tat. Ich bin auch oft umgekippt, weil ich Kreislaufprobleme hatte.”
Die vielen diffusen Symptome haben die Ärzte zunächst ratlos zurückgelassen. Janina Männl: “Die Ärzte haben mir Schmerzmedikamente gegeben. Einer hat mich in die Röhre gesteckt und ein MRT machen lassen. Da sieht man aber auch nicht wirklich etwas drauf. Schnell hatte ich den Stempel weg – Fibromyalgie. Das kann man mit Weichteilrheuma übersetzen. Alles tut weh und man hat kaum noch Energie. Aber letzten Endes war es doch etwas anderes. Die richtige Diagnose hat erst meine kleine Schwester Summer bekommen, die deutlich ausgeprägtere Symptome hat und deswegen auch die Schule nicht beenden konnte – sie ist seit Abschluss der zehnten Klasse krankgeschrieben. Bei ihr hatte sich ein Kinderarzt über einen Schnappfinger gewundert, der keiner war – und zum ersten Mal das Stichwort ‘Hypermobilität’ geäußert. Wir haben recherchiert – und sind so auf das Ehlers-Danlos-Syndrom gekommen. Es passte einfach alles. Da war klar: Summer hat EDS und ich habe es auch. Zum Thema Hypermobilität: Meine Gelenke sind überbeweglich und ich kann meine Finger und Gelenke in Positionen drehen und dehnen, die ansonsten kein normaler Mensch ohne extreme Schmerzen ertragen könnte. Da meine Tochter mit jetzt zwölf Jahren auch schon erste Symptome zeigt, war ich mit ihr in Berlin beim Humangenetiker und er hat die Diagnose leider auch bei meiner Tochter bestätigt. Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist nämlich eine genetische Erkrankung, die vererbt werden kann.”
Janinas Mutter Virginia (55): “Bei mir fing es mit zwanzig Jahren an. Ich hatte ständig dicke und schmerzende Gelenke und war schnell erschöpft. Das wurde von den Ärzten mitunter auf die Psyche geschoben. Vor zehn Jahren hieß es auch bei mir – Fibromyalgie. Dabei habe auch ich die für EDS ganz besonders typischen Symptome. Es hat aber auch nie jemand so genau hingesehen und sich gefragt, was ich da eigentlich habe.”
Summer Männl (17) hat das Syndrom am stärksten getroffen: “Ich habe auch noch mehrere Begleiterkrankungen wie etwa POTS, das steht für ‘Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom’. Da wird mir beim Aufstehen so schwindelig, dass ich mitunter ohnmächtig werde und umfalle. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich alleine eigentlich gar nicht mehr irgendwo hingehen kann.”
Gibt es eine Aussicht auf Heilung? Janina Männl: “Nein, leider nicht. Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine vererbte Bindegewebserkrankung. Unser Bindegewebe ist einfach fehlerhaft ausgebildet. Da es überall im Körper Bindegewebe gibt, erzeugt EDS auch so viele völlig verschiedene Symptome und zum Teil massive Probleme. Es gibt EDS-Patienten, die sitzen bereits als Teenager im Rollstuhl. Es ist eine Multisystemerkrankung, gegen die man keine Pillen nehmen kann. Man muss mit EDS leben. Man kann höchstens versuchen, mit gezielter Physiotherapie Muskeln aufzubauen, um die Gelenke zu stabilisieren. Um EDS zu heilen, müsste man im Körper sämtliche Gene ‘reparieren’, die EDS auslösen. Aber die kennt man noch gar nicht. Und es gibt 13 verschiedene Formen von EDS. Besonders schlimm ist übrigens die vaskuläre Form, da kann es zu spontanen Rissen in den Gefäßen und zu Organrupturen kommen, was zu einer verkürzten Lebensdauer führt. Mir hat mal einer gesagt, dass wir EDS-Patienten als Körper ein Haus haben, das mit fehlerhaften Baumaterialien errichtet wurde.”
Dankbar ist die Familie für die Unterstützung der “Deutschen Ehlers-Danlos Initiative” (www.eds-ini.de). Der Verein hat den Männls von Anfang an sehr geholfen. Janina Männl: “Die Initiative ist für uns EDS-Betroffene oft die einzige Anlaufstelle, die wir haben. Sie veröffentlicht Listen mit Ärzten und Physiotherapeuten, die sich mit dem Syndrom auskennen. Sie informiert, sie berät und sie vernetzt.”
Um Danke zu sagen und um die Initiative zu unterstützen, hat die Familie nun im Finkenkruger Garten der Mutter zu einer privaten Benefiz-Grillparty eingeladen. Am 6. September waren knapp 80 Gäste vor Ort.
Janina Männl: “Wir wollten so auf das Ehlers-Danlos-Syndrom aufmerksam machen und die ‘EDS Initiative Deutschland’ finanziell unterstützen. Es gab Wildschwein am Spieß und eine Tombola mit vielen gesponsorten Preisen. Am Ende hat die Tombola 1.885 Euro eingebracht. Zusammen mit der Spendenbox kamen wir auf 4.375 Euro. Eine einzelne Person hat den Betrag auf 5.000 Euro aufgerundet. Wir sind sehr stolz, mit nachträglich eingegangenen Spenden nun 5.500 Euro an die Initiative überweisen zu können.”
Eine tolle Aktion. Aber warum waren alle Gäste schwarz-weiß gekleidet – wie ein Zebra? Janina Männl: “‘Wenn Sie Hufe hören, denken Sie an Pferde, nicht an Zebras’. Das ist eine medizinische Faustregel. Man soll sich bei der Diagnose auf das Naheliegende konzentrieren. Da liegt aber der Fehler. Manchmal ist es eben doch das Zebra, also eine seltene Erkrankung wie eben das Ehlers-Danlos-Syndrom.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 235 (10/2025).
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