Bernd Stelter in der Falkenseer Stadthalle: Kacka in der Hose!
Bernd Stelter ist Kabarettist, Musiker und Moderator. Er schreibt Bücher und tritt im Fernsehen auf. Nach Falkensee kam er am 19. Oktober aber nicht als TV-Promi, sondern eher als väterlicher Freund, als Ratgeber und als Coach voller Lebensweisheiten. Ihm ging es in erster Linie darum, allen Zuschauern die Zornesfalte auf der Stirn zu veröden und ihnen das Grinsen ins Gesicht zurückzulocken. Seine Devise war zwei Stunden lang: “Reg’ Dich nicht auf. Gibt nur Falten!” Das Programm kam beim Publikum bestens an. Und der Künstler wollte am Ende gar nicht mehr nach Hause gehen.
Bernd Stelter ist 64 Jahre alt. Er stammt aus einem kleinen Dorf bei Unna, ist allerdings nur selten zu Hause, weil er viele Tage im Jahr mit seinem abwechslungsreichen Bühnenprogramm durch ganz Deutschland tourt. Das, was Bernd Stelter auf der Bühne macht, würde man heute vielleicht Comedy nennen. Das wird dem leichtfüßig-tiefsinnigen Irrsinn, den Bernd Stelter da auf der Bühne treibt, allerdings nicht gerecht werden. Da, wo bei vielen Comedians schnell der Grund unter flachem Wasser auszumachen ist, geht es bei Stelter noch so viel weiter tief nach unten, dass man oft nicht mehr stehen kann.
Ich bin 58 Jahre alt, stamme aus Berlin-Zehlendorf und kenne Bernd Stelter (www. berndstelter.de) vor allem aus dem Fernsehen. Ich haben ihm und seinen Kollegen bei Rudi Carrells “Sieben Tage, sieben Köpfe” zugesehen. Ich weiß, dass Bernd Stelter singt und sich im Karneval engagiert. Ich weiß auch, dass er mit einem Programm durch Deutschland tourt, das alle drei Jahre durch ein neues ersetzt wird, weil er dann alle Orte in Deutschland “durch” hat.
Ich wusste aber gar nicht, dass er Bücher schreibt. Etwa die Holland-Krimis mit Titeln wie “Mieses Spiel um schwarze Muscheln” oder “Der Killer kommt auf leisen Klompen”. Piet van Houvenkamp, Inspecteur der Polizei von Middelburg, ermittelt – und bekommt völlig unerwünscht immer wieder Ermittlungshilfe von vier aufdringlichen Campern aus Deutschland.
Aber was macht Bernd Stelter auf der Bühne? Am 19. Oktober war die Falkenseer Stadthalle nicht komplett ausgebucht, aber doch sehr gut gefüllt. Pünktlich um 19 Uhr ging es los. Völlig entspannt, sehr locker im Auftritt und mit einer gemütlichen Gelassenheit und großen Freundlichkeit wollte Bernd Stelter der Frage nachgehen, warum wir eigentlich so oft so extrem wütend, grantig, miesgelaunt, aggressiv und kampfeslustig sind. Er plädierte dafür, einfach viel entspannter zu sein und die Zornesfalte auf der Stirn fortan in Rente zu schicken.
Man sollte mit widerborstigen Kellnern oder nervtötenden Autofahrern doch einfach so umgehen wie mit kleinen Kindern. Dabei könnte man sich doch leicht vorstellen, dass der Chef nur deswegen so doof ist, weil er gerade zahnt. Oder weil er ein bisschen Kacka in der Hose hat.
Er brach auch eine Lanze für die Wahl eines ganz persönlichen “Gewohnheitswohlfühlrückzugsorts”, an dem man alle seine Sorgen vergisst. Und den man so oft ansteuert, dass das Auto schon von alle dorthin findet.
Mit großem Humor pilgerte Bernd Stelter durch sein aufbauendes Programm, das alle Zuschauer ein wenig glücklicher, zufriedener und gelassener ins zukünftige Leben entlassen wollte. Dabei jagte ein Gag den anderen. Yoga sei der IronMan für Beamte, so Stelter. Und: Studieren sei wie arbeitslos sein, nur dass die eigenen Eltern stolz auf den Nachwuchs sind.
So manche Erzählerei war am Ende doch nur eine Einleitung für ein neues Lied, das Bernd Stelter nicht nur geschrieben hat, sondern auch selbst auf der Gitarre oder dem Keyboard begleitete. So ging er als Dorfkind darauf ein, dass manche Stadtkinder überhaupt nichts von dem verstehen können, was auf dem Dorf völlig normal sei: “Ich weiß z.B., ‘Frühschoppen’ hat nichts mit Einkaufen zu tun. Ich weiß, die berühmte Regel ‘Kein Bier vor vier’ bezieht sich auf’s Lebensalter, nicht auf die Tageszeit. Und ich weiß noch viel mehr. Ich kann ein Lied davon singen…”
Die Lieder sind lustig und lehrreich. Und aus ihren spricht immer viel Liebe. Etwa zur Tochter, die Lehrerin geworden ist: “Sie zeigt den Kindern zwischen zwei Buchdeckeln Geheimnisse, die man am Boden einer Festplatte nie findet”. Oder auf den Sohn, der als Winzer arbeitet: “Jeder sollte einen in der Familie haben.”
Bernd Stelter schlüpft samt Outfit und Dialekt gern in fremde Rollen. Er verwandelt sich etwa in den bäuerlichen Sauerländer vom Dorf oder aber in den nördlich angehauchten Anti-Aggressions-Coach Sören Zorn aus Kloppenburg, der seine Probleme früher mit Gewalt löste, heute aber ein ganz Netter ist.
Hier ändert sich kurz der Ton der Show. Bernd Stelter erinnert sich, wie Fußball früher einmal war – und ist genervt von lauten Fans und Pyro-Leuchten: “Wer sonst nichts in der Birne hat, bringt sich seine Leuchte eben mit.” Als Anti-Aggressions-Therapie für Hooligans empfiehlt er “Stadt-Land-Fluss” zu spielen – allerdings “ohne die Vokale”.
Auch mahnt er die Diskussionskultur in Deutschland an, die uns leider völlig abhanden gekommen ist: “Die Meinung des anderen nicht mehr hören zu wollen, ist respektlos. Das ist das Grundproblem unserer Gesellschaft. Früher gab es noch echte Respektpersonen – etwa den Journalisten im Fernsehen oder die Lehrerin in der Schule. Heute erklären uns Influencer mit einem IQ von 7, wie die Welt funktioniert.”
Bernd Stelter weiß aber: “Du kriegst die Welt nicht besser gemeckert.” Und so schickt er eine Welle der Liebe durchs Publikum: “Extra für Falkensee habe ich ein Sprichwort geschrieben: Wer anderen eine Blume säht, blüht selber auf.”
Nach zweieinhalb Stunden (mit Pause) ist die Show dann doch zu Ende und man erkennt ziemlich erstaunt: Man hat sich nicht eine einzige Sekunde gelangweilt. Und: Der Mann hat als Texter, Sänger, Entertainer und auch als mahnendes Gewissen echt etwas drauf. Das Bühnenprogramm hat ja nicht nur Witz, sondern erstaunlich viel Tiefgang.
Am Ende wollte Bernd Stelter gar nicht mehr gehen. Die Zugabe verordnete er sich sehr schnell selbst. Extrem unterhaltsam war nun seine “Liebesreise mit Gabi” an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, die fast nur mit den gesungenen Auszügen bekannter Schlagersongs erzählt wurde. Und am Ende spielte der Alleinunterhalter auch noch seinen bekanntesten Song: “Ich hab’ drei Haare auf der Brust, ich bin ein Bär.” Klasse. Mehr davon! In drei Jahre dürfte Bernd Stelter wieder in Falkensee sein. Dann mit seinem nächsten Bühnenstück. (Text/Fotos: CS / Promofoto: privat)
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