Im Rigips-Werk in Brieselang: Hier entstehen die beliebten Rigips-Platten!
Jeder Hausbesitzer, der im Trockenbau eine neue Wand stellen möchte, dessen Bad renoviert werden soll oder der seinen Dachboden ausbauen möchte, hantiert am Ende mit einem Ständerwerk aus leichten Metallprofilen, auf die dünne Gipskartonplatten geschraubt und anschließend verspachtelt werden. Das Unternehmen Rigips, Teil der internationalen SAINT-GOBAIN-Gruppe, liefert alle dazu benötigten Materialien im Vollsortiment. Im Brieselanger Rigips-Werk werden aber ausschließlich die beliebten Rigips-Platten hergestellt.
Es ist wie mit Lego, Tempo, Frisbee oder Flip-Flop: Manchmal sind Produktnamen so im Sprachgebrauch verankert, dass sie nicht nur auf das Markenprodukt hinweisen, sondern stellvertretend für eine ganze Branche stehen. Das ist auch bei Rigips so. Die handlichen Platten, mit deren Hilfe sich schnell neue Wände im Haus ziehen lassen, sind seit vielen Jahren so beliebt und begehrt in Profi- und Amateur-Handwerkes-Kreisen, dass mit dem Namen auch sämtliche Gipskartonplatten anderer Hersteller “mitgemeint” sind.
Das kann den vielen Mitarbeitern im Werk Brieselang egal sein. Sie arbeiten am Produktionsstandort im Gewerbezentrum am Original und stellen Rigipsplatten her. Darunter die klassisch weißen für den normalen Trockenbau, die grünen für den Feuchtbereich im Haus und sogar die roten, die kaum einer kennt, die aber dort zum Einsatz kommen, wo es gilt, ein mögliches Feuer einzudämmen – sie sind besonders hitzeresistent.
Ein kurzer Exkurs: In der lettischen Hauptstadt Riga ist 1938 das erste Gipskartonwerk in ganz Europa entstanden. Der Markenname “Rigips” verbindet eben diesen Städtenamen “Riga” mit dem Produkt “Gips”. Auch das ist ein spannender Fun-Fakt.
Die Saint-Gobain Rigips GmbH als Rigips-Produzent hat ihren Sitz in Düsseldorf. Der deutsche Hersteller ist auf Trockenbau- und Putzsysteme spezialisiert. Das Unternehmen gehört zur französischen Gruppe Compagnie de Saint-Gobain, die ihren Hauptsitz in Paris hat.
Dennis Nikolowski (43) ist der Werkleiter in Brieselang, er kommt ursprünglich aus Gelsenkirchen. Er erklärt: “Unser Unternehmen, die SAINT-GOBAIN Rigips GmbH, bietet komplette Systemlösungen für den Trockenbau an – mit allen benötigten Komponenten. Unser Werk in Brieselang ist allerdings darauf ausgerichtet, Gipskartonplatten herzustellen. Es gibt noch ein Schwesterwerk in Gelsenkirchen-Scholven, aber wir hier im Osten sind schon maßgeblich mit daran beteiligt, die Kunden mit neuen Rigips-Platten für die verschiedensten Bauprojekte in Deutschland zu versorgen. Für die schnelle Auslieferung unserer Produkte in den südlicheren Teil Deutschlands betreiben wir zusätzlich zwei Logistikzentren – in Nürnberg sowie in Gültstein. Unsere Unternehmensgruppe SAINT-GOBAIN ist einer der größten Baustoffhersteller mit zurzeit 170.000 Mitarbeitern weltweit. Das geht weit über den Trockenbau hinaus. Ziel ist es, dass ein Kunde ein komplettes Haus bauen kann – nur mit Produkten von SAINT-GOBAIN.”
Seit 1996 werden nun schon Gipskartonplatten in Brieselang hergestellt. Das Werk ist im Gewerbepark zu finden, dort, wo auch AMAZON und Zalando lange Jahre zu Hause waren und wo auch FIEGE seine Präsenz hat. Da ist es nun wirklich an der Zeit, einmal einen Blick hinter die Kulissen zu wagen.
Dennis Nikolowski ist seit zweieinhalb Jahren mit der Leitung des Standorts betraut: “Unsere Produktionskapazität in Brieselang liegt bei sehr vielen Millionen Quadratmetern im Jahr. Wir könnten mehrere tausend Fußballfelder mit den Platten auslegen, die bei uns am Standort produziert werden. Tatsächlich sind wir eins der größten und schnellsten Plattenwerke in ganz Europa.”
Dennis Nikolowski und seine Kollegen haben in den letzten Monaten weitere große Anstrengungen unternommen, um das Werk nicht nur noch effizienter, sondern auch immer sicherer zu machen: “Sicherheit steht bei uns immer an erster Stelle. Wir sind seit mehr als 1.500 Tagen unfallfrei, hatten also schon sehr lange keinen meldepflichtigen Unfall mehr. Und das soll auch unbedingt so bleiben!”
Allerdings gibt es einen Faktor im Unternehmen, der sehr im Wandel ist. Hier geht es um den eigentlichen Rohstoff für die Plattenherstellung – um den Gips.
Dennis Nikolowski: “Bislang haben wir unseren Gips als Nebenprodukt aus der Kohleverstromung bezogen. Die dabei entstehenden Abgase werden anschließend durch eine Rauchgasentschwefelungsanlage geleitet. Dabei entsteht ein Nebenprodukt, der REA-Gips. Früher haben wir für jede Tonne REA-Gips, die wir abgenommen haben, noch Geld bekommen, weil weil mit dem bei der Kohleverstromung entstandenen Gips niemand etwas anfangen konnte. Das hat sich mit der Zeit geändert. Inzwischen ist der REA-Gips ein wichtiger Rohstoff, das dementsprechend für Geld verkauft wird. Nun geht es aber weiter. Durch die Energiepolitik, die ich gar nicht bewerten möchte, werden immer mehr Kraftwerke stillgelegt, wir sprechen hier vom Kohleausstieg. Da immer mehr Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden, kommt es zu einer Rohstoffverknappung. Es gibt immer weniger REA-Gips. Dieser Gips gelangt übrigens per Zug oder mit dem LKW zu uns – je nach Ursprung und Quelle.
Wenn der Gips nun aber nicht mehr aus den Kraftwerken kommt, woher bezieht das Rigips-Werk in Brieselang ihn dann, um auch in Zukunft noch weitere Gipskartonplatten herstellen zu können?
Dennis Nikolowski: “Zunächst einmal passt uns ein Wechsel der Rohstoffquelle sehr gut ins Konzept, da wir die Nachhaltigkeit im Unternehmen extrem vorantreiben. Wir können mittlerweile sogar von uns behaupten, dass wir in Sachen Nachhaltigkeit Vorreiter sind und wichtige Pionierarbeit leisten. Aber natürlich müssen wir uns nun mit etwas mehr Druck nach Alternativen umsehen. Eine Möglichkeit ist – Recycling. Wir sorgen z.B. bereits heute dafür, dass bei Umbaumaßnahmen alte Rigips-Platten, die zurückgebaut werden, bei uns abgegeben werden können. Seit 2023 bieten wir EASY-ECO einen entsprechenden Recycling-Service an. Die alten Produkte werden als Wertstoff gesammelt, aufbereitet und am Ende als Gipspulver wieder in unseren Produktionsprozess zurückgeführt.”
Das reicht natürlich nicht aus, um den gesamten Bedarf an Gips zu decken. Die andere Alternative ist – Naturgips.
Dennis Nikolowski: “Naturgips ist ein reines Naturprodukt. Es gibt Steinbrüche in Deutschland und im europäischen Umland, in denen Gips schon heute abgebaut wird. Eine stärkere Verwertung von Naturgips heißt aber auch für unseren Standort, dass wir unsere Anlagen entsprechend umbauen müssen. Das Vorhaben ist bereits sehr konkret, die Planungsphase hat begonnen. Wir müssen hier also nicht unerheblich investieren. Die entsprechenden Mittel stehen seitens SAINT-GOBAIN zur Verfügung – ein starkes Signal für unseren Standort, das dessen Bedeutung noch einmal unterstreicht. Jetzt sind wir auf die Unterstützung des Landes Brandenburg, des Landkreises Havelland und auch von der Gemeinde Brieselang angewiesen, damit wir alle nötigen Genehmigungsvorhaben angehen und umsetzen können.”
Gips ist nicht gleich Gips. Der Gips, der im Rigips-Werk angeliefert wird, ist nicht abbindefähig. Das bedeutet: Mischt man den Gips mit Wasser, wird daraus nur eine matschige Pampe, die aber am Ende nicht aushärtet.
Dennis Nikolowski: “Wir müssen unseren Gips im sogenannten Gipswerk bearbeiten, damit er später mit Wasser abbindet. Dazu entziehen wir dem Gips Feuchtigkeit sowie das molekular gebundene Wasser. Dabei entsteht ein feines, weißes Gipspulver, das durch erneute Zugabe von Wasser aushärtet und es uns so ermöglicht, unsere Rigips-Platten zu produzieren.”
Auch bei Rigips gibt es im Werk eine große Fertigungsstrecke, die komplett maschinell betrieben wird, und an deren Ende die eigentliche Rigips-Platte steht, die dann in den Handel geht.
Am Anfang dieser Strecke stehen riesige übermannsgroße Rollen Papier, die in den Fabrikationsprozess eingespannt werden. Dennis Nikolowski: “An der Kartonstation haben wir einen Ober- und einen Unterkarton. Im Mischer kommen das Gipspulver, das Wasser und die verschiedenen flüssigen und festen Additive zusammen. Der dabei entstehende Gipsbrei, die sogenannte Slurry, geht zwischen dem Ober- sowie dem Unterkarton durch den Extruder und die so entstehende Platte wird dabei bereits in Form gebracht – wir produzieren quasi einen Endlosstrang. Dabei muss sofort alles stimmen – z.B. die Dicke der Platte, die Breite, die Kantenform und auch das Plattengewicht. Diese Stelle ist das Herz unseres gesamten Produktionsprozesses. Geht hier etwas schief, haben wir im Nachgang keinerlei Chance mehr darauf, etwas nachzubessern. Deswegen müssen wir an dieser Stelle besonders konzentriert und aufmerksam sein.”
Sobald Gips und Wasser im Mischer aufeinandertreffen, kommt es sofort zu dem bereits erwähnten chemischen Prozess, weil der Gips sein Kristallwasser wieder aufnimmt und dabei abbindet. Dabei wird in einem exothermen Prozess Wärme frei.
Die Rigips-Platten laufen nun bereits mit der richtigen Breite, aber noch immer als Endlosstrang eine richtig lange Strecke auf Transportbändern hinweg weiter durch die Halle. Die Strecke ist so lang, dass vor Ort Fahrräder bereitstehen, damit die Mitarbeiter schnell vom Anfang zum Ende gelangen können.
Dennis Nikolowski, der übrigens in Nauen wohnt: “Der Gips bindet sehr schnell ab und wird hart. So hart, dass wir den Endlosstrang vor dem Nassquergang an der Scherenstation bereits in großformatige Rohplatten schneiden und einmal wenden können. Erst jetzt kommt durch das Wenden der Platten die Sichtseite nach oben. Diese Plattenseite wird am Ende bei der Montage der Platten auf den Baustellen zu sehen sein. Daher müssen wir deren Oberfläche unbedingt schützen. Anschließend wandern die Platten in den rollenbetriebenen Trockner, in dem auf 12 Etagen in drei Zonen alles überflüssige Wasser verdampft wird. Der Trockner hat schon eine ordentliche Verdampfungsleistung – man könnte mit dem verdampften Wasser alle drei Tage ein komplettes olympisches Schwimmbecken füllen. Das ist natürlich ein sehr energieintensiver Schritt in der Produktion. Die fertigen Platten werden anschließend bei uns im Lager zwischengelagert, bis sie von unseren Kunden abgerufen und auf einen der über hundert LKWs geladen werden, die uns in Spitzenzeiten täglich ansteuern.
Die Rigips-Platte gibt es in den verschiedensten Variationen, allerdings hat sich die Rigips-Bauplatte in den Maßen 1,25 x 2 Meter sowie der Dicke 12,5 Millimeter in Deutschland als Standardmaß etabliert. In Brieselang sind wir jedoch ständig bestrebt, auch die ausgefallensten Kundenwünsche umzusetzen – auch, wenn es mit einem gewissen Mehraufwand verbunden ist.
Dennis Nikolowski, der sich im Business Club Brieselang engagiert und auch mit einem Rigips-Team beim diesjährigen Drachenboot-Rennen vertreten war: “Es fällt schwer zu vermitteln, wie leistungsstark unser Werk ist. Ich freue mich aber enorm, dass wir mit unserer Werksperformance in Brieselang mittlerweile regelmäßig vor anderen Werken in z.B. Dubai, Las Vegas, Paris oder auch Madrid landen.” (Text/Fotos: CS)
Info: Saint-Gobain Rigips GmbH, Rigips Straße 1, 14656 Brieselang, Tel.: 03321-411300, www.rigips.de
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 234 (9/2025).
Seitenabrufe seit 5.10.2025:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige






























