Gefallene Bäume in Falkensee: Wie geht es mit den Sturmschäden nun weiter?
Mit über hundert Stundenkilometern zog der Sturm “Ziros” über das Havelland. Im Juni verursachte er gleich an zwei Tagen unfassbare Schäden: Unzählige Bäume fielen entwurzelt auf Straßen, Häuser und Rasenflächen. Vor allem Falkensee war und ist sehr betroffen. Viele Grundstücksbesitzer kümmerten sich in Eigenregie um umgefallene Bäume. Nun stellt sich die Frage: War das eigentlich alles legal? Wie geht es nun weiter? “Unser Havelland” sprach mit Ina Neitzel. Sie leitet den Fachbereich Grünflächen in der Gartenstadt.
Mit Brachialgewalt zog “Ziros” über das Havelland hinweg und hinterließ eine extreme Schneise der Verwüstung. Am 23. Juni kam es zu einer ersten Sturmspitze, nur ein paar Tage später schlug “Ziros” mit noch größerer Stärke ein zweites Mal zu.
Unfassbar viele Bäume fielen in wenigen Minuten, darunter große, hohe, dicke und stolze Stämme, die seit vielen Jahrzehnten in den Himmel wachsen. Die Havelländer reagierten schnell. Sie zückten die Kettensägen und schnitten die gefallenen Bäume in Stücke. Oder beauftragten einen professionellen Baumkletterer mit der Aufgabe.
In den Tagen nach dem Sturm herrschte eine echte Ausnahmesituation im östlichen Havelland. Keine Frage: Der Schaden war da, er musste beseitigt werden.
Inzwischen ist der Juli vergangen, auch der August ist vorbei. Noch immer ist viel zersplittertes Holz zu zerlegen. Aber langsam kehrt das Denken an die geltenden Gesetzmäßigkeiten wieder in die Köpfe der Grundstücksbesitzer zurück. Und es kommt die Frage nach der Rechtmäßigkeit auf. Durften denn beschädigte Bäume einfach so gefällt werden? Müssen die gefallenen Bäume nicht alle im Amt angezeigt werden? Ina Neitzel, Leiterin vom Fachbereich Grünflächen in Falkensee, weiß mehr. Sie sagt: “Zunächst einmal: Ich bin seit 35 Jahren im Bereich Grünflächen tätig. So einen Sturm wie im Juni hatten wir in all dieser Zeit nicht. Besonders oft sind Walnussbäume und Eichen gefallen, sicherlich auch, weil sie zur Zeit des Sturms gerade Früchte getragen haben. Viele Fichten sind gefallen, weil sie Flachwurzler sind. Auf dem Friedhof wurden auch viele Kiefern entwurzelt.”
Viele Bäume sind umgestürzt, es musste schnell gehandelt werden. Wie hat sich der Fachbereich in dieser Zeit verhalten?
Ina Neitzel: “Wir haben zunächst einmal entschieden, dass die Bürger die entstandenen Schäden beheben können, weil Gefahr im Verzug war und die Bäume zum Teil auf Häusern und Autos lagen. Das entbindet sie aber nicht von der Pflicht, diese umgefallenen Bäume im Nachgang bei uns zu melden. Noch heute bekommen wir weitere Anzeigen von Grundstücksbesitzern, die im Ausland wohnen, die im Urlaub waren oder die ein Wochenendgrundstück besitzen, und die jetzt erst feststellen, dass Bäume auf ihren Grundstücken umgefallen sind.”
Es fühlte sich in dem Moment zwar so an: Aber de facto gab es nach dem Sturm keinen rechtsfreien Raum, in dem jeder einfach zur Kettensäge greifen durfte?
Ina Neitzel: “Ja, das stimmt. Die Vorgaben und Richtlinien galten auch zu diesem besonderen Moment unverändert weiter. Wir haben uns ja auch im Juni mitten in der Vegetationsphase befunden, in der keine Eingriffe in die Bäume erfolgen dürfen. Streng genommen hätte alles liegenbleiben müssen. Wir hätten uns erst jeden Baum ansehen müssen, um im Nachgang eine Entscheidung zu treffen. Das war aber bei der Menge der Vorfälle gar nicht möglich. Wir haben deswegen unbürokratisch gesagt, schickt uns, wenn nicht Gefahr im Verzug ist, Fotos per E-Mail. Dann schauen wir uns den Baumschaden an und geben zügig per E-Mail eine Erlaubnis, damit die Grundstückseigentümer etwas Schriftliches haben und eine Firma legal beauftragen können. Wer so nicht vorgegangen ist und selbst zur Kettensäge gegriffen hat, sollte uns das nachträglich anzeigen. Nach unserer Baumschutzsatzung gilt das für Bäume mit einem Stammumfang von 40 Zentimetern, der in einem Meter Höhe gemessen wird.”
Auch die Stadt Falkensee hatte seit dem Sturm ununterbrochen mit der Beseitigung der Schäden zu tun? Ina Neitzel:”Auch uns helfen noch immer viele externe Firmen bei der Behebung der Schäden, die wir an den Straßenbäumen haben. Ich glaube nicht, dass wir es in diesem Jahr noch schaffen, sie alle zu beheben. Wir haben bestimmt auch noch 60 Straßen, in denen Äste liegen, die abgeholt werden müssen.”
Wie geht es denn jetzt weiter?
Ina Neitzel: “Die Falkenseer können uns weiterhin Fotos mit den Schäden senden, die noch nicht behoben sind. Auch in den Gärten liegen noch viele Bäume quer. Alles, was umgebrochen ist und was jetzt auch sichtbar abtrocknet, kann nach einer Fernansicht und einer Freigabe durch uns beräumt werden. Bei Bäumen, die noch stehen und die vielleicht nur beschnitten werden müssen, um sie für die Zukunft zu erhalten, muss jemand aus unserem Fachbereich zu einem Ortstermin kommen, um eine Entscheidung zu treffen. Wir schauen uns dabei auch an, ob der Wurzelteller gerissen und die Erde aufgebrochen ist. Und vielleicht ist ein Baum ja auch von sich aus schief gewachsen. Das ist auf Fotos schwer zu erkennen. Aber natürlich, es ist eine Ausnahmesituation. Bei unseren Terminen sind wir jetzt bereits bei Mitte November. Wie gesagt: Wir befinden uns ja mitten in der Vegetationsphase. Geht von einem beschädigten Baum keine unmittelbare Gefahr aus, müssen wir mit weiteren Eingriffen sowieso das Ende der Vegetationsphase abwarten. Das ist Ende September. Bis Ende Februar darf dann am Baum gearbeitet werden.”
Es gab sicher auch Bürger, die haben die Situation nach dem Sturm genutzt, um einige Bäume zu entfernen, die keine Sturmschäden aufweisen, aber im eigenen Garten “unerwünscht” sind – etwa Scheinakazien, Traubenkirschen oder der Eschen-Ahorn, die sich selbst angepflanzt und dann schnell Höhe erreicht haben.
Ina Neitzel: “Tatsächlich gibt es auch solche Fälle. Man erkennt vor Ort, dass Bäume entfernt wurden, an denen es keinen Sturmschaden gegeben hat. Hier haben wir auch schon erste Anhörungen verschickt.”
Wenn jetzt Bäume im Garten aufgrund der Sturmschäden entfernt werden mussten, wie sieht es eigentlich mit Nachpflanzungen aus?
Ina Neitzel: “Nehmen wir an, im Garten ist eine Weide beschädigt. Wenn man diese auf zwei, drei Meter zurückschneidet, muss keine Nachpflanzung erfolgen, denn die Weide treibt wieder aus und behält ihre ökologische Wertigkeit. Wird der Baum aber im Ganzen entfernt, muss in den meisten Fällen auch nachgepflanzt werden. Die Satzung sagt: Pro 30 Zentimeter Stammumfang ist eine Nachpflanzung fällig. Da kann es schon einmal sein, dass man für einen gefallenen Baum gleich mehrere Nachpflanzungen vornehmen muss. Aber die wenigsten Bäume waren vor dem Sturm so gesund, dass dies gerechtfertigt wäre. Da schauen wir schon mit Augenmaß. Wer eine Nachpflanzung nicht im eigenen Garten vornehmen möchte, kann auch eine Ausgleichszahlung vornehmen. Die liegt zurzeit bei tausend Euro, davon pflanzen wir einen Straßenbaum. Wir würden zwei Nachpflanzungen auf dem Grundstück mit einem neuen Straßenbaum gleichsetzen. Neue Straßenbäume werden im Frühjahr und Herbst gepflanzt.”
Wie zufrieden ist die Fachbereichsleiterin denn mit der Gesamtsituation? Ina Neitzel: “Zunächst einmal haben die Bürger toll gehandelt. Sie haben eigenverantwortlich Straßen beräumt, Äste zusammengetragen und Haufen am Straßenrand gebildet. Das hat uns die Arbeit sehr erleichtert. Viele Baumfirmen sind auf uns zugekommen und haben ihre Hilfe angeboten. Und auch auf mein Team konnte ich mich voll verlassen. Die Kolleginnen und Kollegen haben sogar am Samstag und am Sonntag gearbeitet. Und sie sind auch immer noch dabei, alles aufzuarbeiten. Das Team war toll und hat super durchgezogen. Da bin ich sehr stolz. Sehr dankbar und froh bin ich, dass sich in dieser Zeit niemand verletzt hat. Das war ja eine Zeit, in der es leicht zu einem Personenschaden hätte kommen können.”
Ina Neitzel wird Ende des Jahres in den Ruhestand wechseln: “Dass ich vor meinem Abschied noch einmal so einen Sturm bearbeiten muss, damit habe ich nicht gerechnet.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 234 (9/2025).
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