Vom Boot aus: Spandaus Bauprojekte vom Wasser aus bestaunen!
Das wird langsam zur lieben Tradition: Einmal im Jahr lädt Bezirksstadtrat Thorsten Schatz zu einer Schifffahrt in Spandau ein, um die aktuellen und direkt am Wasser gelegenen Wohnungsbauprojekte im Bezirk unter die Lupe zu nehmen. Am 12. Juni ging es an Bord der “MS Havelglück” der Reederei Lüdecke die Havel hinauf. Die Gäste an Bord waren alle eingeladen von “Spandau bewegt”. Es ging von 16 bis 18 Uhr zum Inselquartier Eiswerder, zur Waterkant, zum Quartier Parkstraße Nord, zum Havelufer Quartier, zur Havelmarina und zur Insel Gartenfeld. Tausende Wohnungen entstehen hier, das Problem wird später die Verkehrsanbindung sein.
Die Hauptstadt Berlin braucht dringend neue Wohnungen. Und anscheinend gibt es vor allem im Bezirk Spandau ausreichend freien Platz, um all diese Wohnungen zu bauen. An vielen Stellen schießen neue Quartiere wie Pilze aus der Erde. Viele dieser Quartiere befinden sich zurzeit noch im Bau. Sie werden auf jeden Fall für neuen Wohnraum sorgen. Viele Spandauer bemängeln aber, dass viel zu viele Wohnungen auf viel zu kleinem Raum errichtet werden: Es fehlt die Ellbogenfreiheit. Hinzu kommt, dass die Anbindung der neuen Quartiere an Bus und Bahn kaum mitgedacht wurde: Wie kommen die späteren Bewohner einmal zur Arbeit?
Wer sich die neuen Quartiere einmal aus der Nähe anschauen wollte, um zeitgleich die neuesten Fakten und Informationen zu hören, konnte sich für den 12. Juni per Mausklick auf eine Online-Liste setzen lassen – und sich so einen Platz auf der “MS Havelglück” sichern. Sie startete um 16 Uhr zu einer Besichtigung zahlreicher Bauvorhaben in Spandau, die sich von der Wasserseite aus begutachten lassen.
Mit an Bord war einmal mehr Bezirksstadtrat Thorsten Schatz, der diese Schiffstouren seit einigen Jahren regelmäßig durchführt, um interessierte Bürger up-to-date zu halten. Wer nicht auf der Bootstour mit dabei war, kann sich auch auf der Homepage vom Projekt “Spandau bewegt” (www.spandau-bewegt.de) des Bezirksamts Spandau informieren. Seit 2020 werden hier die neuen Wohnungsbauprojekte im Bezirk in Wort und Bild vorgestellt.
Die diesjährige Bootstour startete bei Sonnenschein. Es ging die Havel hinauf, in den Aalemann- und in den Teufelsseekanal hinein und auch durch den Spandauer Schifffahrtskanal.
Thorsten Schatz erzählte den Bürgern an Bord der “MS Havelglück” zunächst etwas über die vollendeten Renaturierungsmaßnahmen im Zitadellenumfeld: “Seit 2016 planen wir das, es gab sogar einen Parkrat, mit dem wir gemeinsam Maßnahmen erarbeitet haben. Ziel war es, die Zitadelle auch vom Wasser sichtbarer zu machen und auch, ungewollte Vegetation zurückzuschneiden.”
Weiter ging es zur Motorworld gleich neben der Zitadelle. Auf dem Gelände der ehemals königlich-preußischen Gewehrfabrik von 1722 stehen heute viele Ausstellungsräume und Werkstätten besonders hochpreisiger Automarken. Sieben Neubauten sind auf den 42.000 Quadratmetern bereits entstanden.
Thorsten Schatz: “Nun wollte man dort mit Seecontainern auch noch einen Hotelbetrieb etablieren. Das Projekt steht bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage aber zurzeit ein bisschen auf der Bremse.”
Vor der Insel Eiswerder übernahm Architekt Andreas Wunderlich das Mikrofon. Er ist vor Ort in die Planung involviert: “Die Insel Eiswerder ist 140.000 Quadratmeter groß. Die Backsteinbauten auf Eiswerder stammen noch aus dem 19. Jahrhundert. Damals war Spandau vom Militär geprägt. Seit 1826 gab es auf Eiswerder das königliche Feuerwerkslaboratorium. Vor Ort wurden Pulver und Patronen hergestellt. Das Gelände wurde damals über Dampflokomotiven erschlossen. Die Lokomotiven haben früher ordentlich Dampf in den Kessel gelassen und sind dann mit gelöschtem Feuer auf die Insel gefahren, damit es dort zu keiner Explosion kommt.”
Ein klassisches Speichergebäude, das lange Jahre leerstand, hat man nun wieder in Betrieb genommen. Andreas Wunderlich: “Dort sind heute hochmoderne Lofts entstanden. Viele Gewerbebetriebe sind eingezogen, die dort wunderbar arbeiten können.”
Der Nordteil von Eiswerder soll parkähnlich erschlossen werden. Auf der Südseite entsteht ein Hochhaus mit elf Geschossen, für das Andreas Wunderlich als Architekt verantwortlich zeichnet. Im Hochhaus sind bereits 17 Wohnungen entstanden, die ihren Besitzern sehr viel Platz in exklusivster Lage bieten.
Andreas Wunderlich: “Rechts neben dem Hochhaus entsteht aktuell ein langer Gebäuderiegel. Das wird ein hotelartiges Gebäude werden, in dem Menschen, die in Berlin oder auf der Insel arbeiten, auch längere Zeit wohnen können. Das war für uns Architekten eine riesige Herausforderung. Denn das Gebäude ragt sehr tief in die Erde, weil es in zwei Geschossen Tiefgaragen aufweisen wird. Auf der Insel gibt es ja kaum Parkplätze. Das Bauen in der Tiefe war aber bei dem vielen Wasser sehr teuer.”
Spandau braucht nicht zwingend exklusive Wohnungen, sondern eher bezahlbare. Die gibt es nun zuhauf in der Spandauer Wasserstadt direkt am Havelufer. Thorsten Schatz zur engen Bauweise: “Man muss selbstkritisch sagen dürfen: Nicht alle Entwicklungen im Bezirk Spandau waren die allerbesten.”
Auf der Haselhorster Seite der Havel war früher die Welt an den alten Tanklagern West-Berlins zu Ende. Nach der Wende hat man sich lange überlegt, was man mit der Brachfläche nur anstellen könne. Thorsten Schatz: “Man kam auf die Idee, Wohnungen seien ja gar nicht so schlecht.”
Entstanden ist in der Folge ein Großquartier mit über 2.500 Wohneinheiten aus dem sozial verträglichen Wohnungsbau. Die Grundsteinlegung war 2018, mit einer Fertigstellung des gesamten Quartiers wird 2027 gerechnet. Thorsten Schatz: “Zurzeit arbeiten wir am letzten Lückenschluss im Bebauungsplan auf der Höhe der alten denkmalgeschützten Pulvermühlenfabrik.”
Ein Nahversorger hat sich im Januar 2023 vor Ort angesiedelt, jetzt wird auch noch eine Schule gebaut. Ein Mobilitätshub versorgt die Bewohner mit Scootern und Leihfahrrädern, um ein gewisses Maß an Mobilität herzustellen. Generell wird an dieser Stelle die Idee eines “autoarmen Quartiers” gelebt. Ob das auf Dauer funktioniert, wird sich zeigen.
Thorsten Schatz: “Wir verfolgen gerade mit großem Nachdruck die Idee, ein Wassertaxi zu etablieren, um so eine Wasser-Bus-Verbindung von der Wasserstadt bis in die Altstadt Spandau zu etablieren.”
Hoch im Norden entsteht die Havelmarina. Auf dem ehemaligen Gelände vom Kraftwerk Oberhavel sollen 185 Einfamilien- und Reihenhäuser sowie über 110 Wohnungen entstehen. Thorsten Schatz: “Das Quartier ist gut erschlossen. Es gibt eine Buslinie, die direkt in das Quartier fährt.”
Große Bauaktivitäten gibt es auch auf der Insel Gartenfeld geben. Auf der Spandauer Insel wurden früher Kabel, Drähte und Rohre produziert. Damit ist es bereits seit 2002 vorbei. Heute ist die Insel als Gewerbestandort verloren, es sollen hier 3.700 Wohnungen für etwa 10.000 Menschen entstehen. Damit ist die 50 Hektar große Insel Gartenfeld eins der größten Bauvorhaben in Spandau.
Thorsten Schatz: “Wir bekommen hier am Ende achtgeschossige Wohngebäude, das wird ein Riesenquartier. Und ein autoarmes noch dazu – es sind keine Parkplätze auf der Insel geplant. Stattdessen soll es außerhalb der Insel sogenannte Mobilitätshubs und Kiezgaragen geben. Dafür soll um die Ecke ein Rechenzentrum gebaut werden. Die Abluft des Rechenzentrums kann dann für die Beheizung der Insel genutzt werden.”
Im April 2024 wurde der Grundstein für den ersten Bauabschnitt gelegt, 2026 sollen die ersten Wohnungen fertig sein, das ganze Quartier soll 2028 stehen. Thorsten Schatz: “Im Quartier werden neue Straßen gebaut. Wir haben entschieden, sie nach heimischen Fischen zu benennen, die auch in Berlin vorkommen.”
Weiter ging es zum ehemaligen Carossa-Quartier, das nun Havelufer-Quartier heißt. Seit 2021 wird hier gebaut, es sollen 1.800 neue Wohnungen entstehen. Vier denkmalgeschützte Häuser werden umgebaut, 16 Häuser neu gebaut. Noch im laufenden Jahr soll das Quartier vollendet sein. Thorsten Schatz: “Seit 2023 wurden hier schon 234 Wohneinheiten vermietet.”
Ein Hingucker ist auch das Speicherballett. Die historischen Speicher im Süden der Wasserstadt werden seit 2016 zu Wohnzwecken umgewidmet. In Kombination mit Neubauten, die die Spandauer “Havelkiesel” nennen, sollen 700 Wohnungen entstehen. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 232 (7/2025).
Seitenabrufe seit 26.07.2025:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige




























