Kristina Hölzel: Regionale Geschichte (8) – Dominoprinzip
Heute nehme ich Euch mit ins Seegefeld Anno 1601. Am Tage Jacobi, dem 25. Juli, brennen während eines Gewitters durch Blitzschlag nacheinander sechs Bauernhöfe zusammen mit dem Pfarrhaus vollständig nieder. Nichts konnte gerettet werden, auch die Kirchendokumente gingen verloren. Die Glocken des mittelalterlichen Wehrturms hatten gewarnt. Doch dieser blieb aufgrund seiner festen Bauweise verschont. Vier Jahre dauerte der Wiederaufbau des kleinen Dorfes. (u.a. aus „750 Jahre Seegefeld“)
Vor 350 Jahren, im April 1675, vernichtete ein großer Brand in Falkenhagen fast alle Gebäude und die Dorfkirche. Mit dem Verlust der Kirchendokumente versank der Ursprung der alten Kirche im Dunkeln der Geschichte. Die neue, uns vertraute Kirche, auf den Grundmauern der alten errichtet, wurde 1680 feierlich eingeweiht.
1806 trug sich das sogenannte „Franzosenfeuer“ nach einem Bericht von Friedrich Parnemann, veröffentlicht im Heimatjahrbuch 2006, so zu: 1806 bezogen französische Truppen in Falkenhagen auf ihrem Marsch zur Spandauer Zitadelle ihr Feldlager. Ziel war der in der Zitadelle deponierte preußische Staatsschatz, den Napoleon für seinen Russland-Feldzug einbeziehen wollte.
Freiwillig beteiligten sich die Falkenhagener wohl nicht an der Truppenversorgung. Nach einem handfesten Streit mit einem Säbel ziehenden französischen Reiter flüchtete sich ein Parnemann`scher Vorfahre rettend über den Dachboden des Hauses. Der Franzose legte Feuer, was erst diesen und dann weitere Höfe vernichtete. Nahrung bekamen die Flammen auf dem dicht bebauten Anger durch Rohrdächer und die auf den Dachböden gelagerten Vorräte wie fettigen Speck. Dieses Mal unterstützte der preußische Staat den Wiederaufbau. Das nach der Katastrophe errichtete inzwischen denkmalgeschützte märkische Mittelflurhaus Freimuthstraße 30 gilt damit als ältestes Falkenseer Wohngebäude. Das links danebenstehende Pfarrhaus stammt auch aus dieser Zeit.
Der durch Fahrlässigkeit auf dem Seegefelder Wolff`schen Hof verursachte legendäre Feuersturm 1822 ging auch in die Geschichte ein. Wie im Dominoprinzip vernichteten Flammen durch ungewöhnlich starken Wind angetrieben nacheinander die nördlich vom Hof gelegenen Gehöfte beider Dörfer. Berichtet wurde, dass sogar eine Löschspritze in der Hitze verglühte. Nur feuchtes Moos auf den Dachschindeln der Falkenhagener Kirche schützte diese vor dem erneuten Niederbrennen.
Was konnte man den Feuern noch entgegensetzen? Eine erste Löschspritze hatte 1794 der Seegefelder Gutsherr gestiftet. Weiter auseinander liegende neu errichtete Höfe konnten das Dominoprinzip stoppen. Die Falkenhagener Siedlung „Berg“ um die heutige Bergstraße entstand vermutlich deshalb. Löschwasser war unverzichtbar. Teiche wurden zentral in der Dorfmitte idealerweise an kleinen Fließgewässern gebaut. Fehlten diese, sorgten sogenannte von Dorfbewohnern gepflegte und mit Regenwasser gefüllte “Himmelsteiche” für Sicherheit. Während wir den 2007 sanierten Falkenhagener Angerteich kennen, erinnert an den Seegefelder Angerteich heute nur eine kleine nahe der Kirche gelegene Grünfläche. Dieser Himmelsteich wurde zusammen mit dem danebenstehenden alten Spritzenhaus mit der zentralen Wasserversorgung ab 1914 überflüssig.
1904 gründeten sich in Falkenhagen und 1905 in Seegefeld freiwillige Feuerwehren. Naturgewalt, Fahrlässigkeit und Krieg: Im Oktober 1944 entging das Falkenseer Zentrum einer Feuerkatastrophe. Einige der Reichshauptstadt zugedachten britischen Stabbrandbomben durchschlugen zwar ein Scheunendach des Wolff`schen Hofes in der Bahnhofstraße. Doch wie mir die 1938 geborene Tochter des Hauses berichtete, sammelte ihre Mutter mit dem Glück der Tüchtigen eilig das Unheil Bringende auf. (digitale Impression: falpico)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 232 (7/2025).
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