Erntegespräch im Havelland: Fehlender Regen vermiest Bauern die Getreideernte!

Beim diesjährigen Erntegespräch der Landwirte am 23. Juni mitten auf einem Feld in Retzow blieb wenig Raum für gute Laune. Die anhaltende Dürre mit viel zu wenig Niederschlag hat dem Getreide nicht gutgetan. Die hohen Temperaturen im Juni haben das Korn fast über Nacht gelb werden lassen. So musste die Ernte zwei Wochen früher als sonst beginnen. Das zu erwartende Ergebnis: Mangelkorn, das deutlich weniger Ertrag bringt. Manche Bauern sprechen bereits von der schlimmsten Ernte seit Beginn ihrer Aufzeichnungen.
Einmal im Jahr lädt Dirk Peters als Vorsitzender vom Kreisbauernverband Havelland (www.kbv-havelland.de) zum Erntegespräch ein. Das findet immer mitten auf dem Feld eines Landwirtes statt. Ziel ist es, das laufende Jahr einzuschätzen und eine erste Ernteprognose zu stellen.
In diesem Jahr lud Jan-Derk Koning (51) vom Betrieb “Koning Hertefeld” (www.koninghertefeld.com) auf ein frisch abgeerntetes Feld in Retzow ein.
Jan-Derk und Janelle Koning sind 1997 aus der Provinz Groningen in den Niederlanden ins Havelland gezogen. Hier haben sie einen alten VEG-Betrieb übernommen und daraus einen modernen Agrarbetrieb gemacht. Auf über 2.000 Hektar Fläche werden vor allem die Kulturen Raps, Wintergerste, Weizen, Roggen und Mais angebaut. Neben den Ackerflächen gibt es auch noch Grünland. Auf diesen Wiesen wird mehrmals im Jahr der Bewuchs gemäht – für die Herstellung von Grassilage und für die Heuproduktion.
Außerdem werden im Betrieb mit seinen drei Standorten in Hertefeld, Retzow und Liepe an die 600 Milchkühe gehalten. Die Kälber und etwa 270 Jungbullen zieht der Familienbetrieb selbst auf. Zwei Biogas-Anlagen, die von einer separaten Firma geführt werden, runden das Engagement ab und sorgen so für den perfekten Kreislauf. Jan-Derk Koning: “In diesem Jahr bringe ich meine 39. Ernte im Havelland ein.”
Dirk Peters, der in Nauen die Agro-Farm betreibt, begann mit der Analyse der diesjährigen Erntesituation: “Wir haben den ersten Grünschnitt eingefahren – mit normalen Erträgen. Für die Tiere wird also genug Futter vorhanden sein. Die anhaltende Trockenheit wird den zweiten Schnitt allerdings doch sehr stark beeinflussen.”
Jan-Derk Koning: “Wir haben den zweiten Schnitt bereits in der ersten Juni-Woche eingeholt. Da haben wir nur noch 60 Prozent von dem eingesammelt, was wir sonst haben. Heu haben wir auch gemacht. In den tiefen, feuchteren Flächen war alles in Ordnung, in den höheren Stellen stand fast gar nichts.”
Schuld am mangelnden Ertrag sind die fehlenden Niederschläge. Dirk Peters: “Die Wetterstation in Neukammer hat für das erste halbe Jahr 2025 nur 108 Liter Niederschlag gemessen. Das sind zwanzig Prozent von dem, was wir sonst haben. In unserer Hauptvegetationsperiode von März bis Juni waren es sogar nur 40 Liter.”
Jan-Derk Koning: “Auf dem Feld, auf dem wir uns gerade befinden, haben wir Roggen gepflanzt. Den haben wir als sogenannte Ganzpflanzensilage geerntet, auch GPS genannt. Hier wird die gesamte Pflanze kleingehäckselt. Das macht man, wenn das Korn noch etwas teigig ist und eine gewisse Feuchtigkeit besitzt. Die GPS wird von uns als Tierfutter genutzt, da brauchen wir beim Korn eine gewisse Verdaulichkeit. Es ist wichtig, dass wir neben dem Mais noch eine andere Futterpflanze haben. Der Roggen nimmt bereits aus dem Winter heraus viel Feuchtigkeit auf, sodass wir auch in Jahren mit nachfolgender Trockenheit eine verlässliche Ernte für unsere Tiere haben.”
Mit großer Sorge schauen die Landwirte allerdings auf die normale Getreideernte. Dirk Peters: “Der fehlende Regen hat definitiv dazu beigetragen, dass wir von einer sehr schlechten Ernte ausgehen müssen, was etwa den Weizen anbelangt. Es gibt Bauern sogar aus dem sonst bessergestellten östlichen Havelland, die bereits davon ausgehen, dass es für sie eine der schlechtesten Ernten aller Zeiten sein wird. Wir hatten zunächst noch Glück, dass die Temperaturen in den niederschlagsarmen Monaten April und Mai eher kühl waren. Da fällt der Verdunstungsgrad relativ gering aus. Nach Mitte Juni sind die Temperaturen aber deutlich in die Höhe geschossen. Die Hitze nimmt so viel Feuchtigkeit von den Äckern weg, dass die Pflanzen auf dem Acker regelrecht verbrennen. Man konnte zusehen, wie die grünen Pflanzen fast über Nacht gelb geworden sind. Für das Getreide ist jeder Regen, der jetzt noch kommt, zu spät. Es bildet sich ein minderwertiges Mangelkorn aus, für das wir beim Verkauf deutlich weniger Geld bekommen. Landwirte, die ihre Ernte nicht schon im Vorfeld zu einem Festpreis vermakelt haben, haben doppelt Pech: Aktuell sind die Preise für Getreide im Keller. Um die Ernte nicht zu gefährden, musste die Wintergerste zwei Wochen früher als üblich von den Feldern geholt werden.”
Jan-Derk Koning: “Es sieht nicht gut aus beim Getreide. Man hofft ja immer auf einen gewissen Ertrag, damit die Kosten am Ende wieder reinkommen. Aber das wird in diesem Jahr sehr schwierig werden. Da braucht man als Landwirt finanzielle Reserven, sonst muss man aufgeben. Für unsere Wintergerste kam der Regen im Mai zu spät, der ist bereits notreif geworden. Ich schätze, dass wir hier nicht einmal 30 Dezitonnen ernten können. Normal ist das Doppelte. Beim Weizen und beim normalen Roggen bin ich noch etwas positiver gestimmt.”
Dirk Peters: “Man kann festhalten, dass beim Getreide viele Landwirte dieses Jahr ins Minus rutschen werden. Für das Getreide ist es zu spät. Jetzt hoffen wir wenigstens noch auf Niederschläge für die Zuckerrübe und die Kartoffeln.”
Auf den Feldern steht zurzeit noch der Raps – und reift. Dirk Peters: “Die Qualität beim Raps können wir noch gar nicht einschätzen. Der Raps blendet den Landwirt gern. Dann sieht die Pflanze schön wuchtig aus und zeigt ein ordentliches Schotenpaket. Wir wissen aber nicht, wie es in der Schote aussieht. Da muss man schauen, was nachher in der Scheune ankommt. Mitunter kommen aus dicken Schoten nur ganz kleine Körner.”
Der Mais steht zurzeit 30, 40 Zentimeter hoch auf den Feldern. Dirk Peters: “Der Mais hat sich gut entwickelt. Er braucht aber unbedingt Regen, sonst wächst er nicht weiter. Man kann jetzt schon sehr gut beobachten, wie sich die Blätter in der Sonne eindrehen, um ihre der Sonne ausgesetzten Oberfläche zu verringern.”
Jan-Derk Koning: “Beim Mais sind wir mit der Aussaat unzufrieden. Wir hatten extreme Fraßschaden bei der Aussaat – durch Kraniche. Die sind ganz akkurat über die Felder gelaufen und haben die Jungpflanzen der Reihe nach mit dem Saatkorn aus dem Boden gepickt. In unserem Betrieb mussten wir auf 590 Hektar Fläche 28 Hektar Mais ein zweites Mal aussäen.”
Sorge bereiten den Landwirten auch noch ganz andere Dinge. Jan-Derk Koning: “Bei den Kühen haben wir in Brandenburg mit der Blauzungenkrankheit zu kämpfen. Das führt dazu, dass die Preise für Milch und Fleisch aktuell wieder etwas anziehen. Es geben auch immer mehr Unternehmen auf. Als ich 1997 angefangen habe, gab es noch 58 Milchviehbetriebe im Havelland. Jetzt sind es nur noch 12. Wir brauchen das Milchvieh im Betrieb, weil es Mist als Dünger für die Felder produziert. Es gibt nichts Schöneres, als wenn man einen Kreislauf im Betrieb hat.”
Dirk Peters sieht noch ein anderes Problem kommen: “Die Rapsschädlinge sind für uns Bauern weiterhin ein Riesenproblem. Es gibt immer weniger Insektizide, die wir ausbringen dürfen. So bilden sich leicht Resistenzen aus. Nicht nur bei den Insekten, auch bei den Unkräutern. Das Ackerfuchsschwanzgras wird so noch zu einem Riesenproblem werden. Jetzt wandert auch noch die Schilf-Glasflügelzikade aus dem Süden ein. Sie schädigt vor allem das Gemüse. Die ersten Zikaden wurden bereits in Brandenburg entdeckt.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 232 (7/2025).
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