Unser Havelland und EDEKA Dorfmann Zukunftsmarkt Video-Podcast (5): Im Gespräch mit Thilo Spychalski

“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Im Mai war nun Thilo Spychalski bei uns zu Gast – der Geschäftsführer der Havelland Kliniken.
“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Das Interview wird gekürzt und gestrafft auf vier Seiten im Magazin abgedruckt und auf die Homepage www.unserhavelland.de gestellt. Zugleich nehmen wir es aber auch auf Video auf, das Sie auf unserem YouTube-Kanal (www.youtube.com/UnserHavelland) abrufen können. Bei der Erstellung des Videos hilft uns Marvin Zinke aus Brandenburg an der Havel.
Unser Interview findet immer vor Live-Publikum statt und zwar in der “Überschaubar” im neuen EDEKA Zukunftsmarkt in Nauen (www.zukunftsmarkt-dorfmann.de) von Christian Dorfmann – das ist zurzeit der nachhaltigste EDEKA-Markt in ganz Deutschland. Christian Dorfmann war sofort bereit, unserem neuen YouTube-Podcast eine feste Heimat zu geben.
Der erste Gast für die neue Interview-Reihe war Christian Lohse, der aus dem Fernsehen bekannte 2-Sterne-Koch, der in Falkensee lebt. Für die Fortsetzung haben wir uns Robert Dahl eingeladen, den Inhaber von Karls Erlebnis-Dorf, dessen größte Version in unserer Region zu finden ist, nämlich in Elstal. Im Februar war Birgit Faber bei uns zu Gast. Sie ist der Geschäftsführende Vorstand vom “Turn und Sportverein Falkensee e.V.” – das ist der größte Sportverein im Havelland. Im März sprachen wir mit Olaf Höhn, dem Geschäftsführer von Florida Eis aus Spandau.
Im April haben wir Thilo Spychalski zum Podcast eingeladen, den Geschäftsführer der Havelland Kliniken Unternehmensgruppe. Dabei ging es um wichtige Themen zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung.
Können Sie uns kurz erklären, welche Angebote eigentlich zur Havelland Kliniken Unternehmensgruppe gehören? Dabei geht es ja nicht nur um zwei Krankenhäuser in Nauen und Rathenow.
Thilo Spychalski: “Ja, das mache ich gerne. Der Ursprung der Havelland Kliniken Unternehmensgruppe, das war der Klinikbereich. Wir unterhalten ja an den Standorten Nauen und Rathenow jeweils ein Krankenhaus. Um dieses Angebot herum hat es eine Entwicklung gegeben. So gehören zur Unternehmensgruppe inzwischen auch eine Service-Gesellschaft und weitere medizinische Leistungen, die durch ambulante Arztpraxen, Pflegedienste, den Rettungsdienst und eine Palliativversorgung abgebildet werden. Das Unternehmen hat sich dann auch in den Bereich der Altenhilfe hinein erweitert.
Inzwischen besteht die Unternehmensgruppe aus sieben Teilgesellschaften. Diese Teile der Unternehmensgruppe haben einen Jahresumsatz von etwa 200 Millionen Euro. Für uns arbeiten 2.600 Menschen. Damit sind wir der größte Arbeitgeber im Havelland. Das vergisst man immer wieder. Und man sieht es ja auch nicht so deutlich, weil all diese Menschen nicht an einem Standort arbeiten, sondern auf viele Orte verteilt sind.
Mit diesen Mitarbeitern haben wir ganz klar den Auftrag, eine Daseins- und Gesundheitsfürsorge im Havelland anzubieten. Und diesem Auftrag kommen wir auch nach.”
Die Havelland Kliniken gehören dem Landkreis, haben also keine Kirche als Träger und sind auch nicht das Eigentum einer Privatfirma, die Gewinn machen muss. Ist das ein Vorteil?
Thilo Spychalski: “Also es ist heutzutage schon einmal kein Nachteil, sagen wir es einmal so herum. Denn es stimmt, wir müssen als öffentliches Unternehmen keine Gewinne machen. Es gibt keinen Eigentümer, der eine Rendite oder eine Dividende erwartet. Wir müssen das Wirtschaftsjahr im Normalfall Plus-Minus-Null abschließen.
Somit haben wir natürlich mehr Handlungsfreiheit im Vergleich zu einem privaten Träger. Und gerade heute ist es ein Vorteil, wenn die finanzielle Erwartungshaltung nicht so groß ist.
Intern haben wir aber trotzdem die Vorgabe, drei Prozent Rendite zu erwirtschaften. Warum? Nun, wir brauchen Geld, um in die Zukunft zu investieren. Auch in Menschen, wir haben ja als Dienstleister über 70 Prozent reine Personalkosten. Zugleich sollen wir auch noch innovativ sein, also die medizinische Versorgung verbessern und nach vorne zu bringen.”
Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Minute im Fernsehen. Ein Werbeblock. Was würden Sie sagen, um die Menschen für die Havelland Kliniken zu begeistern?
Thilo Spychalski: “Unsere Stärke ist es sicherlich, dass bei uns die Menschlichkeit sehr stark im Vordergrund steht. Der persönliche Kontakt zu den Patienten, das sich Kümmern, die Freundlichkeit im Umgang. Es ist auch ein Vorteil für uns, dass wir hier im Havelland tätig sind und nicht in der Großstadt. So kann es an vielen Stellen doch ein wenig persönlicher und weniger hektisch zugehen. Ich glaube, je näher man an die große Stadt herankommt, umso hektischer wird es.
Zeit, um auf die Menschen eingehen zu können, fehlt heute in vielen Einrichtungen. Dass wir uns diese nehmen, das ist sicherlich eine unserer Kernstärken.”
Früher stand der Gedanke im Raum, echte Medizin würde es ja nur in Berlin geben. Heute hat sich das schon gedreht. Von den Havelland Kliniken erwartet man nun eine hohe medizinische Kompetenz gepaart mit einer gewissen ländlichen Entspanntheit. Was tun Sie, um den medizinischen Standard weiter hochzusetzen?
Thilo Spychalski: “Man muss zunächst einmal festhalten: Wir sind nicht die Charité. Es gibt bestimmte medizinische Leistungen, die können wir gar nicht anbieten.
Wir gelten als sogenannter Grund- und Regelversorger. Das ist eine Begrifflichkeit aus der Krankenhausplanung. Übersetzt bedeutet das: Mit unseren ärztlichen Angeboten decken wir den medizinischen Grundbedarf der Bevölkerung ab. Dazu gehören kleine operative Eingriffe in der Inneren Medizin, die geriatrische Versorgung, aber auch die Bereitstellung einer Notfallversorgung.
Zugleich haben wir über die Jahre bestimmte Spezialitäten ausgebildet. Ich nenne einmal die Kardiologie als Beispiel, oder unsere Orthopädie mit der Endoprothetik. Ich denke auch an unsere sehr gut aufgestellte Urologie und die Adipositas-Chirurgie für Menschen, die ein sehr großes Übergewicht haben.
In diesen Bereichen brauchen wir uns sicherlich nicht vor der Großstadt verstecken. Der Vorteil ist, dass man bei uns schneller Termine bekommt. Während man in Berlin Monate auf einen Termin warten muss, geht es bei uns deutlich schneller.
Eine echte Besonderheit ist auch unser neuer Da Vinci Operations-Roboter, der vor allem in der Urologie, in der Gynäkologie und auch in der Chirurgie zum Einsatz kommt. Es gibt immer mehr Patienten, die haben von diesen besonderen Techniken gehört und sagen, sie möchten gern mit dem Robotiksystem operiert werden. Wir haben den Da Vinci im letzten Herbst angeschafft und noch im letzten Jahr die ersten Operationen damit durchgeführt. Die Ärzte sind hochzufrieden, weil sie mit den Roboterarmen einen Freiheitsgrad mehr haben als mit den eigenen Händen. So können sie sozusagen um die Ecke herum operieren. Wir führen sicherlich demnächst einen Tag der offenen Tür durch, dann kann man sich unser Robotikzentrum einmal anschauen.
Zurück zur Frage: Wir sind nicht die Charité, wir können keine Hochleistungsmedizin im wissenschaftlichen Sinne bieten. Aber wir haben unsere Spezialitäten – und darin sind wir richtig gut.”
In welchen Bereichen sind die Havelland Kliniken gerade am Standort Nauen sehr gut mit Ärzten und Know-how versorgt?
Thilo Spychalski: “Wie schon erwähnt sind wir im kardiologischen Bereich sehr gut aufgestellt, da arbeiten wir auch eng mit der Berliner Charité zusammen. Hier haben wir wirklich ein Niveau, das andere Kliniken so nicht haben. Auch im Bereich der Urologie sind wir sehr gut.
Stolz sind wir z.B. auf unsere Orthopädie mit der Endoprothetik. Da geht es darum, den Menschen zu einer künstlichen Hüfte oder einem neuen Kniegelenk zu verhelfen. Diesen Bereich haben wir vor anderthalb Jahren erfolgreich wieder neu zum Leben erweckt. Da bin ich sehr froh.
Unser Dr. Pappas hat als Chefarzt eine ganz neue Operationstechnik mit zu uns ans Krankenhaus gebracht, die er persönlich mitentwickelt hat und die wirklich einen Unterschied macht. Stellen Sie sich vor, Sie bekommen im Krankenhaus eine neue Hüfte. Und am Tag nach der Operation können Sie schon wieder laufen und drei Tage später steigen Sie Treppen. Es gibt auch keine großen Narben.
Bei den klassischen OP-Methoden durchschneidet der Arzt ja Muskelstränge und Sehnen. Das ist auch eine sehr blutige Angelegenheit. Die OP-Methode von Dr. Pappas habe ich mir schon einmal live angesehen. Er macht wirklich nur einen kleinen Schnitt und operiert um die Muskeln herum. Das ist ein Riesenvorteil.
Meine Mutter hat diese Operation auch schon hinter sich – und ist sehr zufrieden. Wenn man sieht, dass eigene Klinikmitarbeiter ihren Eltern und sonstigen Verwandten empfehlen, sich hier in den Havelland Kliniken operieren zu lassen, dann kann man eine bessere Auszeichnung wohl kaum erhalten.”
Es fehlt in ganz Deutschland an Pflegepersonal. Was machen Sie? Sie bauen eine eigene Pflegeschule gleich auf der anderen Straßenseite vom Krankenhaus in Nauen. War das ein Erfolg?
Thilo Spychalski: “Ja, das war und ist ein großer Erfolg. Unsere neue Pflegeschule ist aber jetzt schon wieder zu klein. Sie war ursprünglich zweizügig gedacht, sodass zwei Ausbildungsjahrgänge parallel an den Start gehen können. Inzwischen betreiben wir die Schule dreieinhalbzügig. Das bedeutet, dass unsere Räumlichkeiten extrem ausgelastet sind.
Wir haben aber auch eine sehr hohe Qualität in der Ausbildung. Das ist auch der Grund dafür, warum wir so viele Auszubildende bekommen, die gezielt zu uns wollen.
Wir haben einen Antrag gestellt, um Fördermittel vom Land und auch vom Bund dafür zu erhalten, diese Pflegeschule glatt zu verdoppeln. Das ist bewilligt worden und wir planen nun das Schulgebäude auf dem gleichen Grundstück zu spiegeln, so dass ein ‘Zwillingsbau’ entsteht. In diesem Jahr beginnen wir damit.”
Das ist eigentlich das Modell für die Zukunft, dass wir unser Personal selbst ausbilden und viele Menschen über eine gute Ausbildung und eine gute Betreuung und Begleitung während der Ausbildung dazu bringen, bei uns zu bleiben. Wir zahlen aber auch sehr gut. In der Pflege kann man bei uns in einem Vollzeitmodell leicht 4.500 Euro im Monat verdienen. Es ist nicht mehr so, dass dies ein unterbezahlter Job ist. Da ist in den letzten Jahren viel passiert.”
Sind die Patienten heutzutage durch “Dr. Google” aufgeklärter und wissen mehr über die Medizin als früher?
Thilo Spychalski: “Also, der liebe Doktor Google spielt natürlich auch im Klinikalltag eine gewisse Rolle.
Ich finde es auch gar nicht schlecht, wenn man sich vorab ein bisschen informiert und googelt, was man denn vielleicht für ein Leiden haben könnte. Natürlich darf dies nicht überborden. Im Sinne von Patienten, die dem Arzt mitteilen, was sie haben und wie die Krankheit ihrer Meinung nach behandelt werden sollte. Ärzte sind Menschen, die lange Jahre studiert haben und viel Berufserfahrung aufweisen. Die wissen schon deutlich mehr als das, was man in einer halben Stunde bei Google in Erfahrung bringen kann.
Allerdings müssen auch die Mediziner lernen, so zu sprechen, dass sie auch von Laien verstanden werden. Es ist keine gute Idee, die Patienten mit Fachausdrücken zu überschütten.
Man kann natürlich auch beobachten, dass das Nachschlagen bei Dr. Google leicht Ängste weckt. Schnell denkt man, es liegt eine lebensbedrohliche Krankheit vor, dabei stimmt das gar nicht.”
Die Havelland Kliniken mussten zuletzt den Landkreis um zusätzliche Millionen bitten. Wie kam es denn dazu? Und ist der Betrieb der Havelland Kliniken nun gesichert?
Thilo Spychalski: “Um das zu beantworten, müssen wir ein paar Jahre zurückblicken, noch in die Vor-Corona-Zeit. Und ohne, dass wir hier einen ausufernden Vortrag über die Krankenhausfinanzierung in Deutschland halten – keine Sorge!
Was viele Patienten aber nicht wissen: Die Kliniken haben festgelegte und staatlich regulierte Preise, die sie ansetzen müssen, um ihre Leistungen am Patienten abzurechnen. Wir können also nicht sagen: Die Knie-Operation ist heute im Sonderangebot und kostet nur noch die Hälfte. Es gibt also eine Planwirtschaft beim Preis.
Bei unseren Kosten, etwa für Sachmittel oder für das Personal, haben wir aber eine knallharte Marktwirtschaft.
Nun schauen wir uns einmal an, wie sich die Kosten in den letzten Jahren so entwickelt haben, also in der Zeit während Corona und auch danach, als die Energiekrise und die Inflation voll zum Tragen kamen. Überall sind die Kosten stark gestiegen. Vor allem auch die Personalkosten.
All diese Preissteigerungen der letzten Jahre werden aber in unserer Vergütung nicht adäquat kompensiert.
Das kann man eine Zeit lang auffangen und kompensieren. Wenn man Ökonom ist, optimiert man seine Abläufe und versucht, auf diese Weise Geld zu sparen. Aber irgendwann kann man einfach nichts mehr optimieren.
Das ist das Kernproblem seit Jahren. Bei den Einnahmen ändert sich im Grunde nichts, die Ausgaben explodieren aber. Das holt nun alle Krankenhäuser ein. Man sieht das auch rundherum, wenn man sich die anderen Kliniken ansieht. Jeder hat im Moment das gleiche Problem: ein Betriebskostenfinanzierungsproblem.
Und das können wir alleine nicht mehr lösen. Wir haben einfach ein Defizit.
Zum Glück haben wir einen öffentlichen Träger, den Landkreis Havelland. Und wir haben einen Auftrag vom Staat, oder wenn Sie so wollen, vom Landkreis, nämlich die medizinische Versorgung der Menschen sicherzustellen. Wenn wir diesem Auftrag nachkommen sollen, müssen wir eben mit unserem Gesellschafter im Landkreis sprechen. Wir bitten also um finanzielle Unterstützung – zumindest solange, bis der Bund mit seiner Krankenhausreform vielleicht endlich mal in die Pötte kommt und das Arbeiten wieder auskömmlich wird.
In der Havelland Kliniken Unternehmensgruppe wurde in den letzten 25 Jahren sehr gut gewirtschaftet. Deswegen hatten wir auch ein großes finanzielles Polster, von dem wir gezehrt haben. Das ist nun aber aufgebraucht. Und so mussten wir nun dem Landkreis sagen: Wir brauchen jetzt eure Unterstützung, es geht nicht mehr.
Andere Träger, schauen Sie sich einmal in der Umgebung um, gehen reihenweise in die Insolvenz oder schließen ihr Krankenhaus. Krankenhäuser sind im Moment kein Geschäftsmodell. Damit kann man kein Geld mit verdienen, sondern muss Geld mitbringen.”
Sie haben einmal gesagt, dass in den ganzen Kostenplänen für ein Krankenhaus eine Renovierung oder Sanierung überhaupt nicht eingepreist ist. Was bedeutet: Wenn es einen Schaden am Gebäude gibt, weiß niemand, wo das Geld für eine Reparatur überhaupt herkommen soll.
Thilo Spychalski: “Es ist so. Für die Betriebskostenfinanzierung ist der Bund zuständig. Für die Immobilie allerdings das Bundesland, in dem das Krankenhaus steht. Das nennt man duale Finanzierung.
Bei dieser Aufteilung gibt es allerdings eine Unschärfe, nämlich genau bei der Instandhaltung. Es ist einfach nicht eindeutig festgelegt, ob das Geld dafür vom Bund oder vom Land kommen soll. Im Endeffekt bezahlen beide nicht. Das bedeutet: Ich habe einfach kein Geld, um das Krankenhaus instand zu halten.
Ich kann das Krankenhaus also entweder so ‘herunterrocken’, dass es irgendwann in sich zusammenfällt. Oder ich führe auf meine Kosten eine Sanierung durch, dann gerate ich aber in ein Defizit, weil ich das Geld einfach gar nicht habe.
Wir haben zurzeit noch den großen Vorteil, dass unsere beiden Krankenhäuser in einem sehr guten Zustand sind. Wir müssen aber natürlich auch aufpassen, dass die Häuser in diesem Zustand bleiben.”
Sie haben im letzten Jahr eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach vom Krankenhaus Nauen installiert, um die explodierenden Energiekosten zu senken.
Thilo Spychalski: “Das stimmt. Wir haben ein Megawatt Peak-Leistung auf mehrere Dächer gepackt. Das ist schon eine ganze Menge.
Ein normales Haus braucht vielleicht so 11 bis 15 Kilowatt auf dem Dach. Wir haben aber tatsächlich ein ganzes Megawatt, verteilt auf Anlagen an verschiedenen Standorten. Das sind eine Million Kilowattstunden. Wir hatten das große Glück, dass das Land ein Förderprogramm mit dem Namen ‘Green Care & Building’ aufgesetzt hat. Davon konnten wir profitieren. So konnten wir einen Großteil der Kosten für die PV-Installation über diese Förderung abdecken. Nicht alles, aber eben doch einen Großteil.
Ich freue mich immer als Kaufmann, wenn die Sonne scheint. Dann gucke ich zum Fenster raus und höre, wie die Taler klimpern. Oder andersherum: Wie viel Geld ich gerade sparen kann. Allein mit der PV-Anlage auf dem Dach der Klinik Nauen kann man pro Jahr eine Viertelmillion Euro Stromkosten einsparen. So hilft uns die Sonnenkraft tatsächlich dabei, unser Defizit im Zaum zu halten.”
Gerade kam die Meldung vom Landkreis, dass die Menschen keine Angst davor haben müssen, dass sie für die Inanspruchnahme eines Rettungswagens eine private Zuzahlung leisten müssen, wie das in anderen Landkreisen gerade eingeführt wurde. Sorgt eine solche Zusatzgebühr nicht dafür, dass akut Kranke mit einem Herzinfarkt lieber selbst zum Krankenhaus fahren, um die Kosten zu sparen?
Thilo Spychalski: “Zu unserer Havelland Kliniken Unternehmensgruppe gehört ja auch der Rettungsdienst. Ich gebe zu, dass es auch bei uns die Überlegung gab, diese Zusatzkosten zu erheben. Wir haben das zusammen mit dem Landkreis gut reflektiert und uns am Ende dagegen entschieden.
Der Hauptgrund ist sicherlich der: Wir möchten nicht, dass Menschen, die einen Rettungswagen brauchen, plötzlich zögern und sagen, ich rufe da nicht an, sonst kriege ich eine Rechnung. Diese Menschen würden sich gesundheitlich selbst schädigen, und das möchten wir nicht.
Bei der Rechnungsstellung ginge es am Ende auch darum, ob der Einsatz eines Rettungswagens nun berechtigt war oder nicht. Aber wer soll das entscheiden? Da würde man der Diskussion und dem Streit Tür und Tor öffnen.”
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Havelland Kliniken?
Thilo Spychalski: “Wir sehen große Ängste in der Bevölkerung im Havelland, dass sie ihr Krankenhaus verlieren oder dass es keinen Pflegedienst mehr gibt. Wir arbeiten natürlich daran, dass uns beide Klinikstandorte erhalten bleiben. Da gibt es viele Gespräche mit der Landespolitik.
Ich kann jetzt an dieser Stelle klar sagen, dass uns die beiden Klinikstandorte erhalten bleiben. Punkt! Das gilt auch für die beiden Rettungsstellen. Dazu stehen der Kreis und auch das Land. Das ist damit ganz offiziell, das bleibt so.
Nichtsdestotrotz wird es Veränderungen geben. Und auf die freuen wir uns sogar. Das betrifft etwa den Einsatz von Telemedizin, um den Rettungsstellen zusätzliche Kompetenzen zu geben.
Ich wünsche und erhoffe mir, dass wir jetzt einmal diese Krankenhausreform zu einem Ergebnis bringen. Ich möchte endlich wissen, was wir leisten sollen, wo wir es leisten sollen und was dafür am Ende bezahlt wird.
Ansonsten wünsche ich mir weniger Bürokratie. Es ist tatsächlich abenteuerlich, was wir alles müssen. Zum Thema Krankenhausreform gehört der sogenannte Grouper. Das ist ein neues IT-Instrument, mit dem man Leistungen sortieren kann. Damit man dieses Programm benutzen kann, hat unser Bundesgesundheitsminister also Herr Lauterbach, ein Handbuch schreiben lassen. Dieses Handbuch hat er uns als ‘unbürokratisches System’ verkauft. Jetzt raten Sie einmal, wie viele Seiten dieses Handbuch hat. Es sind 12.000 Seiten. Der arme Mensch, der das erstellen musste! Wir Armen, die das nun lesen sollen.”
Sie setzen sich für ein Hospiz im Havelland ein. Was ist eigentlich ein Hospiz, warum brauchen wir eins, wo soll es entstehen, was wird das kosten und warum ist der Hospizbau und auch der Betrieb so sehr ans Ehrenamt und auch an Spenden gebunden?
Thilo Spychalski: “Das Thema Hospiz ist eines meiner Lieblingsthemen. Es ist nun einmal ein Fakt, dass wir alle sterben. Egal, wie gut wir im Krankenhaus arbeiten, am Ende sterben wir. Mit dieser Endlichkeit muss man sich einmal beschäftigen.
Wenn Sie Menschen fragen, wo sie denn am liebsten sterben möchten, dann lautet die Antwort meistens: Zuhause im eigenen Bett. Das ist vollkommen in Ordnung und sollte vielleicht auch das oberste Ziel sein. Aber es ist nicht immer möglich.
Es gibt Situationen im Sterbeprozess, die sind für die Angehörigen Zuhause kaum oder nur schwer aushaltbar. Und diese Situationen lassen sich auch nicht mit einem unterstützenden Pflegedienst bewältigen. Für diesen Fall ist das stationäre Hospiz gedacht. Es ist ein Ort, an dem man nicht mehr geheilt wird, aber an dem man unterstützt von einem Pflegeteam in Würde und ohne Schmerzen sterben kann.
Rund um das Havelland gibt es tatsächlich mehrere dieser Einrichtungen. Im Havelland selbst gibt es aber noch kein einziges Hospiz. Die Havelländer müssen also bislang nach Berlin oder in den Landkreis Oberhavel ausweichen, um einen Platz in einem Hospiz zu finden.
Es gibt aber durchaus einen Bedarf im Havelland. Und dem möchten wir nun sehr gern nachkommen. Wir möchten ein eigenes stationäres Hospiz bauen. Dafür haben wir eigens einen gemeinnützigen Verein gegründet, den ‘Förderverein Hospiz- und Palliativhilfe Havelland e.V.’ (www.foerderverein-hospiz-havelland.de).
Wir haben lange über den Standort gerungen – und verfügen nun über ein Grundstück in Nauen, an dem wir das Hospiz bauen können. Der Standort ist gut überlegt, weil er von Menschen aus dem östlichen und dem westlichen Havelland gleich gut erreicht werden kann. Wir möchten das Hospiz direkt neben dem Krankenhaus Nauen errichten – um einen kleinen Weiher herum.
Unser Förderverein arbeitet bereits seit zwei Jahren an dem Projekt. Unser Ziel ist es, eine Million Euro zu sammeln. 140.000 Euro haben wir bereits. Das ganze Projekt wird am Ende aber fünf Millionen Euro kosten. Wir brauchen das Geld, um das Hospiz zu bauen. Das müssen wir leider selbst finanzieren.
Generell ist es so: Für die Nutzer des Hospizes, wir sprechen von Hospizgästen, ist die Nutzung kostenlos. Das bezahlt die Krankenkasse. Die bezahlt uns aber den Tagessatz nicht vollständig aus, sondern behält fünf Prozent ein. Damit ist ein Hospiz tendenziell defizitär. Das hat man gemacht, damit ein Hospiz nicht aus erwerbswirtschaftlichen Interessen heraus agiert.
Das bedeutet aber: Wer ein Hospiz betreibt, der braucht Geldspenden und Ehrenamtliche, die helfen.
Ich habe selbst schon drei Hospize gegründet und weiß, wie es geht. Aber alleine geht es eben nicht. Es müssen viele Menschen mitmachen, auch soziale Organisationen. Deswegen sind wir bereits im Gespräch mit der Diakonie und mit anderen.
Wir starten nun einen Architekturwettbewerb, damit wir auch einmal zeigen können, wie das Hospiz einmal aussehen könnte. Es ist mir ein echtes Herzensprojekt, ein Herzensanliegen.”
Frank Wasser war lange Zeit der Geschäftsführer von Schloss Ribbeck. Er ist Ende 2024 in den Ruhestand gegangen. Die Überraschung: Ab sofort ist die Havelland Kliniken Unternehmensgruppe für das Schloss Ribbeck verantwortlich – und kümmert sich nicht nur um die Gastronomie vor Ort und das Fontane-Museum, sondern auch um die Vermietung an Kulturträger, die vor Ort oder im Schlossgarten Events durchführen möchten. Kann das funktionieren?
Thilo Spychalski: “Das muss ich ein bisschen erklären. Man könnte sich ja sonst auch denken: Haben die mit ihren Krankenhäusern nicht genug Probleme und Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt?
Vor gut einem Jahr wurden wir vom Landkreis gefragt, ob wir ein Gastronomiekonzept für das Schloss Ribbeck erstellen könnten. Wir sind ja dank unserer Kantinen bereits bestens mit dem Thema Gastronomie vertraut und bieten auch Catering an. Insofern bringen wir in diesem Bereich viel Erfahrung mit.
Dem Landrat hat unser Konzept tatsächlich gut gefallen. Er hat uns angerufen und gefragt, ob wir das Konzept verfeinern und auch selbst umsetzen könnten. Am Ende haben wir Ja gesagt. Ich finde, das ist eine tolle Herausforderung.
Wir haben mit der Umsetzung unsere Service-Gesellschaft beauftragt. Das Konzept haben wir verfeinert und werden es in Kürze auch der Öffentlichkeit bekannt geben.
Fakt ist: Das Schloss Ribbeck bleibt nach wie vor ein Ort der Kultur und der Begegnung. Es wird also nicht nur das Restaurant mit neuem Konzept geöffnet haben, wie das bereits der Fall ist. Sondern es wird weiterhin kulturelle Veranstaltungen geben.
Kann das gut gehen? Nun, in meinem langjährigen beruflichen Werdegang habe ich auch schon einmal ein Bildungs- und Tageshaus geleitet. Ich glaube also durchaus, dass wir uns auch in diesem Bereich gut aufstellen können.
Nur ein Beispiel: Wir haben in unserer Unternehmensgruppe pro Jahr über 20 hochkarätige Veranstaltungen, darunter ärztliche Symposien und Klausurtagungen. Die haben wir bislang immer an fremde Dritte vergeben. Diese Veranstaltungen können wir natürlich auch selbst im Schloss Ribbeck durchführen. So bekommt man auch eine Konstanz für die Gastronomie hin. Ich glaube, man unterschätzt hier auch die Potenz unserer Unternehmensgruppe. Wir lassen uns aber auch gern am Ergebnis messen.”
Lieber Herr Spychalski, haben Sie vielen Dank für das gut 40-minütige Interview. Wir hätten sicherlich noch zwei Stunden weiter reden können. (Fotos: CS)
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