Unser Havelland und EDEKA Dorfmann Zukunftsmarkt Video-Podcast (4): Im Gespräch mit Olaf Höhn

“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Im April war nun Olaf Höhn bei uns zu Gast – der Geschäftsführer von Florida Eis.
“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Das Interview wird gekürzt und gestrafft auf vier Seiten im Magazin abgedruckt und auf die Homepage www.unserhavelland.de gestellt. Zugleich nehmen wir es aber auch auf Video auf, das Sie auf unserem YouTube-Kanal (www.youtube.com/UnserHavelland) abrufen können. Bei der Erstellung des Videos hilft uns Marvin Zinke aus Brandenburg an der Havel.
Unser Interview findet immer vor Live-Publikum statt und zwar in der “Überschaubar” im neuen EDEKA Zukunftsmarkt in Nauen (www.zukunftsmarkt-dorfmann.de) von Christian Dorfmann – das ist zurzeit der nachhaltigste EDEKA-Markt in ganz Deutschland. Christian Dorfmann war sofort bereit, unserem neuen YouTube-Podcast eine feste Heimat zu geben.
Der erste Gast für die neue Interview-Reihe war Christian Lohse, der aus dem Fernsehen bekannte 2-Sterne-Koch, der in Falkensee lebt. Für die Fortsetzung haben wir uns Robert Dahl eingeladen, den Inhaber von Karls Erlebnis-Dorf, dessen größte Version in unserer Region zu finden ist, nämlich in Elstal. Im Februar war Birgit Faber bei uns zu Gast. Sie ist der Geschäftsführende Vorstand vom “Turn und Sportverein Falkensee e.V.” – das ist der größte Sportverein im Havelland.
Im März sprachen wir mit Olaf Höhn, dem visionären Geschäftsführer von Florida Eis (www.floridaeis.de) aus Spandau, der u.a. den Eisbecher aus Bambusfasern erfunden hat.
Es gibt so viele Eismanufakturen in Berlin und Umgebung. Was sind Ihrer Meinung nach Merkmale für Qualität?
Olaf Höhn: “Zunächst einmal: Man kann Speiseeis nicht auf einem Berg stapeln. Das geht nur bei einem Eisberg wie in Grönland. Speiseeis kann man nur zu einem Berg auftürmen, wenn sehr viel Bindemittel in der Eismasse enthalten ist. In das Eis, das wir bei Florida Eis herstellen, kommt so gut wie kein Bindemittel mit hinein. Aus diesem Grund ist die Eiswanne bei uns ganz flach, deswegen muss das Eis herausportioniert werden, darum ist es auch besonders fest.
Meine Stärke ist sicherlich auch, dass ich generell keine Luft im Eis habe. Ob Luft nun schmeckt oder nicht, darüber kann man diskutieren. Aber ich sage: Luft gehört nicht ins Eis, das müssen Sie bei mir nicht dazukaufen. Sie bekommen bei mir reines Eis ohne Luftaufschlag.”
Ich höre immer wieder, dass Sie nur mit besonders hochwertigen Zutaten arbeiten. Wie kann man sich das vorstellen? Kommen da nur die Pistazien aus Sizilien oder nur Haselnüsse aus dem Piemont zum Einsatz? Und hat sich Ihr Qualitätsanspruch über die Jahre geändert?
Olaf Höhn: “Zunächst einmal: Unser Qualitätsanspruch hat sich trotz unseres Wachstums nicht geändert. Ganz im Gegenteil: Wir verwenden in allen unseren Milcheissorten noch immer echte Butter und keine Pflanzenfette. Darüber hinaus gehen wir sogar einen Schritt weiter.
Wir unterhalten eine große Abteilung, in der inzwischen 22 Arbeitskräfte tätig sind. Hier geht es einzig und allein darum, ganz besonders hochwertige Naturprodukte aus dem Einkauf weiter zu veredeln und auf ihren Einsatz in unserem Eis vorzubereiten. Hier ist es die Aufgabe, Mandeln zu rösten oder Pistazienkerne zu erwärmen, um später daraus ein Mus zu mahlen.
Eine echte Besonderheit sind unsere Vanilleschoten, die wir in Indonesien und Madagaskar einkaufen und selbst vor Ort in Berlin fermentieren.
Es gibt bei Florida Eis einen Mitarbeiter, der um die ganze Welt reist, um direkt vor Ort die Ware zu prüfen, bevor sie eingekauft wird. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass immer nur die allerbesten Produkte in unser Eis kommen. Eis ist ein Genussmittel, das soll Ihnen schmecken. Also investieren wir in den Geschmack. Da darf man einfach keine Produkte aus der Tüte verwenden, da muss man alles selbst machen. Das ist aufwendig und teuer, aber es funktioniert und am Ende rechnet es sich auch.”
Viele Eisfreunde lieben es, wenn große Frucht- oder Nussstücke im Eis zu finden sind, andere bevorzugen ein komplett glattes Eis. Wie handhaben Sie das?
Olaf Höhn: “Oh. Das ist tatsächlich eine Frage, über die könnte man gleich mehrere Stunden philosophieren. Wir decken im Grunde genommen beide Bereiche ab. Denn es gibt bei Florida Eis durchaus einige Sorten, bei denen Stücke im Eis mit dazugehören. Man denke da nur an die Sorten Stracciatella und Swiss-Chocolate, die Schokoladenstückchen enthalten. In anderen Sorten findet man Mandelstückchen oder Rosinen.
Inzwischen möchte ein Teil der Kundschaft – und zwar vor allem die Young Generation – gern richtig große Stücke im Eis vorfinden. Daran arbeiten wir.
Ich bin inzwischen seit 50 Jahren selbstständig. Die ersten zehn Jahre davon habe ich gebacken. Ich dachte, das muss ich nie wieder machen, jetzt, da ich mich doch mit Eis beschäftige. Eine Wette darauf hätte ich aber verloren. Allein im letzten Jahr habe ich 40 Tonnen Kuchenkrümel gebacken. Das sind kleine Kuchenstückchen, die im Eis verarbeitet werden.”
Wie viele Rezepte für verschiedene Eissorten haben Sie eigentlich? Besitzen Sie für die Rezepte einen Safe? Gibt es bei Ihnen eine eigene Entwicklungsabteilung? Sind Sie in die Entwicklung eingebunden und werden Sie zum Kosten eingeladen? Kann man heute überhaupt noch neue Sorten erfinden?
Olaf Höhn: “Die Originalrezepte, mit denen ich vor 40 Jahren angefangen habe, die habe ich alle bei mir zu Hause. Aus diesen 25 Originalrezepten sind mittlerweile gut 100 Rezepte geworden. Da gibt es im Unternehmen tatsächlich einen Safe, in dem unsere gesammelten Rezepte liegen.
Seit etwa zwei Jahren gibt es bei Florida Eis eine eigene Entwicklungsabteilung, die seitdem extrem gewachsen ist.
Tatsächlich habe ich im Lotto gewonnen, wenn auch nicht im Zahlenlotto. Ich habe eine junge Dame als Mitarbeiterin gewinnen können, die über ganz besondere Geschmacksknospen verfügt. Sie kann ganz besondere Geschmacksrichtungen neu entwickeln und sie hat auch die nötige Kreativität dafür. Da muss ich schon sehr aufpassen, dass sie mir nicht weggefangen wird. Denn es gibt nur wenige Menschen, die so einen feinen Geschmack haben. Diese besondere Kollegin kann noch nicht einmal ein Mundwasser verwenden, denn ihre Geschmacksknospen sind so empfindlich, dass ihr das wehtun würde. Diese Kollegin kann Dinge aus einem Eis herausschmecken, das schaffe ich selbst gar nicht.
Gemeinsam arbeiten wir an einer neuen großen Serie mit dem Arbeitstitel ‘Young Generation’. Sie richtet sich an junge Menschen und wird deswegen auch eine junge Marke sein. Mit sechs Sorten möchten wir im Handel anfangen. Da wird zurzeit sehr viel experimentiert. Da muss ich auch kosten – und das nicht zu knapp. Bei manchen Rezepten gibt es bis zu 30 Varianten, die es immer wieder zu probieren gibt. Haben Sie schon einmal 30 Eissorten an einem Vormittag probiert? Das ist eine echte Belastung. Und die Waage zeigt abends, was Sie am Vormittag getan haben.”
Sie haben ja seit geraumer Zeit ganz besondere Sondereditionen bei Florida Eis im Programm. Ich denke da an “Pommes mit Mayo” mit dem Kinder-Rapper Dikka, den “Traumsand” vom Sandmännchen oder ganz aktuell die “Pittiplatsch” Nussi Creme. Da arbeiten Sie mit anderen Marken zusammen. Eine Erfolgsgeschichte?
Olaf Höhn: “Diese besonderen Eisbecher kommen sehr gut an. Allein die Geschichte über ‘Pommes mit Mayo’ würde ein abendfüllendes Programm abgeben. Sie glauben gar nicht, wie viele E-Mails wir da bekommen haben. Da seien ja keine Pommes im Eisbecher und da sei auch keine echte Mayo oben drauf. Das ist ein Joghurt-Eis mit einer Exotic-Sauce, die wir zusammen mit dem bekannten Kinder-Rapper Dikka gemacht haben.
Das ist eine ganz tolle Geschichte, wir haben sehr viel Zuspruch bekommen und viele neue Menschen sind auf uns aufmerksam geworden.
Das Sandmännchen-Eis mit dem ‘Traumsand’, das haben wir zusammen mit dem rbb als Lizenzgeber gemacht.
Und jetzt kommt eben ‘Pittiplatsch’ mit der Nussi Creme. Und da muss ich Sie wirklich warnen. Ich hebe nur selten den Finger und warne. Aber das Pittiplatsch-Eis, das ist einmalig, das kann abhängig machen. Das kann schon sehr gefährlich für das eigene Portemonnaie oder für die Figur werden. Ich esse ja sonst nur Vanilleeis. Aber dieses Eis ist so lecker, da ist unserer jungen Dame aus der Entwicklungsabteilung das ganz große Ding gelungen.”
Es gibt Eisliebhaber, die essen immer nur die bewährten Klassiker wie Schoko, Vanille und Erdbeere. Andere suchen stets nach dem neuesten Experiment, dem neuen Geschmack. Wie ist es bei den Florida-Eis-Kunden?
Olaf Höhn: “Es ist genauso, wie Sie es eben gesagt haben. Ich habe keine konkreten Zahlen. Aber ich sage einfach einmal, dass 75 Prozent unserer Kunden ins Eiscafé kommen und die Standardsorten bestellen. Das sehen wir ja auch anhand unserer berühmten Ranking-Liste. Die Favoriten sind hier ganz klar Vanille, Schokolade, Erdbeere und Mango. Das sind die Hauptsorten. Generell kann man sagen, dass etwa 12 Sorten 80 Prozent von unserem Umsatz ausmachen.
Oft passiert es, dass Stammkunden etwas Neues in der Auslage entdecken und eine Kugel probieren. Und beim nächsten Besuch kehren sie dann aber trotzdem wieder zu Vanille, Schoko und Erdbeere zurück.
Ich bin da ja nicht anders. Wir experimentieren im Moment sehr viel. Aber ich bleibe immer der Vanille treu. Allerdings verfeinern wir das Vanilleeis immer mehr. Früher haben wir die Bourbon-Vanille für mein Lieblingseis verwendet. Jetzt nehmen wir die Tahitensis Gourmet Vanille aus Indonesien, die hat noch ein bisschen mehr Vanillin in sich, also noch mehr Geschmack. Sie ist zwar ein paar Cent teurer, aber eben noch geschmacksintensiver. Da wir jetzt die Vanilleschoten alle selbst von Hand fermentieren, mahlen und sieben, haben wir mittlerweile einen Qualitätsstandard erreicht, den man nicht mehr verbessern kann.”
2013 war ich dabei, als Sie Ihre Fabrik zur Eisherstellung im Spandauer Zeppelinpark eröffnet haben. Ihnen war wichtig, dass das Eis vor Ort CO2-neutral produziert wird. Sie haben den Untergrund gedämmt, die Dächer begrünt, Sonnenkollektoren installiert und umweltfreundliche Kühltechniken implementiert. Damit waren Sie ja eigentlich Pionier. Woher kommt die frühe Begeisterung für den Umweltschutz?
Olaf Höhn: “Ich habe einen Sohn. Der studierte damals Geologie – mit dem Schwerpunkt Hydrogeologie. Der sagte bereits vor 15 Jahren zu mir: ‘Papa, das Wasser wird knapp auf diesem Planeten’.
Ich habe viel darüber und über andere Fakten nachgedacht und beschlossen: Ich muss etwas tun. Als wir unsere Fabrik im Zeppelinpark gebaut haben, gab es viele Möglichkeiten. Wir hatten eine Dachfläche. Also haben wir das Dach erst grün gemacht – und anschließend noch eine Photovoltaik-Anlage gebaut. Am Ende waren noch ein paar Quadratmeter frei, da haben wir mit Solarthermie gearbeitet.
Plötzlich war der Virus freigesetzt. Ich bin inzwischen ein richtiger Fan davon geworden, grün und nachhaltig zu denken. Ich liebe den Umweltschutz, ich kämpfe dafür, ich mache da mit vollem Herzen mit.
Auch technologisch kann man so viele Dinge tun. Tatsächlich gibt es zwei technische Errungenschaften bei uns in der Firma, die weltweit niemand sonst hat. Das Traurige daran ist, dass es auch weiterhin niemanden gibt, der das nachmacht.
Wir sind ein Musterbetrieb der Bundesregierung. Es melden sich Gruppen aus der ganzen Welt an, die durch unseren Betrieb geführt werden möchten. Oft sind das ein bis zwei Gruppen pro Woche. Es waren viele bekannte Leute mit Rang und Namen bei mir. Die haben alle großes Interesse an dem, was wir da tun. Ich bekomme leider nur nicht mit, dass unsere Besucher unsere Ideen aufgreifen und selbst in die Tat umsetzen.”
Sie betreiben ja auch Ihre gesamte Autoflotte inzwischen elektronisch. Ist das bei den großen Lieferwagen mit der dort benötigten Kühltechnik nicht eigentlich unmöglich?
Olaf Höhn: “Das ist auch wieder eine sehr spannende Geschichte. Ich habe schon vor vielen Jahren etwas gegen die knatternden Kompressoren gehabt, die auf den kleinen und großen Transportern zum Einsatz kommen, um Kälte zu produzieren. Im Tiefkühlbereich knattern die besonders intensiv, das hat mir nicht gefallen.
Ich habe deswegen zusammen mit dem Hersteller für den Kühlkofferaufbau eine neue Technik entwickelt. So konnten wir den Kompressor, der 300 bis 400 Kilo wiegt, vom LKW abkoppeln und ihn bei uns auf dem Hof stehen lassen. Mit einer Art eutektischer Kühlung können wir nun mit dem externen Kompressor das gesamte Fahrzeug kühlen.
Als dann die Elektroautos aufkamen, hat sich das gegenseitig aufgehoben. Wir hatten zwar auf einmal mehr Gewicht durch die Batterie, konnten aber auf Gewicht verzichten, weil wir den Kompressor nicht mehr an Bord gebraucht haben. Schon hatten wir das allererste elektrisch betriebene Tiefkühlauto der Welt bei uns auf dem Hof zu stehen.
Inzwischen haben wir 13, 14 Stück davon. Die funktionieren auch dann noch sehr gut, wenn es draußen 30 Grad hat. Auch mit der Zuladung der zu kühlenden Ware gibt es keine Probleme.
Probleme hatten wir aber damals, als wir die ersten beiden Fahrzeuge für den Fahrzeugverkehr zulassen wollten. Da hieß es auf einmal vom Kraftverkehrsamt: Nein, die Fahrzeuge werden hier nicht zugelassen. Ich kann Ihnen sagen, da kriegt man einen Schreck. Da stehen zwei Mal 75.000 Euro auf dem eigenen Hof, nagelneue Autos, frisch beschriftet, und die dürfen nicht auf die Straße hinaus.
Nach ein paar Minuten habe ich mich gefangen und mir überlegt, was machst du denn jetzt?
Ich habe die beiden Fahrzeuge auf dem Hof hintereinander gestellt, so Rücken an Rücken, und habe mir einen Ferrari ausgeborgt. Das war ein nagelneues Modell in knallroter Farbe. Den Ferrari habe ich direkt vor den beiden Kühltransportern geparkt und ein Foto gemacht.
Das Foto habe ich an den Regierenden Bürgermeister von Berlin geschickt, das war damals der Herr Müller. Ich habe nur eine kurze Notiz darunter geschrieben: ‘Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, was kann man in Berlin schneller oder besser gesagt überhaupt zulassen? Einen Ferrari oder einen Elektro-LKW?’.
Am Freitag ging die Post raus, am Dienstag waren die Fahrzeuge zugelassen.
Inzwischen haben wir über 20 E-Fahrzeuge bei uns im Betrieb – und die Zulassung ist überhaupt kein Thema mehr.
Man sieht aber, dass es überall Blockaden gibt, wenn man neue Wege einschlägt, und man manchmal schon ernsthafter kämpfen muss, wenn man es ernst meint mit der Nachhaltigkeit. Es wird aber zum Glück immer einfacher.
Meine ersten Schritte, auch im privaten Umfeld, waren manchmal schon ein bisschen traurig. Ich fahre schon sehr lange ein E-Auto. So lange, dass es gar kein E-Kennzeichen hat, das gab es damals noch nicht. Das Auto ist aber beschriftet, sodass jeder sehen kann, dass es mit Strom fährt, Wenn Sie dann an einer roten Ampel stehen, neben Ihnen hält ein großer SUV, die Scheibe geht runter, und jemand zeigt Ihnen den nach unten weisenden Daumen, dann tut das schon weh. Mittlerweile dreht sich das, aber es zeigt eben auch, dass man manchmal ein wenig Durchhaltevermögen haben muss, wenn man sich engagiert.”
2013 war ich überrascht: Da entsteht eine neue Fabrik – an den Fertigungsbändern stehen aber weiterhin Mitarbeiter und löffeln das Eis noch selbst von Hand in jeden einzelnen Becher, der in den Supermärkten verkauft wird. Ist das noch immer so?
Olaf Höhn: “Natürlich war das in der Vergangenheit so, es ist tatsächlich noch immer so und es wird auch in der Zukunft so bleiben. Warum wir auch heute noch zu 100 Prozent handwerklich aufgestellt sind? Ich erkläre das gerne:
Jedes Eis, das Sie auf der Welt essen, braucht Bindemittel. Diese Bindemittel halten Wasser, Fett und Zucker zusammen, damit sich diese Emulsion nicht trennt und auseinanderfällt.
Wir verwenden nur ganz, ganz wenig Bindemittel. Alle Sorten, die wir herstellen, enthalten tatsächlich nur 0,1 Prozent Bindemittel. Nur bei vier Sorten ist das anders.
Wir setzen auf ein natürliches Bindemittel, das Johannisbrotkernmehl. Warum verwenden wir nur ganz, ganz wenig davon? Klare Antwort: Es schmeckt nicht.
Wenn Sie also nur ganz wenig Bindemittel verwenden, muss das Eis ganz schonend portioniert und transportiert werden. Und das geht eben nur von Hand. Eine Pumpe oder eine Hydraulik könnte die Struktur kaputt machen. Jeder Becher von Florida Eis, den man im Handel kaufen kann, wurde von Hand befüllt. Man glaubt mir das immer nicht, aber wenn man unsere Fabrik besucht, sieht man es.”
Es war die Rede davon, dass eine weitere Fabrik in Magdeburg entsteht. Wie ist denn da der Stand der Dinge? Wie wird dort produziert? Und warum so weit weg? Und – wird auch hier wieder der Umweltgedanke gelebt?
Olaf Höhn: “Unsere Fabrik in Spandau ist sehr gut ausgelastet. Im Sommer arbeiten wir bereits im Dreischichtbetrieb und haben trotzdem ein bisschen Probleme damit gehabt, die Nachfrage zu bedienen. Alleine mit dem Berliner Standort können wir einfach nicht mehr so viel Eis liefern, wie es der Handel gern haben würde.
Nun ist es so: Die Sommer werden heißer, die Nachfrage wächst überdurchschnittlich. Wir haben zwar am Standort schon sehr viel investiert, um ihn besser nutzen zu können.
Aber inzwischen habe ich einfach einmal entschieden: Ich baue eine neue Fabrik. Und zwar keine neue neben die alte. Wir ziehen ein bisschen weiter weg. Gleich neben Magdeburg, da gibt es einen kleinen Ort, der heißt Schönebeck. Dort habe ich ein Grundstück gekauft und fange noch in diesem Jahr mit dem Bauen an.
Wenn es um die Vorplanung und die Finanzierung geht, sind die Banken ja immer ein wenig vorsichtig. Die sagen schon einmal: ‘Sie sind doch schon ein älterer Herr, setzen Sie sich doch zur Ruhe’.
Aber nein, ich setze mich nicht zur Ruhe, ganz im Gegenteil. Und deswegen werde ich eine Fabrik bauen, die sich noch einmal deutlich abhebt von allen anderen Fabriken. Es soll die erste Fabrik für Speiseeis sein, die vollkommen Energie-autark betrieben sein wird. Das bedeutet: Wir benötigen keinen Strom mehr von außen.
Mit einer Ausnahme: Für die paar Tage im Jahr, an denen es weder Wind noch Sonne noch sonst irgendetwas gibt, gibt es ein Kabel von außen, das uns versorgen könnte.
Aber wir werden so viel Strom produzieren, dass wir auch Energiespeicher nutzen können und unseren eigenen Wasserstoff produzieren. Dann kaufe ich mir auch ein Wasserstoff-Auto, das ist doch klar.
In der alten Fabrik haben wir bereits viel gelernt, das war die beste Schule für uns. Da haben wir etwa die allerneueste Kältetechnik verbaut. Was es da inzwischen alles gibt, das glaubt man gar nicht.
Die Fabrik in Spandau bleibt natürlich. Ich denke, dass wir in Spandau weiter die Spezialsorten herstellen. Oder die Bio-Sorten. Und in Schönebeck geht es auf die Masse, da kommt dann später das Vanille- oder Schokoeis her.”
Was viele über Florida Eis nicht wissen: Das Unternehmen produziert auch das sehr erfolgreiche Eis ‘Mälzer & Fu’ – von Starkoch Tim Mälzer und Streetwear-Pionier Chris ‘Fu’ Boszczyk . Wie kam es denn zu der Kooperation? Stand Tim Mälzer bei Ihnen in Spandau im Büro? Gibt es weitere Anfragen zu Promi-Eissorten?
Olaf Höhn: “Ja, es gab tatsächlich einen Anruf von Herrn Mälzer. Er sagte zu mir: ‘Herr Höhn, wir möchten gern Eis herstellen, und ich habe da so ein paar Ideen.’
Wie es nun einmal so ist im Leben, habe ich bei uns diese eine Mitarbeiterin, die mit dem ganz feinen Geschmack.
Ich kann mich noch gut erinnern, es war so 17, 18 Uhr – und Herr Mälzer kam angereist, um uns zu besuchen. Und Herr Mälzer sagte: ‘Herr Höhn, machen Sie doch mal Franzbrötchen.’
Er wollte also Franzbrötchen haben. Und meine Mitarbeiterin hatte dieses Wort noch nie gehört. Ich habe gesagt: Gut, ich kaufe morgen ein Franzbrötchen und wir schauen uns das einmal an. Wir haben aus den verschiedenen Vorgaben ein neues Eis kreiert, bzw. meine Mitarbeiterin hat das getan. Herr Mälzer hat das Eis immer wieder verkostet und gesagt, hier ein bisschen mehr Krümel, da ein bisschen weniger Zimt. Auf diese Weise sind inzwischen zehn Sorten Eis entstanden.
Und kaum waren wir mit dem Mälzer-Eis auf dem Markt, da rief bereits der nächste Spitzenkoch an. Das war der Tim Raue, einer der 50 weltbesten Köche überhaupt. Da sind wir inzwischen auch weit vorangekommen, da geht es um ein besonderes Eis für das neue Funkturm-Restaurant von Tim Raue.
Manchmal muss man auch Glück haben. Eine Studentin hat sich bei uns beworben. Die beschäftigt sich mit dem Thema Produktentwicklung. Sie hat ihre Masterarbeit bei uns gemacht und fängt am 1. April fest bei uns an. Mit ihr werden wir noch einmal einen großen Sprung machen und in sechs bis acht Monaten ein super Eis herstellen, das so lecker ist, dass wir damit einen solchen Sprung nach vorne machen werden, dass mir das schon selbst ein wenig unheimlich ist.”
Florida Eis, das war lange Zeit vor allem eins: Anstehen an der Kult-Eisausgabe in der Spandauer Klosterstraße. Dann sah man plötzlich die blauen Sonnenschirme und Tiefkühltruhen von Florida Eis in ganz Berlin. Inzwischen ist Florida Eis deutschlandweit in den Supermärkten zu finden. Sie sagten einmal: Der Schlüssel zum Erfolg war die umweltfreundliche Verpackung aus Bambus.
Olaf Höhn: “Das kam so. Die Chefeinkäufer der Märkte fragen immer: Was gibt es Neues, was machen Sie gerade, wie sieht es mit der Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen aus?
Eine junge Studentin kam zu mir und hat gesagt: ‘Herr Höhn, die Zeiten der Plastikbecher sind vorbei. Nehmen Sie doch einmal Bambus.’
Da habe ich mich intensiv mit Bambus beschäftigt. In fünf Jahren Entwicklungszeit ist da schon eine ganze Menge Kleingeld durchgerutscht. Denn Bambus ist gegenüber Papier und Pappe schon ein sehr störrisches Zeug.
Bambus ist aber auch eine sehr besondere Pflanze: Sie wächst sieben Mal so schnell wie vergleichbare Pflanzen – und bindet 35 Mal mehr Kohlendioxid. Bambus wächst auf sehr mageren Böden. Hinzu kommt, dass bei der Bambus-Ernte die Pflanze nicht stirbt. Bambus wächst nach der Ernte einfach wieder nach.
Das Material wird bereits in vielen Branchen genutzt. Aber beim Eisverkauf war ich der Erste und bin bislang noch immer der Einzige.
Aber: Bambus geht als Material nicht so einfach durch die Maschine. Wie oft hat mich unser Hersteller angerufen und gesagt, dass es Probleme mit der Maschine gibt, die unsere Becher herstellt! Das Bambus würde immer wieder brechen. Jedes Mal wollte er ein neues Werkzeug haben, jedes Mal hat das 44.000 Dollar gekostet, diese Summe vergesse ich nie. Wenn zum dritten Mal so eine Rechnung kommt, fragt man sich, ob der Schritt wirklich gut war.
Heute weiß ich: Das war die richtige Entscheidung. Wir haben gelernt, Bambus toll zu verarbeiten. Das ist nun drei Jahre her. Auch der Konsument findet es toll und kauft unsere Becher gern. Denn Bambus ist kompostierbar, unsere Druckfarben sind alle natürlich und die Beschichtung besteht aus Zucker. Man könnte unsere Becher sogar mitessen.”
Aus Ihrer Geschichte kann man auch das ableiten: Das Engagement in eine klimaneutrale Produktion und Arbeitsumgebung ist nicht nur aus dem Umweltgedanken heraus wichtig, sondern kann sich am Ende auch in Unternehmererfolg auszahlen.
Olaf Höhn: “Ja. Und auch das passiert: Wir bekommen so viel Zuspruch, viele Menschen sagen Danke. Ich bekomme jeden Tag 100 bis 200 E-Mails, die ich alle sehr gern lese. Wenn wir nach so viel Investitionen sehen, dass der Kunde unseren Weg auch mitgeht und die Nachfrage überdurchschnittlich steigt, dann war das wirklich die richtige Entscheidung.”
Lieber Herr Höhn, haben Sie vielen Dank für diesen interessanten Einblick hinter die Kulissen einer Eisfabrik. (Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 229 (4/2025).
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