Kino-Filmkritik: Schneewittchen

Ja, was soll man da sagen. 1937 wurde Disneys Schneewittchen als unvergessener Kult-Zeichentrickfilm auf die große Leinwand geholt. Die Geschichte um das unschuldige Mädchen, das sich bei den Zwergen vor der bösen Königin verstecken muss, hat ganze Generationen Kinder sehr beeindruckt. Ein Wunder, dass die Menschen trotzdem noch immer freiwillig Äpfel essen.
Nun ist Disney gerade dabei, viele Klassiker als Realfilm neu auf die Leinwand zu bringen. Dabei zeigt sich der amerikanische Konzern bis ins Detail aufgeklärt, multiethisch und modern, sodass Woke-Gegner vor jeder Premiere sofort die Protestschilder bemalen.
Das ist auch bei Schneewittchen so. Schneewittchen mit der “schneeweißen Haut” wird nun von der Latina Rachel Zegler gespielt. Aus den Zwergen, die im Bergbau arbeiten, wurden “magische Wesen”. Die man zudem, um keine echten Kleinwüchsigen anheuern zu müssen, durch Computeranimationen ersetzt hat. Die Hauptdarstellerin soll sich auch geweigert haben, den Song “Someday my prince will come” einzusingen, weil ihr Schneewittchen selbstbestimmt sein soll. Es ergibt auch Sinn: Der Prinz wurde in der Realverfilmung gegen einen absolut farblosen Möchtegern-Strauchdieb (Andrew Burnap) ersetzt.
Lässt man all die Diskussionen um Disneys Woke-Kurs einmal beiseite, so kann die Realverfilmung, die an die 250 Millionen Dollar gekostet haben soll, ja trotzdem eine Menge Spaß im Kino machen.
Aber: In dem 108 Minuten langen Film geht einfach nichts zusammen. Der Film, von Erin Cressida Wilson geschrieben und von Regisseur Marc Webb auf die Leinwand gebracht, wirkt so, als hätte man ein 20-seitiges Kinderbuch verfilmt. Es passiert nicht wirklich etwas, die einzelnen Szenen werden oft sehr abgehakt, alle Charaktere bleiben farblos und eindimensional und so etwas wie Spannung kommt nie auf.
Insbesondere am Anfang sind die Szenen so plüschig bunt, dass man die Augen vor Zuckerwattekleister kaum noch aufbekommt. Und die Gesangsanlagen verpuffen schnell vergessen im Nichts. Weder sorgen sie für ordentlich Bass und Klangpower im Kino, noch bleiben sie im Gehör so haften wie etwa die Songs aus “Die Eiskönigin”. Einzig und allein das “Hei-Ho” der Zwerge sorgt für Wiedererkennungswert und gute Laune: Das ist sehr schön inszeniert.
Die böse Königin, die Schneewittchens Vater auf dem Gewissen hat und das ganze Reich ins Böse stürzt, wird wunderbar fies von Gal Gadot gespielt. Die männlichen Zuschauer werden nicht auch nur eine einzige Sekunde zweifeln, dass diese Königin die Schönste im ganzen Land ist. Ohne Ausnahme. Und ohne “hinter den Bergen, bei den Sieben Zergen”. Schneewittchen mag ja ein liebes Ding sein, aber die “Schönste im ganzen Land”? Niemals. Gal Gadot stellt ihre Konkurrentin mühelos in den Schatten. So gesehen hätte der Film auch schon nach zehn Minuten zuende sein können.
Blass bleiben auch die sieben Zwerge, die stellenweise so aussehen, als hätte sie eine unausgereifte K.I. ausgespuckt, nachdem man sie mit den Namen der Zwerge gefüttert hat. Der Film konzentriert sich hier fast ausschließlich auf den schüchternen Seppl mit seinen riesig aufgerissenen Augen, während die anderen Zwerge nur reine Stichwortgeber ohne Tiefgang bleiben. Und überhaupt: Wo bleibt das “Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?” und das “Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?” Rausgekürzt. Oh weh.
“Schneewittchen” ist so ein Film, den möchte man kein zweites Mal sehen. (CS / Bilder: Disney )
Fazit: 2 von 5 Sternen (FSK: 0)
Spieldauer: 108 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=WNYyxKcfB0E
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 229 (4/2025).
Seitenabrufe seit 7.06.2025:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige
