Unser Havelland und EDEKA Dorfmann Zukunftsmarkt Video-Podcast (3): Im Gespräch mit Birgit Faber

“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Im März war nun Birgit Faber bei uns zu Gast. Sie ist der Geschäftsführende Vorstand vom TSV Falkensee.
“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht.
Das Interview wird gekürzt und gestrafft auf vier Seiten im Magazin abgedruckt und auf die Homepage www.unserhavelland.de gestellt.
Zugleich nehmen wir es aber auch auf Video auf, das Sie auf unserem YouTube-Kanal (www.youtube.com/UnserHavelland) abrufen können. Bei der Erstellung des Videos hat uns in diesem Monat Marvin Zinke aus Brandenburg an der Havel geholfen.
Unser Interview findet immer vor Live-Publikum statt und zwar in der “Überschaubar” im neuen EDEKA Zukunftsmarkt in Nauen (www.zukunftsmarkt-dorfmann.de) von Christian Dorfmann – das ist zurzeit der nachhaltigste EDEKA-Markt in ganz Deutschland. Christian Dorfmann war sofort bereit, unserem neuen YouTube-Podcast eine feste Heimat zu geben.
Der erste Gast für die neue Interview-Reihe war Christian Lohse, der aus dem Fernsehen bekannte 2-Sterne-Koch, der in Falkensee lebt. Für die Fortsetzung haben wir uns Robert Dahl eingeladen, den Inhaber und Visionär von Karls Erlebnis-Dorf, dessen größte Version in unserer Region zu finden ist, nämlich in Elstal.
Im Februar war nun Birgit Faber bei uns zu Gast. Sie ist der Geschäftsführende Vorstand vom TSV (www.tsv-falkensee.de), ausgeschrieben “Turn und Sportverein Falkensee e.V.”. Der TSV ist der größte Sportverein im Havelland. Im Verein wird der Breitensport gelebt. Über 4.100 Kinder, Erwachsene und Senioren finden im Verein ihre sportive Heimat.
Liebe Birgit Faber, du leitest heute den größten Sportverein im ganzen Havelland, den TSV Falkensee. Wie war denn deine eigene Sportlaufbahn?
Birgit Faber: “Ich bin tatsächlich ein ostdeutsches Kind. Ich wurde 1962 geboren und bin in Falkensee aufgewachsen. Bereits im Kindergarten und in der Schule wurde Sport damals immer großgeschrieben. Schon im Kindergarten gab es jeden Tag eine Stunde Sport. Ich hatte es damals schwer. Ich war zu klein und zu pummelig.
So kam ich auch leider nicht zum Kunstturnen, was für mich damals das Größte war. Ich habe aber ganz heimlich bei uns im Garten trainiert. Mit Erfolg: Ab der vierten Klasse durfte ich dann tatsächlich endlich auch im Verein trainieren.
Das hat mein Leben schon entscheidend mitbestimmt. Denn ich wollte unbedingt Trainerin werden und zwar im Bereich Turnen.
Ich habe dann an der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK) studiert – von 1982 bis 86 und mit dem Abschluss ‘Diplomsportlehrer mit dem Spezialfach Turntrainer’. Tatsächlich bin ich danach wirklich Trainerin im Nachwuchsleistungssport in Potsdam geworden. Es ist mein absoluter Traum gewesen und ist es auch heute noch, den Mädchen und Jungs diese wunderbare Sportart näherzubringen.
Gerade in der DDR war das aber noch eine ganz andere Zeit als heute. Da stand der Leistungsgedanke immer an allererster Stelle.
Die eigene Persönlichkeit oder Befindlichkeiten darüber, wie man sich gerade fühlt, wurden immer hinten angestellt. Das ist heute ja zum Glück ganz anders.
Damals hat man auch schon sehr früh damit begonnen, Talente zu suchen und zu fördern. Da wurden Mädchen mit acht Jahren oder Jungen mit neun Jahren auch schon einmal ins Trainingszentrum und ins Sportinternat geschickt. Das war wirklich sehr, sehr hart. Das haben am Ende auch nur wenige geschafft.
Das Ziel war damals aber ganz klar, zu internationalen Wettkämpfen zu fahren und Medaillen zu gewinnen. Der Leistungsdruck war riesig.”
Der TSV Falkensee ist der größte Sportverein im Havelland und der drittgrößte in ganz Brandenburg. Was ist denn euer Geheimrezept?
Birgit Faber: “Nach der Wende bin ich mit meiner Familie für einige Jahre in den Westen gezogen. 1995 kam ich aber wieder zurück in meine Heimat nach Falkensee. Als Diplom-Sportlehrerin war mir damals klar: Wir müssen in einem Sportverein viel mehr darauf hören, was die Bevölkerung tatsächlich für konkrete Wünsche hat. Und die Bevölkerung hat einfach sehr viel Freude an der Bewegung.
In den alten Bundesländern hatte ich zwischenzeitlich gelernt und immer wieder gesehen, dass man Sport auch mit Spaß in Verbindung bringen kann. Im Osten war es auch nach der Wende weiterhin so, dass der Leistungsgedanke noch immer sehr stark im Vordergrund stand.
Der TSV Falkensee wurde 1993 gegründet. Als ich 1995 wieder dazu kam, konnte ich hier viel bewegen. Mein Gedanke war immer: Wir machen Sport für alle – von ganz klein bis ganz groß. Und wir bieten all das an, was die Menschen gern an Sport nutzen möchten. So war klar, dass wir uns im Breitensport engagieren. Mein Team hat diese Idee über die Jahre immer wieder weiterentwickelt und sich immer wieder neu gefragt: Wo wollen wir hin, was wollen wir anbieten? Über die Jahre haben wir so auch nicht so populäre Angebote abgeschafft und dafür neue wieder aufgenommen. Derzeit haben wir 4.106 Mitglieder – im Alter von vier Monaten bis 100 Jahren.”
Damit man mal ein einen Überblick bekommt: Was sind denn die Sportarten, die im TSV umgesetzt werden?
Birgit Faber: “In unserem Verein sind die Sportfachbereiche Kinderwelt und Gymwelt mit ca. 3.000 Mitgliedern die größten und die, die besonders breit aufgestellt sind. Alle Angebote sind wettkampfungebunden.
In der Kinderwelt können Kinder vom Babyturnen über die Powerkids bis hin zum Kinderfussball alles ausprobieren und viel Spaß haben. Die Kinderbewegungslandschaft ist unser am meisten nachgefragte Sportraum für alle Kids.
In der Gymwelt findet jeder Bewegungsangebote für seine individuellen Herausforderungen, beginnend von Rehasport auf Rezept bis hin zum Fitnesssport. Hier ist das vereinseigenen Fitnessstudio ‘Fun Fit’“ unser besonderer Stolz.
Wichtig ist, dass man für den Vereinsbeitrag, den man zahlt, wirklich alles im TSV einmal ausprobieren darf. So findet man schnell die Sportangebote, die einem auch wirklich Spaß machen – etwa das Einradfahren, das Tanzen oder das Inline-Skating.
Besonders beliebt bei unseren TSV-Mitgliedern ist natürlich das Turnen. Darüber hinaus bieten wir aber auch das Cheerleading, die Leichtathletik und im Winter das Skifahren an. Sogar im Kampfsport sind wir gut aufgestellt – mit Ringen und mit Boxen.”
Gibt es eigentlich aktuelle Trendsportarten, die vom TSV aufgegriffen werden? Gibt es dann auch Diskussionen bei euch, dass ihr sagt, wir sehen da einen neuen Sporttrend auf uns zukommen, wir würden den gerne auch anbieten und umsetzen?
Birgit Faber: “Wenn wir Verhältnisse wie in Amerika hätten, wo der Sport einen ganz anderen Stellenwert hat, dann wäre das sportliche Angebot auch hierzulande ein ganz anderes. Wir im TSV sind immer offen für neue Sachen. Neue Sportarten bieten wir gern im Rahmen eines Kursangebots an. Und dann schauen wir, wie das Angebot angenommen wird.
Leider gibt es bei neuen Sportangeboten immer zwei limitierende Faktoren. So ist es nicht leicht, coole Trainer zu finden, die sich mit der neuen Sportart auch tatsächlich auskennen. Und dann müssen wir natürlich schauen, in welcher Sportstätte wir das neue Angebot umsetzen können.
Unsere Sportstätten in Falkensee sind zwar alle nach der Wende gebaut, aber inhaltlich leider in keinster Weise modern. Deswegen sind unsere Hallen auch nicht wirklich flexibel – und wir haben es schwer, neue Sportarten umzusetzen.
Wir reagieren aber auf neue Trends. Aus Amerika haben wir das Cheerleading übernommen, was sich inzwischen absoluter Beliebtheit erfreut. Hier führen wir inzwischen Wartelisten. Ganz neu ist Parkour, was ebenfalls sehr im Trend liegt.
Sportarten wie Pickleball oder Cornhole haben wir auch schon ausprobiert. Das kann man schon einmal bei Veranstaltungen anbieten oder in die normalen Trainingsangebote mit einbauen. Im Auge haben wir gerade die neue Sportart Paddle. Das ist eine Mischung aus Squash und Tennis.”
Jetzt haben wir in Falkensee den “Lauf der Sympathie”, der auf 10 Kilometer Laufstrecke Läufer sozusagen vom alten Osten in den Westen laufen lässt, nämlich von Falkensee nach Spandau. Und am Start und am Ziel ist jeweils ein anderer Verein zuständig für die Umsetzung. Das ist ja schon seit vielen Jahren gelebte Tradition. Wie kam es dazu, was ist das Besondere an diesem Lauf und braucht es so einen verbindenden Lauf auch heute noch?
Birgit Faber: “Der nächste ‘Lauf der Sympathie’ (www.laufdersympathie.de) startet am 16. März 2025. Es ist bereits der 36. Lauf, das ist schon etwas Besonderes.
Der Lauf wurde damals direkt nach der Wende ins Leben gerufen. Verantwortlich war der Waldemar Schorr, der einen grenzüberschreitenden Volkslauf zwischen Falkensee und Spandau realisieren wollte. Der VfV Pädagogik Falkensee-Schönwalde e.V. im Osten und der VfV Spandau 1922 e.V. im Westen waren federführend beteiligt. Der erste Lauf, abgestimmt mit den Grenztruppen der DDR und der Spandauer Polizei, fand am 25. März 1990 statt. Die Startnummern der Läufer galten als Erlaubnis, die Grenze zu passieren.
Die Idee war es, den Sport zu verwenden, um grenzübergreifend erste Kontakte zwischen Ost und West herzustellen. Das war damals nicht einfach: Man musste zwei Gesellschaftsordnungen unter einen Hut bringen. Es hat sich aber eindrucksvoll gezeigt: Der Sport trägt zur Verständigung zwischen den Menschen bei. Das war damals so. Und das ist auch heute noch so. Insofern brauchen wir den ‘Lauf der Sympathie’ auch heute noch.
Inzwischen ist der TSV Falkensee der federführende Verein auf der ehemaligen Ostseite. Das Interesse an der Laufveranstaltung ist ungebrochen – aktuell haben sich schon wieder über tausend Läufer angemeldet. Was auch daran liegt, dass der ‘Lauf der Sympathie’ in der Regel die erste Laufveranstaltung im Jahr ist und die Saison eröffnet.
Damals musste man zwei Gesellschaftsordnungen zusammenzubringen. Heute ist es die Herausforderung, zwei bürokratische Hürden zu überwinden. Wir würden uns wünschen, dass die ganze Organisation wesentlich einfacher wäre. Wir versprechen aber, den Lauf auch in den nächsten Jahren weiter attraktiv zu halten. Unser Wunsch wäre es, 1.800 Läuferinnen und Läufer an den Start zu bringen.”
Oft hört man, dass die Kinder nur noch am Handy spielen und deswegen in ihrer Freizeit nicht mehr draußen toben, auf Bäume klettern oder Fangen spielen. Wie ist es um die Beweglichkeit der Kinder bestellt? Merkt man jetzt im Vergleich zu früher einen Mangel an Beweglichkeit?
Birgit Faber: “Ja, das merkt man. Es gibt ja inzwischen auch sehr viele Studien darüber, dass der Bewegungsmangel der Kinder gravierende Folgen hat.
Nun ist es aber so: Die Studien liegen uns doch alle schon lange vor. Wir sollten nun langsam einmal ins Umsetzen kommen – und die angedachten Programme auch wirklich realisieren.
Ein Problem sind übrigens auch die Eltern selbst. Hier vor allem die Helikopter-Eltern, die ihre Kinder zu sehr behüten und ihnen nichts zutrauen, und die Bulldozer-Eltern, die alle Schwierigkeiten von ihren Kindern wegschieben. Es ist nun einmal so, dass kein einziger Baum in Deutschland einen TÜV hat. Das Risiko, ihre Kinder auf Bäume klettern zu lassen, ist vielen Eltern zu hoch. In der Folge bewegen sich die Kinder viel zu wenig im freien Raum.
Und das Problem geht ja an den Grundschulen weiter. Da werden die Kinder bis zur sechsten Klasse von den Eltern fast noch in den Klassenraum hineingefahren. Wir haben es leider nicht geschafft, eine 500-Meter-Zone um die Schulen verkehrsfrei zu halten, damit die Kinder gezwungen sind, die letzten Meter zu laufen. Da fängt Bewegung doch schon an.
Wir müssen uns auch die Frage stellen, warum die Kinder gerade in den ersten Klassen der Grundschulen 90 Prozent der Zeit nur sitzen. Lernen kann auch in der Bewegung erfolgen, das ist sehr wichtig, dass wir das umsetzen.
Wir haben bei uns im TSV eine elektronische Lernwand eingerichtet, ‘LÜ Interactive Playground’ genannt. Hier können die Kinder Aufgaben aus verschiedenen Fachrichtungen lösen, indem sie einen Ball auf die richtige Antwort werfen, die an eine Wand projiziert wird.”
Ihr kooperiert immer wieder gern mit den Grundschulen in Falkensee. Was passiert da genau?
Birgit Faber: “Wir gehen aktiv auf die Kindergärten und Grundschulen in unserem Einzugsgebiet zu und laden die Gruppen und Klassen zu uns ein. Wir sagen: Kommt uns doch besuchen, macht einen Ausflug zu uns. Leider machen zurzeit noch viel zu wenige Kindergärten und Schulen Gebrauch von diesem Angebot, weil ihnen der Organisationsaufwand zu hoch ist.
Unsere aktive Bewegungslandschaft und auch die elektronische Lü-Lernwand sind aber schon etwas ganz Besonderes und die Kinder haben immer viel Spaß und Freude, wenn sie bei uns zu Besuch sind.
Mit unserem Angebot möchten wir die Kinder schon in ganz frühen Jahren abholen und ihnen vermitteln: Macht mehr Sport, bewegt euch, kommt zu uns in die Vereine.
Für die Kitas und erst recht für die Grundschulen ist das auch ein Mehrwert, weil wir die Erzieher und Lehrer unterstützen.”
Jetzt hast du ja jede Menge Sportmöglichkeiten bei dir im Verein. Was machst du eigentlich persönlich für Sport?
Birgit Faber: “Das ist immer wieder die schwierigste Frage für mich. Als ich noch Turntrainerin war, habe ich 26 Jahre lang jeden Tag eine komplette Kunstturnhalle auf- und wieder abgebaut. Das war im Grunde genommen mein Sport.
Zurzeit gebe ich selbst noch aktiv den Kurs Manpower. Vor allem, weil ich denke, dass es gerade für die Männer noch viel zu wenige Sportangebote im Breitensport gibt.
Ich selbst fahre gern Ski, Rennrad und Mountainbike. Ich denke allerdings, dass es mir guttun würde, unser eigenes Fitnessstudio noch öfter aufzusuchen. Aber dafür fehlt mir ganz eindeutig die Zeit.”
Viele Sportabteilungen lassen sich nur aus einem Grund am Leben erhalten. Es gibt ehrenamtliche Trainer, die eine solche Abteilung leiten. Müsste man diesen Menschen nicht noch mehr Brücken bauen, etwa mit einer Ehrenamtsprämie oder mit Steuererleichterungen?
Birgit Faber: “Mit diesem Thema beschäftige ich mich schon sehr lange. Ich bin ja inzwischen seit über 35 Jahren in der Sportorganisation tätig.
Im TSV Falkensee arbeiten 14 Mitarbeiter, darunter vor allem Auszubildende und junge Leute, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten. Wir haben auch Duale Studenten bei uns. Und wir legen großen Wert auf Schülerpraktikanten, auch um unseren Nachwuchs zu sichern.
In unserem Verein sind aber auch 298 ehrenamtliche Trainer, Trainerinnen und Trainerassistenten tätig. Sie sorgen dafür, dass der gesamte Verein überhaupt erst funktioniert und sein sportives Angebot aufrecht erhalten kann.
Natürlich bekommen die ehrenamtlich tätigen Trainer eine Aufwandsentschädigung von bis zu 3.000 Euro im Jahr. Diese Summe müsste natürlich auch einmal wieder angepasst werden, sie ist nicht mehr zeitgemäß.
Ich glaube aber auch, wir brauchen eine völlig andere Art der Wertschätzung aus der Gesellschaft heraus. Wir können in unserer Gesellschaft ohne das Ehrenamt nicht leben. Wir benötigen Menschen, die dazu bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, nicht nur im Sport, sondern eigentlich überall – in allen Bereichen. Und deswegen müssen wir gemeinsam neue Methoden finden, um das ehrenamtliche Engagement besser zu würdigen.
Bei dieser Idee, Rentenpunkte fürs Ehrenamt zu vergeben, erzählt mir jeder einzelne Politiker sehr gern, warum genau dies nicht möglich ist.
Im TSV versuchen wir, bis die große Politik tatsächlich umsetzbare Ideen findet, unseren ganz eigenen Weg zu gehen. Wir bieten unseren Trainern kostenfreie Aus- und Fortbildungen an – und alle Anerkennung, die wir ihnen geben können.
Wir würden uns schon sehr darüber freuen, wenn die Betriebe es einrichten könnten, ihren Mitarbeitern, die ehrenamtlich für die Vereine tätig sind, für gewisse Veranstaltungen Freistunden auf der Arbeit einzuräumen.”
Der TSV hat ein Zuhause in der Falkenseer Stadthalle gefunden. Hier ist nicht nur die Geschäftsstelle untergebracht, sondern auch die Bewegungslandschaft und das vereinseigene Fitness-Studio. Trotzdem will der TSV eine eigene Sportwelt in Falkensee bauen. Warum eigentlich?
Birgit Faber: “Wir haben es ja mit dem TSV bereits geschafft, eine Minisportwelt zu realisieren. 2016 sind wir in die neue Falkenseer Stadthalle eingezogen. Viele haben es uns nicht zugetraut, dort etwas aufzubauen. Wir haben in der Stadthalle aber eine Kinderbewegungslandschaft ins Leben gerufen, in der im Jahr bis zu 25.000 Kinder zu Besuch sind. Außerdem haben wir in der Stadthalle ein eigenes Fitness-Studio, das inzwischen über 500 Mitglieder hat.
Nun ist es so, dass wir mit dem TSV längst schon wieder an unserer Kapazitätsgrenze angekommen sind. Wir möchten aber weiterhin Sportanbieter in der Stadt bleiben, neue Dinge umsetzen und Verantwortung für das sportliche Angebot übernehmen.
Um wachsen zu können, planen wir seit 2008 unsere eigene TSV-Sportwelt mit Außenanlagen, aber auch mit einem Gebäude. Das bedeutet nicht, dass wir die Stadthalle wieder verlassen möchten. Aber wir würden gern neue Räumlichkeiten nutzen, damit wir nicht jedes Mal alle Geräte neu aufbauen müssen, wenn die Trainerinnen und Trainer zu einer Sporteinheit bitten, sondern sofort loslegen können.
Ab August 2026 haben in Deutschland alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung. Das wird in den Folgejahren bis zur Klassenstufe 4 erweitert. Mit einer neuen TSV Sportwelt könnten wir den Schulen noch ganz andere Angebote zur Unterstützung unterbreiten, als uns dies heute bereits möglich ist.”
Du bist auch Präsidentin im Märkischen Turnerbund Brandenburg. Was ist das denn für eine Einrichtung?
Birgit Faber: “In der komplizierten Sportstruktur bin ich zunächst einmal Vizepräsidentin im Landessportbund Brandenburg (www.lsb-brandenburg.de). Das ist die größte gesellschaftliche Sport-Organisation im Land Brandenburg. Der Landessportbund ist wichtig, damit wir in Brandenburg eine sportlich orientierte Stimme direkt am Ohr der Politik haben.
Und ich bin im Märkischen Turnerbund Brandenburg (www.maerkischer-turnerbund.de). Das ist der Fachverband für alle Turnsportarten im Land Brandenburg. Da ich ja Turnerin und Kunstturntrainerin bin, ist es natürlich auch ein Stück weit meine Leidenschaft, gezielt auch den Turnsport weiterzuentwickeln.
Dabei bringe ich meine Forderung immer wieder ganz klar auf den Punkt: Jedes Kind in diesem Land sollte das Grundrecht darauf haben, eine Rolle vorwärts, eine Rolle rückwärts, einen Kopfstand und ein Rad zu können. Dafür setze ich mich ein.
Deshalb bin ich im Märkischen Turnerbund auch Präsidentin und freue mich, dass wir unsere Turnelite gerade erst am 22. und 23. Februar in Cottbus beim Turnier der Meister mit dabei hatten.”
Nun gibt es im Havelland eine ganze Reihe völlig verschiedener Sportvereine. Redet ihr miteinander? Löst ihr Probleme zusammen. Gibt es da eine gemeinsame Lobbyarbeit, um wichtige Ziele zu erreichen?
Birgit Faber: “Wir haben es ja gerade geschafft. Falkensee wurde als sportlichste Stadt im Land Brandenburg ausgezeichnet. Am 10. Januar diesen Jahres wurden wir ja durch unseren Minister Steffen Freiberg und auch von unserem Landessportbund entsprechend ausgezeichnet.
In Falkensee haben wir ‘Aktiv-Sport’ gegründet, das ist die ‘Interessengemeinschaft Falkenseer Sportvereine’. Der Vorsitzende ist hier Detlef Plückhahn. Im Rahmen von Aktiv-Sport setzen wir uns mit der Stadt zusammen an einem Tisch und überlegen: “Was können wir besser machen? Wie können wir die einzelnen Sportarten oder Vereine unterstützen? Es ist schon etwas Besonderes, dass wir uns in Falkensee so eng vernetzen. Auf diese Weise konnten wir schon sehr viel erreichen.”
Nichtsdestotrotz muss jeder Verein weiterhin auch selbst für seine Interessen kämpfen. Das ist die Autonomie des Sports.”
Ihr habt ja bei euch im TSV-Verein immer wieder Kinder und Jugendliche, die ein ganz besonderes Talent mitbringen. Beim Boxen, beim Ringen oder bei der Gymnastik. Gibt es eine Möglichkeit, diese Kinder zu fördern, bis sie irgendwann einmal für Deutschland antreten, um etwa bei Olympia eine Medaille zu gewinnen?
Birgit Faber: “Wir sagen ja im TSV: ‘Wir bewegen dich, du bewegst uns, gemeinsam einen Sprung voraus.’
Wir bieten im TSV keinen Leistungssport an. Aber wir entwickeln Talente. Wir haben deswegen auch mehrere Leistungsstützpunkte unter unserem Dach. Das ist das Turnen männlich, das ist die Leichtathletik und das ist das Ringen. Auch für das Boxen und das Cheerleading streben wir an, Kinder gezielt zu fördern und zu entwickeln, sobald sie ein außerordentliches Talent zeigen.
Ab einem gewissen Entwicklungsstand schaffen wir es aber im TSV nicht mehr, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Kinder weiter in ihrem Sport wachsen können. Um im Spitzensport aktiv zu sein, müssen die Talente oft weiterziehen – dorthin, wo ihnen die entsprechenden Möglichkeiten offenstehen. Das ist bei uns schon oft passiert. Und wir freuen uns immer sehr, wenn diese angehenden Spitzensportler uns nicht vergessen und gern ab und zu noch einmal besuchen.”
Jetzt ist es so, dass Boxen, nachdem es früher oft zur Prime Time im Fernsehen gezeigt wurde, langsam wieder populärer wird. Wir hatten ja schon mehrere große Box-Nächte in der Stadthalle, die sehr, sehr beeindruckend waren. Nun hat der TSV eine eigene Box-Abteilung auf die Beine gestellt. Magst du uns verraten, was ihr da für Pläne habt?
Birgit Faber: “Ja, gern. Zunächst einmal: Bei uns im TSV gibt es keine Abteilungen, sondern nur Sportfachbereiche. Das klingt in meinen Ohren besser.
Im Boxen haben wir außerordentlich engagierte Trainerinnen und Trainer, wie auch in den anderen Bereichen. Sie sind erst vor vier Jahren zu uns gestoßen, die Entwicklung verläuft aber rasant.
Leider schaffen wir es nicht, dem Boxen in unseren bereits vorhandenen Falkenseer Sportstätten eine feste Heimat zu geben. Aus diesem Grund haben wir nun einen Raum hinter der ARAL-Tankstelle angemietet, den wir zurzeit herrichten und in dem später auch ständig ein richtiger Boxring stehen soll. Diesen Boxraum möchten wir gern schon im April eröffnen. Anschließend können kleine Kinder, aber auch Jugendliche und Erwachsene bei uns zum Training kommen. Wir möchten in Falkensee eine starke Adresse für den Boxsport werden.”
Wenn man jetzt den Sport ins Visier nimmt und in die Zukunft schaut in Deutschland, ist das ein rosaplüschiger Blick oder eher einer mit schwarzen Wolken?
Birgit Faber: “Wir brauchen klare sportverlässliche Gesetze. Wir brauchen eine klare Sportförderung. Und wir hätten sehr gerne einen eigenen Staatsminister im Bundeskanzleramt, der nur für den Sport und das Ehrenamt zuständig ist. Das wäre unsere Forderung an die Politik.
Je nachdem, wie die Politik das umsetzt, fällt unser Blick in die Zukunft rosarot oder dunkel bewölkt aus.
Außerdem sage ich gerade nach dem Erlebnis in Paris: Wir wollen Olympia, wir brauchen Olympia. Es waren hervorragende Spiele in Paris, die viel für den Sport getan haben. Ich bin der Meinung, dass wir das auch in Deutschland können. Am liebsten natürlich in Berlin oder Brandenburg.”
Dann bedanke ich mich sehr, dass du heute bei uns warst.
Birgit Faber: “Ich bedanke mich auch und lade alle Leser ein: Kommt in die Vereine, bewegt euch mehr und nutzt alle Chancen, die ihr habt, um gesund zu bleiben. Ich würde mich freuen, wenn sich die Menschen noch mehr in unserer Gesellschaft engagieren würden. Mein Slogan für 2025 ist: Vom ICH zum WIR!” (Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 228 (3/2025).
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