Natur bewahren, aber mit Bildungsauftrag: Die “Heinz Sielmann Stiftung” vermittelt Naturwissen in der Döberitzer Heide!

300 Jahre lang wurde in der Döberitzer Heide der Krieg geübt. Was für ein Glück: Vor 30 Jahren kam die “Heinz Sielmann Stiftung” und übernahm 3.600 Hektar der Flächen, um so die “Naturlandschaft Döberitzer Heide” entstehen zu lassen. In den letzten Jahrzehnten ging es vor allem darum, die einzigartigen Lebensräume zu erhalten. Nun setzt die Stiftung verstärkt auch auf einen Bildungsauftrag: Das Wissen um unsere Natur soll an die nachfolgenden Generationen vermittelt werden. Wie das geht, erklärt Jochen Paleit, der Vorstandsvorsitzende der deutschlandweit aktiven Stiftung.
Drei Jahrhunderte lang rollten Panzer durch die Döberitzer Heide, wurden Manöver abgehalten und schlugen Übungsgranaten im sandigen Boden ein. Ungewollt sind auf diese Weise einzigartige Biotope vor Ort entstanden, darunter Trockenrasen, Heide, Moore, Feuchtwiesen, Binnendünen, Flugsandfelder und Laubmischwälder.
Vor allem die großen Offenlandschaften sind ökologisch sehr wertvoll. Hier finden sich zahllose seltene Tiere und Pflanzen.
Um sie auch in Zukunft zu schützen, hat die “Heinz Sielmann Stiftung” im Jahr 2004 ein bereits 1992 vom Militär aufgegebenes Areal in der Döberitzer Heide übernommen, das so groß wie 5.000 Fußballfelder ist. Vor Ort finden sich Seeadler, Urzeitkrebse, Rotbauchunken, Wiedehopfe und Steinschmätzer.
Allerdings muss die Stiftung große Anstrengungen unternehmen, um die verschiedenen Biotope auch zu erhalten. Wie viel Mühe das kostet, weiß Jochen Paleit (54), der Vorstandsvorsitzende der “Heinz Sielmann Stiftung”: “Insbesondere die Offenlandschaften würden ohne Pflege schnell zuwachsen, dann würde an Ort und Stelle ein dunkler einheitlicher Mischwald entstehen, der die aktuell gegebene Vielfalt der Biotope zerstört. Viele Spaziergänger wundern sich, warum wir etwa in der Heidelandschaft aufschießende Birken oder Akazien entfernen. Das geschieht genau aus dem Grund, damit diese Biotope weiter erhalten bleiben. Vor allem in der Kernzone erledigen allerdings Tiere diesen Auftrag: 130 Wisente, 24 Przewalski-Pferde und etwa 100 Rothirsche kümmern sich als Pflanzenfresser darum, die Vegetation kurz zu halten. Auf anderen Flächen in der Döberitzer Heide sind Ziegen und Schafe unterwegs. Ihren Einsatz möchten wir in den kommenden Jahren auf weiteren Flächen noch ausbauen. Die besten Landschaftsgestalter sind eben doch die Tiere.”
Jochen Paleit ist seit September Vorstandsvorsitzender in der “Heinz Sielmann Stiftung” (www.sielmann-stiftung.de), er kommt ursprünglich aus Osnabrück. Wie ist sein erster Eindruck von der Döberitzer Heide? Jochen Paleit: “Was wir hier im Havelland haben, das ist schon Champions League. Wir sehen hier eine der schönsten Landschaften Deutschlands und vielleicht sogar Mitteleuropas. Die Döberitzer Heide präsentiert sich wie ein ästhetisch schöner Park, der aber zugleich auch tausende von Nischen für wild lebende Tiere und Pflanzen bietet. Unsere Aufgabe vor Ort ist, die Landschaft weiter so zu reparieren, dass wir wieder eine Artenvielfalt bekommen, wie sie einst für Europa typisch war. Und das gelingt uns sehr gut. Wir brauchen vor allem nährstoffarme Standorte, am besten offene Rohböden mit alleinstehenden alten Bäumen. Das ist optimal zum Erhalt unserer Artenvielfalt.”
Auch die Niedermoore in der Döberitzer Heide sind ein wichtiges Biotop, so Jochen Paleit: “Das ist ein Lebensraum für viele seltene Vogelarten wie etwas das Braunkehlchen. Zugleich ist das eine Schwammlandschaft. Bei starken Niederschlägen wird das Wasser hier gebunden. Die Niedermoore binden auch viel Kohlendioxid und sind deswegen auch landschaftökologisch sehr bedeutsam. Wir möchten die Niedermoore deswegen weiter stärken und ausbauen.”
Die letzten dreißig Jahre hat die “Heinz Sielmann Stiftung” viel Mühe darauf verwendet, um die riesige Landschaft vor den Toren Berlins als zusammenhängendes Biotop für die Zukunft zu erhalten. Jochen Paleit: “Mein Steckenpferd sind die Vögel. Der Steinschmätzer ist in der Döberitzer Heide heimisch, wir haben große Bestände mit dem Wiedehopf und nun ist auch der Wachtelkönig wieder da. Es kehren also bereits ausgestorben geglaubte Vögel wieder in die Döberitzer Heide zurück. Das ist uns eine große Freude. Zurzeit höre ich die Heidelerche singen, das ist schon etwas Besonderes für mich. Jeden Montagmorgen mache ich ein Monitoring und notiere, welche Vögel ich in der Döberitzer Heide entdeckt habe.”
Jetzt ist es aber Zeit für den nächsten Schritt. Es muss in die Bildung investiert werden. Die Besucher der Döberitzer Heide, die auf 55 Kilometern Wanderwege die Naturlandschaft selbst erkunden können, sollen auf ihren Wegen auch etwas lernen. Es gibt also einen Bildungsauftrag.
Jochen Paleit: “Das ist richtig. Nach dem Sichern der Flächen, dem Optimieren und dem Weiterentwickeln möchten wir den Kindern, Jugendlichen und Bürgern gern erklären, was wir hier eigentlich tun. Wir haben damit angefangen, Infostelen aufzustellen, eine eigene App mit Inhalten zu bespielen und unser Naturerlebniszentrum Elstal zu bauen. Im Naturerlebniszentrum gibt es eine sehr schöne Ausstellung zur Geschichte der Döberitzer Heide, zu den Biotopen und zu den Tieren und Pflanzen. Wir haben inzwischen sehr oft Schulklassen bei uns zu Besuch, die bei uns viel lernen, aber auch Spaß haben. Es ist ja tatsächlich so, dass ein konkretes Erleben von Schmetterlingen, seltenen Vögeln oder gar von den Wisenten im Schulalltag gar nicht mehr vorkommt. Dafür stehen wir – und das möchten wir gern begleiten.”
Sehr stolz ist Jochen Paleit auf die Sielmanns Natur-Ranger, die in der Döberitzer Heide von Daniela Erler betreut werden. Die Natur-Ranger sind Kinder, die sich vor Ort in ihrer Freizeit regelmäßig sehr intensiv mit der Natur beschäftigen, Filme drehen und Insektenhotels bauen.
In der Zukunft sollen auch noch mehr Infotafeln in der Döberitzer Heide aufgestellt werden, auch die Besucherlenkung muss weiter optimiert werden.
Jochen Paleit: “Im Naturerlebniszentrum werden wir ab sofort verstärkt auch Vorträge anbieten. Zum Saisonauftakt gibt es am 20. März eine kleine Vortragsreihe zum Welttag der Frösche. Darauf bauen wir auf.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 229 (4/2025).
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