Unser Havelland und EDEKA Dorfmann Zukunftsmarkt Video-Podcast (2): Im Gespräch mit Robert Dahl

“Unser Havelland” startet ein neues Format. Einmal im Monat laden wir uns eine interessante Person aus dem Havelland ein, um ein halbstündiges Gespräch mit vorbereiteten Fragen zu führen. So können wir ein Interview präsentieren, das bewusst den Rahmen sprengt und ein wenig mehr in die Tiefe geht. Zugleich nehmen wir es aber auch auf Video auf, das Sie auf unserem YouTube-Kanal (www.youtube.com/UnserHavelland) abrufen können.
Bei der Erstellung des Videos hat uns in diesem Monat Marvin Zinke aus Brandenburg an der Havel geholfen. Unser Interview findet immer vor Live-Publikum statt und zwar in der “Überschaubar” im neuen EDEKA Zukunftsmarkt in Nauen (www.zukunftsmarkt-dorfmann.de) von Christian Dorfmann – das ist zurzeit der nachhaltigste EDEKA-Markt in ganz Deutschland. Christian Dorfmann war sofort bereit, unserem neuen YouTube-Podcast eine feste Heimat zu geben.
Der erste Gast für die neue Interview-Reihe war Christian Lohse, der aus dem Fernsehen bekannte 2-Sterne-Koch, der in Falkensee lebt.
Für die Fortsetzung haben wir uns Robert Dahl eingeladen, den Inhaber und Visionär von Karls Erlebnis-Dorf, dessen größte Version in unserer Region zu finden ist, nämlich in Elstal. “Unser Havelland” begleitet Karls und natürlich auch die Familie Dahl seit 2014, also inzwischen auch schon elf Jahre lang. In dieser Zeit haben wir bereits viele Interviews geführt und viele Fragen gestellt. Dabei haben wir intime Einblicke hinter die Kulissen nehmen dürfen. Das brachte uns dazu, in diesem Interview einmal ganz andere Fragen zu formulieren als üblich.
Ich fange unser Gespräch einmal mit einer kleinen historischen Rückblende an. Als das Karls Erlebnis-Dorf im Mai 2014 in Elstal eröffnet wurde, stand ich zufälligerweise genau neben dir. Das Tor war noch zu, draußen kamen die ersten Gäste an und du hast gesagt: Heute müssen 5.000 Gäste kommen, sonst haben wir hier echt ein finanzielles Problem. Die 5.000 Besucher kamen ja bereits in der ersten Stunde – und das Problem war gelöst. Aber war Elstal tatsächlich ein finanzielles Risiko?
Robert Dahl: “Ja, schon, das war ein echtes Risiko. Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 2013. Da gibt es ein Foto von mir, wie ich auf dem noch unbebauten Land stehe, also ein Jahr vor der Eröffnung. Rechts neben mir gab es nur lauter Ruinen, das war die alte Löwen-Kaserne. Und gegenüber auf der anderen Seite der B5 standen auch nur Ruinen, da hatte man den Neuaufbau vom Olympischen Dorf noch nicht wieder in Angriff genommen.
Es fühlte sich ein bisschen so an, als würde man auf verlorenem Posten stehen. Wir haben schon geunkt: Wenn das mal gut geht! Ob uns hier wohl überhaupt jemand besuchen kommt?
Im Verlauf der eigentlichen Bauphase sind wir immer wieder zwischen Zuversicht und der Angst, dass etwas schiefgehen könnte, hin und her gewechselt.
Natürlich war ich sehr froh, dass wir am Tag der Eröffnung quasi plattgewalzt wurden. Und das Interesse der Menschen hielt ja anschließend zum Glück auch an.
Etwas Sicherheit und Zutrauen hatten wir im Vorfeld dank unserer Erdbeerstände gewinnen können. Seit 1996 gibt es in Berlin und auch in Brandenburg viele unserer roten Erdbeerhäuschen. Darüber gab es viele Kunden, die Karls schon kannten. Andere hatten schon einmal an der Ostsee Urlaub gemacht und haben dort unser Erlebnis-Dorf in Rövershagen besucht.
Zum Glück gab es auch damals schon Social Media, vor allem Facebook. Wenn wir da etwas über Karls gepostet haben, gab es überwiegend positive Kommentare. Daraus schöpft man auch ein bisschen Mut. Aber unterm Strich weiß es natürlich niemand vorher, ob alles glattgeht und funktioniert. Wir sind froh, dass es so gekommen ist.”
Was hat es eigentlich mit den vielen Kaffeekannen auf sich, die bei Karls in Elstal zu Hunderten im wohl größten Setzkasten der Welt stehen?
Robert Dahl: “Ja, das ist schon ein bisschen skurril. Alles fing damit an, dass uns jemand 500 Kaffeekannen geschenkt hat. Das war Angelika Groß aus Nordrhein-Westfalen Sie musste ihre Wohnung aufgeben, ich glaube aus Altersgründen. Die kannte Karls aus dem Urlaub und hat gefragt, ob wir die Kannen haben wollen.
Ich habe dann gesagt, ja klar, die nehmen wir. Sie kamen dann in Rövershagen in unser Café. Und plötzlich dachten unsere Besucher, wir sammeln Kaffeekannen. Viele haben uns weitere Kannen gebracht – und auf einmal hatten wir schon 2.000 davon.
Eine Assistentin von mir, die Ann-Kathrin Winaski, hat irgendwann festgestellt, dass es einen Weltrekord im Kaffeekannensammeln gibt. Den hielt jemand in München – mit 5.000 Kannen. Da haben wir uns gesagt: Diesen Weltrekord, den holen wir uns. Wir haben in Rövershagen und in den Erdbeerbuden dazu aufgerufen, uns weitere Kannen zu bringen. Nach dieser Aktion hatten wir schon 12.700 – und den Weltrekord.
Was wir erst gar nicht mitbekommen haben: Der Bürgermeister von Oschatz in Sachsen hat Urlaub an der Ostsee gemacht und fuhr mit der Ansage nach Hause, dass er uns den Weltrekord wegnehmen möchte. Er fing dann an zu sammeln wie ein Weltmeister – und zack, war der Weltrekord weg. Das hat unseren Ehrgeiz geweckt. Wir haben wie verrückt weitere Kannen gesammelt und Werbung für uns gemacht. Die BILD-Zeitung hat anschließend den Kaffeekannenkrieg auf einer ganzen Seite ausgerufen.
Am Ende hatten wir über 27.000 Kannen und der Weltrekord kam zurück nach Rövershagen. Inzwischen sind wir bei 60.000 Kannen und können sagen: Der Weltrekord ist jetzt ziemlich gut abgesichert, den nimmt uns niemand mehr.
Die Kannen stehen in allen sechs Karls-Standorten und können dort bewundert werden. Wir bauen gerade an der Nordsee in Lockstedt bei Bremerhaven einen neuen Karls. Und wenn der am 15. Mai eröffnet wird, dann stehen da auch 8.700 Kaffeekannen.”
Ihr habt vor langer Zeit Adjektive gesucht, die Karls beschreiben. Welche sind das und wie beeinflussen die eure Arbeit?
Robert Dahl: “Wir hatten so um das Jahr 2000 herum eine richtige Krise. Ich bin ja eigentlich Erdbeerbauer von Beruf und liebe das auch sehr. Damals gab es uns nur in Rövershagen. Neben dem Erdbeeranbau haben wir einen Bauernmarkt betrieben, der hatte noch keinen Namen und erst recht kein Konzept. Wir haben da neben unseren Erdbeeren alles, aber wirklich alles verkauft, was man sich nur vorstellen kann. Wir hatten da auch immer einen dummen Spruch, mit dem wir kokettiert haben, und der hieß: Es muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Das bedeutete nichts anderes, als dass es einfach nur darum ging, Kohle zu machen, völlig egal, ob man das selbst alles gut findet oder nicht. Das Endergebnis war, dass wir einen Laden hatten, der nichts anderes war als ein reines Sammelsurium.
Das hat mich wirklich sehr frustriert. Ich kann mich erinnern, dass ich mit meiner Frau und meiner Schwester auf einer Messe in Frankfurt am Main war. Abends beim Italiener habe ich gesagt, ich habe keinen Bock mehr auf diese Art von Geschäft. Lasst uns ab sofort nur noch Erdbeeren machen. Oder wir machen aus dem Bauernmarkt einen Laden, der uns auch selbst gefällt.
Da haben wir abends angefangen, Adjektive in ein Notizbuch zu schreiben. Die Idee dahinter war: Wie würden wir gern beschrieben werden, wenn ein Fremder über uns spricht?
Am Ende hatten wir 90 Adjektive. Das war natürlich viel zu viel. Damit kannst du kein Unternehmen lenken. Wir haben die Adjektive damals in einem Workshop auf sechs eingedampft. Ich versuche sie mal zusammenzubekommen: Authentisch, kreativ, augenzwinkernd, liebevoll, großzügig und familiär. Vor drei oder vier Jahren kam noch Nummer sieben mit dazu – natürlich.
Diese Adjektive waren so etwas wie die Geburtsstunde von Karls. Die haben auch sehr viel mit uns gemacht, weil sie unsere Prozesse beeinflussen. Man denke nur an ganz einfache Dinge wie zum Beispiel – Brot. Schon von Anfang an haben wir Brot gebacken und verkauft. Am Anfang haben wir aber noch eine Backmischung verwendet. Das Brot sah gut aus, und es hat auch ganz okay geschmeckt. Aber da waren eben auch zig Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker und Stabilisatoren mit enthalten. Da hätten wir früher nie drauf geachtet. Aber jetzt gab es da dieses neue Adjektiv ‘authentisch’. Und authentisch bedeutet, dass man Brot nur mit Mehl, Wasser, Salz und Hefe herstellt. Fertig. Das umzustellen, das waren schmerzhafte Prozesse. Da haben tatsächlich Mitarbeiter gekündigt. Etwa unser Bäckermeister. Der hat gesagt, ihr habt doch nicht alle Latten am Zaun. Ihr könnt doch jetzt nicht tausend Brote backen wie vor hundert Jahren. Dann kamen aber andere, die waren froh, dass sie genau das wieder tun können.
Stück für Stück haben wir Karls so zu dem Unternehmen gemacht, das wir lieben. Obwohl dieser Prozess eigentlich nie zuende ist. Es geht immer weiter, wir überprüfen uns immer wieder. Unsere Adjektive sind unsere Schablone.”
Das entwickelte Karls-Gelände in Elstal umfasst zurzeit sechs Hektar. Die gesamte Fläche ist aber 78 Hektar groß. Das alles war einmal ein Militärgelände. Um das zu entwickeln, musstet ihr überprüfen, ob noch militärische Altlasten im Boden sind. Was habt ihr da alles gefunden?
Robert Dahl: “Zusammen mit einer spezialisierten Kampfmittelräumfirma, unseren eigenen Tiefbauleuten und dem Kampfmittelräumdienst haben wir auf dem Gelände jeden Quadratmeter nach unten so lange durchgescannt, bis die Sensoren nicht mehr gepiept haben. Die Erde wird dann abgetragen und gesiebt, um alle Metallteile auszusondern.
Wir haben Kampfmittel aller Art gefunden, also vor allem nicht detonierte Granaten, Raketen, aber auch ganz normale Gewehrmunition. Diese Munition wurde vom Kampfmittelräumdienst kontrolliert gesprengt.
Wir sind jetzt ungefähr mit 70 Prozent der Fläche fertig. Man kann von Glück sagen, dass da in der Vergangenheit nichts passiert ist. Man darf auch klar sagen: Jetzt entsteht dort ein besseres Stück Land, als es da vorher vorhanden war. Da lagen teilweise wirklich komplette Pakete neuer Granaten in der Erde.
Und es gab auch noch andere Hinterlassenschaften, die wir wegräumen durften. Etwa drei Tankstellen. In einer Tankstelle gab es sogar noch einen Tank mit 11.000 Litern Diesel, die da vor sich hinrotteten. Da kann man froh sein, dass jetzt wieder alles in Ordnung ist.”
Karls war schon immer sehr nachhaltig und hat alte Dinge neu verwendet. Am Anfang wurden so etwa bei Karls alte Türen als Tischplatten zweckentfremdet. Beim Abriss der Militärkasernen habt ihr auch jeden Mauerstein gesäubert und für zukünftige Bauprojekte erhalten.
Robert Dahl: “Bei uns ging es immer auch um die Atmosphäre. Du bekommst eben mit alten Baustoffen von Tag 1 an eine ganz bestimmte Atmosphäre hin, die wir bei Karls sehr gerne mögen. Es ist dieses leicht Schäbige, dieses Vintage-Gefühl, heute wird es ja auch als Shabby Chic bezeichnet. Alle Dinge sind mit einer Patina versehen. Die könnte man auch künstlich herstellen, aber das wäre nicht das Gleiche.
Zugleich hatten wir auch diesen Gedanken, weniger neue Ressourcen zu verschwenden. Wir sprechen ja über LKW-weise altes Baumaterial, das wir über die Jahre bereits gerettet und neu verbaut haben. Pflastersteine, Bretter, Dachbleche – alles war schon dabei.”
Ihr seid ja gefühlt immer am Bauen. Damit ihr euch nicht ständig technische Geräte und die nötige Manpower von außen anmieten müsst, habt ihr inzwischen eine eigene Baufirma gegründet.
Robert Dahl: “Ich habe ein Faible für Baustellen. Ich mag die ganze Technik und die großen Maschinen und habe da schon immer gern zugesehen, wenn gebaut wird.
Und so haben wir unsere eigene ‘Karls Bau-Bande’ gegründet. So heißt unsere Bauabteilung. Da arbeiten inzwischen an die 80 Leute. Angeführt wird unsere große Projektentwicklungsabteilung von Diana Lewitzki, die unsere ganzen Vorhaben plant und designt. Da arbeiten vor allem die Architekten, Designer und Bauleiter an der Umsetzung neuer Pläne.
Wir arbeiten aber weiterhin mit vielen Baufirmen aus den jeweiligen Regionen zusammen. Wir haben uns darauf spezialisiert, eher die Oberflächen zu gestalten, die unsere Karls-Atmosphäre ausmachen. Rohre verlegen oder eine Halle aufbauen, das machen aber die Fachfirmen für uns.
Unsere ‘Bau-Bande’ war jetzt lange in Elstal aktiv. Zwischendurch haben wir unsere Tiefbauabteilung für sechs Monate abgezogen. Die haben in Döbeln in Sachsen für das neue Karls gearbeitet. Teile der Truppe sind jetzt wieder hier, andere in Niedersachen an der Nordsee.”
Rund um Karls passiert auch vieles, von dem die Besucher gar nichts mitbekommen. Ich nenne das einmal die Karls-Nebenschauplätze. So habt ihr eine riesige Walnussbaumplantage gegründet, deren Nüsse nun langsam in die Karls-Verwertungskette eingearbeitet werden müssen. Wie kommt man auf die Idee, eine Walnussplantage anzupflanzen?
Robert Dahl: “Also das kam so. In Loburg im Jerichower Land mitten in Sachsen-Anhalt lebten meine Großeltern damals auf dem Rittergut von Barby. Meine Mutter wurde dort geboren. Über 400 Jahre lang war das Rittergut in Familienbesitz.
Es wurde aber irgendwann enteignet und war dann im Grunde genommen nur noch ein großer Schrotthaufen. Irgendwann ist das Rittergut bei Immobilienscout24 gelandet – für 80.000 Euro. Meine Tante rief mich damals an und meinte, Robert, das musst du kaufen, das muss irgendwie wieder aufgebaut werden, das bist du deiner Familie schuldig. Das war 2014.
Ich muss gestehen, ich bin nicht mal hingefahren. Ich habe das Rittergut nur online auf der Verkaufsplattform gesehen und mir gedacht, das sieht ja einigermaßen okay aus, das kaufen wir.
Irgendwann bin ich dann aber doch hingefahren und dachte mir: Helleluja, was habe ich denn da nur angerichtet? Denn das war echt eine Bruchbude, das hat man nur leider auf den Fotos nicht so gut sehen können. Da haben wir viel Geld investiert, um das herzurichten.
Inzwischen ist in Loburg das ‘Karls Rittergut von Barby’ (www.karls.de/loburg/) entstanden – mit dem Barby-Café, einer Bonbon-Manufaktur und wunderschönen Gäste-Appartements zum Übernachten.
Ich hatte aber vor Ort auch Ackerland gekauft, weil ich dachte, wir bauen da Erdbeeren an. Aber das Rittergut liegt 300 Kilometer von Rövershagen entfernt. Das ist doch ein bisschen weit weg.
Auf einer Fahrt nach Loburg habe ich im Radio gehört, wie gesund Walnüsse sind. Seitdem esse ich jeden Tag fünf Walnüsse, das ist gut fürs Herz. In der Folge habe ich mich intensiv mit Walnüssen beschäftigt und festgestellt, dass man sie sehr gut extensiv bewirtschaften kann.
Hat man sie erst einmal gepflanzt, muss man vor allem eins tun – warten. Zehn Jahre dauert es bis zur ersten Ernte. Und so haben wir mal eben 50 Hektar Walnüsse gepflanzt. Jetzt haben wir unsere erste kleine Ernte eingefahren.
Aus Loburg stammt Heinrich Pistorius, das ist der Erfinder der achtstufigen Brennblase. Ohne diese Erfindung würde es in der Welt deutlich weniger Alkohol geben. Direkt gegenüber von unserem Rittergut gibt es die Schnapsbrennerei Kullmann, die inzwischen viele von unseren Produkten herstellt. Zusammen mit dem Alf Kullmann sind wir nun dabei, einen leckeren Walnusslikör herzustellen.”
Karls ist ja auch, wenn man das Entertainment beiseite lässt, zunächst ein großer landwirtschaftlicher Betrieb, der Erdbeeren produziert. Ich habe gehört, dass du eine App hast, mit der du sozusagen für jeden einzelnen Strauch nachvollziehen kannst, wie viele Erdbeeren gerade dranhängen. Stimmt das?
Robert Dahl: “Tatsächlich gibt es vier, fünf interne Karls-Apps, mit denen wir unser Unternehmen ganz gut steuern können. Für unseren Landwirtschaftsbetrieb gibt es zwei Apps. Mit denen können wir die Ernteerfassung in Echtzeit verfolgen. Wir wissen so, wie viele Erdbeeren wann in welchem Feldquartier geerntet werden.
Davor ist aber eine Prognose wichtig, und die kann die App nicht liefern. Dafür ist ganz altmodisch eine Feldrundfahrt nötig. Unser Betriebsleiter Wolfgang Loll ist leider Ende Dezember in den Ruhestand gegangen. Aber wir haben einen Deal. Einmal in der Woche macht er weiterhin eine Feldrundfahrt für Karls und schreibt mir einen kleinen Bericht.
Am Sonntag mache ich das aber auch selbst ganz gern. Dann fahre ich drei, vier Stunden lang über die Erdbeerfelder und schaue, was da so los ist.”
Bei aller Tradition in der Landwirtschaft: Man muss sich auch weiterentwickeln. Ihr habt auf die Dürre in den letzten Jahren mit dem Bau eines Wasserauffangbeckens reagiert. Und weil es nicht mehr so viele Erntehelfer gibt, habt ihr die Erdbeeren “nach oben” gebracht, sodass man sie im Stehen ernten kann?
Robert Dahl: “Richtig. Ein Drittel unserer Erntemenge wächst bereits in den sogenannten Stellagen. Diese Kulturen wachsen in 1,30 Meter Höhe. Sie sind auch überdacht, sodass wir einen Witterungsschutz haben. In den letzten Sommern hatten wir teilweise extrem starke Niederschläge, was die Erdbeeren natürlich überhaupt nicht mögen.
In den Stellagen hängen die Erdbeeren in der Luft. Die Erdbeerpflücker können hier in der gleichen Zeit etwa drei Mal so viel Erdbeeren ernten wie die Bodenpflücker. Sie haben auch keine Rückenschmerzen mehr. Wir brauchen so weniger Erntehelfer und die, die bei uns arbeiten, verdienen mehr Geld. Jedes Jahr bauen wir die Stellagen weiter aus. Im Jahr 2028 wollen wir diesen Transformationsprozess abgeschlossen haben.
Auch das Wasserbecken gibt es, das haben wir damals nach den drei großen Dürrejahren gebaut. Es kann 300.000 Kubikmeter Regenwasser speichern, das reicht für die ganze Erdbeerernte. Aber bislang kam es noch nicht dazu, dass wir das ganze Becken ausschöpfen müssen. So trocken war es seitdem nicht mehr. Trotzdem können wir jetzt besser schlafen. Es ist schon Stress pur, wenn es im Sommer trocken ist, und du hast kein Wasser auf den Feldern.”
Auch Strom wird immer teurer. Um unabhängiger zu sein, hat Karls in Elstal eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach gebaut, die ein Megawatt Strom erzeugen kann. Auch das macht ein wenig ruhiger, oder?
Robert Dahl: “Insgesamt erzeugen wir an den Karls-Standorten bereits 3,2 Megawatt eigenen Strom über PV. In Elstal ist es so, dass wir bereits 91 Prozent von dem Strom, den wir dort erzeugen, vor Ort auch verbrauchen. Es rechnet sich nämlich einfach nicht, den Strom für fünf Cent ins Netz einzuspeisen.
Wenn wir jetzt den Bibi & Tina Freizeitpark in Elstal bauen, werden wir auch hier eine Photovoltaik-Anlage einplanen. Karls verbraucht vor allem im Sommer sehr viel Strom – also genau dann, wenn die PV-Anlage diesen Strom auch erzeugt. Das ist schon eine große Unterstützung für uns, dass wir dann die PV-Anlage haben.”
Es gibt bereits mehrere Karls-Standorte in Deutschland. Jetzt kommt die Nachricht, dass es in Deutschland bald so viele Karls Erlebnis-Dörfer geben soll, dass man nie mehr als eine Stunde mit dem Auto fahren muss, um eins zu erreichen.
Robert Dahl: “Also, die Formulierung geht so: Unser Plan ist es, dass bis zum Jahr 2035 niemand in Deutschland mehr länger als 60 Minuten zu einem Karls fahren soll. Wir brauchen also alle zwei Stunden Fahrt ein Karls Erlebnis-Dorf. Wenn man dieses Netz einmal über ganz Deutschland legt, kommen wir etwa bei 20 oder 21 Standorten an. Wir bauen gerade Karls Nummer sieben. Im April geht es in Oberhausen im Ruhrgebiet los. Dann kommt Plech in Bayern dran, das liegt im Frankenland zwischen Bayreuth und Nürnberg. Anschließend kehren wir in den Norden zurück und bauen in Bispingen in der Lüneburger Heide an der A7.
Wir suchen auch noch nach weiteren Standorten. Ein kleines Team schaut sich gerade in Nordrhein-Westfalen, in Baden-Württemberg, in Bayern und in Hessen um.”
Das ist schon echt eine Herausforderung, das alles zu stemmen und zu meistern, ohne dass die Qualität an den Standorten nachlässt.
Robert Dahl: “Das ist die große Kunst. Das ist genau die Challenge, vor der wir gerade stehen. Ich hatte neulich genau dieses Thema bei einem Gespräch mit meiner Frau am Küchentisch.
Man ist ja auch selbst nie zufrieden. Jeden Tag bekommen wir automatisiert die neuen Google-Bewertungen und alle weiteren Besucherkommentare im Rahmen einer Management-Mail zugeschickt.
Da tut es schon weh, wenn man liest, dass jemand ein trockenes Stück Kuchen, ein kaltes Schnitzel oder eine warme Cola gekriegt hat oder irgendwie zu lange in der Schlange stehen musste.
Wir möchten schon irgendwie das Kunstwerk fertigbringen, uns trotz Wachstum qualitativ weiter zu verbessern. Daran arbeite ich gerade sehr, sehr intensiv.”
Karls möchte gern über den großen Teich hüpfen und einen ersten Freizeitpark in Amerika gründen. Muss man sich da ändern und an die amerikanische Freizeitkultur anpassen?
Robert Dahl: “Nein, man muss sich nicht ändern. Das ist auch keine Schnapsidee, was wir da vorhaben. Das ist etwas, was lange gereift ist. Viele denken ja: Jetzt will der Größenwahnsinnige auch noch in die USA gehen.
Fakt ist, dass ich zusammen mit meinem Vater früher oft in Kalifornien war. Da gibt es im Landkreis Ventura nördlich von Los Angeles ein Städtchen namens Oxnard. Das ist so groß wie Rostock, hat 200.000 Einwohner und liegt direkt am Pazifik. Dieser Ort nennt sich selbst ‘Strawberry Capital of the World’, also Erdbeerhauptstadt.
In einem Zeitungsinterview habe ich einmal gesagt, dass es ein Traum von mir wäre, ein Karls Erlebnis-Dorf in Kalifornien zu eröffnen. Das hat Axel Stelter gelesen. Das ist ein deutscher Architekt, der aus Rostock stammt, aber seit zwölf Jahren in Kalifornien lebt. Der hat mir einen Brief geschrieben, ob ich das wohl ernst meine mit dem Karls-Projekt in Amerika. Da habe ich gesagt: Nö. Aber wir könnten uns ja einmal treffen.
Das haben wir getan – und haben zusammen einen Trip durch Kalifornien gemacht. Ein Ort, den wir besucht haben, war tatsächlich Oxnard. Den kannte ich ja schon aus meiner Erdbeerzeit. Da habe ich gesagt, okay, wir machen das.
Wir haben uns um ein Grundstück am Hafen von Oxnard beworben und haben den Zuschlag bekommen. Das Grundstück ist vier Hektar groß. Wir planen, dass wir bis zur Olympiade 2028 fertig sind und den Betrieb dann aufnehmen können.”
Das nächste große Ding, das in Elstal entsteht, ist der Bibi & Tina Freizeitpark. Bibi & Tina ist aber erstmals eine Marke, die nicht Karls selbst gehört, sondern dem Berliner Unternehmen Kiddinx. Wie seit ihr denn mit denen zusammengekommen?
Robert Dahl: “Es gibt ja inzwischen unsere Karls Bande. Ich hatte jemanden gesucht, der unsere Karls Bande zum Leben erwecken kann, erst im Hörspiel und später in Trickfilmen. Da bin ich zwangsläufig über Kiddinx gestolpert. Die kannte ich bereits durch meine Kinder, ich habe zwei Töchter und einen Jungen, die ‘Benjamin Blümchen’ und ‘Bibi & Tina’ rauf und runter gehört haben, als sie noch klein waren.
Wir haben uns mit denen getroffen, uns gleich gut verstanden. Kiddinx hat ja für uns die Karls Bande Hörspiele produziert. Bei einem der Meetings habe ich gefragt, warum es eigentlich noch keinen eigenen Bibi & Tina Freizeitpark gibt. Da haben sie gesagt: Ja, das wissen wir auch nicht so richtig.
Ich habe gefragt: Kann ich das nicht für euch machen, ich würde das gerne bauen? Wir haben einen Vertrag aufgesetzt – und los ging es. Vor einem Jahr haben wir ein Projektteam für Bibi & Tina gegründet und haben jetzt laufend Meetings und Calls mit dem Verlag.
Da gibt es bei Kiddinx die Hüterin des Grals, das ist Gabriele Salomon, die Geschäftsführerin der Kiddinx Studios. Sie achtet sehr streng darauf, dass alles, was wir in Elstal bauen, auch wirklich zu der Serie passt. Es macht großen Spaß, mit Kiddinx zusammenzuarbeiten, das ist super cool. Wir sind alle schon komplett im Bibi & Tina Fieber.
Der Baustart ist im Grunde genommen bereits erfolgt, weil wir die Straße vor Ort verlegen müssen. Der Tief- und Hochbau wird im April starten. Im nächsten Jahr im Frühsommer möchten wir den ersten Bauabschnitt eröffnen.
Bis dahin soll auch das Bibi & Tina Themenhotel stehen. In Rövershagen steht bereits ein Musterzimmer im Maßstab 1:1, das man sich anschauen kann.”
Auf dem Karls-Gelände wird in den nächsten zehn Jahren sehr viel gebaut werden, um alle bestehenden Pläne umzusetzen. Bevor das alles umgesetzt ist, müsst ihr aber auch die Auffahrten von der B5 zu Karls hin erweitern, damit der Verkehr schneller fließt und sich nicht auf die B5 zurückstaut. Da es keine Förderung gibt, muss das Ganze wer am Ende bezahlen?
Robert Dahl: “Wir. Ja, das ist so. Hätten wir uns nicht dazu durchgerungen, diese Umbaumaßnahmen an der Bundesstraße zu finanzieren, wäre das ein Projektkiller gewesen. Wir müssen da jetzt auf unsere Kosten eine öffentliche Riesenkreuzung bauen.
Wir brauchen natürlich eine leistungsstarke Kreuzung vor Ort, damit es nicht zu Staus auf der B5 kommt. Auch die Zufriedenheit unserer Gäste ist uns sehr wichtig. Wir möchten auch nicht, dass die Anwohner in Elstal von uns genervt sind.
Also haben wir uns gesagt, da müssen wir jetzt auch noch durch. Wir haben inzwischen ein Büro in Werder damit beauftragt, die Kreuzung für uns zu planen. Ab einem gewissen Kipppunkt muss sie auch zwingend realisiert werden, damit der Verkehr weiter fließen kann.”
Karls ist noch immer ein reines Familienunternehmen. Deine Schwester Ulrike kümmert sich um das Personal, du um das ganze Administrative. Du hast drei Kinder. Sind sie schon bereit, sich bei Karls zu engagieren, oder schlagen sie andere Wege ein?
Robert Dahl: “Meine Frau Stephanie und ich, wir haben drei Kinder. Meine Schwester Ulrike hat auch zwei Kinder. Wir reden also von fünf Kindern, wenn man so will. Wir versuchen schon, den Kindern vorzuleben, dass so ein Unternehmerleben auch Spaß machen kann.
Klar ist das nicht immer lustig. Manchmal ist es auch stressig. Aber man erlebt auch so viele tolle Sachen. Gerade war ich noch bei Detlev Buck zu Besuch, das ist der Filmregisseur, der die Bibi & Tina Kinofilme gemacht hat. Mit dem haben wir echt ein tolles Meeting gehabt.
Meine große Tochter Maya studiert zurzeit BWL in Berlin. Um sich da etwas Geld dazuzuverdienen, kümmert sie sich ein bisschen mit um das Qualitätsmanagement bei Karls in Elstal.
Meine mittlere Tochter Linda macht gerade eine Ausbildung im Berliner Adlon zur Hotelfachfrau.
Unser Viktor kämpft sich irgendwie durch die Schule und versucht, irgendwann sein Abitur zu machen.
Wir haben das mit der Unternehmensnachfolge mit den Kindern noch nicht richtig besprochen und möchten auch keinen Druck aufbauen. Aber wenn sie später Lust darauf haben, bei Karls mitzumischen, würde uns das schon sehr freuen.”
Karls ist ein reines Familienunternehmen, es gibt keine Investoren. Bist du als Chef jemand, der den Gewinn gern für seine privaten Hobbys nutzt?
Robert Dahl: “Ich habe sehr viel Spaß mit Karls. Tatsächlich ist es so, dass ich selbst nicht viel brauche. Ich habe noch nie Geld bei Karls rausgenommen, um etwa ein Ferienhaus zu kaufen oder mir eine Sammlung alter Autos anzuschaffen. Ich stecke das ganze Geld gleich wieder in Karls. Es macht mir einfach am meisten Spaß, die Karls-Welt wachsen zu sehen.
Natürlich mache ich auch einmal Urlaub. Dann lese ich viel, meistens Autobiografien. In den Büchern finde ich vieles, was mich neu inspiriert.
Meine Kinder meinen, dass wir eigentlich nie wirklich in den Urlaub fahren. Das sei alles nur Tarnung, weil wir doch immer irgendwelche Freizeitparks besuchen.
Meine Frau ist Yoga-Lehrerin. Sie hat mir über die Jahre ein bisschen etwas beigebracht. So habe ich jetzt meine kleinen Rituale gefunden. Ich meditiere, ich mache meine Atemübungen, ich gehe in die Eiswanne. So etwa 45 Minuten am Tag tue ich etwas nur für mich und versuche so, mich irgendwie fit zu halten.” (Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 227 (2/2025).
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HIER finden Sie das erste Interview mit Christian Lohse.
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