Geplant ist eine Genossenschafts-Kneipe in Falkensee – eine schrääge Idee?

Das “Schrääg ‘rüber” war jahrelang die absolute Kultkneipe in Falkensee. Hier trafen sich Jung und Alt zum Quatschen und zum Bierchen trinken. Nach 22 Jahren war Ende 2017 leider Schluss vor Ort: Das “Schrääg” musste schließen, der Mietvertrag war dem Betreiber Heiko Richter gekündigt worden. Acht Jahre später ist der Kummer noch immer groß: Falkensee braucht dringend eine neue Kultkneipe. Könnte sie jetzt kommen? Eine engagierte Truppe um Sven Steller als “Anschieber” plant eine Genossenschafts-Kneipe in Finkenkrug.
Sven Steller, Stadtverordneter in Falkensee und ehrenamtlich an vielen Schnittstellen im Havelland aktiv, bringt es auf den Punkt: “Nachdem das ‘Schrääg rüber’ zugemacht hatte, kommt in Gesprächen immer wieder der Wunsch nach einem Nachfolger auf. Viele Falkenseer wünschen sich eine neue Kneipe. Wir möchten doch alle einmal entspannt ein Bier trinken, an einem Glas Wein nippen, uns einfach treffen und unterhalten. Und das unabhängig von Stand und Status, von Alter oder Parteiangehörigkeit. Das ‘Schrääg’ hatte es ja auf wundersame Weise geschafft, ein Hort für die gesamte Bevölkerung zu sein. Hier saßen der Wirtschaftsboss, der Rocker, der Schüler und die Sekretärin friedlich an einem Tisch und haben zusammen ein Bier getrunken. Das vermissen wir.”
Warum hat dann in den acht Jahren nach dem Schluss vom “Schrääg rüber” nie ein neuer Betreiber eine neue Kneipe gegründet? Ganz im Gegenteil sind doch Kneipen wie die “Sportlerklause” ebenfalls geschlossen worden. Und die “Elsterklause” teilt sich die Räumlichkeiten inzwischen mit einer italienischen Gastronomie.
Sven Steller: “Die Person, die eine Kneipe aufmacht, um von den Einnahmen zu leben und von diesem Geld sein Haus und sein Essen zu bezahlen, die wird es nicht mehr geben, die werden wir in Falkensee nicht finden.”
Und deswegen ist eine komplett neue Idee im Verborgenen gewachsen?
Sven Steller: “Ja, die Idee, die ich hatte, ist diese: Wir gründen eine Genossenschaft, eine Kneipengenossenschaft. Die Idee ist nicht neu, es gibt sie bereits an anderen Orten. Aber in Falkensee hat das noch nie jemand probiert. Erste Gespräche im Ort zeigten: Damit renne ich offene Türen ein. Es sind schon sehr viele Menschen mit an Bord. Natürlich gibt es jetzt beim Gründen ein bisschen Aufwand zu meistern, aber ich war schon beim Steuerberater und habe mit verschiedenen Experten gesprochen. Der Bürgermeister ist mit im Boot, das Bauamt weiß Bescheid, die Wirtschaftsförderung ist eingeweiht. Jetzt habe ich noch einen Termin mit der Stadtverwaltung. Es gibt übrigens eine eigene Prüfgesellschaft für kleine und mittlere Genossenschaften. Mit denen spreche ich auch schon. Sie müssen das Konzept absegnen, dann kann es an die Eintragung gehen. Einen Business-Plan stelle ich ebenfalls auf.”
Gibt es denn überhaupt schon einen Ort, an dem die neue Genossenschaftskneipe entstehen könnte?
Sven Steller: “Wir haben tatsächlich bereits ein Objekt gefunden. Es ist eine ehemalige Verkaufsstelle der Bäckerei und Konditorei Maschitzki in Finkenkrug. Sie ist bereits leergezogen. Das Grundstück liegt direkt an der Ecke Dyrotzer Straße und Leistikowstraße. Hier gibt es Parkplätze vor der Tür und auf dem Grundstück. Nebenan ist bis auf ein einzelnes Privatgrundstück nur Gewerbe zu finden, sodass wir niemanden stören sollten. Mit dem Grundstückbesitzer habe ich bereits gesprochen, wir sind uns handelseinig und könnten das Gelände schon bald übernehmen.”
Alles klar, das klingt spannend. Aber wo sollen die Genossen herkommen? Und was sollen sie bezahlen?
Sven Steller: “Wir haben überlegt, dass jeder neue Genosse 200 Euro in die Kasse einzahlt. Das ist eine Summe, die jeder leicht investieren kann. Ich hoffe auf einhundert Genossen, dann hätten wir 20.000 Euro zusammen, die wir brauchen, um das Haus und das Gelände in Ordnung zu bringen und loszulegen. Ich habe aber das Gefühl, das wir deutlich mehr als hundert Genossen sein werden. Ich werde täglich angesprochen – alle möchten mitmachen. Uli Jeske, Heiko Richter, Birgit Faber, Christian Hecht, Jörg Schmidt, alle sind bereits dabei. Ein Ritterschlag für uns: Heiko Richter möchte uns die originalen Möbel aus dem ‘Schräg rüber’ zur Verfügung stellen.”
Am 7. Februar um 18:30 Uhr wird es einen ersten öffentlichen Termin im Besprechungsraum im 1. OG der Stadthalle (neben der TSV Geschäftsstelle) geben. Da wird die Gründungsphase der Genossenschaft offiziell eingeläutet und es können erste Aufgaben verteilt werden.
Sven Steller: “Niemand muss Angst haben, dass er mit seinen 200 Euro Einlage in irgendeiner Form haftbar wird. Haftbar ist im Grunde genommen nur der Vorstand, den wir wählen müssen, und der sich um die anstehenden Aufgaben kümmert. Ich habe die Vision, dass wir viele Menschen, darunter auch professionelle Handwerker, als Genossen gewinnen, die selbst mit anpacken können und die uns dabei helfen, Gelände und Haus in Schuss zu bringen. Wenn jeder einen kleinen Teil beiträgt, kann das Projekt ganz schnell Gestalt annehmen und im Sommer Eröffnung feiern. Der geplante Gastraum inklusive Bar hat gute 50 Quadratmeter, da haben wir Platz für 50 Sitzplätze. Bei schönem Wetter können wir auch Bänke in den Garten stellen, Toiletten sind natürlich ebenfalls vorhanden.”
Was habe ich denn für Vorteile, wenn ich Genosse werde?
Sven Steller: “Zuerst ist da dieses Wir-Gefühl: Wir Falkensee schaffen zusammen etwas Neues. Etwas, was mir sogar gehört. Ein wichtiges Thema sind auch die Genossenschaftsgewinne. Macht das Konstrukt am Ende des Jahres Gewinn, so kann dieser ausgezahlt werden. Wir denken da nicht unbedingt an Geld, sondern an Naturalien. Etwa an Biergutscheine.”
Geplant ist, die neue Genossenschaftskneipe zunächst nur am Freitag und am Samstag zu öffnen. Bezahlte Honorarkräfte könnten vor Ort Bier, Wein und andere Getränke ausgeben. Abgesehen von kleinen Snacks soll es kein Essen geben, man könnte sich aber Bouletten von Gädecke kommen lassen, eine Pizza bei der Solo Pizza bestellen oder im Sommer selbst den Grill anwerfen. Offen wäre die neue Kneipe für alle Falkenseer. Genossen hätten aber die einmalige Chance, das Gelände für eigene Veranstaltungen oder Feiern anzumieten.
Wird die neue Kneipe ein “Schrääg rüber” 2.0? Ein “Noch Schrääger” vielleicht?
Sven Steller: “Nein, wir sind kein Schrääg 2.0. Wir sind auch keine Sportkneipe, auch wenn der Sportplatz gleich um die Ecke liegt. Wir legen einen Neustart hin und fangen ganz neu an. Wobei mich alle Leute immer sofort fragen, wenn es um die Genossenschaftskneipe geht: Wie soll die Kneipe zukünftig heißen? Und welches Bier wird ausgeschenkt?” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 227 (2/2025).
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