Das muss man wissen – kurz und bündig: Maul- und Klauenseuche in Brandenburg nachgewiesen!

Die Maul- und Klauenseuche ist in Brandenburg ausgebrochen: Zuletzt war sie in Deutschland vor über 37 Jahren ein Thema. Die Seuche wird von einem winzigen Virus hervorgerufen, das hochgradig ansteckend ist. Einmal infizierte Tierbestände müssen komplett getötet werden und sind für die Landwirte verloren. Die “MKS” gilt deswegen als wirtschaftlich schwerwiegendste Tiererkrankung überhaupt. Zurzeit wird alles versucht, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Als ob die deutschen Landwirte nicht schon genug gebeutelt wären. In den letzten Jahren stolperten sie gefühlt von einer existenzbedrohlichen Krise in die nächste.
Der neuesten Bedrohung können die Bauern allerdings weder mit einer Traktordemo noch mit Gesprächen mit den Politikern entgegentreten: Nach Jahrzehnten ist zum ersten Mal wieder die Maul- und Klauenseuche in Deutschland ausgebrochen – der letzte Fall war 1988 in Niedersachsen bekannt geworden.
Und nun das: In Hönow im Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) gab es am 9. Januar erste Hinweise auf eine Infektion mit dem gefürchteten Virus in einem Bestand von zwölf Wasserbüffeln. Im Landeslabor Berlin-Brandenburg wurden erste Proben positiv getestet, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigte den Virennachweis am 10. Januar noch einmal – sämtliche zwölf Tiere waren positiv.
Gleich nach dem Bekanntwerden der positiven Laborergebnisse wurde der Tierbestand durch das Veterinäramt des Landkreises gesperrt. Die unmittelbare Folge: Der gesamte Tierbestand des betroffenen Betriebes wurde getötet. Außerdem ordnete das Veterinäramt die “unschädliche Beseitigung der Tierkörper” an.
Das Virus ist sehr leicht zu übertragen. Um eine Infektion weiterer Tierbestände zu verhindern, hat das Brandenburger Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (MLEUV) am 10. Januar sofort einen sogenannten “Stand Still” für 72 Stunden verordnet, der sogar noch einmal verlängert wurde. Er galt für alle Klauentiere und für die Fläche von ganz Brandenburg.
Auch der Landkreis Havelland hat umgehend eine entsprechende “Allgemeinverfügung” erlassen. Es dürfen demnach keine Klauentiere transportiert werden. Sämtliche Tiere “empfänglicher Arten” sind vor Ort einzusperren. An den Ein- und Ausgängen der Ställe sind Desinfektionsmatten auszulegen. Hausschlachtungen aller Art sind verboten. Außerdem darf Gülle der genannten Tierarten nicht vom Betriebsgelände verbracht werden.
Der im Landkreis Havelland zuständige Beigeordnete und Dezernent Michael Koch erklärt: “Wir verfolgen die aktuelle Entwicklung zur Maul- und Klauenseuche im Landkreis Märkisch-Oderland sehr aufmerksam. Der Landkreis Havelland ist derzeit nicht betroffen. Dennoch stehen wir in engem Austausch mit den zuständigen Behörden und werden die vom Land Brandenburg angeordneten Schutzmaßnahmen konsequent umsetzen. Die Sicherheit unserer Tierbestände hat oberste Priorität. Wir bitten alle Tierhalter, die Vorgaben strikt einzuhalten.”
Um den Ausbruchsort in Hönow wurde eine Schutzzone im Radius von drei Kilometern errichtet und eine Überwachungszone im Radius von zehn Kilometern. Das betrifft die Landkreise Märkisch-Oderland, Barnim und Oder-Spree sowie die Stadt Berlin. Hier werden die Tierbestände genau untersucht, um sofort agieren zu können, falls es weitere Infektionsherde gibt. Der Tierseuchenbekämpfungsdienst des Landes ist involviert, um an der Ursache für den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche zu forschen. Noch liegen keine Ergebnisse vor.
Allerdings, so schreibt der Landkreis Havelland in einer Meldung: “Im Ausbruchsbetrieb der Seuche wurden die ersten epidemiologischen Untersuchungen und Ermittlungen durchgeführt. Der Betrieb hatte Kontakte zu anderen Betrieben in den Landkreisen Barnim, Oder-Spree und Oberhavel. Einige Kontakt-Tierhaltungen mussten gekeult werden.”
Was ist die Maul- und Klauenseuche?
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine sehr ansteckende Tierkrankheit, die sämtliche Klauentierarten befallen kann. Man denke da nur an Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, aber auch im Wald an Wildschweine, das Rehwild und Hirsche.
MKS ist ein hüllenloser RNA-Virus aus der Familie der Picornaviridae. Das Virus löst eine fieberhafte Erkrankung aus, die bei Rindern besonders dramatisch verläuft. Infizierte Tiere bekommen ein sehr hohes Fieber, sie werden apathisch. Schließlich entwickeln sich Blasen am Maul, an den Zitzen und an den Klauen. Diese Blasen platzen irgendwann auf und verbreiten eine hochinfektiöse Virenlast.
Das Virus verbreitet sich aber auch mit dem Speichel, der Milch, dem Dung und mit der Atemluft. Es besteht außerdem die Möglichkeit einer indirekten Ansteckung über kontaminiertes Futter, über Gegenstände, über Fahrzeuge oder über Personen. Über die Luft kann das Virus bis zu 60 Kilometer weit getragen werden.
Die Inkubationszeit liegt bei drei bis sechs Tagen. Kälber und Ferkel sterben meist an der Erkrankung. Die Krankheit führt auch zur Lahmheit und zu einer geringeren Milchleistung. Es gibt keine Behandlungsmöglichkeit. Das Keulen der infizierten Bestände ist unumgänglich.
Der Mensch kann sich bei einem sehr engen Kontakt zu kranken Tieren ebenfalls anstecken. Die Krankheit verläuft beim Mensch aber gutartig. Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit hält den Konsum von Milch und Fleisch auch von erkrankten Tieren für unbedenklich, gibt der Landkreis Havelland weiter.
Wie geht es nun weiter?
Alle Landwirte, die ihre Tiere in einem geschlossenen Stall isolieren können, werden dies nun tun, um das Risiko einer Infektion zu minimieren. Das geht allerdings nicht dort, wo die Tiere alternativlos im Freien stehen. Große Sorgen machen sich auch die Naturschützer von der Heinz Sielmann Stiftung. Um die Wild- und Weidetiere in der Döberitzer Heide zu schützen, hat man sämtliche Eingänge in das Naturschutzgebiet bis auf Weiteres gesperrt. Die Stiftung ruft alle Besucher dazu auf, das Gebiet nicht zu betreten und auch die Parkplätze zu meiden.
Peter Nitschke, Leiter der Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide, sagt dazu: “Die Maul- und Klauenseuche ist eine sehr ernste Gefahr für unsere Wisente, Rothirsche und für die vielen Weidetiere unserer Pächter wie etwa die Galloway-Rinder, Wasserbüffel, Schafe und Ziegen. Im Falle eines Seuchenausbruchs wären wir gezwungen, große Teile unserer Tierbestände zu töten und das müssen wir unbedingt verhindern. Dabei können alle – ob Spaziergänger, Freizeitsportler, Hundehalter, Fahrradfahrer oder Reiter – mithelfen, indem sie sich bis auf Weiteres von der Döberitzer Heide fernhalten.”
Da auch die wild lebenden Paarhufer betroffen sein können (Rotwild, Rehwild, Muffelwild, Schwarzwild etc.), wird die Jägerschaft aufgerufen, besonders wachsam zu sein. Sollten Wildtiere erlegt oder aufgefunden werden, die die typischen Krankheitserscheinungen der MKS zeigen, muss umgehend das Veterinäramt informiert werden.
Dirk Peters ist der Vorsitzende vom Kreisbauernverband Havelland e.V.: “Die Verordnung vom Landkreis betrifft alle landwirtschaftlichen Betriebe im Havelland – vor allem die weit über hundert, die Tiere halten. Milchtiere dürfen nicht mehr bewegt werden, es darf keine Schlachtung stattfinden. Nun kommt das Problem immer näher. In Werneuchen in Barnim ist ein neuer Verdachtsfall auf MKS aufgetreten, der sich zum Glück nicht bestätigt hat. Hinzu kommt: Junge Landwirte haben es in ihrem Berufsleben noch nie mit der Maul- und Klauenseuche zu tun bekommen. Sie müssen sich das Fachwissen erst anlesen.”
Die Landwirte im Havelland werden durch den Ausbruch der Seuche schon jetzt wirtschaftlich gebeutelt. Dirk Peters: “Die Tiere können nicht zum Schlachter gefahren werden. Dadurch werden sie zu schwer, das senkt die Fleischqualität und den Preis. Hinzu kommt: Die Tiere müssen im eigenen Stall verbleiben. Der ist aber schon bald voll, weil kein Abtransport der schlachtreifen Tiere mehr stattfinden kann. Auch passiert es schon jetzt, dass sogar EU-Länder wie die Niederlande uns unser Fleisch nicht mehr abnehmen. Nicht einmal dann, wenn es negativ getestet ist. Hinzu kommt, dass Seuchenmatten in ganz Deutschland inzwischen ausverkauft sind. Auch bei Desinfektionsmitteln gibt es bereits Lieferengpässe. Wir stellen fest, dass der Ausbruch der Seuche ungeahnte wirtschaftliche Auswirkungen auf unsere landwirtschaftlichen Betriebe haben wird, die schon jetzt beginnen. Die MKS ist für mich die Seuchen aller Seuchen!” (Text/Foto Peters: CS / Foto Wisente: Ingolf König)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 227 (2/2025).
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