4. Kriminacht im Autohaus Dallgow: Ein Event von “Unser Havelland”
Was für eine verrückte Idee: Eine Krimilesung im Autohaus Dallgow (Wilmsstraße 120, 14624 Dallgow-Döberitz). Alles begann im Jahre 2021, als Jörg Seemann-Arnhölter nach der Corona-Pandemie noch zu große Weinbestände im Fundus hatte, weil während der Corona-Zeit nicht genug Stammgäste vorbeigekommen sind, denen man eine Flasche Wein hätte schenken können.
Carsten Scheibe von “Unser Havelland” hatte eine Idee: Lass uns doch eine Krimilesung mitten im Autohaus (www.autohaus-dallgow.de) veranstalten! Gesagt, getan. Das Konzept funktionierte super. Jörg Seemann-Arnhölter, selbst begeisterter Musikfreund, besorgte eine professionelle Technik mit Headset für die Vorleser, voluminösen Boxen und einem Mikrofon für die Moderation. Für die Leser organisierte er eine kleine Bühne samt einem wunderbar bequemen Ledersessel und einer Leselampe.
80 Stühle für ebenso viele Zuhörer stellte Familie Thamm von der Tanzschule Allround, das galt auch für eine kleine Bar, an der nachfolgend der Weiß- und Rotwein ausgegeben wurden.
Die Idee kam auch beim Publikum an – und ging am 7. November 2024 in die vierte Runde. Um 18 Uhr beendete das Autohaus seinen normalen Betrieb, kurz danach strömten auch schon die Besucher in die große Halle, die sich gleich vis-a-vis vom Chefbüro in eine große Lesebühne verwandelt hatte. Perfekt: Die Gäste konnten einfach vor der Tür parken.
Das grundlegende Konzept ist es immer, dass drei Autoren an einem Abend je zwei Geschichten vorlesen. Zwischen den beiden Blöcken gibt es eine Essenspause.
Dieses Mal startete Swenja Karsten den Geschichten-Marathon zum Zuhören. In “Blaue Augen” ging es um die häusliche Gewalt von Männern gegen Frauen. Die Geschichte traf einen Nerv, in der Pause wurde darüber sehr viel diskutiert.
Ebenso wie Swenja Karsten gehört auch die Spandauerin Astrid Ann Jabusch zu den “Mörderischen Schwestern”, einem Verbund schreibender Frauen. Sie las die Geschichte “Eusebio”. Was haben eine alte Deutschlehrerin und eine Stahlhütte gemeinsam? Beide sind Drachen – zumindest in der Erinnerung der Ich-Erzählerin, die gesundheitlich angeschlagen ihrer Lehrerin von früher begegnet.
Dirk Lausch ist der Vorleser, der mit einzigartiger Stimme und einem großem Talent zur Betonung das letzte Quäntchen Wahnsinn aus jeder Geschichte herausquetscht. Er las eine Geschichte von E. W. Heine vor – über einen Mann in ferner Vergangenheit, der dank psychologischer Hilfe seine panische Angst vor dem Wasser überwindet und es endlich schafft, einen Ozeanriesen zu betreten. Den Namen der Geschichte darf man freilich erst im Anschluss verraten: “An Bord der Titanic”.
Nach der Pause ging es in die zweite Runde. Swenja Karsten, die besonders gern Kurzgeschichten in Anthologien veröffentlicht, las “Gut vorbereitet”. Hier ging es um einen Prepper, der sich in seinem Bunker vor dem Strom-Blackout schützen möchte – und auf schöne Frauen in Not hofft, die an seine Türen klopfen, um sich beschützen zu lassen.
Astrid Ann Jabusch las “Der Pilzkenner”. Karlheinz kennt alle Pilze ganz genau. Seine Frau kennt aber leider seinen Chef noch viel genauer und will mit ihm durchbrennen. Das kann Karlheinz so nicht durchgehen lassen.
Dirk Lausch vertraute stattdessen auf Loriot und setzte “Die Inhaltsangabe” um. Da geht es überaus vergnüglich um die Zusammenfassung der 8. Folge des 16-teiligen englischen Fernsehkrimis “Die zwei Cousinen”. Im britischen Zungenverknoter muss der arme Vorleser immer wieder Namen wie Nether Addlethorpe, Middle Fritham oder Lord und Lady Hesketh Fortescue aussprechen, was beim Publikum wahre Lachsalven hervorrief.
Um das Publikum zwischen den makabren Krimigeschichten ins Feld der guten Laune zurückzulotsen, las Carsten Scheibe drei seiner Glossen aus “Unser Havelland” vor. Dabei ging es u.a. um den Schrecken, den Blutabnahmen beim Hausarzt verursachen können.
Tolle Kulisse im Autohaus
Wie kann es eigentlich gelingen, in einem hell ausgeleuchteten Autohaus eine ganz besondere Stimmung für einen Leseabend zu erzeugen?
Ganz einfach: Man dimmt die Beleuchtung, lässt ein blaues Schummerlicht aufglimmen, zündet eine Feuerschale im Freien an und stellt alle Stühle in einem gemütlichen Halbkreis um die Bühne herum auf.
Jörg Seemann-Arnhölter: “Wir haben wieder unsere Bar aufgebaut und Rot-, Rosé- und Weißwein an die Gäste ausgeschenkt. Für alle Gäste, die lieber eine Schorle oder ein Wasser trinken wollten, gab es außerdem noch einen Kühlschrank mit kalten Getränken. Jeder Besucher konnte sich frei bedienen, wir haben nur um eine Spende für den guten Zweck gebeten.”
Für die Pause hatte Astrid Ann Jabusch Popcorn der von ihr mitvermarkteten Sorte “Popcorn Affairs” (www.popcornaffairs.com) in der Sorte “Spicy Honey Sesame” mitgebracht.
Jörg Seemann-Arnhölter: “Im letzten Jahr haben wir Pizza für alle besorgt – für die Pause. Es war allerdings nicht möglich, die Anlieferung der Pizza genau auf die Pause zu legen. Aus diesem Grund haben wir das in diesem Jahr ganz anders gelöst. Es gab mehrere große Platten mit leckeren Canapés – mit Wurst und Käse. Die Schnittchen hat mein Team selbst belegt – und das auch noch sehr professionell. Das kam bei den Gästen sehr gut an.”
80 Gäste – darunter zur Hälfte Wiederholungstäter und zur anderen Hälfte neugierige Erstbesucher – hatten beim Einlass ins Autohaus bereits fünf Euro als freiwillige Spende für den guten Zweck in eine Glasschale geworfen. Auf diese Weise kamen genau 400 Euro zusammen. 158,55 Euro wurden als weitere Spende für die Getränke und die Pausenverpflegung bezahlt.
Jörg Seemann-Arnhölter: “Wie bereits in den vergangenen drei Jahren geht das gespendete Geld vollständig an den Förderverein der Falkenseer Lessing-Grundschule. So kommt das Geld vollständig den Kindern in unserer Region zugute.”
Wie immer konnten die Besucher sich in der Pause auch ganz in Ruhe die allerneuesten VW-Modelle anschauen und Fragen an die Mitarbeiter stellen. Jörg Seemann-Arnhölter hielt auch einen kurzen Vortrag zur aktuellen Situation im VW-Mutterkonzern: “Auch wenn wir bei der Krimi-Nacht vielleicht kein einziges Auto verkaufen, ist die Veranstaltung für uns doch so etwas wie eine liebgewonnene Tradition geworden.”
Und: Zuuuuugabeeeee
Auch nach sechs Geschichten und drei Glossen hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer im Autohaus Dallgow noch immer nicht genug vom blutrünstigen Vorlesen. Es wurde vehement nach einer Zugabe gerufen.
Jörg Seemann-Arnhölter als Chef vom Autohaus wünschte sich von Astrid Ann Jabusch die Geschichte “Alle meine Enkel” als Zugabe, die damit bereits zum dritten Mal vor Ort gelesen wurde. Es geht um eine ältere Dame namens Sabine, die den Enkeltrick umdreht – und ihre vermeintlichen Enkel und Neffen um viel Geld erleichtert.
Carsten Scheibe von “Unser Havelland” wünschte sich von Dirk Lausch die Geschichte “Dumm gelaufen” (Friday on my Mind)” von Leo P. Ard. Hier steht ein unschuldiger Bürger wegen “sämtlicher Verbrechen bis auf Völkermord” vor Gericht. Nur weil er herausfinden wollte, wer den Song “Friday on my Mind” gesungen hat. Wir wissen es nun: Das war 1966 die australische Beatband “Easybeats”.
Leserpost zum Event
Evi und Klaus Dunkern sind Besucher der ersten Stunde, wenn es um die Kriminacht im Autohaus geht.
“Wir Fünf haben den Abend in allen Facetten wieder sehr genossen und sind natürlich auf eine Fortsetzung erpicht. Bitte richten Sie unseren Dank für die gelungene Veranstaltung dem gesamten Team des Autohauses aus.”
Janine Fielitz aus Falkensee ist Kinderbuchautorin – und hat sich zunächst zumindest als Zuhörerin auf das neue Krimi-Terrain hervorgewagt.
“Für mich war es die erste Kriminacht und definitiv nicht die letzte! Tatsächlich wusste ich nicht so genau, was mich eigentlich erwarten würde, außer, dass es vermutlich unheimlich wird. Doch ich wurde mit humorvollen und teilweise auch gruseligen Geschichten überrascht. Besonders Dirk Lausch, der Vorleser, hat mir gut gefallen. Seine Art, Geschichten vorzulesen, hat mich für kurze Zeit an einen anderen Ort gezaubert. Auch die witzigen Glossen von Carsten Scheibe haben den Abend ganz besonders gemacht! Vielen Dank für die tolle Organisation und ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen!”
Astrid Ann Jabusch war selbst Vorleserin vor Ort.
“Es war wieder super! Das hatte ich bislang noch nie (jedenfalls nicht bei Lesungen): Ich bin geküsst und umarmt worden. Kann ich davon bitte noch mehr haben?”
Anja Thamm ist bei jeder Kriminacht immer mit einer großen Entourage mit dabei. Während ihr Mann Christian an der Bar arbeitet, lauscht sie den Geschichten.
“Auf die Kriminacht freuen wir uns immer schon das ganze Jahr. Inzwischen ist es bereits ein Ritual geworden, das wir gemeinsam mit guten Freunden immer wieder gerne zelebrieren. Das Autohaus hat eine ganz besondere Atmosphäre. Die immer wechselnden Autoren haben stets spannende, interessante und manchmal auch lustige Geschichten dabei, die die Zeit wie im Fluge vergehen lassen. Ein Abend, der sich in jedem Fall lohnt!” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 225 (12/2024).
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