Erster Entwurf: Kommunale Wärmeplanung der Stadt Nauen!
Während viele Hausbesitzer noch immer nicht wissen, wie sie in Bezug auf ihre Heizung mit dem ungeliebten Gebäudeenergiegesetz (GEG) umgehen sollen, sind die Kommunen dazu verpflichtet, bis 2028 einen eigenen Wärmeplan vorzulegen. Die Stadt Nauen erledigt ihre Aufgaben ganz besonders schnell. Am 12. Dezember stellte das beauftragte Planungsbüro “Theta Concepts” der Bevölkerung einen ersten Entwurf der Analysen vor.
Die Städte und Gemeinden in Deutschland sind per Gesetz dazu angehalten, eine kommunale Wärmeplanung auf den Weg zu bringen. Ziel der Planung ist es, einen gangbaren Weg aufzuzeigen, wie es gelingen kann, ganze Ortschaften klimatechnisch neutral aufzustellen, was die Wärmenutzung anbelangt. Denn noch immer ist das Heizen einer der größten Energieverbraucher und letztlich auch CO2-Produzenten, die es gibt.
Der Rahmen ist dabei wie folgt vorgegeben. Die EU folgt dem “European Green Deal”. Dieser sieht vor, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent auf der Erde sein soll. Bis 2030 möchte man 55 Prozent weniger THG-Emissionen (anthropogene Treibhausgasemissionen) erreichen, als dies noch 1990 der Fall war.
In Deutschland gilt auf einer darunterliegenden Ebene das “Bundesklimaschutzgesetz”. Deutschland möchte bereits 2045 klimaneutral sein, also fünf Jahre früher als der Rest von Europa. 2030 möchte man bei 65 Prozent weniger THG-Emissionen ankommen als 1990, 2040 bereits bei stolzen 88 Prozent.
Heruntergebrochen auf Brandenburg kommt die “Brandenburgische Wärmeplanungsverordnung” zum Einsatz – im Verbund mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) für Hausbesitzer und dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) für Städte und Gemeinden, also für die Kommunen. Bis 2045 möchte man 100 Prozent der Wärme über erneuerbare Energieträger oder über die Abwärme etwa von Industrieanlagen oder Rechenzentren erreichen.
Damit die Zielsetzung der Regierung gelingt, müssen die 11.000 Kommunen im Land bis zum 30. Juni 2028 eigenverantwortlich einen individuellen Wärmeplan erarbeiten und vorlegen. Nauen ist hier der Zeit weit voraus. Der eigene Wärmeplan ist bereits so gut wie fertig und soll am 31. März 2025 vollendet sein.
Ziel der kommunalen Wärmeplanung ist es, den Ist-Zustand vor Ort und die möglichen Energieformen zu analysieren, um Vorschläge für die nachhaltigste und auch kosteneffizienteste Wärmeversorgung auf lokaler Ebene zu ermitteln. Dies hilft bei der strategischen Planung der Wärmeversorgung vor Ort. Abwärme, erneuerbare Energien und auch Wasserstoff stehen dabei im Fokus.
Es erfolgt zunächst eine Eignungs- und Bestandsanalyse. Für Nauen heißt das: Eignet sich das Gebiet zur Versorgung über ein Wärmenetz? Wie ist der aktuelle Wärmebedarf und was sind die dabei verwendeten Energiequellen? Welche Leitungen und Verteilernetze gibt es bereits? Bei der Potenzialanalyse wird geschaut, welche Quellen erneuerbarer Energien und Abwärme für die Wärmeversorgung in Zukunft genutzt werden könnten. Und das Zielszenario zeigt auf, welche Wärmeversorgungsart für ein Gebiet geeignet oder eher nicht geeignet ist. Eine Umsetzungsstrategie ergründet, mit welchen Maßnahmen sich das Zielszenario umsetzen lässt.
Die Stadt Nauen hat die Rostocker Firma “Theta Concepts GmbH” mit der Erarbeitung des Wärmeplans beauftragt. Das Unternehmen hat bereits den Wärmeplan für Rostock erstellt und arbeitet zurzeit in sechs Bundesländern und in mehr als 20 Kommunen an der Erhebung der geforderten Wärme- und Transformationspläne.
Am 12. Dezember stellte Dr. Ing. Dorian Holtz von “Theta Concepts” einen ersten Zwischenstand für Nauen im Multifunktionsgebäude des Dr. Georg Graf von Arco Schulzentrums vor. Die Bevölkerung hatte Gelegenheit dazu, sich einen Abend lang in das Thema Wärmeplanung hineinzudenken. Dabei hieß es in der Einladung: “Die Ergebnisse der ersten beiden Themenkomplexe (Bestands- und Potenzialanalyse) liegen vor. Ebenso wurde ein erster Entwurf des Zielszenarios entwickelt.”
Dorian Holtz stellte fest, dass der Wärmebedarf in Deutschland so hoch ist wie der allgemeine Stromverbrauch und der Energieverbrauch im Verkehr zusammengenommen: “Wärme ist außerdem ein regionales Problem, das ich nicht überregional lösen kann.”
Für eine Bestandsanalyse in Nauen wurde nicht nur die Kernstadt herangezogen, sondern es wurden auch alle Ortslagen mit berücksichtigt. Dabei kam zunächst einmal heraus, dass in Nauen zum großen Teil mit Erdgas geheizt wird – und das in den Haushalten, in der Industrie und auch in den kommunalen Gebäuden. Weitere Energieformen, die noch zum Einsatz kommen, sind Fernwärme (in Ribbeck), Heizstrom, Umweltwärme, Heizöl, Flüssiggas, Braunkohle und Biomasse. Der Anteil der Heizkraft aus Erneuerbaren Energien liegt in Nauen bei den Haushalten bei 3,8 Prozent, bei der Industrie bei 3,2 Prozent. Bei den kommunalen Gebäuden ist kein Anteil vorhanden.
Laut der Analyse wäre die Installation eines Wärmenetzes nur in der Kernstadt eine mögliche Alternative, in den Ortslagen wäre ein Wärmenetz zu vernachlässigen. Dort könnten Erd- und Luftwärmepumpen besser geeignet sein.
Potenziale in Sachen Erneuerbare Energien sieht das Planungsbüro in Nauen vor allem bei der Verwendung von Abwärme, vor allem aus dem vor Nauen zu errichtenden Rechenzentrum. Auch bei der Tiefengeothermie (die allerdings nicht in Naturschutzgebieten zum Einsatz kommen darf), bei der Luftwärme, bei der Solarthermie (auf den Freiflächen) und bei der Biogasverbrennung sieht die Studie in Nauen Potenziale, wenn es um alternative Heizmethoden geht.
Dr. Ing. Dorian Holtz fasste zusammen: “Es sind ausreichend erneuerbare Potenziale vorhanden, um die Wärmewende in Nauen zu schaffen. Die sinnvolle Verknüpfung der Potenziale ist Gegenstand der derzeitigen Arbeiten.”
Übersetzt heißt dies: Für Nauen mit der eng besiedelten Kernstadt und den dünn besiedelten Ortslagen gibt es nicht die eine perfekte Heizungsmethode. Es wird auf einen Verbund verschiedener moderner Heizungsmethoden hinauslaufen, die das Verbrennen fossiler Brennstoffe ablösen sollen. Aber: Die Wärmewende in Nauen sei durchaus machbar – und realistisch umsetzbar.
Unter den Zuschauern wurde der Vortrag nicht nur positiv aufgenommen, es gab durchaus Stimmen der Entrüstung darüber, dass die Menschen nicht mehr so heizen dürfen, wie es ihnen gefällt.
Gunther App aus dem Nauener Fachbereich Bau sagte ganz klar: “Der kommunale Wärmeplan hat erst einmal nichts mit dem Gebäudeenergiegesetz zu tun. Die Wärmeplanung ist ein Strategiepapier für Kommunen, das aufzeigt, welche technischen Möglichkeiten die Stadt Nauen hat, wenn sie denn klimaneutral werden möchte. Die Stadtverordnetenversammlung muss nach Vorlage des finalen Wärmeplans auch erst einmal einen Beschluss dazu fassen. Nur dann wird der Wärmeplan auch wirksam. Aber auch in diesem Fall gilt: Jeder Hauseigentümer entscheidet selbst, welche Heizungsform er für die Zukunft wählt. Letztlich wird sich das alles über den Preis regeln. Es kann auch sein, dass die aktuellen gesetzlichen Vorgaben im kommenden Jahr schon nicht mehr gelten. Als Verwaltungsmitarbeiter muss ich aber die Gesetze umsetzen, die zurzeit Gültigkeit haben. Für Nauen sehe ich den Wärmeplan als Chance, um sich auf die Zukunft vorzubereiten und zwar in einer Zeit, in der es noch Fördermittel gibt.”
Klar ist: Die Stadt Nauen hat kein eigenes Stadtwerk. Um etwa ein Wärmenetz überhaupt realisieren zu können, braucht es zwingend einen Investor von außen, der ein solches Netz aufbauen könnte. Es bleibt also alles noch sehr theoretisch. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 226 (1/2025).
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