Tag der offenen Tür: Neue Unterkunft für Geflüchtete in Falkensee wurde eröffnet!
Der Landkreis Havelland muss die Geflüchteten, die das Land Brandenburg ihm zuweist, auch unterbringen. Aus diesem Grund wurde in diesem Jahr in Falkensee eine dritte “Unterkunft für Geflüchtete” gebaut – mitten auf der grünen Wiese neben der Shell-Tankstelle an der Spandauer Straße. 400 Personen fasst die neue Container-Anlage, am 12. Dezember sind die ersten Flüchtlinge eingezogen.
Gefühlt tanzt die Welt seit geraumer Zeit torkelnd am Abgrund. In viel zu vielen Ländern sprechen die Waffen, drohen Tod, Unterdrückung, Folter und Gefängnis. Viele Menschen sehen keine Hoffnung und keine Zukunft mehr in ihrer angestammten Heimat. Sie flüchten und suchen Asyl in der Ferne. So auch in Deutschland.
Die geflüchteten Menschen, für die Deutschland plötzlich die Verantwortung trägt, brauchen zunächst einmal eins – einen Platz zum Leben. Um mit der schieren Masse an Menschen zurechtzukommen, die über die Grenzen drängen, werden überall im Land sogenannte “Unterkünfte für Geflüchtete” errichtet. Die Alternative wäre es, die Menschen in den Turnhallen der Schulen oder in den großen Messehallen unterzubringen.
In Falkensee gibt es bereits zwei kleine Einrichtungen für Geflüchtete; nun kam nach längerer Bauphase eine dritte und deutlich größere neu hinzu. Die neue Unterkunft für Geflüchtete entstand an der Spandauer Straße auf Höhe der Kölner Straße mitten auf einem Feld, das ein lokaler Privatbesitzer an den Landkreis verpachtet hat – für welche Summe, bleibt ein Geheimnis.
Die neue Unterkunft besteht aus Containern, die für 91.225 Euro im Monat von einer Firma angemietet werden. Die Container, die in ihrer ruhigen Lage zwischen Einfamilienhäusern und dem Falkenhagener See wie ein vollständig eingezäunter Fremdkörper wirken, wurden vor Ort zu vier Gebäuden arrangiert, die sich um einen großen Innenhof gruppieren. 20.000 Quadratmeter ist das Gelände groß, dessen Zugang ab sofort von einem Wachschutz kontrolliert wird, der permanent mit vier Mitarbeitern auf dem Gelände anwesend ist. Die Baukosten werden mit 1.283.658 Euro angegeben.
Auf dem Gelände gibt es 200 Räume, die immer zu zweit bezogen werden sollen. Daraus folgt, dass die maximale Belegung der Container-Anlage bei 400 Personen liegt. Da aber nicht alle Räume immer zu zweit bewohnt werden können, werden wohl nicht mehr als 350 bis 380 Menschen vor Ort einziehen. Betrieben wird das neue Quartier von der Firma “Living Quarter”, die mit acht Mitarbeitern präsent sein wird. Dazu zählen zwei Heimleiterinnen, vier Sozialarbeiter und zwei Hausmeister.
Am 11. Dezember gab es einen “Tag der offenen Tür”, am 12. Dezember zogen bereits die ersten Bewohner ein. Die Rede war zunächst von etwa 50 Personen, Dennis Granzow, Dezernent des Landkreises Havelland, relativierte die Zahl aber vor Ort auf etwa 35 Menschen.
Anfang des Jahres gab es im Havelland noch einen hohen Druck auf den Landkreis, neue Geflüchtete aufzunehmen. Die Vorgabe vom Land wurde aber später im Jahr von über 800 auf etwa 500 Asylsuchende gesenkt, nachdem die Kontrollen an den Grenzen Erfolge gezeigt haben und den Flüchtlingsstrom eindämmen konnten. Diese etwa 500 Flüchtlinge konnten bereits im Landkreis untergebracht werden, ohne die neue Einrichtung in Falkensee in Anspruch nehmen zu müssen.
Dennis Granzow am 12. Dezember: “Wir haben für 2024 unsere Verpflichtung der Aufnahme als Landkreis bereits erfüllt. Derzeit erfolgen also keine weiteren Zuweisungen von Personen aus den Erstaufnahmestellen an den Landkreis Havelland. Ich muss auch klar sagen, dass wir im Landkreis hohe Anstrengungen unternehmen mussten, um diese Aufnahmeverpflichtung zu erfüllen. Wir achten jetzt auch darauf, dass alle Landkreise in Brandenburg dieser Aufnahmeverpflichtung entsprechend nachkommen.”
Aus dieser Aussage kann man schließen, dass im Havelland zunächst keine weiteren Containeranlagen für Flüchtlinge geplant werden – solange benachbarte Landkreise ihrer eigentlichen Aufnahmepflicht noch hinterherhinken.
Wenn zurzeit keine neu eingetroffenen Flüchtlinge ins Havelland gelenkt werden, weil die Quote bereits erfüllt wurde: Wer zieht denn eigentlich in die neue Einrichtung in Falkensee ein? Klar wurde beim Termin vor Ort, dass es zunächst um eine “Bewegung aus Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises geht, wo wir in Sanierungsmaßnahmen gehen müssen”, so Dennis Granzow.
Das bedeutet: In den Gemeinschaftsunterkünften etwa in Rathenow und Premnitz müssen Teile der bereits bestehenden Unterkünfte saniert werden. Aus diesem Grund werden einzelne Flüchtlinge nach Falkensee ausquartiert.
Dennis Granzow: “Nach Falkensee kommen nun zum überwiegenden Teil Einzelpersonen alleinstehender Art, die bereits über ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis verfügen, in der Regel im geringfügigen Bereich.”
Jan Döbel, Amtsleiter des Amtes für Ausländerangelegenheiten: “Die neuen Bewohner kommen aus Afghanistan, aus der Türkei, aus dem Iran, aus Syrien, aus Somalia, aus Marokko und aus Vietnam. Wenn die Nationalitäten passen, werden Einzelpersonen zusammen in einem Doppelzimmer untergebracht.”
Die neue Unterkunft für Geflüchtete ist eine temporäre Einrichtung. Sie ist zeitlich limitiert und muss in naher Zukunft wieder zurückgebaut werden. Sie darf zunächst nur bis Ende 2027 genutzt werden. Eine Verlängerung ist nur um drei Jahre möglich, bis Ende Dezember 2030.
Jan Döbel: “In Falkensee haben wir gleich zum Start eine Notbelegung. Eine türkische Familie kommt zu uns – mit vier Kindern.”
In der neuen Unterkunft für Geflüchtete sind die Büro- und Wirtschaftsräume in Gebäude 1 untergebracht. Hier gibt es neben den in allen Gebäuderiegeln vorhandenen Gemeinschaftsküchen, Wasch- und Sanitäranlagen auch noch einen Hausaufgabenraum für Kinder, ein großes und sehr schön eingerichtetes Spielzimmer für den Nachwuchs, ein Arztzimmer, einen Raum für die Sozialarbeit und diverse Büroräume.
Die Besucher aus der Nachbarschaft, die sich am “Tag der offenen Tür” die Anlage aus der Nähe angeschaut haben, staunten zunächst darüber, dass es vor den Unterkünften auch Briefkästen für jeden der später einziehenden Bewohner gibt.
Mit großem Interesse schauten die Besucher auch in die alle gleich eingerichteten 200 Räume hinein, in denen die maximal 400 Flüchtlinge in Falkensee einmal leben werden. Die Wohnräume für die Geflüchteten sind sehr spartanisch eingerichtet. Sie sind 16,4 Quadratmeter groß und bieten Platz für zwei Personen. Es gibt zwei Betten, zwei Schränke, einen Kühlschrank, einen Tisch mit Stühlen und einen Mülleimer. TV-Anschlüsse sind vorhanden, ein W-LAN muss kostenpflichtig gemietet werden.
Dennis Granzow: “Ich finde, dass die Einrichtung der Zimmer sehr angemessen ist. Sie ist nicht schäbig, sondern eher nüchtern funktional, das war uns als Landkreis sehr wichtig.”
Der Landkreis-Dezernent formuliert ein Ziel für den neuen Standort Falkensee: “Wir möchten die Integration in den Arbeitsmarkt in den Fokus stellen.” Das Amt für Ausländerangelegenheiten, das Jobcenter Falkensee, aber sicherlich auch die Willkommensinitiative vor Ort möchten nun gemeinsam ein Bewusstsein dafür wecken, wie Arbeitgeber aus der Region die Arbeitskraft der Geflüchteten für sich nutzen können. Dennis Granzow: “Arbeit ist ein elementarer Baustein für eine gelungene Integration in die Gesellschaft.”
Die große Frage ist natürlich: Wie wird es mit der neuen Unterkunft für Geflüchtete weitergehen? Wird sie gar nicht mehr gebraucht, weil es nicht mehr so viele Flüchtlinge gibt wie noch vor einem Jahr? Dennis Granzow konnte bei dieser Frage nur die Schultern heben. Die weiterhin angespannte und zum Teil auch eskalierende kriegerische Lage in vielen Ländern der Welt lässt keine Prognose über zukünftige Flüchtlingsströme zu. Hinzu kommt das: “Wir haben ja in Brandenburg gerade erst eine neue Landesregierung erhalten. Wir als Landkreis Havelland müssen warten, was uns die neue Landesregierung an Zuweisungen für das Jahr 2025 aufgibt. Dann müssen wir diesen Verpflichtungen aber auch nachkommen.”
Am “Tag der offenen Tür” hätte jeder Interessierte die neue Einrichtung besuchen können, auch Anwohner, die gegen das Flüchtlingsheim direkt vor ihrem eigenen Wohnort sind. Ein wie auch immer gearteter Protest blieb allerdings aus, knapp einhundert Personen schauten sich das Container-Bauwerk in aller Ruhe an.
Dennis Granzow: “Wir haben die Bewohner ja von Anfang an zu Wort kommen lassen und den Dialog gesucht. Im Januar gab es das erste Bürgergespräch in der Falkenseer Musikschule, es folgten noch zwei weitere. Insgesamt waren 200 Personen mit dabei. Dann gab es einen runden Tisch mit der Willkommensinitiative, mit der Polizei, mit dem Bürgermeister und anderen betroffenen Personen. Der vierte runde Tisch fand direkt vor der Inbetriebnahme der Einrichtung statt, nachdem am 7. November die letzte Prüfung und Begutachtung durch die zuständige Landesbehörde stattgefunden hatte und auch die Finanzierung sichergestellt wurde. Geld für die neue Einrichtung kommt übrigens aus den Mitteln des Brandenburg-Pakets.”
Bürgermeister Heiko Richter: “Wir wollten von Anfang an so viel Transparenz schaffen wie nur möglich. Deswegen haben wir die unmittelbar angrenzenden Anwohner zum Gespräch gebeten. Ich bin persönlich durch die Straßen gelaufen und habe Einladungen in die Briefkästen geworfen, damit wir nur ja keinen vergessen. Wichtig war es uns auch, mit dem Betreiber der Anlage in Kontakt zu kommen, damit wir einen direkten Ansprechpartner haben, den wir bei Fragen oder Problemen auch kurzfristig anrufen können.”
Klar wurde vor Ort auch: Das Geld ist begrenzt. So kann ein früher in Aussicht gestellter Kinderspielplatz in der Mitte des Geländes nicht mehr finanziert werden. Hier muss Eigeninitiative die Lücke füllen. Man könne ja zwei Tore aufstellen… Die Willkommensinitiative ist bereits mit dabei, um auf ehrenamtlicher Basis ein Sprachvermittlungsprojekt auf die Beine zu stellen – als Unterstützung zu den bisherigen Sprach- und Integrationskursen, die maßgeblich vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert werden.
Acht Flüchtlings-Unterkünfte gibt es zurzeit im Landkreis Havelland: drei in Falkensee, eine in Premnitz, zwei in Rathenow, eine in Friesack und eine in Schönwalde-Glien. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 226 (1/2025).
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