Die Havelqueens aus Falkensee und Spandau: Die Schach-Mädchen schließen sich zusammen!

Was für eine schöne Idee: Mädchen und junge Frauen, die Freude am Schachspiel haben, sollen besser gesehen werden und nicht in der Überzahl der Jungens untergehen. Sie sollen Spaß und Erfolg haben, am besten sogar zusammen. Und so haben die beiden Schachvereine “SC Zitadelle Spandau 1977 e.V.” und “Caissa Falkensee e.V.” ganz im Sinne ihrer jungen Spielerinnen den Bundesland-übergreifenden Schulterschluss gewagt und gemeinsam das Projekt “Havelqueens” ins Leben gerufen.

Die Mädchen beider Vereine nutzen nun gemeinsame Trainingszeiten.

Man sollte glauben, das uralte strategische Brettspiel Schach würde in unserer modernen Zeit keine wirklich große Rolle mehr spielen. Schließlich kann man es sich leichter vorstellen, dass die heranwachsenden Kinder von heute viel lieber TikTok-Videos anschauen als über die perfekte Eröffnung beim Schach nachzudenken.

Tatsache ist aber, dass die Schach-Vereine in Berlin und Brandenburg über Nachwuchsprobleme nicht nachdenken müssen: Dank einer guten Nachwuchsarbeit und einem starken Engagement in den AGs der Grundschulen finden sich viele Kinder, die Spaß daran haben, Turm, Dame, Läufer und Bauern in ihrem Lauf über das Schachbrett anzuleiten.

Reinhard Giese (59) ist der Vorsitzende vom “Schachclub Zitadelle Spandau 1977 e.V.” (98 Mitglieder, www.zitaschach.de): “Wir wollen das Mädchenschach in unserer Region stärken. Mädchen sind im Schach zwar durchaus keine Seltenheit mehr, dennoch aber sehr unterrepräsentiert. Das ist ein Phänomen, das sich weltweit beobachten lässt. Dabei ist Schach eine Sportart, in der sich jeder Mensch unabhängig vom Alter und vom Geschlecht unter völlig gleichen Bedingungen mit jedem anderen im sportlichen Wettkampf messen kann. Entscheidend ist es offenbar, ob man Gleichaltrige findet, mit denen man ein Hobby gemeinsam ausüben kann. Für Mädchen ist es hilfreich, wenn sie beim Schach-Training auf andere Mädchen treffen. Daher möchten wir junge Spielerinnen aus der ganzen Region zusammenführen, damit sie gemeinsam lernen, spielen und auch gewinnen können.”

Bereits im September 2024 wurde aus der Idee eine konkrete Tat. Der Schachverein Caissa Falkensee e.V. (50 Mitglieder, www.caissa-falkensee.de) stieg mit ins Boot ein, seitdem trainieren die Mädchen aus beiden Vereinen wenigstens zwei Mal im Monat zusammen, und zwar immer abwechselnd in Spandau und in Falkensee. Natürlich nehmen sie aber auch weiterhin am ganz normalen gemischten Training teil, das einmal in der Woche stattfindet.

Projektbegleitend haben sich die Mädchen sogar einen wirklich coolen Namen gegeben. Sie sind die Havelqueens (www.zitaschach.de/jugend/die-havelqueens/). Unter diesem Namen treten die Schach-Mädchen auch bei der Havelland-Liga und beim Havel Grand-Prix an, der aus fünf Turnieren besteht.

Reinhard Giese: “Unsere Klara hat es mit ihren elf Jahren gerade erst geschafft, Berliner Schnellschach-Jugendmeister U10 zu werden. Sie hat in der Meisterschaft nicht nur alle Mädchen, sondern auch alle Jungen geschlagen.”

Eine Schachspielerin aus Spandau ist auch Maja Hecht  (22). Sie spielt noch gar nicht so lange Schach: “Ich habe auf Netflix die Serie ‘Das Damengambit’ gesehen. Das hat mir den Kick gegeben, es selbst einmal mit Schach zu versuchen. Die Grundregeln kannte ich bereits von meinem Vater. Der hatte schon vorher versucht, mich mit Schach vertraut zu machen. Aber es hat mir nie Spaß gemacht, auch, weil ich eine wirklich schlechte Verliererin bin. Nach der Netflix-Serie bin ich in den Spandauer Verein eingetreten. Schach macht ja süchtig. Manchmal sitze ich für acht Stunden am Computer und spiele. Das Spiel hat auch sehr viele Ebenen. Man lernt je erst die Grundregeln, später beschäftigt man sich mit den verschiedenen Eröffnungen und dann entwickelt man eine eigene Strategie. Mein erstes Turnier hatte ich in der Schule. Ich war so aufgeregt, ich konnte spüren, wie schnell mein Herz schlägt. Das ist schon ein Kick. Und: So ungern ich verliere, so gern gewinne ich auch.”

Johanna Schellknecht (10) kommt aus Falkensee, sie spielt für den Schachclub Caissa: “Ich habe Schach bereits im Kindergarten kennengelernt. Gespielt habe ich auch mit meinem Opa, der kann sehr gut Schach spielen. Richtig angefangen habe ich in der Grundschule, da habe ich eine Schach-AG besucht. Zusammen mit einer Schulfreundin bin ich dann im Verein gelandet. Ich gewinne sehr gern. Deswegen spiele ich auch bei den Turnieren mit. Ich war gerade erst bei den Falkenseer Open und habe dort gegen einen Erwachsenen gewonnen. Zuhause habe ich ein großes Schachbrett aus Holz. Ich spiele aber auch viel Schach auf dem Handy. Mein Vater spielt auch Schach, aber er überlegt immer viel zu lange.”

Aurelia Dittrich (11) kommt ebenfalls aus Falkensee. Auch sie gehört zu den Havelqueens: “Ich liebe vor allem die Schach-Turniere. Ich war schon drei Mal bei der Deutschen Meisterschaft dabei und wurde im Team Landesmeisterin. Schach hilft mir auch in meinem normalen Leben sehr. Ich bin in Stresssituationen viel ruhiger und konzentrierter und kann auch besser damit umgehen, wenn etwas nicht nach Plan läuft oder ich ein Spiel verliere. Ich liebe übrigens Schnellschach, da ist eine Partie in fünf Minuten vorbei. Ich bin jemand, der schnell denkt und schnell entscheidet.”

Carsten Stelter vom Schachclub Caissa: “Schach hilft sehr gut dabei, ein strukturiertes Denken zu entwickeln. Davon haben die Mädchen ihr Leben lang etwas.”

Bei den Havelqueens sind zurzeit bis zu 15 Mädchen im Alter von 8 bis 24 Jahren dabei, zehn bilden den harten Kern. Die Mädchen haben inzwischen ein eigenes Logo entwickeln lassen und treten in ihrer eigenen Turnierkleidung zu Wettbewerben an.

Reinhard Giese: “Wir freuen uns sehr darüber, dass die stellvertretende Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Spandau, Dr. Carola Brückner, und Daniela Richter, die Vorsitzende der ‘Interessengemeinschaft Falkensee’, die Schirmherrschaft über die Havelqueens übernommen haben.” (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 225 (12/2024).