Kino-Filmkritik: Hagen
Vor 800 Jahren wurde das Nibelungenlied gesungen. Das urgermanische Epos hat Wolfgang Hohlbein 1986 aus der Perspektive des Waffenmeisters neu erzählt – unter dem Titel “Hagen von Tronje”. Nun, viele Jahre später, haben die beiden Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert den Stoff verfilmt – als Kinofilm, der ab dem 17. Oktober auf der großen Leinwand zu sehen ist. Und als sechsteilige (und umfangreichere) TV-Serie, die 2025 im Streamingdienst RTL+ erscheinen soll.
Wer die Nibelungensage nur bruchstückhaft kennt, lässt sich vom Kinofilm “Hagen – im Tal der Nibelungen” die Wissenslücken schließen.
Im kleinen Königreich Burgund rund um die Stadt Worms ist der König ermordet worden. Sein Sohn Gunter (Dominic Marcus Singer) ist noch unerfahren und unsicher. Gut, dass er auf seinen Waffenmeister Hagen von Tronje (Gijs Naber) vertrauen kann, der mit eiserner Härte und mit seinen Soldaten das Königreich beisammenhält. Dafür verzichtet Hagen sogar darauf, der Königstochter Kriemhild (Lilja van der Zwaag) seine Liebe zu gestehen. Für Ärger sorgt der chaotische und respektlose Siegfried von Xanten (Jannis Niewöhner), der einst im Drachenblut badete und seitdem unbesiegbar ist. Der König hält viel von dem ungehobelten Drachentöter. Er vertraut ihm seine Schwester an, wenn er ihm dafür nur den Gefallen erweist und die auf Island lebende Walküre Brunhild (Rosalinde Mynster) für ihn als Frau gewinnt. Doch Brunhild verliebt sich in Siegfried – und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Die deutsche Constantin Film hat “Hagen – Im Tal der Nibelungen” mit deutschen und internationalen Schauspielern für die weltweite Kino- und Fernsehauswertung inszeniert. Ist das gelungen?
Nun, der Film präsentiert sich dunkel, ungemütlich und regennass. Fast alle Bilder wurden in dunklen Graustufen gedreht, sämtliche Farben sind nur zu erahnen. Das gibt dem Film bereits vom Optischen eine düstere Schwere, die eigentlich sehr gut zum Nibelungenlied passt, das Auge aber mit der Zeit ermüdet. An digitalen Trickeffekten hat man gespart, der Drache ist nur kurz zu sehen und auch der Zwerg Alberich wird fast immer auf klassische Weise dargestellt.
Das macht “Hagen” zu einem sehr handwerklichen Film. Hier spürt man die Schwere der Rüstungen und glaubt selbst zu merken, wie einem das klobige Schwert aus der Hand geprellt wird. Zugleich vermittelt der Film sehr anschaulich, wie schwer es so ein kleines Königreich in der damaligen Zeit hatte, sich mit Speer und Bogen gegen die garstigen Nachbarn oder gegen Etzel und seine Hunnen zu verteidigen.
Schade ist, dass Jannis Niewöhner seinen Drachentöter Siegfried wie eine Kopie von Charlie Hunnams Jax Teller aus “Sons of Anarchie” anlegt, was Gang, Körpersprache und die Art zu reden betrifft. Sein Siegfried wirkt wie ein ungezogener Junge, der statt Anerkennung eher eine erzieherische Schelle gebrauchen könnte.
Hinzu kommt, dass der Film mit über zwei Stunden Laufzeit viel zu lang ist. Es passiert zu wenig, es fehlt an echten Höhepunkten und noch dazu gibt es keine Figur, die auf den Zuschauer so sympathisch wirkt, dass man mit ihr mitfiebert. Es bleibt ein unterhaltsamer und mäßig spannender Film, der dazu animiert, sich einmal wieder intensiver mit der Nibelungensaga zu beschäftigen. (CS / Bilder: Constantin Film)
Fazit: 3 von 5 Sternen (FSK: offen)
Spieldauer: 133 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=NCCNRTQh7DI
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 223 (10/2024).
Seitenabrufe seit 31.10.2024:
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