Neue Kämmerin Stephanie Saß in Falkensee: Finanzen im Griff

Seit dem 1. August 2024 ist Falkensees Kämmerer Ralf Haase nicht mehr da – er wechselte als Amtsdirektor nach Friesack. Bereits am 17. Juli wurde Stephanie Saß zur neuen Kämmerin der Gartenstadt bestellt. Carsten Scheibe von “Unser Havelland” begrüßte die neue Amtsinhaberin zum Arbeitsantritt – mit einem bunten Strauß neugieriger Fragen.
Stephanie Saß – herzlichen Glückwunsch zur Benennung zur neuen Kämmerin der Stadt Falkensee. Was haben Sie eigentlich vor dieser Berufung gearbeitet?
Stephanie Saß: “Zunächst herzlichen Dank für die Glückwünsche. Ja, es stimmt: Auf der Sitzung des Hauptausschusses am 17. Juli 2024 wurde ich durch unseren Bürgermeister Heiko Richter mit Wirkung zum 1. August 2024 zur neuen Kämmerin der Stadt Falkensee bestellt. Gleichzeitig wurde mir die Leitung des Amtes Finanzverwaltung übertragen. Ich habe mich über das vom Bürgermeister in mich gesetzte Vertrauen sehr gefreut und versichere natürlich insbesondere den Falkenseerinnen und Falkenseern, dass ich meine ganze Kraft in die Aufgabe stecken werde.
Ich bin seit 2010 in der Stadt Falkensee als Fachbereichsleiterin Rechnungswesen tätig und war seit diesem Zeitpunkt bereits stellvertretende Kämmerin sowie stellvertretende Amtsleiterin. Angefangen habe ich bei der Stadt Falkensee schon als Azubi im Jahr 1996 und habe in unterschiedlichen Bereichen lernen und Erfahrungen sammeln können.
Die Verwaltung und die Menschen, die hier für die Stadt tätig sind, kenne ich recht gut und so war es für mich logisch, dass ich zu mir selbst gesagt habe: ‘Steffi, ja – das kannst du!’. Deswegen habe ich die Chance ergriffen, mich zu bewerben. Dass ich letztlich erfolgreich war, macht mich auch ein bisschen stolz. Worauf es aber ankommt, ist, dass ich hier keine Einzelkämpferin bin. Ich habe ein erstklassiges Team und engagierte Menschen in der ganzen Verwaltung, die jeden Tag ihr Bestes geben – das macht Mut und motiviert.”
Die Stadt Falkensee verfügt über ein Budget von ca. 120 Millionen Euro im Jahr. Wo genau kommen diese Gelder eigentlich her? Und aus welchem Topf fließen die meisten Gelder?
Stephanie Saß: “Das erkläre ich Ihnen und den Leserinnen und Lesern gern – aber es wird jetzt ein bisschen fachlich: Laut Haushaltssatzung des Jahres 2024 belaufen sich die Erträge (Einnahmen) und die Aufwendungen (Ausgaben) im Ergebnishaushalt jeweils auf ca. 118 Mio. Euro.
Zu den Einnahmen: Etwa 105 Mio. Euro entfallen im Ergebnishaushalt auf Steuern und ähnliche Abgaben (51,3 Mio. Euro) und 53,6 Mio. Euro auf Zuwendungen und allgemeinen Umlagen.
Bei den Erträgen aus Steuern und ähnlichen Abgaben entfallen auf die Realsteuern ca. 18,5 Mio. Euro (Grundsteuer A, B und Gewerbesteuer, Hundesteuer und Vergnügungssteuer), auf den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer rund 27,6 Mio. Euro, auf den Familienleistungsausgleich 3,6 Mio. Euro und auf den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer 1,6 Mio. Euro.
Zu den Erträgen aus Zuwendungen und allgemeinen Umlagen gehören neben der allgemeinen Schlüsselzuweisung mit 27,5 Mio. Euro ca. 2,5 Mio. Euro für sonstige Zuweisungen vom Land (Schullastenausgleich und Zuweisung für übertragene Aufgaben) auch Zuweisungen vom Landkreis mit rd. 18,7 Mio. Euro.
Im Haushalt 2024 wurden investive Einzahlungen in Höhe von ca. 9,4 Mio. Euro veranschlagt. Dazu zählen die investive Schlüsselzuweisung, Fördermittel sowie Beiträge für den Straßenbau.
Ich hoffe, dass ich niemanden mit diesen Zahlen überfordert habe. Das lässt sich übrigens alles genau in der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Haushaltssatzung nachlesen unter www.falkensee.de. Ich empfehle dazu insbesondere den Vorbericht.“
Heiko Müller meinte einmal, Falkensee sei nicht abhängig von der Gewerbesteuer und das sei gut so. Was meinte er damit?
Stephanie Saß: “Ich erinnere mich und mache mal einen Erklärungsversuch: Die Erträge aus der Gewerbesteuer sind im Falkenseer Haushalt 2024 mit rund 13 Mio. Euro veranschlagt und machen einen Anteil von etwa 11 Prozent am Gesamtergebnishaushalt aus. Das ist im Vergleich zu anderen Kommunen ein relativ geringer Anteil, sodass z.B. auch die Corona-Krise mit nachlassender Gewerbetätigkeit hier nicht allzu große Auswirkungen hatte.
Grundsätzlich wird das Gewerbesteueraufkommen gerade in Falkensee auch von einer Vielzahl von kleineren Einzelgewerben erwirtschaftet, sodass eventuelle Insolvenzen oder auch der Weggang von einzelnen Unternehmen nicht gleich spürbar sind.
Natürlich sind bedeutende Unternehmen mit einer großen Gewerbesteuereinnahme für eine Kommune im Prinzip wünschenswert. Darin liegt jedoch stets auch ein Risiko. Es ist nämlich so, dass wenn ein Unternehmen die Kommune verlässt, die gesamte geplante Gewerbesteuer für das Jahr wegfällt, weil sie mit dem Unternehmen am neuen Standort fällig wird. Das schmerzt.
Aktuell kann man das in Kleinmachnow beobachten, wo zwei große Unternehmen mit erheblicher Gewerbesteuerzahlung die Gemeinde in Richtung Berlin verlassen werden. Dann ist es mit den geplanten Einnahmen Essig und es wird für den Haushalt schwierig. Viele Wünsche und Vorhaben der Gemeindevertretung müssen dann auf den Prüfstand, weil man die Mittel schlicht nicht mehr hat. Ich denke, dass so unser Alt-Bürgermeister verstanden werden wollte.”
Stimmt es, dass Falkensee schuldenfrei ist und wir keine aktuellen Kredite offen haben? Wie gut steht Falkensee damit da – verglichen mit anderen Orten in Deutschland dieser Größe?
Stephanie Saß: “Ja, das ist korrekt. Falkensee ist seit einigen Jahren schuldenfrei. Insgesamt ist es wahrscheinlich eher ungewöhnlich, dass Städte in vergleichbarer Größe schuldenfrei sind. Im Haushalt 2024 wurde zur Finanzierung von Investitionen eine Kreditaufnahme in Höhe von 18,5 Mio. Euro veranschlagt. Diese wurde bisher jedoch noch nicht in Anspruch genommen.“
Wofür wird das Budget von 120 Millionen aufgewendet? Was muss mit diesem Geld alles bezahlt werden?
Stephanie Saß: “Im Ergebnishaushalt – das ist der Haushalt für konsumtive, also Verbrauchsausgaben – stehen rund 118 Mio. Euro zur Verfügung.
Der größte Anteil entfällt mit 49,4 Mio. Euro auf die sogenannten Transferaufwendungen, z.B. auf die von Falkensee zu zahlende Umlage an den Landkreis Havelland mit 31,4 Mio. Euro. 12,8 Mio. Euro sind für die Finanzierung der Zuschüsse an die freien Kita-Träger zu berücksichtigen.
1,1 Mio. Euro wendet die Stadt zusätzlich jährlich zur Finanzierung von Vereinen und sozialen Einrichtungen auf.
Ein Drittel (rund 37,5 Mio. Euro) entfällt auf die Personalaufwendungen für die mehr als 600 städtischen Beschäftigten, wozu vorrangig Menschen zählen, die in unseren Kitas und Horten täglich für das Wohl unserer Jüngsten sorgen.
Des Weiteren entfallen 21 Mio. Euro auf Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen und Aufwendungen für die Bewirtschaftung und bauliche Unterhaltung der städtischen Gebäude und Grundstücke, wie Schulen, Sporthallen und -plätze, Kitas, Horte, Museum, Haus am Anger, Bibliothek, aber auch Straßen, Wege, Grünanlagen, Spielplätze usw. Aufgrund der regen Investitionstätigkeit der vergangenen Jahre schlagen natürlich auch die Abschreibungen 2024 mit 9,7 Mio. Euro im Ergebnishaushalt zu Buche.
Auf Investitionen entfallen in diesem Jahr 33,7 Mio. Euro. Für die Umsetzung von investiven Hochbaumaßnahmen stehen im Haushalt 2024 insgesamt 10,9 Mio. Euro zur Verfügung.
Größere Bauvorhaben in diesem Jahr sind u.a. die Errichtung eines Erweiterungsbaus auf dem Rathausgelände (3,75 Mio. Euro), die Planung/der Bau einer Zweifeldsporthalle für die Oberschule (1,89 Mio. Euro), Planung/Neubau der Kita Kochstraße (2,0 Mio. Euro) und die Planung/der Bau einer Fahrzeughalle (1,75 Mio. Euro).
Für die Fertigstellung des Hallenbades wurden keine zusätzlichen Mittel im Haushalt 2024 eingestellt. Die finanzielle Weiterführung des Vorhabens erfolgt aus den noch vorhandenen Ermächtigungen des Vorjahres.
Für die Durchführung von investiven Tiefbaumaßnahmen wurden insgesamt ca. 9,12 Mio. Euro veranschlagt, die in den Straßen-, Geh- und Radwegebau sowie in die Straßenbeleuchtung fließen, u.a. in den Straßenausbau Pestalozzistraße (1,9 Mio. Euro), Karl-Marx-Straße und Havelländer Weg (2,0 Mio. Euro), Bushaltestellen (365,0 T Euro) und die Erweiterung der B+R Anlage Bahnhof Nord (1,75 Mio. Euro) sowie Bahnhof Süd (1,01 Mio. Euro).
Weiterhin sind im Haushalt 2024 Mittel für den Ankauf des Hortes in einem Neubau eines Investors in der Fehrbelliner Straße mit 6,15 Mio. Euro veranschlagt.”
Deutschland geht wirtschaftlich gerade in den Schneckengang. Ist das eine Bedrohung für Falkensees finanzielle Versorgung?
Stephanie Saß: “Als Kämmerin ist man zwar lieber immer etwas vorsichtiger als leichtsinnig. Nach meiner aktuellen Einschätzung ist keine ‘Bedrohung’ für die aktuelle finanzielle Situation zu befürchten. Sicher, auch ich weiß nicht, wie sich die Höhe der zu zahlenden Kreisumlage an den Landkreis entwickeln wird. Auch ich kenne nur das aktuelle Finanzausgleichsgesetz des Landes. Wie eine mögliche Novelle aussieht, vermag ich nicht vorherzusagen. Unsere eigenen Steuereinahmen kalkuliere ich als mittelfristig stabil. Zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik und des Landes Brandenburg fragen Sie besser einen Volkswirt, oder am besten gleich mehrere.”
Wird uns das Hallenbad mit seinen stark gestiegenen Baukosten und den jährlich nötigen Zuschüssen finanziell das Genick brechen?
Stephanie Saß: “Danke für die Frage, aber drastische Bilder liegen mir eigentlich nicht. Ich bin ein Zahlenmensch. Und Zahlen sind immer nüchtern. Die Baukosten für das Hallenbad belaufen sich auf rund 31 Mio. Euro. Die zu erwartenden Baukosten wurden auch in der Vergangenheit schon in dieser Größenordnung beziffert, sodass hier nicht von stark gestiegenen Baukosten gesprochen werden kann. Der Zuschussbedarf für das Hallenbad wurde im Haushalt 2024 mit rund 1,5 Mio. Euro ausgewiesen.
Aufgrund der technisch bedingten Verzögerung der Eröffnung ist hier derzeit noch keine Aussage dazu möglich, ob der geplante Zuschuss tatsächlich in dieser Höhe zu Buche schlägt. Das hängt natürlich einerseits stark davon ab, wie das neue Hallenbad zukünftig von den Besucherinnen und Besuchern genutzt wird. Andererseits spielen die Höhe der Eintrittspreise, die Öffnungszeiten und auch die politischen Beschlüsse zu möglichen Subventionen z.B. für Schwimmsportvereine eine wesentliche Rolle. Ich gehe davon aus, dass hier erst nach rund einem Jahr Betreibung eine verlässliche Aussage möglich sein wird.”
Welche freiwilligen finanziellen Leistungen gibt es in Falkensee? Das Haus am Anger, das Museum etc. gehören dazu, oder? Müssen wir hier auf Dauer kürzen oder können wir uns den Umzug der Stadtbibliothek und die Erweiterung des Museums gut leisten?
Stephanie Saß: “Die größten freiwilligen Leistungen sind tatsächlich das neue Hallenbad und auch die Stadthalle.
Natürlich gehören auch die vielfältigen kulturellen Angebote wie das Haus am Anger, die Bibliothek und das Kulturhaus dazu, sowie Zuschüsse an kulturelle, soziale und unsere Sportvereine, die das Leben einer attraktiven Stadt letztlich ausmachen.
Da die tatsächlichen finanziellen Belastungen durch das Hallenbad derzeit noch nicht beziffert werden können, sollten zusätzliche Projekte jedenfalls mit Augenmerk mit den zugehörigen Folgekosten geprüft werden, da auch diese den Ergebnishaushalt nachhaltig belasten werden. Die Stadtverordnetenversammlung als quasi Haushaltsgesetzgeber wird letztlich mehrheitlich politisch entscheiden, was gewollt und gemacht wird. In der Vergangenheit waren die Diskussionen und Entscheidungen der SVV von Verantwortungsbewusstsein, Weitsicht und Augenmaß geprägt. Daran möchte ich gern anknüpfen.”
Wir brauchen neue Turnhallen an der Geschwister-Scholl-Schule, an der Kant-Schule und an der Oberschule. Wenn wir finanziell so gut dastehen, warum geht es hier nicht schneller voran?
Stephanie Saß: “Für die Sporthalle an der Geschwister-Scholl-Grundschule und an der Oberschule sind im Haushalt 2024 Mittel für die Planung vorsehen. Allerdings müssen neben den finanziellen auch die personellen Ressourcen zur Verfügung stehen, die solche Projekte begleiten. Letztlich müssen auch wirtschaftlich vertretbare Angebote von Bauunternehmen eingehen, die die Projekte realisieren. Daher können nicht immer alle Projekte gleichzeitig umgesetzt werden, so wünschenswert das auch sein mag.”
Sie verwalten ja das Geldvermögen und stellen den Haushaltsplan auf. Gibt es eigentlich eine Kontrollinstanz, die Sie überwacht, damit alles in geregelten Bahnen abläuft?
Stephanie Saß: “Die Kämmerin stellt die Haushaltssatzung auf und der Bürgermeister stellt ihren Entwurf fest. Hier sollte in aller Regel Einigkeit herrschen.
Die Haushaltssatzung wird von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen und muss erforderlichenfalls (z.B. bei einer geplanten Kreditaufnahme) von der Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises Havelland genehmigt werden. Also hier kann die Kämmerin nicht eigenmächtig handeln.
Unterjährig gibt es laut der Kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (die für mich dasselbe wie ein Schraubendreher für einen Mechaniker ist) Berichtspflichten zum Haushaltsvollzug gegenüber der SVV, sodass auch hier eine geregelte Kontrolle stattfindet. Eine weitere Kontrolle erfolgt im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses, der durch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Havelland geprüft wird. Auch hier wird auf die ordnungsgemäße Haushaltsdurchführung geachtet.” (Text: CS / Fotos: Patrick Hückstädt)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 222 (9/2024).
Seitenabrufe seit 30.10.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige
