Die Alters-Unit in den Havelland Kliniken: Die Geriatrie schaut sich die Senioren ganzheitlich an!
Betagte Senioren haben es oft mit mehreren Krankheiten, Gebrechen und medizinischen Problemen zur gleichen Zeit zu tun, wenn sie ins Krankenhaus kommen. Die Fachklinik für Geriatrie in den Havelland Kliniken verfolgt deswegen einen ganzheitlichen Behandlungsansatz, um die Senioren schnell wieder auf die Beine zu bringen. Neben der Akut-Geriatrie gibt es in Rathenow und Nauen auch eine teilstationäre Tagesklinik. Eine wichtige Investition in die Zukunft ist ein speziell für ältere Patienten eingerichteter Raum im ambulanten Versorgungsbereich – die “Alters Unit”. Sie hilft dabei, Stressfaktoren für die Senioren bei der Aufnahme deutlich zu reduzieren.
Die Geriatrie ist die Medizin des Alterns. Im fortgeschrittenen Lebensalter etwa ab 70 Jahren kommt es oft zu einem Krankenhausbesuch, weil nach einem Sturz ein Bruch zu behandeln ist. Auch Lungenentzündungen, Nierenleiden, Herzprobleme und neurologische Auffälligkeiten sind oft Anlass für einen Klinikaufenthalt.
Insbesondere bei den Senioren geht es aber nicht alleine darum, etwa einen gebrochenen Knochen wieder heilen zu lassen. Oft wirken hier gleich mehrere Krankheitsbilder zusammen, sodass ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden muss. Genau darum kümmert sich die Geriatrie.
Max-Alfred Schaudig (63) ist Chefarzt der Geriatrie: “Wir Geriater sind eigentlich auf die Altersmedizin spezialisierte Internisten. Und da wir ganzheitlich arbeiten, müssen wir auch noch ein neurologisches, psychiatrisches, traumatologisches, chirurgisches, dermatologisches und mitunter auch gynäkologisches Verständnis mitbringen.”
Die Rücksichtnahme auf mögliche Altersbefindlichkeiten beginnt bei der Aufnahme: Gerade die Notaufnahme ist für ältere Patienten mit sehr viel Stress verbunden. Die fremde Umgebung, wechselnde Bezugspersonen, die Geräuschkulisse und grelles Licht: All das kann mitunter zu einem akuten Verwirrtheitszustand führen.
Max-Alfred Schaudig: “Um den Stress bereits bei der Patientenaufnahme deutlich zu reduzieren, haben wir bei uns in den Havelland Kliniken die sogenannte Alters-Unit etabliert, das ist ein Extraraum am Ende des Ganges in der Notfallversorgung. Hier können wir uns geriatrische Patienten in aller Ruhe und abseits vom Trubel ansehen. Das Konzept für diese Alters-Unit stammt übrigens von unserer Chefärztin der Abteilung Notfallmedizin – Dr. med. Petra Wilke.”
Dr. med. Petra Wilke (59): “Die Alters-Unit ist ein altersgerecht eingerichteter Raum mit entsprechenden Bildern an den Wänden, mit viel Ruhe und auch mit Toiletten, die seniorengerecht eingerichtet sind. Vor Ort kann auch der sogenannte Geri-Score erhoben werden. Darum kümmert sich etwa unser Pfleger Toni. Er nimmt Blut ab, schreibt ein EKG und erhebt die wichtigsten Werte. Die Senioren laufen auch über eine in den Boden integrierte Ganganalyse-Matte. Ein Computerprogramm weist umgehend auf Gangstörungen hin und kann uns bereits eine mögliche Arthrose aufzeigen oder auf Parkinson oder eine Demenzerkrankung aufmerksam machen. Diese Kontrollen erfolgen ohne lange Wartezeiten in einer wirklich geschützten Atmosphäre. Das machen wir übrigens auch so, wenn wir Patienten von den überweisenden Hausärzten aufnehmen.”
Inzwischen kommen immer mehr Patienten durch eine vom Hausarzt vorgenommene Einweisung zur geriatrischen Komplexbehandlung in die Havelland Kliniken. Max-Alfred Schaudig: “Früher kamen nur wenig Patienten direkt von den Hausärzten, inzwischen stellen diese Patienten gut ein Drittel. Die Hausärzte erreichen mich in der Regel telefonisch und direkt, weil mir ein kurzer Weg zu den Kollegen wichtig ist. Sie wundern sich immer, dass da der Chef selbst das Gespräch annimmt.”
Gibt es in der Geriatrie einen Trend, eine Beobachtung? Max-Alfred Schaudig: “Eine Beobachtung ist sicherlich diese: Die Arbeit der Geriatrie wurde eine Zeit lang belächelt. Inzwischen wird sie ernst genommen. Das merken auch die Hausärzte und überweisen uns die Patienten, bei denen sie denken, dass ihnen diese Behandlung gut tun würde. Die zweite Beobachtung: Es gibt immer mehr wirklich fitte Hochaltrige, die intensiv am sozialen Leben teilnehmen. So haben wir auch unsere Altersgrenze nach oben gezogen – im Gegensatz zu früher. Jetzt sind es meist die Endachtziger, die wir bei uns aufnehmen. Hier bemerken wir, dass die Patienten viel motivierter sind. Die sagen nicht mehr, ich habe genug gelebt, ich will jetzt nicht mehr. Sie haben stattdessen den starken Ehrgeiz, möglichst bald wieder selbstständig zu leben.”
Ramona Boldt (58) ist Diplom-Sozialarbeiterin und im Sozialdienst die Ansprechpartnerin für die Geriatrie, sowohl für die Station als auch für die Tagesklinik: “Der Sozialdienst und das Entlassungsmanagement nehmen ihre Arbeit auf, sobald die Behandlung beginnt. Sie begleiten die Entlassung besonders intensiv. Wir sind Gesprächspartner für die Patienten und deren Angehörige, wenn das Wohnen Zuhause nicht mehr möglich ist und unterstützen bei der Suche nach Betreuungsplätzen. Nicht immer findet sich im direkten Umkreis etwas. Es gab bereits Tage, da wurden bis zu 35 Heime abtelefoniert.”
Gibt es weitere Besonderheiten in der Geriatrie?
Max-Alfred Schaudig: “Viele. So kümmern wir uns auch um die Pre-Rehabilitation. Das bedeutet, dass wir Patienten vor einer anstehenden Operation so aufpäppeln und stärken, dass diese Operation überhaupt durchgeführt werden kann. Wir stellen bei Senioren auch oft eine Unterernährung fest. Viele verlieren mit den Jahren an Muskelmasse, das nennt man Sarkopenie. Das kann schnell dazu führen, dass diese Personen deutlich sturzgefährdeter sind. Man kann es sofort an den Unterschenkeln sehen, ob jemand noch viel läuft oder nicht. Auch ein Vitaminmangel ist bei Senioren weit verbreitet, Vitamin B12 fehlt oft. Oder Vitamin D, wenn die Senioren nur noch sehr selten das Haus verlassen und nicht in die Sonne gehen.”
Ramona Boldt: “Wichtig ist uns für die Patienten die Wiedererlangung der Selbstständigkeit, der Autonomie und der sozialen Teilhabe. Für die Selbstständigkeit üben wir z.B. den Oberkörper zu waschen oder den sicheren Toilettengang.” (Text: AE,cs / Foto: Ann-Kristin Ebeling)
Info: Havelland Kliniken GmbH – Klinik Nauen – Klinik für Geriatrie, Ketziner Straße 19, 14641 Nauen, Tel.: 03321-421940, www.havelland-kliniken.de
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 222 (9/2024).
Seitenabrufe seit 30.10.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige