Gestatten: Morgan D. Crow – Dallgower Autor schreibt gruselige Gespenster-Krimis!

Früher galten Groschenromane etwas abfällig als Schund, heute wären die Eltern froh, wenn ihr Nachwuchs überhaupt noch etwas liest. Im Bastei-Verlag belebt man gerade den “Gespenster-Krimi” aus den Siebzigerjahren zu neuem Leben und verspricht alle zwei Wochen auf 64 Seiten “zur Spannung noch die Gänsehaut”. dazu. Die große Überraschung: Einer der Stammautoren wohnt in Dallgow-Döberitz. Morgan D. Crow hat bereits sieben Romane über Musgrave Hall veröffentlicht, der achte ist bereits fertiggestellt.
So ein Heftroman kostet heutzutage zwischen zwei und drei Euro, man findet ihn leider nur noch vereinzelt an den Kiosken der Nation vor und er verspricht auf dünnem Zeitungspapier und mit einem bunten Cover Lesespaß für zwei, drei Stunden.
Heftromane gibt es für sämtliche Themen und Lebenslagen. Viele kennen die Kriminalfälle von FBI-Agent “Jerry Cotton”, von denen bereits mehrere tausend erschienen sind. Oder die SciFi-Abenteuer von “Perry Rhodan”, der dank Zellaktivator alles überlebt, was ihm das Weltall an Hindernissen entgegenwirft. Kult ist auch “Dr. Stefan Frank” – na klar, das ist der Arzt, dem die Frauen vertrauen.
Im Juli 1973 hat man damals beim Bastei-Verlag versucht, Krimi und Grusel zusammenzubringen – und den “Gespenster-Krimi” ins Leben gerufen. Der erste Band trug den Namen “Die Nacht des Hexers”, stammte von Jason Dark und schickte zum allerersten Mal den Geisterjäger John Sinclair auf die Fährte von Vampiren, Werwölfen und Zombies. Bis 1985 erschienen etwa 600 Krimi-Ausgaben.
Mit Wehmut denken Fans an die alten Kultromane zahlreicher Autoren zurück, die alle unterschiedliche Kämpfer gegen das Böse ins Rennen geschickt haben. Aus diesem Grund hat sich der Bastei-Verlag noch einmal erweichen lassen und die alte Reihe wiederbelebt. Über 150 “Gespenster-Krimi”-Hefte sind bereits neu erschienen. Geboten wird ein Mix aus alten Wiederveröffentlichungen und einigen frisch geschriebenen Romanen.
Unter den neuen Autoren fällt einer ganz besonders auf. Es ist Morgan D. Crow. Er hat sich eine ganz besondere Kulisse für seine Geschichten ausgedacht. Seine Gruselromane spielen in England und zwar im Jahr 1926. Lady Eliza Fitzgibbon Baroness of Musgrave und ihr guter Bekannter Professor Harker bekommen es in inzwischen sieben Romanen mit dem Übernatürlichen zu tun.
Die “Musgrave” Romane starteten im “Gespenster-Krimi” 93 mit “Der Schrecken aus dem Meer”. Aktuell ist der siebente Roman als “Gespenster-Krimi” 152 unter dem Titel “Die verlorenen Mädchen” erschienen. Ein Teil der Romane lässt sich bei Bastei (www.bastei.de) nachbestellen, als eBook gibt es sie noch alle.
Die große Frage ist: Lebt dieser Morgan D. Crow tatsächlich in England? In einem dieser halb verfallenen, steinernen Herrenhäuser? Nein. Morgan D. Crow meldete sich selbst bei “Unser Havelland” und verkündete: “Ich wohne in Dallgow-Döberitz, und das bereits mein ganzes Leben lang. Hier entstehen alle neuen Gruselromane um Musgrave Hall. Ich schreibe sie auf einem uralten Windows-Notebook und zwar mit Word. Für einen neuen Roman brauche ich etwa zwei bis drei Monate.”
Jemand aus Dallgow-Döberitz, der Romane aus dem Bereich der Monster, Mumien und Mutationen schreibt, das klingt doch interessant. Wir baten um einen Interview-Termin vor Ort und trafen uns in einem kleinen fast hundert Jahre alten Haus in Dallgow-Döberitz. Wir fragen: “Heißen Sie wirklich Morgan D. Crow?”
Morgan D. Crow: “Nein, das ist ein Pseudonym, ein Name, unter dem ich schreibe. Aber der Name steht neuerdings sogar in meinem Ausweis. Es steckt also schon eine große Ernsthaftigkeit hinter dem Pseudonym und dem Wunsch, auch nicht fotografiert zu werden. Ich finde es spannend, wenn ein Autor eine Kunstfigur bleibt und man als Leser eben doch nicht alles über ihn weiß. So sage ich auch: Konzentriere dich lieber auf das Buch und mach dir nicht so viele Gedanken um den Autor. Tatsächlich finde ich es ein wenig amüsant, was jetzt für Fragen in den sozialen Medien auftauchen. Wofür steht eigentlich das D. in meinem Namen? Komme ich wirklich aus England?”
Und wer ist ‘Ich’ in echt? Morgan D. Crow: “Ich bin 36 Jahre alt, wurde in Berlin geboren und lebe eigentlich schon immer in Dallgow-Döberitz. Es gab nur einen kurzen Zwischenstopp in Oranienburg. Vor dem Schreiben habe ich im Einzelhandel gearbeitet und war Kamerassistent. Aus gesundheitlichen Gründen ist da aber nie mehr draus geworden. Ich schreibe bereits seit meiner Kindheit sehr gern, übrigens schon immer mit Vorliebe gruselig. Mein erster Versuch, einen Roman zu verfassen, ging sehr in die Fantasy-Richtung. Den Roman habe ich bestimmt fünf Mal angefangen und neu geschrieben – er wurde aber nicht besser. Inzwischen habe ich das Schreiben professionalisiert.”
Sind die Gruselgeschichten beim “Gespenster-Krimi” deine erste professionelle Arbeit? Morgan D. Crow: “Ich habe bei zwei Anthologiebänden mit grauenvoll lyrischen Texten mitgearbeitet, die hatten aber eher so Türstopper-Niveau. Irgendwann tat sich in meinem Hinterkopf eine Tür auf, die Idee mit Musgrave Hall fiel heraus und ich fing an zu schreiben. Die ersten vier, fünf Sitzungen am Notebook gingen mir sehr flüssig von der Hand. Dann hatte ich aber wieder einmal viel Stress in meinem Leben, ich kam nicht voran und hatte keine Zeit mehr. Da hatte ich schon den Finger auf der Löschtaste. Irgendetwas in mir sagte aber, nein, lass das, vielleicht wirds ja doch noch was. Ich hab den Text dann einem Kollegen geschickt, nämlich Thomas Williams. Der ist immer gnadenlos ehrlich in seiner Kritik. Der sagte mir, dass der Text wirklich gut sei. Ich solle ihn zu Ende schreiben und der Redaktion vom ‘Gespenster-Krimi’ schicken, es würde ihn schon sehr wundern, wenn sie ihn nicht nehmen. Und so kam es dann auch. Nach einer Woche hatte ich einen Vertrag auf dem Tisch. Da dachte ich nur: Wahnsinn, es gibt Menschen, die mögen, was ich tue. Ich kam schnell auf die Idee, aus dem einzelnen Roman eine Serie zu machen und das dem Verlag anzubieten. Das lief gut an. Jetzt habe ich bereits meine eigenen Fans und plane Band 9. Ich muss nur auf die Länge achten. So ein Heftroman hat maximal 190.000 Zeichen und bei Band 8 war ich arg drüber. Da musste ich kürzen.”
Worum geht es eigentlich in den Romanen? Morgan D. Crow: “Südengland. 1926. Es geht vor allem um zwei Personen. Da ist die adelige Lady Eliza Fitzgibbon, die nach dem Tod ihres Mannes alleine auf Musgrave Hall lebt. Ihr guter Freund ist Professor Harker, ein Archäologe und Historiker. Er kennt sich mit magischen Glaubensvorstellungen und mit dem Aberglauben sehr gut aus. Die beiden stolpern im ersten Band eher zufällig über ihr erstes Monster. Das ist ein blobförmiges Seeungeheuer, das direkt vor dem Herrenhaus an den Strand gespült wird und das man zunächst für ein totes Tier hält. Dann wird das Wesen aber nachts wach und beginnt damit, verschiedene Nachbarn zu verspeisen. Und einen Hund. Ich wurde gewarnt, nicht den Hund fressen zu lassen. Das tut man nicht. Da habe ich wohl gerade nicht hingehört. Zum Team gehört auch ein deutscher Butler namens Dillinger, den lieben die Leser heiß und innig. Das ist die rechte Hand von Lady Elisa, ihr Faktotum, die Übermutter von allem. Da habe ich von den Lesern schon Ärger bekommen, wenn er in einem Roman eher nur am Rande vorkommt. Neu hinzugekommen ist Mr. Graham, ein Geschäftsmann und zugleich auch ein Krimineller. So wächst das Team nach und nach.”
In jedem neuen Heftroman muss ein neues Monster vorkommen. Was gab es denn da noch? Morgan D. Crow: “Wir hatten einen Blob, der an alte Filme erinnert, tatsächlich aber auf dem ‘Monster von St. Augustine’ in Florida basiert, das es wirklich so gegeben hat. Dann gab es einen Dämon, den eine Sekte eher aus Versehen erschaffen hatte. Und einen Spuk. Mehr möchte ich aber gar nicht sagen, das sind ja furchtbare Spoiler. Ich liebe klassische Geistergeschichten. Meine Romane sind so ein bisschen Agatha Christie meets Grusel. Agatha Christie hat tatsächlich einen großen Einfluss auf mich. Ich habe viele ihrer Romane gelesen. Was ich bei ihr so liebe, ist dieses Nachdenken über Beobachtungen, um auf diese Weise einen Fall zu lösen. Ich bin auch ein großer Fan von Inspector Barnaby.”
Jetzt leben wir in einer sehr schnelllebigen Zeit, die Menschen haben nur noch eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Spricht das nicht gegen den Heftroman? Morgan D. Crow: “Nein, das passt doch eigentlich sehr gut. Es ist ein perfektes Medium für die heutige Zeit. So einen Heftroman hat man schnell gelesen. Anschließend kann man ihn sogar sammeln. Und das alles für einen schmalen Taler. Ein ‘Gespenster-Krimi’ kostet 2,40 Euro.”
Wie sieht denn deine Schreibroutine aus? Morgan D. Crow: “Inzwischen schreibe ich an zwei Tagen in der Woche an den Musgrave Romanen. Mehr geht nicht, weil ich zurzeit auch noch an einem anderen geheimen Projekt arbeite. So habe ich im letzten Jahr vier neue Romane für den ‘Gespenster-Krimi’ geschafft und in diesem Jahr werden es wohl auch wieder vier werden.”
Wäre es nicht schön, wenn ein Roman auch mal bei uns im Havelland spielen würde? Morgan D. Crow: “Ich habe es schon im Hinterkopf, Lady Elisa auch einmal auf Reisen zu schicken. Ihr Professor Harker ist ja Archäologe, da bietet sich das ja an. Schauen wir mal.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 223 (10/2024).
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