Radklau in Falkensee: Na warte, mein E-Bike hol ich mir von den Dieben zurück!
Moment, hier stand doch eben noch mein Fahrrad!? Jeden Tag stellen erschrockene Bürger fest, dass ihr Fahrrad nicht mehr an dem Ort zu finden ist, wo sie es abgestellt hatten. Es wurde gestohlen. Meist kann man in diesem Moment alle Hoffnung fahren lassen, den eigenen Drahtesel noch einmal wiederzusehen. “Der ist doch schon längst im Ausland”, heißt es. Ralf Herbrich aus Falkensee erzählt, wie er die Diebe ausgetrickst – und sein teures E-Bike zurückgeholt hat.
Ralf Herbrich (50) lebt in Falkensee. Er ist Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam und dort auch Professor für Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit.
Ralf Herbrich ist extrem sportlich und ehrgeizig. Es vergeht kein einziger Tag, an dem er sich nicht die Laufschuhe überstreift oder aufs Rennrad klettert. Nachdem er bereits mehrere Marathon-Läufe bestritten hat, hat er nun den Triathlon für sich entdeckt: “Meinen ersten Triathlon habe ich gerade erst vor kurzem beim ‘BerlinWoMan’ bestritten. Zu meinem Trainingsprogramm ist nun also auch noch das Schwimmen dazugekommen. So gehe ich zwei, drei Mal in der Woche im Hallenbad Falkensee schwimmen. Das neue Bad ist sehr schön geworden, man kann im Wasser wunderbar seine Bahnen ziehen.”
Wenn Ralf Herbrich mit dem Rad sportlich unterwegs ist, was nutzt er da für ein Rad? Herbrich: “Ich habe nicht nur ein Fahrrad, ich habe fünf Räder. Für den Sport setze ich das Rennrad oder das Gravelbike ein. Mit dem E-Bike fahre ich täglich zur Arbeit. Allerdings nicht die ganze Strecke. Ich fahre mit dem Auto nach Potsdam Nord und lasse den Wagen am Jungfernsee stehen. Die restlichen acht Kilometer bis zum Institut fahre ich dann mit dem E-Bike.”
Das E-Bike, mit dem der Professor unterwegs ist, ist eine Sonderanfertigung. Ralf Herbrich: “Hierbei ging es mir vor allem um maximale Stabilität. Ich benutze das Bike ja das gesamte Jahr über. Ich fahre damit nicht nur bei schönem Wetter in der Sonne, sondern auch bei Regen und im Schnee. Und ich bin nicht nur auf schönen Wegen unterwegs, sondern rumpele manchmal auch über hartes Kopfsteinpflaster.”
Aber nun wurde das E-Bike im September gestohlen. Ralf Herbrich: “Ja, aber nicht in Falkensee, sondern in Potsdam. Wir hatten mit Freunden eine Bootstour unternommen. Das Rad hatte ich vorher in der Schiffbauergasse am Boots-Palais angeschlossen. Als wir nach unserem schönen Ausflugsnachmittag und einer kleinen Weintour rund um das Hans-Otto-Theater um halb zwölf Uhr nachts nach Hause fahren wollten, war mein Rad weg. Nicht einmal das zerschnittene Schloss lag noch auf dem Boden, es war so, als hätte ich mein Rad da nie abgestellt.”
Was war das erste Gefühl in diesem Moment? Ralf Herbrich: “Ich war sauer. Mir ging es nicht nur um das Geld, sondern auch um die Konsequenzen. Ohne Rad ist es mir nicht mehr möglich, meinen täglichen Rhythmus auf dem Weg zur Arbeit einzuhalten. Und – mein Rad war das einzige, das gestohlen wurde. Alle anderen Räder standen noch da.”
Aber zum Glück ist das E-Bike ja versichert. Ralf Herbrich: “Ja, ich habe eine spezielle Versicherung abgeschlossen. Die haben sogar einen aktiven GPS-Chip im Motor versteckt. Wird das E-Bike gestohlen, hat die Versicherung laut Vertrag die Chance, das Rad innerhalb einer bestimmten Zeitspanne wieder zurückzuholen. Anderenfalls muss sie eine neue Maßanfertigung bezahlen. Zu dumm: Leider hat der GPS-Chip in meinem E-Bike nicht mehr funktioniert. So konnten wir das Bike nicht orten lassen.”
Was der Professor zunächst gar nicht mehr im Sinn hatte, das war eine von ihm am Bike befestigte Airbell. Ralf Herbrich: “Das ist eine ganz normale Fahrradklingel, in der allerdings ein kleiner Apple-Airtag eingebaut ist. Dieser Airtag kann seine aktuelle Position nicht aktiv kundtun, sondern verwendet dafür ein x-beliebiges iPhone, das sich allerdings in der Nähe aufhalten muss. Ich dachte zunächst, die Diebe hätten die Airbell entfernt. Weil der Airtag meldete weiterhin als letzte Position den Standort in Potsdam und das so für die Zeit gegen 22 Uhr.”
Aber dann sprang der Airtag doch noch an? Ralf Herbrich: “Ja, 18 Stunden später. Ich saß enttäuscht Zuhause. Und auf einmal meldete der Airtag eine neue Position. Und zwar mitten in Polen auf einer Landstraße. Ich habe einen Screenshot von der Ortsmarkierung in der Karten-App gemacht und ihn der Versicherung geschickt – für die Akte. Als es nach gefühlten 24 Stunden noch immer keine Reaktion gab, habe ich die Polizei in Falkensee angerufen. Die Dienststelle war sehr hilfsbereit und regelrecht begeistert davon, dass ich eine Ortsangabe hatte. Die haben mich an die Grenzpolizei in Frankfurt-Oder verwiesen. Mit denen stand ich dann im direkten Kontakt. Die haben mir gesagt, dass sie einen ganz aktuellen Standort und damit eine zeitnahe Ortung benötigen, um das an die Partnerbehörden in Polen übermitteln zu können. Niemand will ja die Polizei an einen Ort schicken, an dem das Rad seit Stunden nicht mehr zu finden ist. Für eine aktive Ortung brauchte ich aber den Zufall, dass jemand mit einem iPhone an dem Rad vorbeiläuft. Das Rad wurde jedenfalls eifrig genutzt. So stand es vor einem Privathaus, an Waldwegen und auch an einem Baggersee. Es hatte anscheinend seinen zukünftigen Benutzer bereits gefunden.”
Zum Glück kam es aber doch noch zu dieser erneuten Ortung? Ralf Herbrich: “Ja, kurz vor einer Theatervorstellung, zu der wir schon die Karten hatten. Ich habe dann rasch einen Screenshot gemacht und den an die Kollegen von der Grenzpolizei in Frankfurt-Oder geschickt. Die wurden anscheinend sofort aktiv. Am nächsten Morgen gab es wieder einen Ping – der Airtag hatte sich gemeldet. Das Fahrrad stand wieder an einem neuen Ort.”
Und das war ein ganz besonderer Ort? Ralf Herbrich: “Ja. Ich habe den neuen Standort wieder in meinem iPhone gesehen. In der Streetview-Ansicht habe ich entdeckt, dass am neuen Standort die Kriminalpolizei von Poznań ihren Sitz hat. Die Polizei hatte also mein E-Bike bereits am gemeldeten Standort aufgegriffen. Ob dabei auch die Diebe geschnappt wurden, das weiß ich allrdings nicht. Meine Versicherung arbeitet nun daran, das Rad zurückzuholen und es mir zu übergeben.”
Nun, das ist doch einmal ein Fall, bei dem die dreisten Diebe einmal nicht gewonnen haben. (Text/Porträtfoto: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 223 (10/2024).
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