TSV-Tanzprojekt “Beyond Borders” in der Falkenseer Stadthalle: 23 junge Mädchen zeigen uns im Tanz ihre Grenzen auf!
Was sind Grenzen? Wo liegen die eigenen Grenzen? Darf man anderen Menschen Grenzen aufzeigen? Wie erkennt man, dass man die richtigen Grenzen setzt? Haben Mädchen andere Grenzen als Jungs? “Bis hierhin und nicht weiter”: 23 Mädchen aus der Tanzgruppe vom TSV Falkensee haben eine hohe Förderung erhalten, um das Projekt “Beyond Borders” auf die Bühne zu bringen. Nach einer ersten Aufführung im Dallgower Marie Curie Gymnasium kam es nun am 27. September in der Falkenseer Stadthalle zu einer Wiederholung vor 800 Schülern.
Wie ein geprügelter Hund duckt sich das Mädchen weg, hält schützend die Hand vors Gesicht. Um sie herum ein Gleichmarsch der Gleichgesinnten, die mit ausdruckslosen Minen einen Kreis um das Mädchen herum aufziehen und sie mit Holzstangen in Schach und auf Abstand halten.
Hat es sich gelohnt für das Mädchen, aus der Menge auszuscheren, sich der Gemeinschaft zu versagen, ihrem Bauchgefühl zu folgen, ihre eigenen Grenzen zu beachten? Ja. Auf einmal bricht es aus ihr hervor. Ihre Arme zucken, die Beine schwingen – und sie zeigt in einem ausdrucksstarken Tanz ihre Individualität.
Und plötzlich verlassen auch andere Mädchen den Kreis, werden vom Mitläufer in der Menge zu einem individuellen Ich – und zeigen ihren ganz eigenen Tanz.
Die 23 Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren, die in mehreren Tanzbildern dem Thema “Grenzen überwinden” folgen, gehören dem Tanz-Team vom TSV Falkensee (www.tsv-falkensee.de) an.
Die Projektkoordination Natascha Grünberg (Leitung Fachbereich Tanz beim TSV) hat es geschafft, ganze 18.000 Euro aus dem Förderprojekt von „ChanceTanz/Aktion Tanz“ aus dem Programm „Kultur macht stark“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung loszueisen: “Für mich war es eine Herzensangelegenheit, das Projekt Tanztheater auf die Beine zu stellen. Bei uns im TSV arbeitet Carly Marholin bereits seit drei Jahren als Tanztrainerin für die Erwachsenen. Sie stammt aus New York und hat bereits in vielen berühmten Häusern getanzt. Zurzeit ist sie in der Semper-Oper in Dresden beschäftigt. Ich habe sie gefragt, ob sie es sich vorstellen könnte, auch die Mädchen zu trainieren – und sie hat Ja gesagt.”
Nur Dank der Förderung konnte das außergewöhnliche Tanztheaterstück finanziert werden, das sich wie folgt vorstellt: “Grenzen trennen und entzweien uns – sowohl in unserer Gesellschaft als auch in uns selbst. 23 junge Mädchen nehmen uns mit auf eine Reise und zeigen uns durch den Contemporary Dance, wie diese Grenzen entstehen, wie sie uns manipulieren und wie wir uns eine Welt jenseits dieser Grenzen vorstellen können.”
Am 30. Juni wurde das 45 Minuten lange Tanztheater zum ersten Mal vor 300 Zuschauern in der Sporthalle vom Marie Curie Gymnasium aufgeführt. Birgit Faber, Geschäftsführender Vorstand vom TSV Falkensee: “Anschließend war die Begeisterung so groß, dass wir uns entschieden haben, die Performance für alle 5. bis 8. Schulklassen in Falkensee noch einmal am 27. September um elf Uhr zu wiederholen – auf der großen Bühne in der Stadthalle Falkensee. Viele Klassen sind mit ihren Lehrern gekommen, wir hatten über 800 Zuschauer.”
Für die tänzerische Leitung war Carley Marholin verantwortlich. Die Leitung Darstellendes Spiel hatte Charlotte Lorenz übernommen, die im Grunde genommen als Regisseurin tätig war. Natascha Grünberg: “Für die Musik war Frank Helfer gesetzt, ein in Falkensee lebender Komponist. Er hat die Musik zusammengestellt und teilweise auch selbst komponiert. Ein Musikstück hat auch Carleys Schwester aus Amerika beigesteuert.”
Was die Tänzerinnen auf der Bühne gezeigt haben, war gelinde gesagt außergewöhnlich. Ohne Sprache, nur mit Gesten, Gesichtsausdrücken und Körperspannung haben die Mädchen klar vermitteln, worum es gerade geht. Wie schwer es ist, Grenzen aufzuzeigen und sie durchzusetzen, weil die Allgemeinheit sie vielleicht gar nicht versteht. Und wie wichtig es trotzdem ist, genau das doch zu tun.
Wenn plötzlich tiefe Bässe im Takt des eigenen Herzschlags die Stadthalle zum Beben bringen, und man schon glaubt, man sei in einer Aufführung von Pink Floyds “The Wall”, dann ein verzweifeltes Mädchen zu Boden sinkt, um plötzlich genau im Takt der Bass-Kanonenschläge mit der flachen Hand auf den Boden zu schlagen – das hat schon eine gewisse Dramatik und Deutlichkeit. Klasse. Man merkt in jeder Szene, dass hier hinter den Kulissen Profis am Werk waren, die auch schon die großen Bühnen der Welt bespielt haben.
Ist Natascha Grünberg zufrieden mit ihren Tänzerinnen? – “Ich bin so stolz auf meine Mädchen. Wenn ich sehe, wo wir im Januar standen, als wir angefangen haben, und was wir jetzt auf die Bühne bringen, dann ist das schon der Wahnsinn. Ich wäre froh, wenn wir noch weitere Anfragen für Auftritte aus der Region bekommen würden. Wir sind bereit.”
Auch Birgit Faber war sehr gerührt: “Unsere jungen Tänzerinnen haben dargestellt, wie es sich anfühlt, wenn man es sich nicht traut, Nein zu sagen. Die Geschichte wird jeder verstehen, der auch schon einmal in der Situation war. Man möchte einfach nur Nein sagen, möchte aber niemanden verärgern und einfach weiter dazugehören. Die Botschaft kommt im Bühnenstück sehr gut rüber. Es passt auch so gut in unsere Zeit.”
War die Chefin vom größten Sportverein im Havelland selbst schon einmal in der Situation, Nein sagen zu müssen? Birgit Faber: “Ja, bei einigen Ehrenämtern hätte ich das wohl besser getan. Ich tue mich weiterhin sehr schwer damit, Nein zu sagen, das wird mit den Jahren nicht einfacher. Ich muss das Nein-Sagen aber noch lernen. Man ist nie zu alt, um das Nein-Sagen zu lernen.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 224 (11/2024).
Seitenabrufe seit 29.09.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige