Falkensee: Großtierrettung als Aufgabe der technischen Hilfe
Neben den zahlreichen Einsatzaufgaben heißt es in Leitstellen des Landes auch: Einsatz Tierrettung. Nicht immer ist es dann die sprichwörtliche Katze auf dem Baum, für die Einsatzkräfte der Feuerwehren ausrücken. Die Zahl von Einsätzen, an denen Großtiere beteiligt sind, steigt kontinuierlich. Die Feuerwehr Falkensee ermöglichte seinen Einsatzkräften ein Training der technischen Großtierrettung.
Ziel ist die sichere und tierschonende Rettung von Pferden, Rindern, Eseln und anderen großen Tieren.
Nicht nur wir Menschen geraten in Situationen, in denen wir Hilfe benötigen. Das passiert auch Tieren. Um bestmöglich für einen tierischen Rettungseinsatz vorbereitet zu sein, fand am 7. September ein Großtierrettungstraining für 20 Einsatzkräfte der Feuerwehr Falkensee statt.
„Mein Pferd ist in einen Graben gerutscht und schafft es nicht mehr allein heraus. Ein PKW mit Pferdeanhänger ist in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ein Rind ist in die Güllegrube gefallen.“ So klingen die Meldungen, die mehr als einmal täglich bei den Einsatzzentralen in Deutschland eingehen.
Fakt ist: Die Zahl der Rettungseinsätze für große Tiere, die in eine Notlage geraten sind, nimmt kontinuierlich zu. Bis vor einigen Jahren – und leider erlebt man es auch heute noch – wurde in solchen Fällen improvisiert. Oft blieb die Sicherheit der Einsatzkräfte auf der Strecke, das Wohlergehen der Tiere fast immer. Hier hat sich glücklicherweise viel geändert. Immer mehr Menschen und Organisationen entwickeln ein Bewusstsein für die speziellen Gefahren und Herausforderungen von Großtierrettungseinsätzen und entscheiden sich für ein Training der technischen Großtierrettung, um in diesen anspruchsvollen Einsatzsituationen sicher und tierschonend agieren zu können. So auch die Feuerwehr Falkensee im Landkreis Havelland.
Am 7. September trafen 20 Retter auf Lutz Hauch und seinen professionellen Rettungsdummy Sam. Lutz Hauch ist Deutschlands einziger zertifizierter Großtierrettungstrainer und Autor des einzigen deutschsprachigen Fachbuchs. Bei ihm lerntn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Großtierrettungstrainings, wie man bei einem Großtierrettungseinsatz vorgeht.
Großtierrettungseinsätze werden praktisch geübt
Einen ganzen Tag nahmen sich die Retter der Feuerwehr Falkensee für das Thema. Die Sicherheit der Einsatzkräfte und eine möglichst schonende Rettung des in Not geratenen Tieres standen dabei im Vordergrund.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer starteten in den Trainingstag mit einem Seminarteil, bei dem die angehenden Großtierretter wichtiges Grundlagenwissen in kompakter Form erhielten. Neben der ganzheitlichen Wahrnehmung der Einsatzsituation ging es um die richtige Einschätzung des Verhaltens von Menschen und Tieren unter Stress. Das Tier ist ein Lebewesen, das anders wahrnimmt als wir Menschen, das besonders unter Stress unvorhersehbar reagieren kann. Hier muss man gewappnet sein, sich als Retter wirkungsvoll schützen und im Team richtig vorgehen.
Ein weiteres wichtiges Thema des Seminarteils war das konsequent auf Sicherheit setzende Personenmanagement. Das bezieht sich nicht nur auf professionelle Retter wie die Einsatzkräfte der Feuerwehr und Veterinärmediziner, sondern auch auf andere am Einsatzort anwesende Personen wie die Tierbesitzer oder zufällig anwesende Personen. Denn nicht wenige Menschen setzen bei dem Versuch, einem in Not geratenen Tier zu helfen, ihre eigene Gesundheit und Sicherheit aufs Spiel. Auch die Entwicklung passender Einsatzstrategien sowie sichere und tierschonende Vorgehensweisen wurden thematisiert: Die technische Großtierrettung hat viele Facetten.
Der Bezug zur Praxis wurde bereits in diesem ersten Teil des Tagestrainings anschaulich anhand mehrerer, teils haarsträubender Einsatzvideos aus aller Welt hergestellt. Das alles in kompakten zwei Stunden bevor die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings ins Gelände gehen, um das erlernte Wissen am Beispiel verschiedener Einsatzszenarien zu üben.
Einsatzübungen mit lebensgroßem Rettungsdummy „Sam“
Den Rest des Tages stand ganz im Zeichen der Anwendung und Umsetzung des Erlernten. Hierfür hatte der Trainer Lutz Hauch um ein Gelände gebeten, das für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer echte Herausforderungen bereithält. „Ideal sind Hänge und Gräben, Wasserläufe, Morast, Unterholz oder auch dichter Baumbestand“, weiß Großtierrettungstrainer Hauch aus Erfahrung. „Man muss bei echten Einsätzen auch mit schwierigen Bedingungen zurechtkommen. Wir versuchen die Übungen so authentisch wie möglich durchzuführen und beziehen auch Faktoren wie hysterische Tierhalter und die Unruhe des Tiers selbst mit ein. Man kann die Stellung des Tieres und den Ort, wo es liegt, nicht beeinflussen. Mit vielseitigen Übungen sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf alles vorbereitet.“
Bevor es zur ersten Übung ging, legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre PSA, die persönliche Schutzausrüstung an, die auch im Einsatz unbedingte Pflicht ist. Dann wurde der lebensgroße Rettungsdummy des Trainers entladen – ein unverzichtbares Lehrmittel für realitätsnahe Übungsszenarien. Der Hengst „Sam“ ist ein professioneller Pferdedummy, wiegt circa 200 kg und hat bewegliche Gelenke wie das lebendige Vorbild. Sein großer Vorteil: Er lässt alle Übungen und auch Fehler, die beim Training natürlich gemacht werden dürfen, geduldig über sich ergehen.
Die Teilnehmer lernten an und mit Sam, wie eine sichere und tierschonende Großtierrettung ablaufen sollte. Dabei kamen die Spezialwerkzeuge zum Einsatz, die der Trainer mitgebracht hat. Sie ermöglichen den Rettern sichere Rahmenbedingungen am Einsatzort. Die Werkzeuge wurden für die technische Großtierrettung entwickelt und sind geeignet, Tiere schonend und schmerzfrei zu befreien, ohne dass die Rettungskräfte dem Tier zu nahe kommen müssen.
Im praktischen Teil des Trainingstages galt es, den Pferdedummy behutsam aus verschiedenen misslichen Lagen zu befreien – eine Herausforderung, die Geschicklichkeit und Teamarbeit erfordert – von der Rettung aus einem Graben, der Rettung aus einem verunfallten Transporter bis zur Rettung mittels Hebegeschirr unter Einsatz eines Krans. Der kann übrigens in den allermeisten Fällen in der Fahrzeughalle der Feuerwehren bleiben. „90 Prozent aller Rettungen lassen sich mit reiner Muskelkraft bewältigen“, bestätigt Lutz Hauch.
Alle Einsatzszenarien wurden so realistisch wie möglich nachgestellt, um die Teilnehmer auf den Ernstfall vorzubereiten: Damit sich Retter nicht in Gefahr bringen und Tierbesitzer auf professionelle Hilfe setzen können.
Hintergründe
Bis vor wenigen Jahren gab es in Deutschland keine qualifizierte Ausbildung zur Vorbereitung auf Großtierrettungseinsätze. 2016 lernte Lutz Hauch, Berufsfeuerwehrmann a.D. und Pferdetrainer, die in England entwickelte technische Großtierrettung kennen, entwickelte ein auf die Feuerwehren in Deutschland abgestimmtes Ausbildungskonzept und begann, das Thema in Deutschland bekannt zu machen. Das Ausbildungskonzept wurde 2021 zertifiziert nach Din ISO 9001. Das 2021 erschienene Fachbuch von Lutz Hauch ist das einzige deutschsprachige Standardwerk zur technischen Großtierrettung.
In Deutschland verfügen bis heute circa 4.000 Personen über eine Ausbildung in der technischen Großtierrettung. (Text/Fotos: comcavalo.de)
Dies ist eine Pressemitteilung, die der Redaktion zugeschickt wurde, und die wir zur Information der Bürger in der Region Havelland unredigiert übernehmen.
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