Abgemurkst am Mörderischen Sonntag in Schönwalde-Glien: Drei regionale Krimi-Autoren haben nichts Gutes im Sinn!
Am Schwanenweiher von Schönwalde-Glien, gleich gegenüber vom Gasthof Schwanenkrug, wird regelmäßig auf gewalttätige Art und Weise Blut vergossen. Passend zur kostenfrei zugänglichen Veranstaltung “Mörderischer Sonntag” kommen einmal im Jahr drei erprobte Krimiautoren zusammen, um im Open-Air-Ambiente auf der idyllischen Lichtung aus ihren Werken zu lesen. Eingeladen hatten am 8. September einmal mehr die beiden Vereine “Buch & Co e.V.” und “EFCS e.V.”.
Alles fing mit Theodor Fontane an, in den letzten drei Jahren wurde daraus aber der “Mörderische Sonntag”. Ziel ist es so oder so in Schönwalde-Glien, die Menschen wieder mit der Literatur und den Büchern in Kontakt zu bringen. Deswegen laden gleich zwei Vereine einmal im Jahr auf die Lichtung am Schwanenweiher ein, um eine kostenfreie Lesung zu inszenieren.
Der Schönwalder Verein “Buch & Co e.V” (https://bibliothekschoenwaldeglien.wordpress.com) wurde vor über zwanzig Jahren gegründet, um in der Straße der Jugend 1 eine eigene ehrenamtlich geführte Bibliothek zu eröffnen. Das hat funktioniert, inzwischen können sich die Schönwalder an drei Tagen in der Woche Romane, Sachbücher und sogar Comics ausleihen. 18.500 Medien stehen in den Regalen, auf die zurzeit 729 angemeldete Leser zugreifen können.
Nicola Menzel hatte sich seinerzeit sehr bei “Buch & Co e.V” darüber gefreut, dass es nach der Corona-Zeit öffentliche Gelder gab, um die brachliegende Kulturlandschaft neu zum Leben zu erwecken. So konnten die Buchautoren, die beim “Mörderischen Sonntag” aus ihren Werken lasen, angemessen bezahlt werden: “Leider ist das alles gecancelt worden. Es ist kein Geld mehr für die Kultur da. Wir haben in diesem Jahr sehr großes Glück gehabt, weil wir Sponsoren gefunden haben, die uns mit einem finanziellen Zuschuss geholfen haben. Das waren die Mittelbrandenburgische Sparkasse und die Kulturstiftung Havelland. Auch der Vereinsfond der Gemeinde Schönwalde-Glien hat uns bedacht.”
Am 8. September hatten die Organisatoren vom “Mörderischen Sonntag” einmal mehr viele hölzerne Sitzbänke am Schwanenweiher aufgestellt, damit sich die Besucher zur Lesung setzen konnten. Die Bierzeltgarnituren waren eine Leihgabe der Firma “Jump Events”, die sich vor Ort auch um die Getränkeausgabe kümmerte.
Nicola Menzel: “Wir wissen nie, wie viele Besucher am Ende kommen, das hängt immer auch vom Wetter und von den anderen Veranstaltungen am gleichen Tag ab. Wir hatten schon einmal 170 Zuhörer bei uns auf der Wiese, da mussten dann einige sogar stehen.”
Bei der dritten Neuauflage von “Mörderischer Sonntag” waren die Bänke erneut gut gefüllt, das Format hat anscheinend schon so einige wiederkehrende Literaturliebhaber gefunden.
Was ist eigentlich das Konzept der Lesung? Nicola Menzel: “Wir möchten gern regionale Krimiautoren vorstellen, deren Romane hier bei uns im Havelland, in Potsdam oder in Berlin spielen. Es ist meine Aufgabe, diese Autoren zu finden und Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Ich schaue mir zunächst an, welche Krimis in Frage kommen und schreibe die Autoren an, falls sie eine eigene Homepage haben. Ansonsten gehe ich über den Verlag. Die meisten Autoren freuen sich sehr, wenn ich mich bei ihnen melde. Ich versuche auch immer, neue Autorinnen und Autoren zu gewinnen. Nur der Tom Piper war bislang zwei Mal da, weil der einfach supergut vorliest. Und die Leute bereits gefragt haben, ob er noch einmal wiederkommt.”
Es fällt auf, dass sehr viele Frauen zum “Mörderischen Sonntag” kommen. Sind sie blutrünstiger als ihre Männer? Oder suchen sie einfach nur nach neuen Ideen, um den ungeliebten Ehepartner ohne Konsequenzen ins Grab zu befördern? Nicola Menzel: “Ich glaube, dass Frauen einfach mehr lesen und deswegen auch mehr Freude an so einem Format haben.”
Eigentlich findet der “Mörderische Sommer” immer am ersten Samstag im September statt. Nicola Menzel: “Das wäre in diesem Jahr auf den Einschulungstag der Kinder für die erste Klasse gefallen. Da wären viele Besucher betroffen gewesen, die ihre Enkel einschulen. Deswegen haben wir die Lesung auf den 8. September verlegt – und mit dem Wetter einmal mehr großes Glück gehabt.”
Während sich der Verein “Buch & Co” beim “Mörderischen Sonntag” um das inhaltliche Programm kümmert, stemmt der “EFCS” das Organisatorische vor Ort – die Technik, die Bänke und die Verpflegung der Besucher. Der “EFCS” ist ausgeschrieben der “Verein zur Erhaltung und Förderung des Charakters von Schönwalde/Havelland e.V.” (www.schoenwalde-hvl.de). Sabine Kondziella gehört dem Vorstand an: “Seit 25 Jahren kümmern wir uns darum, den besonderen Charme von Schönwalde-Glien zu bewahren. Wir haben damals auch den Park am Schwanenweiher geplant und hier auch die Boule-Bahn angelegt.”
Über die Zusammenarbeit der beiden Vereine freut sich Sabine Kondziella sehr: “Wir ergänzen uns sehr gut. Dass wir es immer wieder schaffen, diese Veranstaltung ohne Eintritt über die Bühne zu bringen, das ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr.”
Alle drei Autoren, die sich erst unmittelbar vor der Lesung getroffen und kennengelernt haben, hatten jeweils 20 Minuten Zeit, um sich dem aufmerksam lauschenden Publikum vorzustellen. Zu diesem Zweck hatte man extra eine erhöhte Bühne im Park aufgebaut. Dank Mikrofon und Lautsprecher konnten die Vorleser selbst noch ganz hinten im Park gut verstanden werden.
Den Anfang machte Carla Maria Heinze aus Kleinmachnow. Sie las aus ihrem Roman “Potsdamer Intrigen”. Dabei handelt es sich um den fünften Band aus ihrer Reihe “Potsdamer Morde”. In den Büchern ermitteln Mutter und Sohn – sie ehemalige Fallanalytikerin beim LKA Berlin, er Hauptkommissar bei der Kripo Potsdam.
Sehr unter die Haut ging im Anschluss die in sich abgeschlossene Erzählung “Die Erzieherin” von Swenja Karsten. Die Autorin, die aus Mittelfranken stammt, gehört zu den “Mörderischen Schwestern”, hat Drehbücher für verschiedene TV-Serien geschrieben und ihre Werke außerhalb der Fernsehlandschaft vor allem in Anthologien veröffentlicht. In “Die Erzieherin” geht es um häusliche Gewalt: Einem echten Chauvie werden einmal die Folgen seines Handelns aufgezeigt. Swenja Karsten: “Jede dritte Frau erfährt im Laufe ihres Lebens häusliche Gewalt. Das bedeutet, dass jeder von uns eine Frau kennt, die betroffen ist. Ich finde, dass dieses wichtige Thema in der Gesellschaft nicht genug Aufmerksamkeit bekommt.”
In der Pause sorgte der Saxophonist Sebastian Hillmann für Unterhaltung, dann war Richard Brandes an der Reihe, das Mikrofon zu übernehmen.
Er las aus seinem Roman “Wenn das Böse nach Brandenburg kommt”: Ein Mörder wütet in den Wäldern des Ruppiner Lands und tötet junge Männer. Kriminalhauptkommissarin Carla Stach muss erkennen: Hier mordet ein Psychopath. Richard Brandes: “Die Carla Stach ist übergewichtig, sehr dominant, aber auch fürsorglich. Diese Figur gibt es tatsächlich im wirklichen Leben, sie hat also ein Vorbild. Im Buch zofft sie sich die ganze Zeit über mit ihrem Chef. Die Carla kommt so gut an, ich sitze gerade am vierten Buch mit ihr.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 223 (10/2024).
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