Ronald Rauhe setzt sich für den Leistungssport ein und stellt sein Buch vor: “In einem Boot”
Ronald Rauhe ist Leistungssportler durch und durch. Der Berliner, der inzwischen in Falkensee lebt, gilt als der beste Kanusportler Deutschlands. Er nahm an sechs Olympischen Spielen teil und holte zwei Mal Gold, einmal Silber und zwei Mal Bronze. Nun war er in Paris als Berichterstatter dabei. Nach den Spielen stellt er sein Buch “In einem Boot” vor – und bricht eine Lanze für den Leistungssport, der in seinen Augen eine große Bedeutung für die Gesellschaft hat.
“Gebt dem Mann ein Kanu!” In seinem Sport hat der Kanute Ronald Rauhe sicherlich alles erreicht, was möglich ist. Als sechzehnfacher Weltmeister gilt er als einer der erfolgreichsten Sportler Deutschlands.
Inzwischen hat der Wahl-Falkenseer seine aktive Laufbahn beendet. Nun arbeitet er hinter den Kulissen daran, die Bedingungen für den Sport weiter zu verbessern. Die Olympischen Spiele in Paris hat er direkt vor Ort begleitet, aber eben nicht mehr als Sportler, wie er “Unser Havelland” verrät: “Nach 24 Jahren und sechs Olympiazyklen war ich zum ersten Mal nicht mehr als aktiver Athlet bei den Spielen dabei. Dieses Gefühl ist für mich sowohl komisch als auch sehr emotional. Es verdeutlicht, wie tief die Verbindung zu den Olympischen Spielen in mir verankert ist und welche immense Bedeutung sie für meine Karriere und mein Leben hatten. Trotz dieser neuen Perspektive habe ich die wunderbaren Spiele in Paris in vollen Zügen genossen. Es war eine ganz besondere Erfahrung, dieses Mal als Experte für das ZDF im Einsatz zu sein. Ich konnte die Atmosphäre, die Leidenschaft und die beeindruckenden Leistungen der Athleten aus einer anderen Sichtweise erleben. Diese Spiele haben mir erneut gezeigt, wie wichtig der olympische Geist ist und wie er Menschen aus aller Welt zusammenbringt.”
Der Goldmedaillenträger musste aber auch beobachten, dass die Medaillenausbeute der Deutschen in Paris den Abwärtstrend weiter fortschreibt. Gab es in Tokio bereits nur 37 Medaillen, so konnten die deutschen Athleten in diesem Jahr sogar nur noch 33 Medaillen mit nach Hause bringen. So schlecht haben die Deutschen seit 1952 nicht mehr performt.
Ronald Rauhe sieht das Abgleiten aus dem Olymp des Medaillenspiegels als klare Folge der neuen deutschen Denkweise, den Leistungsgedanken aus dem Sport zu nehmen. Heute heißt es viel zu oft “Dabei sein ist alles” anstelle von “Wenn du dich anstrengst, kannst du auch gewinnen”. Er fordert deswegen: “Wir brauchen ein Umdenken in Sport-Deutschland – und zwar auf fast allen Ebenen.”
Dass es dem Goldkanuten sehr ernst ist mit dieser Forderung, zeigt er in seinem Buch “In einem Boot – Warum Leistungssport so wichtig für die Gesellschaft ist” auf, das am 7. September bei “Edel Sports” erscheint.
Ronald Rauhe: “Ich bin der festen Überzeugung, dass Wettbewerb und Leistung nicht im Widerspruch zu Spaß, Teamgeist und Freude an Bewegung stehen. Im Gegenteil: Ein gewisses Maß an Wettbewerb ist entscheidend, um Lebenskompetenzen zu entwickeln und Talente zu fördern. Es ist wichtig, dass wir ehrlich mit unseren Kindern umgehen. Jedes Kind wird irgendwo sein individuelles Talent entdecken – sei es im Sport oder in einer anderen Fähigkeit. Auf diesem Weg sollten wir sie mit Offenheit und Ehrlichkeit begleiten, anstatt jedem Kind gleich eine Urkunde in die Hand zu drücken. Ich glaube, dass ein gewisses Maß an Leistung notwendig ist, um Stärken und Schwächen kennenzulernen und den Kindern die Möglichkeit zu geben, an sich selbst zu arbeiten. Für den einen mag es die Ehrenurkunde sein, für den anderen die verbesserte Zeit im Vergleich zu sich selbst. Beide haben großartige Leistungen erbracht und können stolz auf sich sein, weil sie erfahren haben, dass sich Üben und Training auszahlen. Indem wir den Kindern diese Erfahrungen ermöglichen, helfen wir ihnen nicht nur dabei, ihre Fähigkeiten zu entdecken, sondern auch wichtige Lebenslektionen über Anstrengung, Durchhaltevermögen und persönliche Entwicklung zu lernen.”
In diesem Zusammenhang wünscht sich der Experte einen höheren Stellenwert des Sports in den Schulen. Ronald Rauhe: “Ich wünsche mir eine engere Verknüpfung zwischen Schulen und Sportvereinen, denn Sport sollte wieder ein fester Bestandteil im Alltag aller Kinder werden. Ein erster wichtiger Schritt wäre bereits die konsequente Einhaltung der vorgesehenen Sportstunden. Leider sehen wir in vielen Städten in Deutschland, dass dies oft nicht möglich ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig und reichen von personellen Engpässen über unzureichende Infrastruktur bis hin zu einem Mangel an Ressourcen und Unterstützung für den Schulsport. Es ist entscheidend, dass wir diese Herausforderungen angehen, um Kindern die Möglichkeit zu geben, sich sportlich zu betätigen und die positiven Effekte von Bewegung zu erleben. Sport fördert nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch soziale Fähigkeiten, Teamgeist und Disziplin. Wenn wir es schaffen, den Sport wieder stärker in den Schulalltag zu integrieren und eine enge Zusammenarbeit mit Sportvereinen zu fördern, können wir dazu beitragen, dass Kinder eine positive Beziehung zur Bewegung entwickeln – etwas, das sie ein Leben lang begleiten wird.”
Ronald Rauhe ist Mitglied der Europäischen Athletenkommission und vertritt hier die Interessen der Sportler. Er sagt ganz klar: “Sport überwindet Meinungsverschiedenheiten, Sport integriert, Sport muss ins Grundgesetz!”
In seinem Buch “In einem Boot – Warum Leistungssport so wichtig für die Gesellschaft ist” blickt Ronald Rauhe auf ein erfülltes Sportleben zurück. Er nimmt die Leser mit auf eine abenteuerliche Reise, die einst im “Kleinen Blauen Wal” begann und die ihn auf die Regattastrecken dieser Welt brachte. Er schreibt von Erfolgen, aber auch von Niederlagen, die für ihn mindestens genauso wichtig sind wie Siege. Er erzählt vom Nichtaufgeben und davon, dass der Kanusport zwar sein Leben, aber auch nicht alles für ihn ist. Er schildert, welche Methoden ihm halfen, sich weiterzuentwickeln – ein Gewinn nicht nur für Sportler, sondern für alle, die in der Gesellschaft vorankommen wollen. Immer wieder verließ er das gesicherte Nest, überschritt Grenzen, um neue Erfahrungen zu sammeln, die ihn zwei Mal beinahe das Leben gekostet hätten.
Wer siegen möchte, muss auch das Scheitern lernen. Sind Niederlagen aber nicht das, was man heutzutage lieber vermeiden möchte? Ronald Rauhe: “Eine entscheidende Erkenntnis auf dem Weg zur persönlichen Entwicklung ist das Bewusstsein darüber, wann und wie man sich weiterentwickeln kann. Aus meiner Erfahrung heraus geschieht dies oft nur, wenn man bereit ist, die eigene Komfortzone zu verlassen und über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Manchmal bedeutet das sogar, Niederlagen in Kauf zu nehmen, um wertvolle Lehren daraus zu ziehen. Es ist wichtig, Niederlagen nicht als Misserfolge zu betrachten, sondern sie als positive Erfahrungen zu erkennen – als Chancen zur Verbesserung und zum Wachstum. Diese Perspektive ermöglicht es uns, aus unseren Fehlern zu lernen und gestärkt daraus hervorzugehen. Hartnäckigkeit und der unermüdliche Einsatz für ein Ziel sind entscheidend. Ich wünsche mir von Herzen, dass jeder Mensch diese Erfahrung einmal machen darf. Die Fähigkeit, Rückschläge zu überwinden und an sich selbst zu arbeiten, ist eine der wertvollsten Lektionen im Leben.”
Wie bringt man den Sport in Deutschland wieder auf Kurs, um so vielleicht die Olympia-Ausbeute an Medaillen wieder zu erhöhen? Ronald Rauhe: “Ein zentrales Thema, das mir besonders am Herzen liegt, ist die Wertschätzung unserer Trainer und Übungsleiter in Deutschland. Diese engagierten Menschen sind es, die unseren Kindern den Sport näherbringen und sie dazu inspirieren, aktiv zu werden. Ihre Rolle ist entscheidend für die Entwicklung junger Athleten und für die Förderung einer positiven Sportkultur. Leider wird oft nicht ausreichend gewürdigt, wie viel Zeit, Energie und Leidenschaft sie in ihre Arbeit investieren. Es ist wichtig, dass wir an diesem Punkt ansetzen und die Rahmenbedingungen für Trainer und Übungsleiter verbessern. Nur so können wir sicherstellen, dass sie weiterhin motiviert sind, ihr Wissen und ihre Begeisterung an die nächste Generation weiterzugeben. Dies ist aber nur eines von vielen Themen, an denen wir dringend arbeiten sollten, um den Sport in Deutschland nachhaltig zu stärken und zu fördern.”
Ein Schlusswort? Ronald Rauhe: “Der Sport spielt eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft, da er die Kraft hat, Brücken zu bauen und Menschen unabhängig von Hautfarbe, Sprache oder Religion zu integrieren. Er vermittelt wichtige Werte, die in unserer heutigen Zeit dringender denn je benötigt werden.” (Text: CS / Fotos: Agentur Sender und Empfänger)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 222 (9/2024).
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