Großer Andrang: Inklusives “Sport Fest der Vielfalt” in Elstal!
Zum inklusiven “Sport Fest der Vielfalt”, veranstaltet vom Inklusionsbeirat Wustermark und dem ESV Lok Elstal, unterstützt durch den Kreissportbund Havelland e.V., kamen am 28. April hunderte Teilnehmer und Gäste auf den Sportplatz des ESV Lok Elstal im Ernst-Walter-Weg, um gemeinsam Sport zu treiben und Spaß zu haben. Menschen mit und ohne Handicap konnten sich in verschiedenen Sportarten ausprobieren. Dabei stand der Spaß stets im Vordergrund. Ausprobieren und Mitmachen war ausdrücklich erwünscht.
Lena und drei ihrer Freunde versuchten gemeinsam, auf überdimensionierten Skiern zu gehen. Auf diesen Brettern können vier Personen gleichzeitig stehen, dabei sind Koordination und Gleichgewicht wichtig. Die junge Frau war mit ihrer Wohngruppe und zwei Betreuern zum Sportfest gekommen. Genau wie ihre Freunde hat Lena das Down-Syndrom. “Das geht so nicht”, meinte Lena, da die Gruppe nicht wirklich vorankam. Also nahm sie selbstbewusst das Zepter in die Hand und gab ihren Freunden Anweisungen. “Wenn ich sage links, dann geht ihr mit dem linken Fuß zuerst, dann mit rechts und dann wieder links.” Die Gruppe folgte ihren Kommandos und siehe da, es funktionierte. Danach probierten die Freunde noch andere Sportarten beim inklusiven “Sport Fest der Vielfalt” aus.
Nach dem erfolgreichen Start des “Festes der Vielfalt” am 30. Juli 2023 in der Grundschule Otto-Lilienthal in Elstal hat der Inklusionsbeirat Wustermark nun das inklusive “Sport Fest der Vielfalt” initiiert.
“Dieses Fest unterscheidet sich zu dem vom Vorjahr, da es ein inklusives Sportfest mit einem Sport- und Mitmachprogramm ist. Das Ausprobieren und Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht”, erklärte Stephan Neumann, Vorsitzender des Inklusionsbeirat Wustermark. “Wir wollten das Fest, so wie es jetzt ist, bereits im letzten Jahr machen, aber der Platz in der Grundschule hat nicht ausgereicht. So haben wir uns auf die Suche nach einem Sportpartner gemacht – und der ESV Lok Elstal war sofort dabei.”
Im November begannen die Veranstalter mit der Planung. Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen ohne Handicap sollten zusammen Sport machen und Spaß haben, das war der Grundgedanke beim inklusiven “Sport Fest der Vielfalt”.
Das Programm war vielfältig und abwechslungsreich. Ein kleines Fußballturnier mit Handicap-Teams, ein Rolliparcours, das Rollibasketball, das Rollirugby sowie das Blindenkegeln, das Torwandschießen und der Fußball mit blinden Fußballern von Hertha BSC fanden riesigen Anklang bei den Sportlern und Besuchern.
Die kleinen Gäste und Teilnehmer konnten sich zudem beim Büchsen- und Ringwerfen probieren, sich beim Kinderschminken fantasievoll bemalen lassen oder ihr künstlerisches Talent ausleben. Begeistert nahmen die Kinder an einer Sticker-Rallye teil und verfolgten mit Freude eine bunte und lustige Zaubershow. Auch Karlchen vom Karls Erlebnisdorf gab sich die Ehre und besuchte das Sportfest. Sogleich wurden die Handys gezückt, denn viele Besucher wollten sich gerne mit dem Erdbeer-Maskottchen fotografieren lassen.
Rund um den Sportplatz hatten verschiedene Vereine und Institutionen Stände aufgebaut und informierten über ihre Arbeit, darunter auch der Inklusionsbeirat Wustermark, die “Stinknormalen Superhelden” aus Rathenow, der Jugendclub Elstal & Wustermark, ZAS-Event, der Seniorenbeirat Wustermark, die AG Vielfalt Wustermark, die Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg e.V., die Igelritter Havelland, der Blauer Baum e.V. und viele andere Akteure mehr.
Auf der Kegelbahn im ESV-Sportheim fand das Blindenkegeln statt. Für manch Sehenden ist es schon eine echte Herausforderung, dass die Kugel nach dem Loslassen auf der Bahn bleibt. Wie mag das wohl für stark sehbeeinträchtige oder gar blinde Kegler sein?
Petra Hofmann vom SG Rot Weiss Neuenhagen nahm am Blindenkegeln teil. Sie ist seit vierzehn Jahren aufgrund einer Glaukom-Erkrankung sehbehindert und besitzt nur noch zwei bis drei Prozent Sehfähigkeit auf dem linken Auge und 12 Prozent auf dem rechten Auge. “Ich stelle mich so auf, dass mein rechtes Auge mittig zur Bahn ist. Wenn die Position gut ist, bekomme ich vom Zureicher die Kugel angereicht.”
Der Zureicher hat beim Blindenkegeln die Aufgabe, die Kugel anzugeben und eine Ansage zu machen, falls eine Positionskorrektur nötig ist. “Dann bekomme ich das OK vom Zureicher und kann meine Kugel auf die Reise schicken. Je nach Wurfergebnis gibt er mir Hinweise, wie ich beim nächsten Wurf das Ergebnis verbessern könnte.”
Beim inklusiven Sport kann auch mit vollem Körperkontakt gespielt werden, das zeigten die Spieler von den Berlin Raptors beim Rollirugby. Hohes Tempo, gekonnte Spielzüge, maximaler Einsatz und krachende Zusammenstöße, da staunten die Besucher nicht schlecht. “Ich bin überrascht über die Geschwindigkeit und das Geschick, mit denen die Spieler über den Platz düsen und dabei keine Angst vor einem Bodycheck haben”, sagte Besucher Samuel Bauer und schaute den Spielern fasziniert zu.
Zum ungewollten Anrempeln kann es auch schon einmal beim Fußball kommen. Als sehender Spieler kann man Körperkontakt ja noch vermeiden oder dem Gegner geschickt ausweichen. Ist der Spieler jedoch blind, muss der fehlende Sinn ausgeglichen werden. Das kann zum Beispiel über das Gehör stattfinden. Mit den Blindenfußballern von Hertha BSC konnten die Besucher ausprobieren, wie es sich anfühlt, ohne Augenlicht zu kicken.
“Alle Spieler tragen beim Blindenfußball eine Augenbinde, damit alle die gleichen Voraussetzungen haben, da es blinde und sehbehinderte Spieler gibt”, erklärte Lars Stetten, der seit vierzehn Jahren Spieler in der Blindenfußballmannschaft von Hertha BSC ist. “Der Ball rasselt, damit er gehört wird. Wenn ich nicht am Ball bin und ihn mir erkämpfen möchte, rufe ich ‘voy’ damit der Gegner weiß, dass ich auf ihn zu laufe. So können Verletzungen vermieden werden.”
Lenni (7) ist leidenschaftlicher Fußballer und spielt seit drei Jahren beim ESV Lok Elstal. Er wollte unbedingt ausprobieren, wie man ohne zu Sehen Fußball spielt. Also setzte Lars Stetten ihm eine Augenbinde auf und erklärte, was er machen sollte.
“Ich wusste gar nicht, wo genau ich hinspielen muss, aber Lars hat mir geholfen. Ich bin aber nicht so schnell gelaufen, da ich nichts sehen konnte.” Seine Mutter Manuela probierte es sogleich auch aus. “Ich fand das sehr schwierig und habe irgendwann trotz Ansage die Orientierung zum Tor verloren. Das Fest ist total super, schön, dass die Beteiligung so hoch ist.”
Anke Teloh von ESV Lok Elstal: “Die Besucher waren voll des Lobes. Das Fest wurde sehr gut angenommen. Das Wetter war toll, die Stimmung war gut und alles hat so geklappt, wie wir, der Inklusionsbeirat Wustermark und der ESV Lok Elstal, es uns vorgestellt haben. Ein großes Danke geht an alle Ehrenamtler und Vereinsmitgliedern für ihre große Hilfe.” (Text: Hannelore Berg / Fotos: Enrico Berg)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 219 (6/2024).
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