Bodo Oehme auf der 4. Mauerweg-Radtour: 188 Kilometer Deutscher Geschichte!
Die Gemeinde Schönwalde-Glien im Havelland pflegt einen besonders engen Kontakt zu den Partnergemeinden. Vor allem Bürgermeister Bodo Oehme tut sehr viel für den Schulterschluss mit den anderen Bürgermeistern. Am Sonntag, den 11. August, startete er bereits zum vierten Mal mit Gästen aus den Partnergemeinden zu einer dreitägigen Radtour auf dem Mauerradweg. Etwas mehr als 60 Kilometer pro Tag haben die Radler auf der Tour hinter sich gebracht. Insgesamt ging die Fahrt über 188 Kilometer auf dem Mauerradweg entlang.
Zum Abschluss der Tour nahmen die Radler an einer Gedenkveranstaltung zum Mauerbau am Denkmal “Steinerne Brücke” in Schönwalde-Glien teil.
Wer Bodo Oehme kennt weiß, dass die Geschichte der Berliner Mauer, die Trennung von Deutschland in Ost und West und auch die Wiedervereinigung für den Bürgermeister aus Schönwalde-Glien eine echte Herzensangelegenheit ist. Ihm ist es ganz besonders wichtig, dass die Geschichte der innerdeutschen Grenze, die prägende Erlebnisse im Leben vieler Menschen hinterließ, die zahllose Familien und Freundschaften auseinanderriss und deren Opfer Repressalien erlitten oder gar ihr Leben ließen, nicht in Vergessenheit geraten darf.
Bodo Oehme startete am Sonntag vom Rathaus in Schönwalde-Glien aus mit 13 Vertretern der Partnergemeinden aus Süderschmedeby (Schleswig-Holstein), Wagrowiec (Polen), Schönwalde (Barnim) und Muggensturm (Baden-Württemberg) zu einer erneuten geschichtsträchtigen Mauer-Radtour mit vielen zu besuchenden Gedenkstätten, Sehenswürdigkeiten und der reizvollen Natur.
“Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls starten wir unsere vierte Mauer-Radtour – immer unter dem Motto ‘Partner ohne Mauern’, denn nur so haben wir uns alle kennengelernt und sind einander partnerschaftlich verbunden. Viele Ereignisse um den Mauerbau sind mit unserer Gemeinde stark verwoben. Ich erinnere nur an die Sacrower Heilandskirche”, so Bodo Oehme.
Er erzählte schon vor dem Start der Tour, dass die Sacrower Heilandskirche eine ganz besondere Beziehung zum Schönwalder Ortsteil Paaren im Glien habe: “Pfarrer Kurschat und Erwin Bathe haben die zwölf Apostel aus der Heilandskirche im Grenzgebiet herausgeholt, damit sie nicht vermodern. Die Kirche stand hinter der Mauer, aber noch auf dem Gebiet der DDR. Nur so konnten diese Kunstschätze erhalten werden. Wie das damals funktioniert hat, weiß keiner. Sie haben die Apostel nach Paaren geholt und angefangen, die Heiligen noch zu DDR-Zeiten rekonstruieren zu lassen. Nach der Maueröffnung mussten die Apostel natürlich wieder an die Sacrower Kirchengemeinde zurückgegeben werden, zwei Repliken befinden sich aber heute noch in der Paarener Dorfkirche.”
Gebannt hingen die 13 Radler an den Lippen von Bodo Oehme, denn eines ist gewiss: “Bodo ist ein toller Erzähler”, sagte Ewald Nold, der zusammen mit seiner Frau Ewa Lang-Nold, ehemalige Vorsitzende im Partnerschaftskomitee von Muggensturm, bereits zum vierten Mal an der Mauer Radtour teilnahm.
Was inspirierte sie nach 2013, 2017 und 2019, nun auch an dieser vierten Tour wieder mitzumachen? “Die historische Bedeutung der besuchten Stätten berührt mich jedes Mal aufs Neue”, erklärte Ewa Lang-Nold: “Es sind oftmals wieder die gleichen Dinge, die wir sehen, aber jedes Mal sind auch ganz neue Sachen dabei.” Ihr Mann ergänzte: „Wichtig ist auch die Zusammenkunft der Partnergemeinden, es haben sich viele Freundschaften entwickelt. Bodo ist unser Reiseführer und er bringt so tolle Geschichten mit ein, da bleibt immer etwas hängen.“
Ewa Lang-Nold erzählte, dass sie eine siebenjährige Enkelin haben, die in Berlin lebt. “Wir haben ihr erklärt, dass wir die ehemalige Mauer von Berlin entlangfahren, was es mit der Mauer auf sich hatte und dass sie zum Glück ganz friedlich gefallen ist. Und dass es sie nicht geben würde, stünde die Mauer noch, denn ihr Papa kommt aus Chemnitz und die Mama aus Baden-Württemberg.”
Für Anna Golinska aus Wagrowiec in Polen und ihrem Mann Leszek Golinski war es die dritte Mauer-Radtour gemeinsam mit Gästen der anderen Partnergemeinden. Im Gepäck hatten sie ihr Touren-Shirt aus dem Jahr 2017. An die Radfahrten erinnerten sie sich gerne: “Bei den Radtouren haben wir viel über die Geschichte Deutschlands erfahren. Man lernt sich auf den Touren besser kennen, kommt ins Gespräch und wir diskutieren viel, nicht nur über die bereits vergangene Geschichte, sondern auch über aktuelle Themen wie zum Beispiel die Probleme an der östlichen Grenze und den Ukraine-Krieg. Das sind die Dinge, die uns jetzt beschäftigen.“
Zum ersten Mal nahm Johannes Kopp, Bürgermeister von Muggensturm, an der Radtour teil. Seine Mitstreiter munkelten vorab augenzwinkernd, dass er wohl Probleme mit seinem Allerwertesten aufgrund der kilometerlangen Tour bekommen würde. “Nicht wirklich”, meinte der Muggensturmer Bürgermeister und ergänzte lachend: „Ich freue mich auf die Tour und erwarte, dass Bodo uns viele Anekdoten darüber nahebringt, wie das früher war, das ist für mich sehr spannend. Ich bin 1985 geboren und habe als Kind nicht wirklich realisiert, was die Wiedervereinigung für uns bedeutet hat.”
Bevor der Tross sich in Bewegung setzte, verabschiedete sich Johannes Kopp von der vierjährigen Hannah und der siebenjährigen Elisa. Die Töchter hatten, genau wie die Großen, ein bordeauxrotes Team-Shirt überreicht bekommen, auf dessen Rückseite die Wappen der teilnehmenden Gemeinden sowie die Strecke des Mauer-Radweges und die Kilometerangabe verewigt waren. Allerdings sind die beiden Mädchen nicht mitgefahren, für die Kinder war das doch eine zu große Tour.
“In diesem Jahr fahren wir die Tour im Uhrzeigersinn, die letzten beiden Touren verliefen entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn. Zum ersten Mal fahren wir den Tränenpalast an, der war beim letzten Mal geschlossen”, berichtete Bodo Oehme.
Die erste Etappe startete am Rathaus in Schönwalde-Glien und verlief zum Grenzturm in Niederneuendorf, der nächste Stopp war der Grenzturm der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Nach der Mittagspause ging es weiter zur Bernauer Straße, zum Mauerpark, gefolgt vom Invalidenfriedhof, dem Tränenpalast und dem Reichstag. Das Brandenburger Tor und Checkpoint Charlie wurden ebenso angefahren. Das finale Ziel für den ersten Tag war die East Side Gallery.
Am Ende des ersten Tourentages berichtete Uta Krieg-Oehme, dass die Gruppe nach 63 Kilometern – mit mehr oder minder schmerzenden Hinterteilen – im Hotel angekommen sei.
Am nächsten Morgen ging es weiter. Auf dem Plan stand der Besuch der Oberbaumbrücke und des sowjetischen Ehrenmals Treptow. Der weitere Tourenverlauf führte die Radler der fünf befreundeten Gemeinden Richtung Potsdam entlang am Teltowkanal zur Raststätte “Drei Linden”, zur Glienicker Brücke, zum Schloss Cecilienhof und zur Potsdamer Innenstadt. Am Dienstag rundeten die Meierei Potsdam, die Sacrower Heilandskirche, der Grenzübergang Staaken mit Gedenkstätte und der Bürgermeistergarten in Falkensee das Programm ab. Von Falkensee ging es dann zurück nach Schönwalde-Glien zur “Steinernen Brücke”.
Um 17:30 Uhr fand dort eine Gedenkveranstaltung zum 63. Jahrestag des Baus der Berliner Mauer statt, zu der sich auch Ministerin Ursula Nonnemacher und Vertreter aus Spandau und den Nachbargemeinden angekündigt hatten. (Text: Hannelore Berg / Fotos: Enrico Berg)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 222 (9/2024).
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