Tag der offenen Tür: Das Klärwerk Wansdorf feierte sein 25-jähriges Jubiläum!
Im eigenen Alltag ist Wasser kein großes Thema: Es kommt kristallklar aus der Leitung. Und wenn wir es schmutzig machen, ziehen wir den Stöpsel – und weg ist es. Aber wie machen wir schmutziges Wasser wieder sauber? Dafür brauchen wir eine Kläranlage. Für mehrere Orte im östlichen Havelland ist das Klärwerk Wansdorf zuständig, das am 5. Juli bereits das 25-jährige Jubiläum feiern durfte. Am Tag der offenen Tür hatten Besucher die Chance, eine Führung mitzumachen, um den Weg des Schmutzwassers durch die drei Reinigungsstufen der Anlage zu verfolgen.
Seit 1919 gibt es in Wansdorf einen Rieselfeldbetrieb. Damals wurde vor Ort gezielt das Abwasser aus Spandau auf die Rieselfelder geleitet, damit es auf natürliche Weise versickert und so gereinigt wird.
1995 begann man am heutigen Klärwerksweg 1 damit, ein neues Klärwerk zu planen. 1996 wurde die Klärwerk Wansdorf GmbH gegründet – und der Bau wurde begonnen. 1998 nahm das neue Klärwerk Wansdorf zum ersten Mal seinen Probebetrieb auf. Gleichzeitig wurden die Rieselfelder und die alte Kläranlage stillgelegt. Am 5. Juli 1999 wurde der offizielle Startschuss gegeben: Abwasser marsch!
Heute, genau 25 Jahre später, verarbeitet das Klärwerk noch immer maximal 40.000 Kubikmeter Abwasser pro Tag. Das Abwasser, das vor Ort gereinigt wird, stammt aus Falkensee, aus Schönwalde-Glien/Bötzow, aus Hennigsdorf, aus Velten und aus Oranienburg. Da diese Orte nur die Hälfte der “benötigten” Abwässer zur Verfügung stellen können, wird weiterhin über eine spezielle Leitung Abwasser aus Berlin-Spandau zur Reinigung nach Wansdorf gepumpt.
Bodo Oehme, Bürgermeister von Schönwalde-Glien und Aufsichtsratsvorsitzender in der Klärwerk Wansdorf GmbH, erinnert sich: “Eine Tausender-Druckleitung führt noch aus der Zeit der Rieselfelder quer durch den Spandauer Forst und an der Steinernen Brücke vorbei mitten durch Schönwalde-Siedlung. Vor der erneuten Inbetriebnahme wurde die Leitung ertüchtigt. So etwas hat man noch nicht gesehen: Beim allerersten Druckversuch hob sich der gesamte Straßenzug spürbar an, weil die Leitung geplatzt war.”
Spannend ist auch: Die Klärwerk Wansdorf GmbH betreibt zwar das Klärwerk, hat aber überhaupt gar kein eigenes technisches Personal. Die Berliner Wasserbetriebe betreiben das Klärwerk, die Stadtwerke Oranienburg kümmern sich um das Abwasserpumpwerk und die Osthavelländische Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung überwacht die Abwasserdruckrohrleitung.
Julia Röhl ist die neue Geschäftsführerin der Klärwerk Wansdorf GmbH. Sie leitet das Unternehmen zusammen mit Gerhard Mauer: “Genau am 5. Juli ist unser Klärwerk 25 Jahre alt geworden. Das haben wir mit einem Tag der offenen Tür gefeiert. Wir wollten der Bevölkerung die Möglichkeit geben, einmal selbst hinter die Kulissen zu schauen, um zu verstehen und zu lernen, wie ein Klärwerk eigentlich funktioniert und wie es gelingt, dass das Wasser am Ende tatsächlich wieder sauber ist.”
Besonders begehrt waren bei den Gästen die Führungen über das Klärwerkgelände (mehr Infos: www.k-w-g.de), wahlweise zu Fuß oder aber sitzend im Traktor-gezogenen “Glienexpress”. Die Kinder konnten bei erfolgreicher Beantwortung vorgegebener Quiz-Fragen sogar einen Klärwerk-Führerschein erwerben.
Bei den Führungen konnten die Besucher den Weg des Schmutzwassers durch die Kläranlage ganz genau nachvollziehen. Im sogenannten Einlaufwerk kommen die gesammelten Abwässer in sechs Rohren an. Das Abwasser wird dabei gleich in zwei Linien aufgeteilt. Denn fällt eine Linie aus welchem Grund auch immer einmal aus, so kann wenigstens noch die andere Linie weiter geklärt und gesäubert werden. Andreas Klose ist Funktionsmaschinist vor Ort. Er übernahm eine der Führungen und erzählte: “Wir können zwar das Abwasser aus Spandau umleiten, wenn es im Klärwerk zu Problemen kommt, nicht aber das Abwasser aus Brandenburg.”
Ein metallischer Rechen holt zunächst einmal alle störenden Feststoffe aus dem Schmutzwasser – und zwar reichlich zwei Tonnen pro Tag. Andreas Klose: “Wir reden hier vor allem von Ohrenstäbchen, Damenbinden, feuchtem Klopapier, das nicht zerfällt, und von Kondomen.”
Julia Röhl: “Es wäre schön, wenn die Bürger darauf verzichten könnten, etwas in der Toilette herunterzuspülen, was dort einfach nicht hineingehört. Wenn das unsere Pumpen verstopft, kann das eine sehr kostspielige Angelegenheit werden.”
Das Schmutzwasser läuft anschließend über eine breite unbelüftete Sandfangrinne. Dabei setzt sich pro Tag eine Tonne Sand ab, der vor allem mit dem Regenwasser über die Straßenentwässerung in die Kanalisation gespült wird. Sandschieber befördern den Sand gegen die Fließrichtung des Schmutzwassers in einen Trichter.
Weiter geht es mit dem Schmutzwasser in zwei Vorklärbecken, die bis zu 2.500 Kubikmeter Wasser aufnehmen können. Hier geht es vor allem darum, bei einer Verweildauer des Wassers von etwa einer Stunde den Primärschlamm abzuscheiden. Er wird mit Räumer-Einrichtungen für den Bodenschlamm “eingefangen”. Andreas Klose: “Das Becken ist fünf Meter tief. Pro Stunde werden bis zu 30 Kubikmeter Schlamm in die Schlammhalle gepumpt. Oben schwimmen vor allem Fette auf dem Abwasser. Sie werden so lange zurückgepumpt und neu ins Vorklärbecken eingeleitet, bis sie schlussendlich doch absinken.”
Das Wasser gelangt anschließend in zwei Belebungsbecken – und hier steht die meiste Arbeit an. Milliarden kleinster und extra dafür gezüchteter Bakterien (sowie viele andere Kleinstlebewesen wie Wimpern-, Pantoffel- oder Bärtierchen) fressen den Unrat aus dem Wasser und verstoffwechseln ihn. Diese Mikroorganismen brauchen aber dringend Sauerstoff.
Andreas Klose: “Aus diesem Grund blasen wir mit drei Turboverdichtern Sauerstoff mit 0,6 Bar Druck in das Schmutzwasser hinein, das perlt dann wie in einem dreckigen Whirlpool. In der biologischen Reinigung werden Phosphate und Nitrate gebunden. Es gibt aber auch anaerobe Zonen ohne Sauerstoff, in denen ganz andere Bakterien zu Werke gehen.”
Das Nachklärbecken, vier Stück gibt es in Wansdorf, markiert die dritte Reinigungsstufe im Klärwerk. Das Wasser ist eigentlich schon sauber, aber noch voller Bakterien. Andreas Klose: “In einem Liter Wasser dürfen fünf Milligramm Bakterien enthalten sein. Das messen wir, indem wir das Wasser verdunsten lassen und den Rückstand wiegen.”
Die Bakterien sind vor allem im sich absetzenden Bodenschlamm zu finden, der durch Rundräumer abgetrennt wird. Das gereinigte Abwasser wird über eine Kaskade mit Sauerstoff angereichert und über einen 1,4 Kilometer langen Graben in den Havelkanal geleitet. Andreas Klose: “Mechanische Reinigung, biologische Reinigung und Nachklärung: Es dauert ein bis zwei Tage, bis das Schmutzwasser diese drei Reinigungsstufen hinter sich gelassen hat. Das Problem ist, dass Arzneimittelreste oder Drogen nicht aus dem Wasser extrahiert werden können, dafür wäre eine weitere Klärstufe notwendig.”
Julia Röhl: “Das Wasser darf leider nicht vor Ort versickern, weil unser Klärwerk nur drei Reinigungsstufen hat und wir keine Medikamentenreste aus dem Wasser fischen. Hier befürworte ich sehr die bereits durch die EU beschlossene Herstellerverantwortung. Das bedeutet: Die Pharmakonzerne müssen endlich dafür bezahlen, dass unser Abwasser von ihren Rückständen gereinigt wird.”
Bodo Oehme sieht, dass die Ressource Wasser immer wichtiger wird. Und dass es im Zuge von Dürren und Trockenheit wichtig ist, das Wasser vor Ort zu behalten: “Jeden Tag fließt aus diesem Klärwerk wertvolles, gereinigtes Wasser in den Unterlauf der Havel und später dann in die Nordsee. Ist es sinnvoll, diesen Rohstoff einfach wegzugießen? Nein! Warum reichern wir damit nicht z.B. unsere trockengefallenen Moore an? Oder halten das Wasser in unseren Gräben zurück.”
Bodo Oehme mahnt auch an, schnell in den Standort zu investieren: “Wenn die Einwohner im Einzugsgebiet zahlenmäßig immer mehr werden, reicht die Kapazität vom Klärwerk Wansdorf bald nicht mehr aus. Wir haben aber noch die Möglichkeit, diesen Standort rechtzeitig zu erweitern. Wir müssen nur bald damit beginnen.”
Ach ja: Der Schlamm, was ist eigentlich mit dem? Er wird in zwei Faulbehälter geleitet, die zusammen 7.000 Kubikmeter aufnehmen können. Vor Ort entsteht Faulgas – vor allem aus Methan. Im Blockheizkraftwerk wird bei der Gasverbrennung Strom generiert. 75 Prozent vom gesamten Energieverbrauch des Klärwerks werden auf diese Weise selbst erzeugt. 25.000 Tonnen entwässerter Klärschlamm bleiben am Ende übrig. Sie werden per LKW abtransportiert. (Text/Fotos: CS)
Hinweis: Die Falkenseer Dokumentarfilmerin Heide Gauert hat einen Kurzfilm über die Arbeit des Klärwerks gedreht. Er wird in Kürze auf der Homepage vom Klärwerk (ww.k-w-g.de) zu sehen sein.
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 221 (8/2024).
Seitenabrufe seit 21.07.2024:
Kennen Sie schon unsere Gratis-App?
Apple – https://unserhavelland.de/appapple
Android – https://unserhavelland.de/appandroid
Anzeige