Kino-Filmkritik: IF – Imaginäre Freunde
Ohhh, wie niedlich. Wer den bunten, lustigen und flauschigen Trailer von “IF: Imaginäre Freunde” gesehen hat, möchte sofort ins Kino eilen, um den zweieinhalb Meter großen plüschigen Zottel Blue ins Herz zu schließen. Im Kino selbst ist die Überraschung aber groß: Der Film geht in eine ganz andere Richtung und bietet anstatt purem Spaß, viel Schabernack, ungeschicktem Slapstick und dummen Sprüchen doch eine große Portion Ernsthaftigkeit.
Das kann vor allem kleine Kinder leicht verschrecken. Denn gleich zu Beginn lernen wir das zwölf Jahre alte Mädchen Bea (Cailey Fleming) kennen. Ihre Mutter ist gestorben. Als auch noch der Vater (John Krasinski) im Krankenhaus landet, weil er in einem lebensbedrohlichen Eingriff am “gebrochenen Herzen” operiert werden muss, ist die Laune im Kino ganz schnell an einem echten Tiefpunkt angekommen. Bei der Pressevorführung fragte prompt ein Kind in die Stille hinein: “Mama, geht diese Geschichte gut aus?”
Das kann man lange nicht beantworten. Drehbuchautor, Produzent, Papa-Darsteller und Regisseur John Krasinski legt nach dem Alien-Schocker “A Quiet Place” von 2018 nun einen Film vor, der sich nicht so recht entscheiden kann, ob er bunt-fideles Spaßkino für Kinder oder trübsinnig-nachfragendes Drama für ein erwachsenes Publikum sein möchte.
Denn Fakt ist: Bea kommt erst einmal bei der Oma (Fiona Shaw) unter. Die möchte die Enkelin mit ihren Malstiften von früher begeistern. Doch Bea ist ja schon fast erwachsen: “Großmutter, ich bin zwölf, ich mache so etwas nicht mehr”, poltert sie. Das ist denn auch die Quintessenz des Films. Denn im Haus trifft Bea plötzlich auf lauter merkwürdige Gestalten. Wie der Riesenzottel Blue handelt es sich bei ihnen um “Imaginäre Freunde”. Sie wurden allesamt von ihren Kindern “vergessen”, weil sie “so etwas nicht mehr tun”, weil sie eben erwachsen geworden sind. Nur dummerweise müssen die IFs alle sterben, wenn sie keinen Menschen haben, der sich an sie erinnert. Auch das – makaber!
Der geheimnisvolle Cal (Ryan Reynolds) ist wie Bea ein Auserwählter, der dazu in der Lage ist, die eigentlich unsichtbaren IFs zu sehen. Gemeinsam versuchen sie, neue Kinder für die “entfreundeten” IFs zu finden. Leider nur mit mäßigem Erfolg. Denn vielleicht gehen sie ihre Bemühungen ja doch von einer ganz falschen Seite an.
In “IF: Imaginäre Freunde” fühlt sich vieles ganz toll an. Die Mischung aus Realfilm und Animationsstreifen ist sehr gelungen. Die verschiedenen IFs sind herrlich verschroben. Sie sehen toll aus und haben alle ihren ganz eigenen Charakter. Und Cailey Fleming spielt ihre Bea auch ganz wunderbar.
Es gibt aber auch so einiges, was nicht so gut gefällt. So spielt Ryan Reynolds einmal mehr wieder nur den ewig Kalauer schwingenden, gut gelaunten Ryan Reynolds. Hier hätte es der Rolle gut getan, wenn sich der Klamauk-Schauspieler etwas zurücknimmt, um den IFs ihre Bühne zu geben. Für Kinderaugen ist der Film gerade im ersten Drittel vielleicht ein wenig zuuuu traurig. Angesichts des Dramas mit dem vielleicht auch noch sterbenden Vater wundert es den Zuschauer eh, wie die kleine Bea den Sinneswandel hinbekommt, sich plötzlich mit bester Laune um die Probleme der IFs zu kümmern.
Zum Ende hin findet der Film aber sein Erzähltempo und seinen Weg – und endet in einem für den Zuschauer sehr emotionalen und tränenreichen Finale, das die Erwachsenen doch sehr an einen kultigen Horror-Klassiker erinnert. (CS / Bilder: Paramount Pictures)
Fazit: 3 von 5 Sternen (FSK 12)
Spieldauer: 104 Minuten
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ohDooShOyNs
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 219 (6/2024).
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